Meinung: Apple, das "Ja, aber ..."-Unternehmen

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Apple hat spätestens mit dem iPhone die Welt verändert, aber natürlich nicht nur damit. Egal, ob es Produktkategorien gibt, die Apple nach Belieben dominiert, Software-Features, die zum Branchenstandard werden, oder vermeintlich profane Dinge wie Produktpräsentationen: Apple spielt oftmals in einer eigenen Liga. Gründe genug also, in einem Tech-Magazin wie nextpit mal eine Lobeshymne auf den Konzern mit dem angebissenen Apfel zu singen. ... oder aber höchste Zeit, darüber zu reden, wieso bei Apple auf ein "Oh, wie geil!" viel zu oft ein "ja, aber ..." folgt.

Kommt mal ein bisschen näher ran, Ihr lieben Leute. Ich möchte mit Euch über Apple reden, kann aber nur flüstern. Ich möchte nämlich die Apple-Fanboys bei nextpit nicht direkt aufscheuchen. Wenn Ihr Euch beispielsweise unseren Test des Apple 15 Pro oder den Test der Apple AirPods Pro 2 anschaut, dann wisst Ihr ja, dass wir reichlich berechtigtes Lob an Apple ausschütten. Allerdings tun wir das nicht blind, oder im vorauseilenden Gehorsam. 

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Das bedeutet, dass wir durchaus auch Kritik an Apple äußern – wenn wir sie für angemessen halten. Und damit sind wir beim Thema meines kleinen Aufsatzes hier:

– Immer wieder trifft Apple Entscheidungen, bei denen wir uns verwundert am Kopf kratzen.

– Immer wieder macht Apple Dinge unnötig kompliziert.

– Immer wieder folgt auf ein "Super" ein einschränkendes "Aber ...". 

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Was ich damit meine? Erkläre ich Euch anhand einiger Beispiele, die mir spontan in den Sinn kommen. Und ich tue das übrigens als jemand, der Technik wirklich liebt, Apple aber eher vom Spielfeldrand beobachtet, die Produkte also nicht selbst nutzt. Dennoch möchte ich betonen, dass es nicht um billiges Apple-Bashing geht, weil das so schön klickt. Es geht mir um Entscheidungen, von denen ich ausgehe, dass sie Apple sehr bewusst trifft, und die einfach durch die Bank nicht den Beifall der Apple-Nutzer:innen finden. 

Inhalt:

USB-C beim iPhone 15: "Ein Kabel für alles" ... am Arsch

Die Geschichte um den USB-Standard ist eh schon eine komplizierte. Angefangen mit USB 2.0 bringen wir es bis heute auf acht verschiedene USB-C-Standards. USB 2.0, USB 3.2 Gen 1 und USB 3.2 Gen 2 – da blickt eh schon kaum einer durch. Sei es drum: Apple hat es endlich vollbracht: Im Zuge der Umstellung auf den weltweit verbreiteten Standard erhielten jüngst erstmals die Smartphones der iPhone-15-Reihe den USB-C-Anschluss anstelle von Lightning.

Die USB-C-Strategie der Jungs und Mädels ist mir davon ab dennoch noch nicht ganz klar geworden: Der neue Apple Pencil kann USB, das Apple iPad ebenso und erste MacBooks konnten es schon seit 2016. Die AirPods Pro 2 können USB-C, die AirPods 3 nicht, die EarPods mit Kabel haben USB-C, die AirPods Max nicht. Und die iPhone-15-Reihe hilft wahrlich nicht dabei, das Chaos zu bereinigen.

Was erblicken meine müden Augen da? Einen USB-C-Port am neuen iPhone 15 Pro? / © nextpit

iPhone 15 Pro und Pro Max unterstützen erfreulicherweise USB 3 und damit Datentransfers mit bis zu 10 Gbit/s. Bei der Keynote stellte Apple klar, dass das für professionelle Nutzer:innen gedacht ist, die große Datenmengen von A nach B schaufeln müssen. Blöd nur: Das passende Kabel ist nicht in der Packung, sondern nur das deutlich langsamere USB-2-Ladekabel. Das ist mit maximal 480 Mbit/s (die Lightning auch ermöglichte) den meisten von uns durchaus flott genug – den oben zitierten Profis aber möglicherweise nicht. 

