Telefonie: Festnetz kann sich noch immer überraschend stark halten
Es scheint fast so, als hätten die Deutschen im Zuge der Corona-Pandemie das Festnetz wiederentdeckt. Denn obwohl die Verbraucher nicht mehr ganz so oft zu Hause saßen, wie zu Beginn der Pandemie, wurde immer noch überraschend viel über den Hausanschluss telefoniert.
Ganze 102 Milliarden Gesprächsminuten sind im letzten Jahr im deutschen Festnetz zusammengekommen. Das sagen die neuesten Statistiken der Bundesnetzagentur, die der Nachrichtenagentur DPA vorab vorliegen. Im Vergleich zum Vorjahr ging die Zahl damit zwar um rund 2 Milliarden nach unten, blieb aber weiterhin deutlich über dem Niveau des Jahres 2019, als Corona noch keine Rolle spielte - um 8 Milliarden Minuten wurde der damalige Wert übertroffen.
Eigentlich konnte man damit rechnen, dass der kurze Boom von einem ebenso schnellen Absturz abgelöst wird. Immerhin normalisierte sich das Leben vieler Menschen im letzten Jahr bereits in vielen Bereichen. Und hinzu kommt, dass unzählige Alternativen zur Verfügung stehen. Dabei ist natürlich in erster Linie der Mobilfunk zu nennen - die meisten Nutzer haben ihr Mobiltelefon ohnehin oft bei sich und können dieses häufig auch mit Telefonie-Flatrates nutzen.
Video-Chats nicht mitgerechnet
Hinzu kommt, dass in der Statistik auch alternative Verbindungen noch nicht mit berücksichtigt sind. Das betrifft insbesondere die zahlreichen Video-Chats, die im Zuge der Pandemie einen enormen Verbreitungs-Schub fanden - ob nun in Form von Gesprächen aus den großen Messenger-Plattformen heraus oder aber über die Kommunikations-Plattformen für den Business-Bereich.
Die anhaltend hohe Zahl der Festnetz-Minuten könnte dabei durchaus auch damit zusammenhängen, dass noch immer viele Menschen im Homeoffice verblieben und hier auch mal einfach auf das Festnetz-Telefon auf dem Schreibtisch zurückgriffen. Denn dieses bietet auch in ungünstigen Situationen oft die beste Verbindungsqualität.
Wir verwenden die Festnetztelefonie, die mit zwei Leitungen im Internetzugang enthalten ist, noch sehr intensiv, sie ist eigentlich der Hauptkommunikationsweg, und die Nutzung der Mobiltelefonie beschränkt sich im Wesentlichen auf Unterwegs, weshalb dafür auch nur kostengünstige Discounterverträge abgeschlossen wurden.
Schnurgebundene Festnetztelefone stehen praktisch in jedem Zimmer, entweder als Voip - oder Analogapparate, dazu kommen zwei schnurlose DECT-Telefone, zwei Smartphones die mit der "Fritz!App Fon"* als WLAN-Voiptelefone funktionieren, sowie zwei mit "PhonerLite"*-Software ausgestattete Windows-PCs, die dadurch auch als Voip-Telefone genutzt werden können, wenn man gerade daran arbeitet.
Einer der Hauptvorteile der Anlage ist, dass die Hardware unglaublich kostengünstig ist, außerordentlich robust und dadurch sehr langlebig. Schnurgebundene Voip-Telefone (SIP!) wie das "Openstage 40"* gibt es als refurbishede Gebrauchtgeräte in hervorragender Qualität und einem Aussehen wie neu bei Ebay für 10 bis 20€. Da das Geschäftstelefone sind, die für eine intensive Nutzung ausgelegt sind, gehe ich davon aus, dass sie in Privathaushalten beinahe "ewig" halten, wenn nicht destruktive Ereignisse wie Blitzeinschläge oder brachiale Gewalt das verhindern. (Zur Speisung der Telefone benötigt man allerdings entweder einen PoE-fähigen Switch oder ein separates Netzteil. Das ist mit ca. 20 € zwar nicht gerade teuer, den Preis der Telefone kann es aber dadurch deutlich verteuern!)
