Schon im Vorfeld des Galaxy-S22-Launchs gab es Gerüchte über eine weitere Verlängerung der Update-Garantie bei Samsung. Wenige Tage später bestätigte sich: Die neuen Galaxy-S22-Geräte bekommen bis zum Jahr 2027 Sicherheits-Updates und werden auch noch das Update auf Android 16 bekommen. Die Euphorie darüber ging wie ein Lauffeuer durch die Technikmedien. Aber ist das für den Endverbraucher überhaupt sinnvoll?
In meinem Kommentar möchte ich Samsungs Update-Garantie einmal überkritisch beleuchten und dabei nicht nur auf die Theorie, sondern auch auf die Praxis blicken. Ist Samsungs Update-Verlängerung zum richtigen Zeitpunkt passiert und gibt es neben der Update-Gewährleistung nicht noch weitere Hürden, die man für eine längere Lebensdauer von Smartphones bedenken muss?
Update-Verlängerung nur ein Ablenkungsmanöver?
Habt Ihr meine Artikel über die Galaxy-S22-Serie verfolgt, kennt Ihr meinen Unmut über den S22-Launch bereits. Wie ich schon in der letzten Ausgabe der Gewinner und Verlierer schrieb, hatte ich auf dem Heimweg vom S22-Launch-Event in Berlin ein mulmiges Gefühl. Samsungs neue Smartphones wirkten zu wenig innovativ und zu langweilig, um als neue Flaggschiffe eines der Innovationstreiber der Smartphone-Branche vorgestellt zu werden.
Bis auf das Redesign des Galaxy S22 Ultra, hinter dem ich das Recyceln der Baupläne eines gecancelten letzten Note-Modells vermute, gab es nur wenig wirklich neues. Wir bekommen bessere Kameras, bessere Materialien und einen neuen Prozessor, dessen Europa-Version ersten Benchmarks zufolge dem direkten Konkurrenten unterlegen ist. Samsung hat es schlichtweg nicht geschafft, im Jahr 2022 spannende Smartphones zu produzieren.
Dass viele Kollegen daher den verlängerten Software-Support herausheben, ist verständlich. Und das wirkt ein wenig wie ein Sicherheitsnetz, welches die Schlagzeilen um den S22-Launch abschwächt. Denn die Information, dass Samsung eigentlich kaum etwas Neues bietet, wird vom erweiterten Software-Support überschattet. Denn dass Samsung längere Updates liefert als Google selbst, ist spannender, als dass die S22-Serie nicht viel neues bietet.
Langlebigkeit heißt nicht nur mehr Updates
Während ich Samsungs Update-Verlängerung aus Marketingründen absolut nachvollziehen kann, sehe ich nicht ein, dass diese Eigenschaft mit einer längeren Lebensdauer der Smartphones gleichgesetzt wird. Natürlich ist es nach vier Jahren der Nutzung klasse, noch ein weiteres Jahr lang Sicherheits-Updates zu bekommen. Aber wie wahrscheinlich ist es denn, dass ein Gerät der S22-Serie überhaupt so lange genutzt wird?
Zum Einen werden derart teure Smartphones ohnehin von Tech-Enthusiasten und / oder im Rahmen von Handyverträgen gekauft. Und beide Umstände führen nunmal dazu, dass Handys nach einem oder zwei Jahren durch ein neues Gerät ersetzt werden. Bei Techies spielt neben der finanziellen Entscheidung auch die Liebe zu neuen Technologien eine Rolle – und anders als die Updates hält die "Neuheit" eines S22 eben keine fünf Jahre.
Zum Anderen ist aber vor allem die Hardware der S22-Serie nicht darauf ausgelegt, fünf Jahre lang zufriedenstellend zu funktionieren. Das sehen wir am besten am Akku des Galaxy S22, der in diesem Jahr noch einmal von 4.000 auf nur 3.700 Milliamperestunden geschrumpft ist. Die Batterien der beiden anderen Modelle sind zwar größer, sollen aber auf Samsungs Wunsch hin durch ein optional gekauftes, leistungsstärkeres Ladegerät schneller aufgeladen werden.
