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Eine kurze Geschichte der modularen Smartphones

Modular Phone
© Dmitry / Adobe Stock

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Modulare Telefone sind eine Geschichte von großen Versprechungen und noch größeren Enttäuschungen. Eine Reihe von Unternehmen haben Initiativen für vollständig oder teilweise modulare Smartphones angekündigt, aber heute gibt es nur Nischenlösungen. Dies ist eine kurze Geschichte der modularen Smartphones.

Die Markteinführung des 200 US-Dollar teuren Nothing CMF Phone 1 (Test) erinnerte uns an einige ehrgeizige Projekte, die verschiedene Telefonriesen in der Vergangenheit aus der Taufe hoben. Zugegeben, mit dem CMF Phone 1 können Nutzer:innen keine Hardwarefunktionen ändern oder aufrüsten, aber der gebotene Grad der Modularität ist in dieser Preisklasse einmalig.

Der umfassendste und berühmteste aller modularen Smartphone-Vorschläge kam von niemand anderem als den Schöpfern von Android selbst.

Projekt Ara

Das wahrscheinlich am meisten gehypte modulare Handy war Project Ara, eine Google-Initiative, die wenig überraschend eingestellt wurde – in diesem Fall noch bevor überhaupt erste Geräte in die Verkaufsregale kamen. Das Projekt wurde vom niederländischen Designer Dave Hakkens, dem Erfinder des Phonebloks-Konzepts, mitgestaltet. Vorübergehend wurde es von der damaligen Google-Tochter Motorola betreut, bevor das Projekt nach der Übernahme von Motorola durch Lenovo ans Android-Team übergeben wurde.

Project Ara Konzept zeigt modulare Handygehäuse, die verschiedene Elemente aufnehmen können
Ara versprach eine Welt von Modulen, die sich auf individuellen Rahmen kombinieren lassen. / © PhoneBloks

Es wurde – wahrscheinlich unrealistisch – als kostengünstige Basis für ein riesiges Ökosystem von Drittanbieter-Modulen angekündigt. Googorola würde die Spezifikationen für die Verbindung und die Module sowie eine Reihe von Rahmen für sie bereitstellen.

Wir wollen für die Hardware das tun, was die Android-Plattform für die Software getan hat: ein lebendiges Ökosystem von Drittanbietern schaffen, die Eintrittsbarrieren senken, das Innovationstempo erhöhen und die Entwicklungszeiten erheblich verkürzen. – Motorola (archiviert)

Module könnten nur kosmetisch sein, aber auch das SoC betreffen, Speicher, RAM, Kameras und Akkus aufrüsten, Sensoren ergänzen und vieles mehr. Sogar die Vorderseite wäre modular, d.h. es könnte Displays mit oder ohne gebogene Kanten, verschiedene Bildschirmpanels, Auflösungen und sogar verschiedene Arten von Selfie-Kameramodulen mit zusätzlichen Sensoren geben – Project Ara mit Project Soli, wer möchte?

Project-Ara-Handy in den Händen gehalten mit mehreren verschiedenen Modulen, u.a. ein rückseitiges Display
Project Ara-Module könnten neue Funktionen enthalten, wie z. B. ein Display für die Rückseite. / © Google

Nach den anfänglichen Zielen, die zwischen den Buzzwords der Zeit wie "3D-Druck" und "Internet der Dinge" hin und her pendelten, wurde das Projekt Anfang 2016 auf einen Rahmen mit integriertem Display, Prozessor und Speicher eingedampft. Im September desselben Jahres landete das Projekt jedoch bereits offiziell auf dem großen Google-Friedhof, wenige Wochen bevor die ersten Pixel-Handys angekündigt wurden.

Apropos Buzzwords: Ein südkoreanisches Designerkollektiv ließ sich ein modulares System namens Node einfallen, das stark an Project Ara erinnert. Da wir die Zeiten von IoT, 3D-Druck und Metaverse längst hinter uns haben, sind die Node-Module alle mit "KI" ausgestattet.

Moto Mods (2016-2019)

Ein paar Monate vor der Absage von Project Ara und etwa zwei Jahre unter der Kontrolle des chinesischen Riesen Lenovo kündigte Motorola im Juni 2016 die Moto Z-Smartphones an. Ungefähr zur gleichen Zeit, als Ara zu Grabe getragen wurde, startete das Moto Z mit einem einzigen High-End-Modell, zu dem später eine robuste Version (Z Force) und eine Mittelklasseversion (Z Play) hinzukamen.