Es gibt hier jedoch noch ein "Aber", wenn es um die iPhones und USB geht: Die flotten Anschlüsse sind nämlich wieder einmal der Pro-Klasse vorbehalten. Ich raff es, Apple, klar: Die Pro-Reihe soll gepusht werden, deshalb gibt es da zum höheren Preis halt auch die bessere Cam und die besten Features zuerst. Aber jetzt tatsächlich eine Zwei-Klassen-Gesellschaft auch beim USB-Anschluss? Komm, Apple – das kannst Du besser! 

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Drittes "Aber": Ihr könnt das flotte Kabel natürlich bei Apple erwerben, blättert dann aber für das kurze 1-Meter-Exemplar stolze 79 Euro auf den Apple-Store-Tresen. Fragt gar nicht erst, was das längere Kabel kostet. Natürlich – USB-Standard sei Dank – könnt Ihr jetzt aber auch auf die Zillionen Kabel-Alternativen von Drittherstellern ausweichen. 

Apple Pencil: Ich kann was, was Du nicht kannst ...

Den Apple Pencil erwähnte ich oben auch schon mal kurz. Der heißt übrigens wirklich nur Apple Pencil, wie die anderen beiden vor ihm auch. Nachdem die den Zusatz "2nd generation" und "1st generation" spendiert bekamen, hätte man vielleicht hier jetzt auf die "3rd generation" wetten können – und diese Wette verloren. Es ist nun halt der "Apple Pencil USB-C" geworden und dem hat man, dem Namen entsprechend jetzt erstmals auch USB-C-Funktionalität verpasst. 

Bei den Featuress könnte man ein wenig durcheinander kommen jetzt. So durcheinander, dass es selbst Apple für eine pfiffige Idee hielt, in der Pressemitteilung zum neuen Apple Pencil sicherheitshalber mal eine Übersicht mit Feature-Erklärung mitzuliefern:

So, hier seht Ihr schön übersichtlich, welcher Apple Pencil was kann – und was nicht. / © Apple

Also USB-C kann er, das hätten wir geklärt. aber er hat auch ein paar Features übernommen, die es bei der ersten Generation nicht gab und die erst bei der zweiten eingeführt wurden. So hält er jetzt auch magnetisch am iPad (zumindest, wenn es ein kompatibles Modell ist). Während der Pencil der zweiten Generation dann aber auch lädt, tut das das günstigere USB-C-Modell leider nicht. Double-Tap-Funktionalität? Ebenfalls Fehlanzeige! Und der Stift lässt sogar ein Feature vermissen, dass es sowohl bei der ersten als auch der zweiten Generation gab: Drucksensivitiät. 

Viel Spaß also dabei, wenn Ihr herausfinden wollt, welches iPad mit welchem Stift kompatibel ist und welcher Stift dann welche Funktion an Bord hat. Erwähnte ich, dass das iPad der 10. Generation nur mit dem alten Apple Pencil funktioniert, der jedoch noch über einen Lightning-Anschluss aufgeladen werden muss, und Ihr deswegen einen extra Dongle kaufen müsst, den Apple glücklicherweise für einen Zehner im Programm hat? 

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AirPods Pro 2: Ich glaub, ich hör nicht richtig!

"Was hat er denn nun auch noch an den AirPods Pro 2 zu bemäkeln?" Keine Angst, verrate ich Euch. Und ja, Ihr habt ja auch recht: Die Dinger stehen nicht zufällig in unserer Liste der besten In-Ears mit ANC! Der liebe Antoine war absolut entzückt von den ANC-Skills dieser In-Ears. Trotzdem ist ihm dann beim Testen irgendwann entsetzt die Kinnlade runtergeklappt: Nicht nur, dass die AirPods Pro 2 jenseits von AAC keine HD-Audio-Codecs wie aptX HD, LDAC oder LHDC unterstützen. Noch schwer wiegt, dass die Teile kein Lossless Audio supporten.

So glücklich sah Antoine nicht in jeder Sekunde aus, während er die AirPods Pro 2 testete. / © NextPit

Apple baut also sensationell gute Ohrhörer mit richtig starkem aktiven Noise Cancelling und hat mit Apple Music einen eigenen Service am Start, der Lossless Audio anbietet – und die besten, mit der Bezeichnung "Pro" versehenen In-Ears des Unternehmens beherrschen den Trick einfach nicht. Shame on you, Apple!

ProMotion-Displays beim Basis-iPhone? Fehlanzeige!