Wie Ihr in meinem Ratgeber über die Schädlichkeit von Quick-Charging in Smartphones lesen könnt, wird die Belastung nach zwei Jahren irgendwann relevant und die Kapazität nimmt ab. Eine eigene Erfahrung: Mein Google Pixel 3 XL bot nach dem Kauf eine Kapazität von 3.430 Milliamperestunden. Nach drei Jahren der Nutzung musste ich es zweimal am Tag aufladen – oder eine schwere Akkuhülle verwenden.
Galaxy S22 Serie vorbestellen
Die Lebensdauer der Batterien wird dabei begleitet von Samsungs neuer Recycling-Kampagne, die zwar für weniger Fischereinetze im Meer, dafür aber für fragilere Plastikteile in der S22-Serie sorgt. Samsung verriet uns im Interview, dass Recycling-Plastik nur in bestimmten Bauteilen eingesetzt würde, da Samsung die Qualität selbst nicht ausreichend sicherstellen könne. Und diese fragileren Bauteile sorgen dafür, dass die Reparierbarkeit der S22-Serie theoretisch noch einmal abnimmt.
Für eine längere Lebensdauer müsste Samsung also auf ein Konzept setzen, wie wir es im Fairphone 4 sehen: mit austauschbaren Komponenten und erschwinglichen Ersatzteilen, die einfach über das Internet bestellt werden können. Das ginge aber auf Kosten der Preis-Leistung, und ein S22 im Fairphone-Design will womöglich auch niemand sehen. Dann lieber Spinne!
Meckermodus aus: Fazit
In diesem Kommentar habe ich mich bewusst überkritisch positioniert, um die von vielen gelobte Update-Strategie ein wenig auf den Prüfstand zu stellen. Was bleibt also übrig, wenn wir an dieser Stelle einen Schlussstrich ziehen?
Natürlich ist es nichts schlechtes, dass Samsung längere Android-Updates liefert als jeder andere Hersteller. Das möchte ich mit diesem Artikel trotz Meckermodus nicht ausdrücken. Zumal sich letztes Jahr gezeigt hat, dass andere Hersteller wie Xiaomi auf Samsungs Update-Strategie reagierten und mitzogen. Wenn Samsung etwas wagt und dabei für positive Schlagzeilen sorgt, dann hat das große Auswirkungen auf die Smartphone-Branche. Und wenn diese Änderungen positiv sind, ist das wiederum positiv für alle Android-Nutzer.
Allerdings prophezeie ich, dass unser "Goodbye S22"-Artikel über ein letztes Sicherheits-Update in fünf Jahren niemanden mehr interessieren wird. Dafür werden die Modelle, die jetzt verkauft werden, dann zu kurze Akkulaufzeiten haben und spätestens das Galaxy S27 zu verlockend sein. Die Zielgruppe der Oberklasse-Smartphones ist schlichtweg zu sehr an Smartphones interessiert, als dass sie im Jahr 2027 mit einem Handy aus 2022 herumläuft. Was sollen denn die Leute im Magnetschwebe-ICE denken, wenn sie den Blick von den Mammuts abwenden, die Deutschlands neue Hochwassergebiete durchschwimmen? Das wär ja voll "cringe" oder was man dann halt sagen wird.
Ein längerer Software-Support ergibt für mich eher in der Preisklasse Sinn, in der Menschen Handys als Mittel zum Zweck sehen. Ich kenne viele Nicht-Techies, die ein Handy am liebsten einmal einrichten und dann nie wieder wechseln würden. Gleichzeitig sind diese Menschen aber nicht bereit dazu, ein Smartphone für 849, 1.049 oder 1.249 Euro zu kaufen. Selbst das Fairphone für knapp 600 Euro ist zu teuer, wenn man nicht voll auf Nachhaltigkeit steht.
Gleichzeitig fangen neue Trends und Technologien immer erst in den teuersten Smarpthones an und tropfen dann auf die günstigeren Modelle herunter. Bin ich also zu kritisch in meinem Versuch, den verlängerten Update-Support bei Samsungs auf den Prüfstand zu stellen? Was haltet Ihr von der Entwicklung?
Stimmt Ihr in meiner Umfrage ab, bitte ich Euch darum, mir Eure Meinung zu dem Thema in die Kommentare zu schreiben. Sehe ich das Thema zu kritisch und geht es am Ende nur darum, neue Handys theoretisch länger nutzen zu können? Ich freue mich darauf!
Kommentare
Kommentare
Beim Laden der Kommentare ist ein Fehler aufgetreten.