Die Konfguration und die Integration der VoIP-Telefone und der "PhonerLite"-Softtelefone in die "Fritz!Box"*, also die Verbindung mit deren SIP-Server ist zwar nicht trivial, aber doch einfach, wenn man eine gute Anleitung dafür im Netz gefunden hat. Auch im Archiv der "c't"* findet sich ein guter Artikel darüber.
Für die "Fritz!App Fon" sind diese Aktivitäten aber tatsächlich kinderleicht.
Die VoIP-Telefonate bauen mittlerweile sehr häufig in HD-Qualität auf (mittels Codec G722), auch zu Mobiltelefonen. Die Gesprächsqualität innerhalb des Festnetzes ist in der Regel trotzdem deutlich besser, da es Gesprächsbeeinträchtigungen bis hin zu Abbrüchen durch Funklöcher nicht gibt.
Innerhalb des Hauses lassen sich Telefonate mittlerweile zu anderen Apparaten weitervermitteln (das ging mit dem Fritz!-SIP-Server nicht immer), Gespräche lassen sich so an andere Haushaltsmitglieder weiterleiten, oder einfach in andere Räume, wenn es im aktuellen gerade zu laut ist.
Was mir zum Festnetzglück eigentlich nur noch fehlt, ist ein LDAP-Server, der sich stromsparend auf einem Raspi oder ESP32 aufsetzen lässt und leicht zu administrieren ist. Damit würde ich gerne ein umfangreiches zentrales Telefonbuch bereitstellen. Für Vorschläge diesbezüglich bin ich dankbar.
Eigentlich wäre dieser LDAP-Server ebenfalls in der "Fritz!Box"* ideal plaziert, aber das Telefonbuch der "Fritz!Box"* ist für die VoIP-Telefone nicht nutzbar, und ich befürchte, AVM sieht in ihren (funktionsreichen) Fritz!Phones Systemtelefone für die Fritzbox und wird da nichts mehr machen. Mit der "Fritz!App Fon"* ist dieser Zugriff allerdings durchaus möglich, ich befürchte aber, mittels propritärer Protokolle.
Ob nun das strahlungslose Telefonieren an Schnurapparaten oder das strahlungsärmere Telefonieren an DECT- oder WLAN-Apparaten ein gesundheitlicher Vorteil ist, sei mal dahingestellt, ein Nachteil ist es aber mit Sicherheit nicht.
Leider enthalten viele Festnetztarife keine Mobilflat. Will man einem mobilen Gesprächspartner keinen Rückruf zumuten, bleibt nur, den Tarif kostenpflichtig zu erweitern, bis zu 19 ct pro Minute zu bezahlen, oder dafür eben doch das Mobiltelefon zu benutzen. Zwar durchaus praktikabel, aber eben ein bedauerlicher Systembruch.
*Die Begriffe "Fritz!App Fon", "Fritz!Box" und "Fritz!Fon" sind eingetragene Warenzeichen der Firma AVM Berlin.
Der Begriff "c't" ist eingetragenes Warenzeichen der Heise-Verlagsgruppe.
Der Begriff "Openstage 40" ist eingetragenes Warenzeichen der Firma Unify.
Der Begriff "PhonerLite" ist (eingetragenes ?) Warenzeichen von Heiko Somnerfeldt.
Die Begriffe werden ausschließlich zur inhaltlichen Verdeutlichung des Kommentars verwendet.
Das Smartphone lässt sich auch in die Fritzbox integrieren, damit kann man Mobilfunkgespräche auch per Festnetztetefon führen. Ist aber nichts für Laien. https://www.ip-phone-forum.de/threads/fehlende-funktionen-der-fbf-mittels-minimalem-asterisk-nachr%C3%BCsten.274776/
Neueren Fritzboxen fehlt dazu leider der nötige Telnet-Zugang. Auf einem Raspi liesse sich allerdings eine Asterisk-Anlage aufsetzen, die so allerdings dann nur VoIP-Telefonie unterstützen würde, da für analog und DECT die nötigen Interface fehlen. Eine Raspi-Asterisk als Unteranlage zur Fritzbox könnte aber eine mögliche Option sein.