Motorola Moto Z Phone neben verschiedenen Modulen
Motorola Moto Z Phone (rechts) neben einer Reihe von Modulen: 360-Kamera, Gamepad und Akku. / © nextpit

Ein paar Monate nach der Markteinführung des Moto Z gab es bereits eine Vielzahl von Moto Mods, die mit Pogo-Pins auf der Rückseite des Handys verbunden werden. Einige Beispiele aus der Zeit um die Markteinführung sind ein Akkupack, ein Kameramodul der Marke Hasselblad, ein Projektor, ein Gamepad, ein JBL-Lautsprecher und eine Auswahl an Ersatzrückseiten.

Obwohl das Handy die vierte Generation erreichte, stand Motorola bald vor einer Herausforderung, als die Bildschirme immer größer wurden: Das System aufgeben und ein inkompatibles Ökosystem mit einem anderen Formfaktor und anderen Abmessungen auf den Markt bringen oder den Aspekt der Modularität einfach aufgeben? Es überrascht nicht, dass Lenovo sich für Letzteres entschied, und nach dem Moto Z4 aus dem Jahr 2019 war es mit der Moto-Z-Familie vorbei.

Das Essential Phone PH-1 von 2017 hatte ein ähnliches Konzept mit Pogo-Pins auf der Rückseite. Die Idee wurde jedoch nach drei Zubehörteilen und ohne Nachfolgegerät wieder verworfen. Für Neugierige wurde kürzlich auf YouTube ein Prototyp des zweiten Modells ohne die Pogo-Pins ausgegraben.

LG G5 (2016)

2016 kam nicht nur das Moto Z auf den Markt, sondern mit dem G5 (und dem G5 SE) auch LGs eigene Version der Modularität. LG plante eine Reihe von Zubehörteilen, die an den USB-C-Anschluss angeschlossen werden konnten, brachte sie aber nicht auf den Markt. Der modularere Teil war jedoch der Erweiterungssteckplatz, der aus dem Handy herausgeschoben werden konnte, um Funktionen hinzuzufügen.

Box mit dem LG G5 plus verschiedenen Modulen
Das modulare System des LG G5 starb mit dem Original-Handy und den drei Zubehörteilen, mit denen es auf den Markt kam (2 Module und die eigenständige 360-Kamera). / © nextpit

Am Ende wurden nur zwei Module veröffentlicht: Eines, mit dem die Kamera gesteuert werden konnte, und ein weiteres für besseren Klang mit DAC und einem Verstärker mit "Bang & Olufsen"-Branding.

Das System von LG funktionierte, indem das "Kinn" des Telefons herausgeschoben wurde, aber dabei wurde auch der Akku entfernt und das Smartphone ausgeschaltet. Diese Designentscheidung löste zwar das Problem der nicht austauschbaren Akkus, aber die geringe Anzahl an Erweiterungsmöglichkeiten war für die Kunden nicht verlockend genug, so dass LG das System beim G6 Smartphone wieder verwarf. Punkte, die wir bereits im nextpit-Test des LG G5 im August 2016 ansprachen.

Reparierbare Handys: Fairphone, Shift und andere

Eine andere Art der Modularität wird von Unternehmen angeboten, die sich auf die Reparierbarkeit konzentrieren. Das bekannteste dieser Unternehmen ist wahrscheinlich Fairphone: Das niederländische Unternehmen brachte sein erstes Handy – das treffend benannte Fairphone 1 – vor mehr als zehn Jahren auf den Markt.

Fairphone bietet nicht nur ausführliche Reparaturanleitungen für seine Modelle an und entwickelt sie so, dass sie selbst repariert werden können, sondern verkauft auch Ersatzteile. Die erste Generation war mehr auf fairen Handel und ethische Beschaffung ausgerichtet und hatte ein paar Probleme, vor allem mit der fehlenden Softwareunterstützung von MediaTek für den im Handy verwendeten Prozessor.

