1,1 Milliarden Euro Strafe: Das Ende von Apples bisheriger Preispolitik

4 Min Lesezeit 4 min 10 Kommentare 10
No Ad to show

Es ist fast zu einer französischen Tradition geworden: In Frankreich muss der kalifornische Konzern Apple erneut eine Geldstrafe zahlen. Nur dass sich die Rechnung diesmal auf 1,1 Milliarden Euro beläuft – das sind selbst für Apple keine Peanuts mehr. Nein, es ist die höchste Geldstrafe, die je von der französischen Wettbewerbsbehörde gegen ein Unternehmen verhängt wurde.

Die französische Regulierungsbehörde verurteilte die Firma am Montag, den 16. März, zur Zahlung einer Rekordstrafe wegen wettbewerbswidriger Praktiken gegenüber bestimmten Resellern ihrer Produkte. Die letzte Strafe, die Frankreich Apple erst vor zwei Wochen auferlegt hatte, ging direkt an die französische Aufsichtsbehörde. 25 Millionen Euro musste Apple bereits zahlen, weil es wegen schwach werdender Akkus heimlich die Leistung seiner Smartphones gedrosselt hatte.

No Ad to show

In einer späteren Erklärung zur Rekord-Strafe kündigte Apple an, Berufung einzulegen: "Die Entscheidung der Wettbewerbsbehörde ist äußerst bedauerlich. Sie betrifft Praktiken, die mehr als zehn Jahre zurückliegen, und ignoriert dreißig Jahre gut etablierte Rechtsgrundsätze, auf die sich alle Unternehmen in Frankreich stützen. Sie wird zu einer chaotischen Situation für die Wirtschaftsakteure in allen Bereichen führen. Wir sind mit dieser Entscheidung nicht einverstanden und planen, Berufung einzulegen", heißt es darin.

Laut der Präsidentin der Wettbewerbsbehörde, Isabelle de Silva, die von der französischen Zeitung Le Monde zitiert wird, habe "Apple mit zwei seiner Großhändler Preisabsprachen vereinbart, während andere Händler vom Deal ausgeschlossen wurden. Das hat den Wettbewerb mit Apple-Produkten bereits auf Großhandels-Ebene eingeschränkt".

No Ad to show

Ein "illegales Kartell" für die Kontrolle des Marktes

Konkret bezichtigt die Wettbewerbsbehörde Apple nach einer langen Untersuchung drei verbotener Praktiken. Auslöser war eine Beschwerde, die 2012 durch eBizcuss eingereicht wurde, einem Distributor von Apple Premium-Produkten (auch bekannt als APR oder Apple Premium Reseller).

Apple wird beschuldigt, eine "ungesetzliche Vereinbarung" mit Händlern abgeschlossen zu haben, die Produkte in Frankreich weiterverkaufen. Im Fachjargon kann man auch von einem Kartell sprechen: Zwischen 2005 und 2013 sollen die betreffenden Vertriebshändler zugestimmt haben, dass das Unternehmen die Mengen der Produkte diktieren darf, die an Premium Reseller wie eBizcuss geliefert werden. Letztere sind oft kleine und mittlere unabhängige Unternehmen, deren Geschäft in hohem Maße von Apple und insbesondere vom Angebot der Marke an neueren Produkten abhängig ist.

Das Apple-Kartell hinderte diese Händler daran, mit den Großhändlern frei über Preise und Mengen zu verhandeln. Die beiden wichtigsten Großhändler, die an diesem als rechtswidrig angeprangerten Kartell beteiligt waren, Tech Data und Ingram Micro, wurden ebenfalls mit Geldstrafen von 76,1 Millionen Euro beziehungsweise 62,9 Millionen Euro belegt.

No Ad to show

Schließlich wird Apple dafür bestraft, dass es "Premium-Händlern" Verkaufspreise auferlegt, die denen ähneln, die Apple in seinen eigenen Geschäften und auf seiner Online-Verkaufsseite verlangt. Dadurch wurden die Preise künstlich hoch gehalten und Rabatte oder Werbeaktionen begrenzt; so die Argumentation der Wettbewerbsbehörde.

Dies könnte ein Grund dafür sein, dass die Produkte von Apple im Vergleich zu ihren Pendants anderer Marken so selten im Rahmen von Rabattaktionen erhältlich sind. Auch deutsche Apple-Kunden erleben das nahezu täglich: Bei großen Rabattaktionen, etwa am Black Friday oder "Wegfall der Mehrwertsteuer"-Aktionen bei Media Markt oder Saturn sind Apple-Produkte im Kleingedruckten in den meisten Fällen ausgeschlossen.

Auch in Deutschland agiert Apple ähnlich

Die Regulierungsbehörde bezieht sich auch auf die von Apple vorgeschriebene Verwendung von Material und Ausrüstung für Verkaufskampagnen / Werbeaktionen, da Apple sonst den Vertrag kündigen würde. Ein Zwang, der dazu führte, dass diese Unternehmen daran gehindert wurden, irgendeine Art von Initiative in Bezug auf deren Verkauf zu ergreifen. Die Wettbewerbsbehörde kritisiert auch ein Überwachungssystem der Preise, das Unternehmen unter enormen Druck setzt: Apple droht mit sofortigem Lieferstopp, wenn Händler eine nicht autorisierte Werbung / einen nicht autorisierten Verkauf durchführen.

No Ad to show

Schließlich sanktioniert die Behörde einen von Apple begangenen "Missbrauch der wirtschaftlichen Abhängigkeit von Premium-Drittanbietern". Die Kommission ist der Ansicht, dass dies insbesondere auf Lieferschwierigkeiten, diskriminierende Behandlung und instabile Vergütungsbedingungen zurückzuführen ist. "Manchmal, wenn neue Produkte auf den Markt gebracht wurden, wurden diese Händler nicht ausreichend beliefert, während das Verkaufsnetz von Apple beliefert wurde", erklärt die Wettbewerbsbehörde. Auch diese Vorgehensweisen sind in Deutschland üblich. Händler wie Gravis oder Saturn haben vor allem beim Verkauf des damals "revolutionären" iPhone X mit monatelangen Lieferzeiten gekämpft, während Apple selbst schneller liefern konnte.

Was die beispiellose und historische Höhe der Geldbuße betrifft, rechtfertigt sich Behörden-Präsidentin Isabelle de Silva in der Pressemitteilung wie folgt: Angesichts "der starken Auswirkungen dieser Praktiken auf den Wettbewerb beim Vertrieb von Apple-Produkten durch Apple-Premium-Händler hat die Behörde zur höchsten jemals in einem Fall ausgesprochenen Strafe gegriffen und die schwerste Sanktion gegen ein Unternehmen verhängt. Dessen außerordentliche Dimension musste gebührend berücksichtigt werden." Sie fügte hinzu, dass "der Missbrauch wirtschaftlicher Abhängigkeit eine Praxis ist, die die Behörde als besonders schwerwiegend betrachtet." Eine Entscheidung, die Apple wohl nicht auf die leichte Schulter nehmen, und ganz sicher nicht vergessen wird. Ob deswegen künftig Apple-Preise ähnlich verfallen wie die von Android-Handys, bleibt abzuwarten.

No Ad to show
>
No Ad to show
MEHR ANZEIGEN

Kommentare

Kommentare

Beim Laden der Kommentare ist ein Fehler aufgetreten.

No Ad to show