Sex, Drogen und Verachtung: Bekommt Telegram seine App wirklich sauber?

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Es waren ein paar geschäftige Wochen für Telegram. Die Messaging-App hat einen Anstieg der Anmeldungen erlebt, nachdem bekannt wurde, dass WhatsApp seine Datenschutzrichtlinien ändert, um die gemeinsame Nutzung von Daten mit Facebook zu ermöglichen. Ich werfe einen Blick darauf, wo die Dinge für den Telegram Messenger im Jahr 2021 stehen.

Einer der Hauptgründe, warum Telegram, neben anderen Social-Media-Plattformen, in letzter Zeit im Rampenlicht steht, ist die Sorge, dass es ein perfektes Habitat für die Verbreitung von rechtsextremer Hassrede bietet. Nach der Belagerung des US-Kapitols durch Pro-Trump-Anhänger werfen Social-Media-Plattformen einen gründlichen, strengen Blick in den Spiegel.

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Telegram CEO und Gründer Pavel Durov schrieb gestern, dass die Messaging-App Hunderte von öffentlichen Aufrufen zur Gewalt entfernt hatte. "Telegram begrüßt friedliche Debatten und Proteste, aber unsere Nutzungsbedingungen verbieten ausdrücklich die Verbreitung von öffentlichen Aufrufen zur Gewalt," liest man im Beitrag. "Letzte Woche blockierten und entfernten unsere Moderatoren Hunderte von öffentlichen Aufrufen zur Gewalt, die sonst mitunter Zehntausende von Abonnenten erreicht hätten. Das Team bearbeitet auch weiterhin Berichte von Nutzern und entfernt proaktiv Inhalte, die direkt zu Gewalt aufrufen."

Unterdessen verklagt eine Non-Profit-Gruppe in Washington Apple und fordert, dass der iPhone-Hersteller Telegram aus dem App Store entfernt, so wie er es Anfang des Monats mit Parler getan hat. Die so genannte "Coalition for a Safer Web"-Gruppe sagt, dass die App zu einem Zufluchtsort für Extremisten, "White Supremacists, Neonazis und andere hasserfüllte Inhalte" geworden ist.

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Die Klage wurde vor dem US-Bezirksgericht für Nordkalifornien eingereicht und verlangt von Apple, Telegram aus dem App Store zu entfernen. Als Apple Parler verbot, sagte es, es tue dies aufgrund von "Gewaltandrohungen und illegalen Aktivitäten" auf der Plattform.

Durov ist kein Idiot und weiß, was sich auf der von ihm gegründeten Plattform befindet. Er hat bereits zu Protokoll gegeben, dass Telegram einen Plan B hat, falls Apple jemals den Stecker ziehen sollte - eine Web-App, die in Safari laufen wird. Es fühlt sich jetzt wirklich wie eine Frage der Zeit an, zumindest in den USA.

Parler wurde von Apple bereits aus dem App Store entfernt. / © Parler

Die Vereinigten Staaten machen zwar nur zwei Prozent der Telegram-Nutzer aus, dennoch ist es für das Unternehmen ein Leichtes, eine große Sache daraus zu machen und Hassreden von der Plattform zu verbannen. Schließlich wäre ein Rauswurf aus dem Apple App Store ein großer Schlag für die Wachstumsbemühungen des Unternehmens. In Europa ist Telegram jedoch weit verbreitet, und in manchen Städten ist Telegram zu einer Plattform geworden, die für fast alle denkbaren Laster bekannt ist.

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Kürzlich berichtete die Berliner Zeitung, wie die Kriminalität in der deutschen Hauptstadt dank Telegram floriert. Gruppen, die Prostitution und den Verkauf von Drogen ermöglichen, sind an der Tagesordnung. Die berühmt gewordenen "Koks-Taxis", ein Service, bei dem sich Partygänger Kokain und andere Freizeitdrogen nach Hause liefern lassen können, werden überall auf Telegram beworben. Die Tatsache, dass die App Kanäle und öffentliche Gruppen basierend auf Ihrem Standort anbietet, bedeutet, dass sie das ideale Werkzeug für Drogendealer ist. Durch die Verwendung der Funktion "People Nearby" sind Drogen und Sex nur ein paar Klicks entfernt. Telegram-Nachrichten sind verschlüsselt, und kaum eine wird jemals gelöscht.

Doch nicht nur die Eignung für illegale Aktivitäten macht Telegram in Deutschland beliebt. Der Bericht der Berliner Zeitung berichtet, dass Telegram auch der Ort ist, an dem Corona-Leugner wie der rechtsgerichtete vegane Promi-Koch Attila Hildmann und selbsterklärter Wahrheits-Fanatiker Michael Wendler ihre wilden Theorien zu verbreiten begannen und die Plattform zu einer der am meisten heruntergeladenen Apps geworden ist.

Auch seriöse Nachrichtendienste wie NextPit sind auf Telegram vertreten. / © NextPit

Fakt ist, dass die Menschen im Jahr 2021 zu Telegram strömen. Vergangene Woche gewann die in Russland entwickelte und in Dubai ansässige Messaging-App innerhalb von nur 72 Stunden rund 25 Millionen neue Nutzer hinzu. Die App hat jetzt mehr als 500 Millionen Nutzer, nichts im Vergleich zu WhatsApps anderthalb Milliarden, aber der Trend ist für alle sichtbar. Die Frage bleibt, wie viele Menschen, die WhatsApp für Telegram verlassen, wissen, worauf sie sich einlassen?

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Berichten zufolge liegt nun ein Kredit von mehr als einer Milliarde Dollar für Durow auf dem Tisch, um von dem Boom zu profitieren. Durow ist aufgrund politischer Repressionen aus Russland ausgewandert und hat sein Geld mit der Gründung der russischen Facebook-Alternative VKontakte gemacht. Nun will der 36-Jährige Telegram weiter ausbauen, und dazu gehört sicher auch eine Art Aufräumaktion. Ob Telegram allerdings weiter den Weg in den Mainstream findet, bleibt abzuwarten.

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