Fairphone 5 zerlegt
Für das Fairphone 5 werden bis mindestens 2031 Ersatzteile zum Verkauf angeboten. / © nextpit

Nachfolgende Modelle waren mit Chips von Qualcomm ausgestattet, und selbst nachdem diese SoCs keine Sicherheitsupdates mehr erhielten, veröffentlichte Fairphone weiterhin Software-Updates und übertraf damit insgesamt 7 Jahre Sicherheitsunterstützung und Ersatzteilverfügbarkeit z.B. für das Fairphone 2.

Wie bereits erwähnt, ist das modulare Design von Fairphone vor allem für einfache Reparaturen gedacht, nicht für Upgrades oder erweiterte Funktionen. Eine Ausnahme gab es jedoch, als das Unternehmen das Modell 3+ auf den Markt brachte. Die aufgerüsteten Kameramodule waren abwärtskompatibel mit dem Fairphone 3 und konnten auf der Website des Unternehmens erworben werden.

Fairphone 3 mit abgenommener Rückseite und entferntem Akku
Das Fairphone 3 konnte nach dem Kauf des neuen Kameramoduls mit einfachen Schritten auf das Modell 3+ aufgerüstet werden. / © nexpit

Das in Deutschland ansässige Unternehmen Shift (oder SHIFT) verfolgt ähnliche Prinzipien wie Fairphone und verwendet für sein kommendes Shiftphone 8 sogar denselben Qualcomm-QCM6490-Chip mit Langzeitunterstützung (LTS). Besitzer des Shift6mq von 2020 können auf der Seite des Unternehmens noch Ersatzteile finden.

Andere Unternehmen wie Purism und Pine gehen mit ihren Librem- und Pinephone-Smartphones noch einen Schritt weiter und bieten nicht nur ein einfach zu reparierendes Design, sondern auch eigene Linux-Distributionen für diejenigen, die sich von Google lösen wollen.

Der Unternehmensweg für modulare Smartphones

Ein weiterer Nischenmarkt – aber ein sehr lukrativer, in dem Modularität nicht nur existiert, sondern sich auch weiterentwickelt – sind die Handys für Unternehmen. Unternehmen wie Koamtac und RAM Mounts bieten maßgeschneiderte Docks, Ladestationen für mehrere Geräte, Gehäuse mit Zusatzfunktionen wie Barcode-Scanning und sogar Ersatzakkus an.

Die geöffnete Rückseite des XCover 6 Pro
Nicht viele Dual-Kamera-Smartphones haben einen herausnehmbaren Akku. / © nextpit

Zugegeben, die Smartphones, auf die dieses Zubehör abzielt, sind in der Regel unternehmensspezifisch, aber einige Modelle können auch von Privatanwendern gekauft werden, wie z. B. die Modelle der Samsung-XCover-Familie. Ihr müsst nur bereit sein, Preise auf Unternehmensniveau zu zahlen, da die Geräte in der Regel einen Aufpreis für diese Funktionen und ihren meist längeren Support verlangen.

In letzter Zeit hat sich ein Teil dieser Modularität langsam auf Zubehör mit USB-C-Anschluss verlagert, und Apples MagSafe-Befestigungssystem mit Magneten bietet eine weitere Möglichkeit, Funktionen hinzuzufügen, ohne das Handy öffnen zu müssen.

Mit dem CMF Phone 1 macht Modularität Spaß

Kurioserweise ist eines der Zubehörteile, die für das CMF Phone 1 erhältlich sind, eine Magnethalterung für die Rückseite. Ursprünglich war sie für die Befestigung eines Kartenhalters gedacht (wahrscheinlich, um das Fehlen von NFC zu kompensieren), aber ihre Magnete sind in einem Muster angeordnet, das mit MagSafe/Qi2-Halterungen kompatibel ist (ohne drahtloses Laden, das im Handy nicht verfügbar ist).

CMF Phone 1 mit Zubehör
Es bietet kein einfaches System für die Befestigung von Zubehör, aber genau das macht es ausbaufähig. / © nextpit

Der Ansatz der Modularität von Nothing ist wahrscheinlich der am wenigsten ambitionierte von allen oben genannten. Aber es lohnt sich, daran zu erinnern, dass das Phone 1 preislich auf dem Low-End-Markt angesiedelt ist. Einige werden sagen, dass die Modularität bei CMF nicht mehr als ein Befestigungssystem mit Anpassungsoptionen ist, aber das sind die Funktionen, die auf dem Einsteigermarkt am meisten fehlen.