Siehe Link.
Eine Alternative wäre ein Gigaset der DX-Serie, die Funktion ist aber auf das DX beschränkt.
Der Artikel ist von 2014. Mittlerweile hat AVM den Telnet-Zugang deaktiviert. Auf alten Boxen (mit alter Firmware) kann man ihn aber noch nutzen.
Ich habe ein Tiptel 275 mit bis zu 1000 Telefonbucheinträgen zu je 3 Nummern. Die stehen halt leider auch nur an dem einen Apparat zur Verfügung.
Wie die Openstage ist das Telefon CTI-fähig und hat einen Headset-Anschluss.
Telnet braucht es doch nicht, wenn man es über RasPi und Asterisk macht.
Im Telekom-Hilft-Forum gibt es gerade einen Thread mit AVM, da kann man Wünsche äußern. Vielleicht gibt es ja bald eine Funktion zur Vermittlung zwischen Smartphone und Festnetztelefonen. Dann müsste man sich nicht mehr verbiegen.
Mit einem zusätzlichen Raspi geht es natürlich. Das wird auch in dem Artikel, den ich zunächst nur überflogen hatte, beschrieben.
Früher konnte man die Asterisk aber auch direkt auf der Fritzbox installieren. Dazu war Telnet nötig.
Man kann bei AVM Änderungswünsche äußern, aber ob, und vor allem wann die erfüllt werden, ist ungewiss.
Habe den Sinn von Festnetz noch nie verstanden. Es ist viel umständlicher, man ist an zuhause gebunden und Vorteile bietet es auch keinen einzigen.
Also ich für meinen Teil werde definitiv nie Festnetz besitzen 😅
Dann hast Du noch nie mit CTI gearbeitet. Das Wählen von Rufnummern per CTI ist gut. Dann hat man noch die Möglichkeit, vernünftige kabelgebundene Headsets zu verwenden. Ich habe bei mir einen Umschalter drin, mit dem ich das Headset zwischen PC und Telefon umschalten kann. Mit einem Smartphone ist das alles bis heute nicht möglich. Also Deine Aussage "Vorteile bietet es keinen einzigen" ist damit wiederlegt. Bei Dir habe ich das Gefühl, dass Du nur den Privatanwender siehst. Vielleicht solltest Du Dir einen kleineren Teller kaufen, damit Du leichter über Deinen Tellerrand schauen kannst. 😉
Ich habe auch noch Festnetz, telefoniere aber sehr selten damit. Ich habe den eigentlich nur noch für ein paar Verwandte, die lieber am Festnetz anrufen. Da hängt schon seit Jahrzehnten ein AB dran, das hält unerwünschte Werbeanrufe ab und ich kann entscheiden, ob ich rangehe oder zurückrufe.
Falls Du eine Fritz!Box nutzt, kannst Du das Ganze auch auf dein Smartphone bringen. Stefan hat das in der oben verlinkten Anleitung vor einiger Zeit ausprobiert und war ziemlich begeistert.
So kommen die Festnetz-Anrufe direkt in der Fritz!-App an
So kann man auch seine brachliegende Festnetznummer für Dienste verwenden, wo man nicht unbedingt seine Handynummer verbrennen möchte ^^
Dafür nutze ich es jetzt tatsächlich auch schon. Es gibt immer wieder Leute, denen man seine Handynummer nicht geben möchte, die bekommen dann die Festnetznummer und laufen dort beim AB auf, da ich da nie direkt rangehe.
Für Telekom-Geschäftskunden gibt es "OneNumber". Damit kann man statt der Mobilfunknummer die festgelegte Festnetznummer übertragen (der Dienst greift nicht bei Notrufnummern, da wird immer die Mobilfunknummer übertragen), dabei kann man auch Ausnahmen definieren.