Die Apple-Bubble hört es ja nicht gern, aber leider ist es traurige Realität: Nicht jedes Hardware-Gimmick und nicht jede Software-Funktion wird von Apple erfunden. Oft ist es die Android-Konkurrenz, die vorlegt – was aber auch okay ist, weil sich hier beide Seiten gegenseitig inspirieren und zu neuen Innovationen peitschen. 

Die Dynamic Island ist am Start beim iPhone 15 – eine flotte Bildwiederholrate leider immer noch nicht. / © nextpit

Eine adaptive Bildwiederholrate von 120 Hz ist so eine Geschichte, wo Android einfach flotter war. 2021 war es aber auch bei Apple und den iPhone 13 (Test) schaute damals bei dieser Technologie in die 60-Hz-Röhre. 

Tja, so ist das leider manchmal bei Apple: Damit der Rubel rollt bei den Pro-Modellen, gibt es bestimmte neue Features halt nur dort. So kam es dann, dass Apple mit dem iPhone 14 (Test) dann schließlich ... oh wait, doch nicht. Auch das iPhone 14 und 14 Plus dümpeln bei 60 Hz herum. Aber die werden doch wohl nicht auch noch beim iPhone 15 ... oh Gott, ernsthaft? Ja, Tatsache: Auch das iPhone 15 (Test), ein nagelneues Premium-Smartphone aus dem Hause Apple begnügt sich mit flotten 60 Hz Bildwiederholrate. Währenddessen würde Xiaomi im weit entfernten China sich vermutlich schämen, heute noch eine popelige Eieruhr mit 60-Hz-Display auf den Markt zu werfen. 

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iPhone SE: Displays und Design von Anno dazumal 

Bleiben wir zum Abschluss meines kleinen "Walk of Shame" beim iPhone. Erfreulicherweise bietet uns der Weltverbesserer aus Cupertino längst auch iPhones für den kleineren Geldbeutel an. Das iPhone SE kam im März 2022 auf den Markt mit einer fairen UVP von 529 Euro. Bedeutet, Ihr bekommt für kleines Geld ein echtes iPhone, das mit seinem A15-Bionic-SoC eine satte Performance bietet, mit der Ihr Euch auch heute noch kaum vor richtigen Flaggschiffen verbergen müsst. 

Aber Ihr habt den Aufbau dieses Artikels ja durchschaut, also kommt auch jetzt wieder eine fettes "Aber". Vielleicht muss ich das aber gar nicht groß erklären. Stattdessen lasse ich Euch ein Blick aufs Gerät werfen:

Ja, zwischen den fetten Rändern oben wie unten hat Apple tatsächlich noch ein wenig Platz für ein Display freischaufeln können. / © NextPit

Der Blick aufs Gerät macht mich echt schon wieder wütend. 2014 ruft an und will sein iPhone-Design zurück. In der Tat haben wir es hier mit einem Panel zu tun, das wir exakt so vom iPhone 8 kennen, das aber eben auf noch ältere Modelle zurückgeht. LCD statt OLED, lediglich 1.334 x 750 px und sogar das Gorilla Glass fehlt, dass selbst das iPhone 8 (Test) mitbringt. Dazu kommt das altbackene Design mit unterarmdicken Rändern oben wie unten. 

Der Akku ist ebenfalls eher enttäuschend und auch 64 GB Speicherplatz wenig konkurrenzfähig in diesen Zeiten. Aber hey, vielleicht verstehe ich da auch einfach nur nicht, was sich konservativere Apple-Fans möglicherweise wünschen: Ein leistungsstarkes Smartphone mit ordentlicher Kamera im Vintage-Look, wer weiß ...

So, ich beruhige mich jetzt ein bisschen. Ich glaube, es gibt noch einen Haufen Beispiele, die man ebenfalls hätte nennen können. Gerade, wenn man ein paar Jahre weiter zurückblickt, tun sich da wahre Abgründe auf, wenn wir über Dongles und fehlende Anschlüsse und ähnliche Späße nachdenken. Aber blassen wir es für heute erst einmal dabei – die Aufregung ist auch gar nicht gut für mein fettes Herz. 

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Könnt Ihr nachvollziehen, dass ich mich über diese "Ja, aber"-Politik von Apple wundere? Oder habt Ihr gar weitere Beispiele, bei denen Ihr Euch bei aller Apple-Liebe fragt, was sich das Unternehmen dabei wieder gedacht hat? Schreibt es uns doch einfach in die Kommentare – aber diskutiert fair miteinander!

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