Samsung-Mittelklasse mit 4 Jahren Updates: Ist das wirklich nachhaltiger?

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Samsung hat kürzlich angekündigt, dass es für einige seiner Smartphones bis zu vier Jahre lang Android-Sicherheitsupdates anbieten wird. Darunter finden sich auch Mittelklasse-Smartphones wie das Samsung Galaxy A52, das heute vorgestellt wird. Aber werden erschwingliche Smartphones dadurch wirklich langlebiger?

Eine der Hauptgründe für die programmierte Obsoleszenz eines Smartphones ist neben der mangelnden Bereitstellung von Ersatzteilen durch den Hersteller die Pflege der Software. Das ist besonders unter Android ein Problem, da es dort viele Unterschiede zwischen den Herstellern gibt, was die Regelmäßigkeit und die Pünktlichkeit von Updates angeht.

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Während sich die meisten Hersteller dazu verpflichtet haben, im Schnitt zwei Jahre lang Software-Updates (also neue Android-Versionen) und drei Jahre lang Sicherheits-Updates anzubieten, gilt dieses Versprechen meist nur für Flaggschiffe. Bei Einsteiger- und Mittelklasse-Smartphones ist der berüchtigte "Software-Support" meist weniger umfangreich, einige Ausnahmen ausgeschlossen.

  • Lest auch : Qualcomm und Google wollen auf 4 Jahre Android-Updates umsteigen, aber...

Es ist logisch, dass ein High-End-Smartphone, das für etwa 1000 Euro verkauft wird, den besseren Update-Support bekommt. Denn hier muss sich die Investition des Käufers richtig lohnen, damit auch das meiste aus dem Handy herausholen kann. Ansonsten bleiben die Geräte trotz Top-Specs wohl eher im Regal liegen.

Weniger gerechtfertigt, aber durchaus logisch, finde ich, dass ein 200- oder 300-Euro-Smartphone, wie das OnePlus Nord N10, nur ein oder zwei Jahre nach seinem Erscheinen keine Updates mehr erhält. Samsungs Entscheidung, 4 Jahre Software-Support anzubieten, sollte mich also mit Freude und Hoffnung auf einen nachhaltigeren Smartphone-Markt erfüllen, oder? Nein! Naja, vielleicht ein bisschen ... aber insgesamt: Nein!

Software statt Hardware für eine bessere Haltbarkeit?

Tatsächlich hängt diese Frage maßgeblich davon ab, wie wir den Begriff "Preis-Leistungs-Verhältniss" definieren. Ist es uns wichtiger, dass wir die besten technischen Spezifikationen zum geringstmöglichen Preis bekommen oder wollen wir ein Smartphone, das aus diversen Gründen einfach länger funktionsfähig bleibt? Bemessen wir Leistung also an der Hardware-Leistung oder an der Nutzungsdauer?

Haltet Euch fest, liebe Leser, ich werde mein Argument mit einem verbotenen Wort illustrieren, das viele "triggern" oder abschrecken könnte: iPhone SE 2020. Umgotteswillen, atme durch, es ist vorbei, das böse Wort wird bald verschwinden, aber es ist notwendig für meine Reflexion.

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Viele Technikbegeisterte, mich eingeschlossen, haben das "Einsteiger"-iPhone verunglimpft, das im Vergleich zu Android ziemlich alte Hardware aufwies und bei dem Apple die Dreistigkeit besaß, es beim Release für 489 Euro zu verkaufen.

Ja, es ist unbestreitbar, dass das Preis-/Leistungsverhältnis des 2020er iPhone SE auf dem Papier vielen seiner Android-Konkurrenten zu gleichwertigen Preisen unterlegen war (Preis-Leistungs-Verhältnis beim Kauf – ihr erinnert Euch?). Aber wie viele der gleichen Konkurrenten könnten behaupten, dass sie auch in 5 Jahren noch aktualisiert werden, wie das iPhone SE 2020? KEINE (langfristiges Preis-Leistungs-Verhältnis)!

Dieser berüchtigte Ziegelstein ist haltbarer als alle Android-Smartphones, die zur gleichen Zeit und zum gleichen Preis veröffentlicht wurden / © NextPit

Was nützt mir ein solides Checkheft und ein günstiger Preis, wenn mein Smartphone nur alle drei oder sogar sechs Monate ein Android-Update und nur zwei Jahre lang SicherheitsUpdates erhält?