Das CMF-Phone-System vermeidet nicht nur einige der Einschränkungen, die bei den Moto Mods oder LG-G5-Systemen zu finden sind, wie z. B. die Beschränkung auf bestimmte Abmessungen oder die Notwendigkeit von proprietären elektronischen Schnittstellen. Die Implementierung von Nothing ist einfach und kostengünstig zu replizieren und zu erweitern. Es würde mich nicht überraschen, wenn Marken aus Shenzhen kompatible Geräte und Zubehör anbieten würden.

Wie sieht es bei Euch aus? Findet Ihr auch, dass das Low-Tech-System von Nothing mehr Potenzial hat als frühere modulare Versprechen? Welche Art von Zubehör könnte eurer Meinung nach als nächstes kommen? Ist es zu viel verlangt, von einem QWERTY-Tastaturmodul zu träumen, das über USB-C angeschlossen und mit den Schrauben auf der Rückseite des Handys fixiert wird?

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Zu den Kommentaren (3)
Rubens Eishima

Rubens Eishima

Seit 2008 habe ich für zahlreiche Webseiten in Brasilien, Spanien, Deutschland und Dänemark geschrieben. Mein Fachgebiet sind Smartphone-Ökosysteme inklusive der Hardware, Komponenten und Apps. Mir sind dabei nicht nur die Leistung und die technischen Daten wichtig, sondern auch Reparierbarkeit, Haltbarkeit und Support der Hersteller. Trotz Tech-Brille auf der Nase arbeite ich immer hart daran, die Sicht der Endverbraucher nicht aus den Augen zu verlieren.

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3 Kommentare
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  • Olaf Gutrun 57
    Olaf Gutrun vor 4 Monaten Link zum Kommentar

    Soweit alles richtig.

    Wobei ich sagen muss, obwohl mein s24u verklebt ist u.s.w, es ist weitaus modularer aufgebaut als noch das Galaxy s1 mit wechselakku.

    z.b ging mir nach 2 jahren der homebutton kaputt ( übrigens der einzige Deffekt den ich jemals an einem meiner 13 Galaxy s hatte.)

    Jedenfalls war das Gerät nur austauschbar, ähnlich sah es mit kopfhöreranschlüssen, volume buttons, Ladenschlüssen und vielen anderen Dingen aus.

    Im Vergleich dazu sind die neueren Geräte eigentlich weitaus besser reparierbar.

    Eine Kamera einzeln tauschen, lange ging das nahezu nicht, heute meist keinerlei thema mehr.

    Früher saß alles auf einem Mainboard, das ist auch ohne Wechselakku bei Samsung besser geworden als früher, beim Iphone schaut es ähnlich aus.


    Klar ich kann mein Gerät nicht technisch modernisieren, modular aufgebaut ist es dennoch.


  • McTweet 25
    McTweet vor 4 Monaten Link zum Kommentar

    Ich hatte damals das G5 mit dem Kameraauslöser (plus zusatzakku) und das HiFi Plus Modul. Waren für mich eine nette spielerrei, aber mehr auch nicht. Trotzdem hat mir das Handy sehr gut gefallen. Erst recht, weil ich ganz einfach den Akku tauschen konnte und dann noch dazu die Ladeschale für den Akku hatte, die auch als kleine Powerbank gebraucht werden konnte (wenn ein Akku eingelegt war).
    LG hatte damals einfach tolle Handys. Schade, dass sie sich aus dem Smartphonegeschäfft zurückgezogen haben. (Ich hatte das G4, G5, G6 und dann das G8s)

    Gelöschter Account


    • Olaf Gutrun 57
      Olaf Gutrun vor 4 Monaten Link zum Kommentar

      Stimmt schon, die waren innovativ und die haben vieles probiert.

      Faszinierend wie viele große Namen sich schon zurück ziehen mussten und auch brilliant wie lange Apple & Samsung schon stabiel noch immer die top Player sind.

      Größen wie Sony schaffen es auch nicht so richtig und ehemalige Ramsch Hersteller wie Samsung steigen zu weltweiter größer auf.

      Ist schon krass alles, auch was mit Nokia passiert ist.

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