Rechtliche Hürden bei Balkonkraftwerken: Was ist erlaubt, was ist Pflicht?
Denkt Ihr darüber nach, Euch ein Balkonkraftwerk anzuschaffen, und die Energiewende mit voranzutreiben? Dann beschäftigt Euch vielleicht längst die Frage, worauf Ihr dabei zu achten habt. Die rechtliche Komponente dieser Frage wollen wir bei nextpit mit diesem Artikel abdecken und Euch mit allen notwendigen Informationen versorgen.
Darf ich als Haus- oder Wohnungsbesitzer einfach Solarpanels an meinen Balkon packen? Und wie sieht es aus, wenn ich zur Miete wohne? Wie viele Solarpanels darf ich anbringen und wie groß dürfen die sein? Diese und mehr Fragen gilt es zu beantworten, um allein den rechtlichen Teil bei der Anschaffung eines Balkonkraftwerks abzudecken. Dieser Beitrag liefert Euch die wichtigsten Antworten, los geht's!
Inhalt
- Benötige ich die Erlaubnis vom Vermieter oder der Eigentümergemeinschaft?
- Muss ich mein Balkonkraftwerk anmelden?
- Wie viel Leistung darf mein Balkonkraftwerk erbringen?
- Darf ich das Balkonkraftwerk selbst installieren?
- Welche baulichen Regelungen muss ich berücksichtigen?
Benötige ich die Erlaubnis vom Vermieter oder der Wohnungseigentümergemeinschaft?
Das ist der erste Schritt, noch ehe Ihr Euch um die Anmeldung kümmert, oder gar eine entsprechende Anschaffung tätigt. Bevor Ihr beim Vermieter vorstellig werdet, checkt Euren Mietvertrag. Dort kann mitunter schon explizit berücksichtigt sein, dass eine PV-Anlage erlaubt, oder eben auch verboten ist. Grünes Licht des Vermieters benötigt Ihr vor allem, wenn die Solarpanels an der Außenwand angebracht werden sollen. Da die Installation ein Eingriff wäre, der die Fassade betrifft, wäre es eine bauliche Maßnahme, die logischerweise der Zustimmung bedarf.
Ähnlich sieht es aus, wenn Ihr in einer Eigentumswohnung ein Balkonkraftwerk betreiben wollt. Die Eigentümerversammlung muss zustimmen, damit Ihr loslegen dürft. Gute Nachricht: Eine einfache Mehrheit reicht aus.
- Auch wichtig vor der Anschaffung: Achtet auf die Balkonkraftwerk-Angebote der Discounter, bevor Ihr blind zuschlagt!
Muss ich mein Balkonkraftwerk anmelden?
Auf der Seite der Bundesnetzagentur heißt es dazu:
Eine Balkonanlage muss wie jede andere Stromerzeugungsanlage beim zuständigen Netzbetreiber angemeldet werden sowie im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur registriert werden.
Die Anmeldung einer Erzeugungsanlage beim Netzbetreiber erfolgt nach den Vorgaben des zuständigen Netzbetreibers. Die Registrierung im Marktstammdatenregister ist auf der dazugehörigen Website vorzunehmen.
Wir reden hier also über mehrere Anmeldungen: Die beim Netzbetreiber und die bei der Bundesnetzagentur. Nicht vergessen: Der Netzbetreiber ist nicht Euer Stromanbieter. Bei letzterem könnt Ihr den zuständigen Netzbetreiber allerdings erfragen. Ein formloser Brief an diesen Netzbetreiber reicht dann als Anmeldung. Die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie e.V. hat eine PDF-Datei vorbereitet, die neben einer Checkliste auch einen Musterbrief enthält.
Auch bei der Bundesnetzagentur könnt Ihr die Anmeldung einer Anlage bis 600 W flott selbst erledigen. Innerhalb eines Monats nach der Inbetriebnahme müsst Ihr dann alle ortsfesten und stromerzeugenden Anlagen im Marktstammdatenregister eingetragen werden.
