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KI-Übersetzer für 700 € ausprobiert: Ist er besser als Euer Smartphone?

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© nextpit

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Egal, ob iOS oder Android – jedes Smartphone kann im Jahr 2024 zuverlässig zwischen Menschen verschiedener Herkunft dolmetschen. Warum gibt es also Produkte wie den X1 AI Interpreter Hub von Timekettle, die mit fast 700 Euro zu Buche schlagen? Im Hands-On habe ich für nextpit herausgefunden, für wen und für welche Unternehmen sich ein Kauf lohnt! Legen wir los ... oder soll ich lieber sagen "لنبدأ!"

Timekettle X1 AI Interpreter Hub
Timekettle X1 AI Interpreter Hub: Alle Angebote

Design & Display

Der X1 AI Interpreter Hub erinnert in der Hand ein wenig an die legendäre "Wiimote" der Spielekonsole Nintendo Wii. Bedeutet, Ihr haltet das Gerät in der Regel vertikal in der Hand, wie etwa einen Tennisschläger, und steuert Ihn dann über zwei Knöpfe an der rechten Seite, einen Knopf unten im Gehäuse und einen Touchscreen. Und Überraschung: Hersteller Timekettle verbaut zwei True-Wireless-Earbuds im Gehäuse!

Mit Maßen von 13 x 4,5 x 3,5 cm ist der Timekettle X1 AI Interpreter Hub ein wenig größer als die meisten Smartphones. Mit seinem Kunststoffgehäuse und der cleveren Schublade für Kopfhörer ist die Verarbeitung dabei hochwertig genug, dass man keine Angst hat, das Device zu zerbrechen. 

Timekettle X1 AI Interpreter Hub Knopf
Wenn Ihr sprechen wollt, haltet Ihr den Knopf unten gedrückt. / © nextpit

Im Gehäuse sitzt ein 3,4" großer Touchscreen in einem Format, das ein wenig an das 21:9-Format aktueller Sony-Smartphones erinnert. Die Position der Knöpfe an der rechten Seite und unten im Gehäuse schlägt dabei eine vertikale Nutzung vor, allerdings ist das gesamte Menü des X1 auf eine horizontale Nutzung ausgelegt. Das ist ein wenig kontraintuitiv und benötigt einige Zeit zum eingewöhnen. Immer wieder kommt es im Testzeitraum dazu, dass wir das Device drehen müssen.

Sehr sinnvoll ist die Platzierung zweier True-Wireless-Kopfhörer im Gehäuse des X1. Um diese zu entnehmen, öffnet Ihr eine Schublade unten im Gehäuse. Dank zweier Ladekontakte werden die Kopfhörer hier auch direkt aufgeladen – im Ohr wollen sie dann aber nicht ganz so gemütlich Platz finden. Silikonaufsätze für einen besseren Komfort und einen optimierten Halt sind im Lieferumfang enthalten. 

Timekettle X1 AI Interpreter Hub Schublade
Die In-Ear-Kopfhörer platziert Timekettle in einer kleinen Schublade. Clever! / © nextpit

Insgesamt würde ich dem Design einen Fokus auf Effizienz unterstellen. Das ist nicht weiter schlimm, allerdings stören Dinge wie die inkonsequente Ausrichtung des Displays ein wenig. Die Verarbeitung geht insgesamt aber in Ordnung, lediglich eine IP-Zertifizierung vermisse ich bei dem Gerät. Wegen der Schublade für die Earbuds ist die aber sicher nicht ganz so einfach zu erreichen.

Betriebssystem

Timekettle führt ein eigenes Betriebssystem, das sich nicht über Apps erweitern lässt. Die Menüs der Eigenkreation "X OS" sind logisch aufgebaut, insgesamt überrascht der X1 mit einer responsiven Nutzererfahrung. Aktualisierungen installiert der X1 automatisch über WLAN-Verbindungen, diesbezüglich kommuniziert der Hersteller regelmäßige OTA-Updates. Sonderfunktionen wie Wecker, Stoppuhren oder sonstiges sucht man vergebens!

Technik und Übersetzungen

Der X1 kann insgesamt 40 Sprachen übersetzen und dabei 93 verschiedene Akzente verstehen. Laut Herstellerangaben konnte man die Geschwindigkeit der Übersetzungen im Vergleich zu anderen Modellen zudem deutlich verbessern. Für den Einsatz in Unternehmen lassen sich zudem bis zu 20 Geräte offline miteinander verbinden. So – und durch die beiden integrierten Earbuds – sollen internationale Meetings simultan übersetzt werden.