Man kann sogar noch weiter gehen und sagen, dass das technische Datenblatt ohnehin eine kurze Halbwertszeit hat und somit ohnehin in ein paar Monaten veraltet sein wird. Das ist besonders in der Mittelklasse und im Einstiegssegment der Fall. Ihr könnt Euch also genauso gut auf gute Software-Updates konzentrieren, auch wenn das bedeutet, dass Ihr einige Kompromisse bei der Hardware eingehen müsstet.

Vor diesem Hintergrund erscheint Samsungs Versprechen, selbst einige seiner günstigeren Smartphones "am Leben zu erhalten", durchaus angemessen. Aber meiner Meinung nach ist da mit Blick aufs Detail absolut nichts Bahnbrechendes dran. Und das ist gewollt, oder von Samsung kalkuliert.

Nachhaltigkeit ist ein tolles Geschäftsmodell für die Verbraucher, aber für die Hersteller allgemein eher unrentabel. Erwartet also keine Wunder und auch nicht, dass Smartphones unter 400 Euro dieselbe Versorgung mit Software-Updates haben werden wie Flaggschiffe, von wenigen Ausnahmen abgesehen.

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Android-Update vs. Sicherheitspatch: Langlebigkeit hat ihren Preis

Wenn man die Logik des Zusammenhangs zwischen Langlebigkeit und Softwareüberwachung übernimmt, könnte man also sagen, dass es ein Paradoxon in Bezug auf das Preis-Leistungs-Verhältnis zwischen sogenannten günstigen Android-Smartphones und ihrer Softwarelebensdauer gibt. Dieses Paradoxon ist umso kritischer, als wir in den letzten Jahren eine Annäherung zwischen Mittelklasse- und High-End-Smartphones in Bezug auf die technischen Spezifikationen beobachten konnten.

Die Frage des Upgrades bleibt daher eines der letzten Kriterien, um den Midrange- und Highend-Markt konkret abzugrenzen. Es wäre sehr kontraproduktiv für einen Hersteller, diese Demarkationslinie zu verwischen, indem er die Lebenserwartung seiner am günstigen und daher am wenigsten profitablen Modelle verlängert.

Ja, "4 Jahre Sicherheitsupdates" bedeutet nicht "4 Jahre Android-Updates" für alle Samsung-Smartphones. Wir alle kennen den Unterschied zwischen großen Updates, für jede neue Version von Android, und Sicherheitsupdates für Bugfixes und Schwachstellen.

Letztere sind seit einiger Zeit tendenziell wichtiger als erstere, der Youtuber Tech Altar (Video unten) erklärt viel besser als ich, warum. Aber für den Durchschnittsverbraucher sind die Android-Version und die berühmten "Features" aussagekräftiger als ein Sicherheitspatch im Hintergrund.

Okay, Samsung ist also ein schlechtes Beispiel, da sie einer der Top-Performer sind, wenn es um Android-Updates geht. Der Hersteller versucht, mit Google mitzuhalten und bietet auf einigen seiner Smartphones, selbst in der Mittelklasse, drei neue Versionen von Android an. Das ist zum Beispiel beim Samsung Galaxy A51 der Fall, das zum Zeitpunkt seines Erscheinens für 379 Euro verkauft wurde und somit Android 13 im Jahr 2022 erhalten sollte. Eine Software-Pflege, die besser ist, als bei vielen Flaggschiffen, die zwei- oder sogar dreimal so teuer verkauft werden.

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Aber der Vergleich mit Google ist irreführend. Samsung wird in der Tat 4 Jahre lang Sicherheitsupdates anbieten. Der Rollout wird dabei in verschiedene Häufigkeiten aufgeteilt, je nach Kostenpunkt des jeweiligen Smartphones.

So gibt Samsung an, dass einige Smartphones jeden Monat Updates erhalten werden, hauptsächlich die Flaggschiffe und einige günstigere Ausnahmen. Für die Mittelklasse und die "alten" Flaggschiffe (ab dem Galaxy S9) erfolgt der Rollout quartalsweise, also alle 4 Monate, aber nur für zwei Jahre. In den verbleibenden zwei Jahren werden die Updates nur noch zweimal im Jahr erscheinen.