Die Anmeldung bietet Euch ein paar grundsätzliche Vorteile: So benötigt Ihr diese Anmeldung, um eventuelle Förderungen für Balkonkraftwerke in Eurer Region in Anspruch nehmen zu können. Außerdem benötigt Ihr einen kompatiblen Stromzähler, den Euch der Netzbetreiber kostenlos zur Verfügung stellt.
Das Problem mit dem Zähler: Ihr braucht einen modernen, dreiphasigen Stromzähler mit Rücklaufsperre. Der gute, alte, analoge Stromzähler könnte nämlich bei einem Energieüberschuss in Eurem Hausnetz rückwärts drehen, was nicht zulässig ist und mit Strafen geahndet werden könnte. Eine Einschränkung gibt es aber zu den analogen Zählern: In der Photovoltaik-Strategie der Bundesregierung ist der Vorschlag angedacht, die rückwärtsdrehenden Zähler vorübergehend zu dulden.
Apropos "strafbar": Theoretisch könnte die Bundesnetzagentur Euch nach § 21 (MaStRV) ein Bußgeld aufbrummen, solltet Ihr Euer kleines Kraftwerk nicht anmelden. Faktisch passiert das aber nicht, entsprechende Fälle sind zumindest nicht bekannt.
Wie viel Leistung darf mein Balkonkraftwerk erbringen?
Bis 600 W dürft Ihr in Deutschland erzeugen, wobei für diesen Wert die Anschlussleistung des Wechselrichters relevant ist. Entscheidend ist, dass die VDE-Norm für "Steckerfertige PV-Anlagen" eingehalten wird, die Grenze von 600 W gilt zudem pro Stromanschluss/Zählerkasten. Die Solarpanels selbst dürfen eine höhere Leistung erbringen. Das ergibt auch Sinn, da Ihr den Watt-Peak, also die Maximalleistung, ja in der Regel nicht ausreizen könnt. So könnt Ihr zum Beispiel zwei Solarpanels mit einem Peak von je 400 W problemlos anklemmen.
Achtung: Laut einer EU-Richtlinie liegt die Bagatellgrenze für diese Mini-PV-Anlagen bei 800 W, die für mehrere EU-Länder auch bereits zulässig ist. Auch in Deutschland – das ist nur noch eine Frage der Zeit – wird diese Grenze von 600 auf 800 W irgendwann angehoben. Das Wirtschaftsministerium in seiner Photovoltaik-Strategie, aber auch der VDE oder Verbraucherzentralen begrüßen die Anhebung auf 800 W.
Das führt dazu, dass Ihr mitunter in Shops bereits jetzt Sets mit 800-W-Wechselrichter erwerben könnt, die aber eben mit dieser eingespeisten Leistung nicht zulässig sind. Deswegen kann es durchaus eine Überlegung sein, jetzt bereits ein Set zu erwerben, dass von 800 W auf 600 W gedrosselt ist – und dann künftig die vollen 800 W einspeist (falls sich das mit den maximal zwei Solarpanels rechnet).
- Zum Thema: So startet Ihr die Energiewende im Eigenheim
Die 600 W in Deutschland sind übrigens auch nicht willkürlich: Untersuchungen am Photovoltaik-Institut Berlin haben ergeben, dass ein Balkonkraftwerk mit bis zu 600 Watt Wechselrichterleistung sicher betrieben werden kann, ohne dass der Leitungsschutz angepasst werden muss. Geht es darüber hinaus, benötigt Ihr eine professionelle Installation durch eine Elektrofachkraft. Das bringt uns zum nächsten Punkt:
Darf ich das Balkonkraftwerk selbst installieren?
Kurze Antwort: Yep, dürft Ihr! Für die Installation eines Balkonkraftwerks bis 600 Watt benötigt Ihr kein Fachpersonal. Diese Leistung gilt als Grenze, bis zu der eine Elektroinstallation nicht überlastet werden kann. Auf gut Deutsch gesagt: Ihr könnt Euer Stromnetz gar nicht durchballern – selbst ein Trockner ist da leistungsintensiver.
Wollt Ihr über die 600 W Leistung hinaus, ist das Prozedere deutlich weniger trivial, und verlangt nach einer professionellen Installation sowie einer Genehmigung zum Betreiben der Anlage. Das Go vom Netzbetreiber kann erst erfolgen, nachdem sich das ein Elektriker angeschaut und die Anlage installiert hat.