Während Timekettle beim X1 einige Funktionen seiner Reiseübersetzer – hier geht's zum Hands-On des Fluentalk T1 Mini auf nextpit – beim X1 weglässt, gibt es eine Menge Features, die für Unternehmen optimiert sind. So lassen sich bis zu 20 X1-Modelle miteinander verbinden, um eine lokale Konferenz zu dolmetschen. Alternativ kann man über die Wi-Fi-Verbindung auch einen Anruf mit einem anderen X1-Gerät aufbauen.

Mit nur einem Gerät lassen sich aber bereits Gespräche dolmetschen – und hier kommen wieder die integrierten Earbuds zum Einsatz. Bei der Gesprächsübersetzung können zwei Personen jeweils einen Ohrhörer einsetzen und bekommen die Übersetzungen der Gegenseite jeweils aufs Ohr diktiert. Dieser Modus überzeugt mit einer schnellen Simultanübersetzung und mit einer recht natürlichen Sprachausgabe. Beachten muss man dabei allerdings ein wenig, dass die Sprachaufnahme für beide Personen über das Gerät erfolgt. Denn integrierte Mikrofone bieten die Earbuds offenbar nicht.

Timekettle X1 AI Interpreter Hub Lautstärkewippe
Das An- und Ausschalten sowie die Lautstärke steuert Ihr an der rechten Geräteseite. / © nextpit

Ein wenig ärgerlich ist zudem, dass die natürliche Sprachwiedergabe nur in diesem Modus zu finden ist. Will man etwa einem fremdsprachigen Gespräch lauschen und dabei beide Earbuds im "Zuhören"-Modus einsetzen, klingt die Computerstimme deutlich unnatürlicher und "robotischer". Die Qualität der Übersetzungen ist zum Teil wirklich gut – allerdings hängt sie stark von der Deutlichkeit und der Sprechgeschwindigkeit der Personen sowie von den jeweiligen Sprachen ab.

Die Geschwindigkeit der Übersetzungen konnte Timekettle im Juni 2024 noch einmal verbessern. Die Übersetzungs-Engine "HybridComm 3.0" soll die Verarbeitungsdauer beim Übersetzen dabei um 200 Prozent verbessern. Auch Verbesserungen bei der Übersetzungsqualität soll das Update gebracht haben. Grundlegend ist es aber schon einmal sehr begrüßenswert, dass Timekettle den X1 kostenlos verbessert.

Eine einfache und deutliche Diskussion, bei welcher der X1 zwischen Deutsch und Englisch übersetzen muss, funktionierte nach dem Update echt gut. Auffällig ist allerdings, dass die Übersetzungen Kontexte nicht verstehen. Bei der Frage "Es regnet draußen, wo kann ich einen Regenschirm kaufen", übersetzte der X1 "Umbrella" mit "Sonnenschirm". Derartige Fehler nehmen zu, wenn man kompliziertere Übersetzungen versucht. Etwa von Deutsch zu Arabisch. Hier werden die Übersetzungen mitunter so ungenau, dass man raten muss, was die Gegenseite einem erzählen möchte.

Timekettle Update
Das Upgrade auf HybridComm 3.0 soll die Geschwindigkeit von Übersetzungen um 200 % verbessern. / © Timekettle

Was im Vergleich zu den Reiseübersetzern von Timekettle zudem von Nachteil ist: Es gibt keine integrierte SIM-Karte, die Übersetzungen über ein Mobilfunknetz erlaubt. Da es beim X1 aber auch nur wenige Offline-Sprachen gibt – jeweils können nur Sprachen nach Englisch oder Chinesisch übersetzt werden –, muss man unterwegs ein WLAN-Netzwerk oder einen mobilen Hotspot finden.

Insgesamt überzeugt der X1 Interpreter Hub vor allem funktional. Die Möglichkeit, Telefonkonferenzen durchzuführen und Gespräche über die integrierten Kopfhörer zu dolmetschen, sind wirklich clever. Leider bleibt sowohl die Qualität der Übersetzungen als auch die Qualität der Sprachwiedergabe hinter den Erwartungen zurück. Womöglich bessert Timekettle hier noch via Software-Updates nach.

Datenschutz

Auf eine Sache möchte ich wegen der Ausrichtung auf Unternehmen noch eingehen – den Datenschutz! Denn hier entsteht ein weiterer Kaufgrund, wenn Unternehmen befürchten, dass Übersetzungs-Apps womöglich sensible Informationen an Werbepartner weitergeben. Timekettle bewirbt auf seiner Homepage einen dreistufigen Datenschutz. Dabei soll die Kommunikation des X1 an Server oder andere Geräte verschlüsselt erfolgen. Auf welche Form der Verschlüsselung Timkettle dabei vertraut, führt der Hersteller aber leider nicht weiter aus.