Während diese Updates nun also vier statt drei Jahre lang fortgesetzt werden, werdet Ihr in einigen Fällen für einen Großteil dieser Zeit, wenn nicht sogar für die gesamte Zeit, viel weniger häufige Updates erhalten. Machen Updates, die länger, aber seltener kommen, Smartphones wirklich langlebiger? Ich würde sagen, nicht, zumindest nicht in der Mittelklasse.

Langlebigkeit und Mittelklasse-Smartphone sind unvereinbar

Die Diskrepanz bei den Updates zwischen Midrange und High-End ist offensichtlich aus finanziellen Gründen heraus motiviert. Die Software-Pflege kostet Samsung Geld durch Mehrarbeit, führt aber auch zu höheren Produktionskosten. Ein Aufwand, der zumindest in den Augen des Herstellers angesichts des geringeren Preises seiner günstigen Modelle im Vergleich zu den margenstärkeren Flaggschiffen nicht wirklich Sinne ergeben würde.

Das Problem liegt in meinen Augen aber vor allem darin, dass ein erschwingliches Smartphone derzeit nicht für eine Lebensdauer von mehr als 2 Jahren ausgelegt ist. Unsere Umfrage der letzten Woche, in der wir Euch nach Euren Kaufgewohnheiten für ein Smartphone gefragt haben, hat dies verdeutlicht.

Die Mehrheit der Befragten, 42%, gab an, dass sie alle zwei Jahre ein neues Smartphone kaufen. Und die absolute Mehrheit der befragten Leser (36 %) setzt das Budget für ein neues Smartphone bei bis zu 400 Euro an. Gerade weil erschwingliche Smartphones weniger schwer auf der Tasche liegen als Flaggschiffe, neigen ihre Besitzer eher dazu, häufiger aufzurüsten.

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Auf dem Papier ist ein Samsung Galaxy A52 mit 3 Jahren Android-Updates und 4 Jahren Sicherheitspatches langlebiger als ein Flaggschiff von OnePlus, Oppo oder Xiaomi / © Samsung

Außer aus Umweltschutzgründen hat kein Hersteller ein Interesse daran, seine Mittelklasse- oder Einsteiger-Smartphones mit einem vierjährigen Software-Tracker statt zwei oder drei Jahren haltbarer zu machen.

Ja, man könnte mir vorwerfen, dass meine Logik auch umgedreht werden könnte, wie die Geschichte vom Huhn und dem Ei. Erneuern wir unser günstiges Smartphone alle zwei Jahre, weil es nach zwei Jahren nicht mehr aktualisiert wird? Oder werden erschwingliche Smartphones nach zwei Jahren nicht mehr aktualisiert, weil zu wenige Menschen sie nach zwei Jahren noch nutzen?

Ich lasse Euch Eure Seite selbst wählen, finde aber beide Argumente plausibel. Ich persönlich tendiere zu Letzterem. Es ist wahrscheinlich mein kranker Zynismus, der mich das denken lässt, aber ich bin überzeugt, dass Nachhaltigkeit in erster Linie mit den Konsumgewohnheiten zusammenhängt.

Es liegt in unserer Natur, immer mehr und Besseres zu wollen als das, was wir gerade haben. Es gibt einen Grund, warum Marketing-Obsoleszenz, nicht programmierte Obsoleszenz, so gut funktioniert. Der Druck, der durch Neuheiten entsteht, wird sich fast immer durchsetzen, solange es profitabel bleibt – sowohl für die Hersteller, aber auch und gerade für die Kunden.

Die Verbraucher werden es vorziehen, alle zwei Jahre ein neues Modell zu kaufen und während dieser zwei Jahre von regelmäßigen Updates sowie der neuen Android-Version zu profitieren. Die Verbraucher werden es vorziehen, alle zwei Jahre ein neues Modell zu kaufen und in diesen zwei Jahren regelmäßige Updates sowie die neue Android-Version zu erhalten, anstatt das gleiche Modell vier Jahre lang zu behalten und in den letzten zwei Jahren der Nutzung vier oder sogar sechs Mal weniger Updates zu erhalten.

Aber wie so oft möchte ich mich irren und meinen Pessimismus durch ein Bewusstsein für den Markt und seine Akteure widerlegt sehen. Vielleicht wird diese erhöhte Haltbarkeit von Mittelklasse-Smartphones eine Transformation dieses Marktsegments einleiten. Aber kann eine leistungsstarke, langlebige Mittelklasse überhaupt bezahlbar bleiben?

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