Ihr könnt übrigens das Balkonkraftwerk in der Regel* mit einem ganz normalen Schuko-Stecker nutzen. Die sichereren Wieland-Stecker werden also zumeist nicht benötigt. Wünscht Ihr den Betrieb jedoch an einer Wieland-Steckdose, dürft Ihr diese nicht selbst installieren, sondern müsst das ebenfalls einer Fachkraft überlassen.
*in der Regel deswegen, weil es auch hier ein paar Fallstricke gibt, auf die Ihr achten müsst. Manche Netzbetreiber setzen leider immer noch für eine Anmeldung eine Wieland-Steckdose voraus – und auch für Förderungen ist sie unsinnigerweise in einigen wenigen Regionen Pflicht. Erfragt das also unbedingt bei Eurem Netzbetreiber!
Welche baulichen Regelungen muss ich berücksichtigen?
Auch baulich müssen ein paar Dinge berücksichtigt werden. Zumeist könnt Ihr eh nur zwei Panels anschließen, da gar nicht mehr Steckplätze vorhanden sind. Aber auch die Größe dieser Panels spielt eine Rolle: Ist so ein Solarpanel größer als 2 m², wird eine bauaufsichtliche Genehmigung benötigt. Sind sie kleiner, braucht Ihr diese Genehmigung nicht.
Das bedeutet natürlich auch, dass sich die Hersteller darauf eingestellt haben, und die Panels somit in der Regel unter dieser Grenze bleiben. Üblich sind für Balkonkraftwerke Elemente mit Maßen von etwa 1 m x 1,70 m.
Außerdem dürfen die Panels an der Außenwand bzw. dem Balkongeländer nicht beliebig hoch angebracht werden. Bei einer Höhe von vier Metern ist Schluss! Das hängt mit der Windlast der Panels zusammen, und ist in der Norm DIN 18008 für Glas im Bauwesen geregelt. Soll es doch höher hinausgehen, braucht Ihr dafür gesonderte Genehmigungen und besondere Halterungen.
Ob die Halterungen die Voraussetzungen erfüllen, verraten Euch die Anbieter üblicherweise in ihren Shops. Wenn nichts Gesondertes dabei steht, müsst Ihr davon ausgehen, dass die Halterung keine entsprechende Zulassung hat.
Am 13. September 2023 hat das Bundeskabinett einen Gesetzesentwurf verfasst, der für Mieter und Wohnungseigentümer einen Anspruch zur Installation eines Balkonkraftwerks vorsieht. Aktuell informiert die SPD darüber, dass entsprechender Entwurf am 18. Januar 2024 vom Bundestag besprochen wird. Ein Inkrafttreten des Gesetzes wird somit nicht vor dem zweiten Quartal 2024 erwartet,
Alternativ könnt Ihr auf Lösungen ohne Glas zurückgreifen, die dann aber auch einen deutlich geringeren Wirkungsgrad besitzen. Schaut dafür doch gerne mal auf unseren Beitrag zu den besten faltbaren Solarpanels. Oben im Bild seht Ihr übrigens die Panels, die es im Set mit dem EcoFlow SolarStream (zum Test) gibt.
Schaut da unbedingt in den verlinkten Test rein, weil es eine unkomplizierte Plug-and-Play-Lösung ist, die Euch sogar Strom zwischenspeichern lässt!
Damit haben wir jetzt die rechtliche Seite abgeklopft und hoffentlich alle Fallstricke berücksichtigt, die Euch vor der Anschaffung und Installation Eures Balkonkraftwerks erwarten könnten. Künftig will die Regierung da noch weiter Bürokratie abschaffen, aber das ist noch Zukunftsmusik. Bis es soweit ist, könnt Ihr uns in den Comments verraten, ob Ihr Euch mit dem Thema Balkonkraftwerk schon auseinandergesetzt habt. Und erzählt uns in dem Zusammenhang gern, ob Ihr weitere Fragen habt, die wir mit unseren Artikeln noch nicht beantwortet haben.
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