Übersetzungsdaten werden zudem nur lokal gespeichert, ohne dabei für Backups auf Server zu vertrauen. Die weiteren datenschutzrelevanten Informationen beziehen sich auf den Vorteil, dass Gespräche mit dem X1 über Kopfhörer erfolgen können. Hier würde ich mir als Unternehmenskunde etwas mehr Informationen wünschen, sodass der Datenschutz ein wirklich valider Kaufgrund wird. Schade!

Akku und Aufladen

Die Akkulaufzeit des X1 gibt der Hersteller mit neun Stunden an. Im Standby sollen bis zu sieben Tage drin sein. Clever ist, dass Timekettle sowohl eine Schnellladefunktion als auch Kontakte für eine Ladestation integriert. Somit könnt Ihr die Kopfhörer innerhalb von fünf Minuten für 120 Minuten Laufzeit vorbereiten. Eine komplette Aufladung des Hauptgerätes dauerte zwei Stunden.

Laufzeiten von neun Stunden sollten auch für intensive Einsätze unterwegs ausreichend sein. Aufgeladen wird das Hauptgerät des X1 über USB-C oder über Ladekontakte. Für Unternehmen, die ihren Mitarbeiter*innen mehrere Geräte zur Verfügung stellen wollen, zeigt der Hersteller im Netz einen Hub, in den fünf Geräte eingesetzt werden können. Wie teuer dieser ist oder wo man in ihn kaufen kann, lässt sich aber leider nicht herausfinden.

Timekettle X1 AI Interpreter Hub Ladekontakte
An der Unterseite sitzt ein USB-C-Anschluss sowie Ladekontakte zum Aufladen. / © nextpit

In der Praxis sind die Angaben zur Akkulaufzeit des Hersteller realistisch. Die lange Standby-Laufzeit sorgt dabei für eine gute Bereitschaft auch dann, wenn man es einmal vergisst, ein Device zurück auf die Ladestation zu legen. Während der Nutzung sinkt die Akkulaufzeit zwar spürbar, für diese Fälle ist es wirklich begrüßenswert, dass Timekettle eine Schnellladefunktion integriert.

Unser Testeindruck

Insgesamt überzeugt der Timekettle X1 eher konzeptionell als funktional. Denn das Bedienkonzept und die Idee, Kopfhörer im Gehäuse zu integrieren, sind wirklich praktisch. Dank des proprietären Betriebssystems ergibt sich zudem ein gutes Arbeitstempo, wobei auch die Verarbeitungsdauer beim Übersetzen überzeugt. Das trägt zu einem natürlichen Gesprächsfluss beim Dolmetschen bei.

Störend sind hierbei aber die nicht immer ganz präzisen Übersetzungen. Gerade in herausfordernden Sprachpaaren wie "Deutsch – Arabisch" sowie bei komplexen Dialogen nimmt die Qualität der Übersetzungen mitunter stark ab. Dabei müssen die Sprechenden zudem regelmäßig Sprachpausen einlegen, in denen der Übersetzer ein wenig Zeit hat, die aufgenommenen Informationen zu übersetzen.

Timekettle X1 AI Interpreter Hub Earbud
Für die Earbuds gibt es Aufsätze aus Silikon, um den Tragekomfort zu optimieren. / © nextpit

Timekettle versäumt es zudem, genaue Informationen über den Datenschutz des X1 bereitzustellen. Hier sehe ich für Unternehmen durchaus einen Kaufgrund, da sensible Gespräche geschützt bleiben. Die Informationen, dass Gespräche verschlüsselt übertragen und nur lokal auf dem Gerät gespeichert werden, sind dabei zwar schön zu lesen – eine wirkliche Sicherheit würde sich aber erst durch genaue Angaben zur Verschlüsselung ergeben.

Somit ist der Timekettle X1 zwar ein wirklich interessante Device, das mit einer UVP von fast 700 Euro aber recht teuer ist. Ob sich durch den Einsatz tatsächlich deutliche Vorteile gegenüber Übersetzungs-Apps ergeben, wage ich ein wenig zu bezweifeln. Vergleicht man den Preis mit dem Chartern eines Dolmetchers, amortisieren sich die Kosten aber recht schnell.

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Benjamin Lucks

Benjamin Lucks
Produkt-Tester

Benjamin arbeitet als freiberuflicher Journalist und ist dabei stets auf der Suche nach Besonderheiten, die neue Handys, Kopfhörer und Gadgets für den Leser interessant machen. Gelingt das nicht, tröstet er sich mit dem Schreiben von Kurzgeschichten und seiner Digitalkamera.

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