RAM-Management bei Android: Wer leert, macht's falsch

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Viele Smartphone-Besitzer ärgern sich über einen vollen Arbeitsspeicher. Manche Nutzer installieren App-Killer oder RAM-Management-Apps, um den Speicher freizumachen. Aber ist ein manuelles RAM-Management in Android wirklich sinnvoll? Und wie viel Arbeitsspeicher sollte es eigentlich sein?

Was ist der Arbeitsspeicher bzw. RAM?

Im Smartphone, wie auch in jedem Computer, habt Ihr mehrere Speicher-Typen. Diese sind unterschiedlich schnell, unterschiedlich teuer und werden unterschiedlich eingesetzt. Euer interner Speicher ist langsam, preiswert und er speichert Daten auch ohne Stromzufuhr dauerhaft. Dort liegen daher die Apps und deren Daten, aber auch Fotos oder Videos. Übliche Größen sind 32 oder 64 GByte, bei teureren Smartphones auch 128, 256 oder gar 512 GByte.

Der RAM (Random Access Memory) ist teurer, aber viel schneller als der interne Speicher. Doch vergisst er ohne Stromzufuhr alles. Im RAM (auch Arbeitsspeicher genannt) werden beim Einschalten das Betriebssystem, Autostart-Apps, Hintergrundbilder und -Prozesse für einen schnellen Zugriff geladen. Er dient den Apps sozusagen als Arbeitsfläche, auf der sie flüchtige Daten hinterlegen, die während der Nutzung nötig sind. Gängige Werte liegen hier zwischen einem und 8 GByte.

Android-Smartphones: Den Arbeitsspeicher braucht Ihr nicht zu leeren. / © NextPit

Android: Wie viel RAM darf es denn sein?

Highend-Smartphones kommen heute mit 4, 6 oder 8 GByte auf den Markt. Mittelfristig dürfte sich der Wert auf 6 GByte einpendeln, denn mit vielen App-Installationen sind 4 GByte RAM schnell ausgelastet. In anderen Marktsegmenten steigt die Größe des Arbeitsspeichers ebenfalls und das ist gut so. Ordentliche Performance ist bei einem Gigabyte Arbeitsspeicher nicht einmal mit Android Go zu erreichen, wie unser Test des Nokia 1 gezeigt hat.

Daher empfehlen wir bei einem Smartphone-Kauf, mindestens 2 GByte RAM auf die Anforderungsliste zu setzen. Wenn möglich, sollten es direkt 4 GByte sein, damit seid Ihr auch in ein, zwei Jahren noch ordentlich ausgestattet. Mehr ist natürlich gerne gesehen.

Android-RAM voll: Grund zur Panik?

Nach einer Weile ist der Arbeitsspeicher voll mit den Anwendungen, die Ihr am häufigsten nutzt. Danach muss er teilweise geleert werden, damit neue Anwendungen starten können. Das macht Euer Android-System vollkommen automatisch - Ihr müsst nichts unternehmen.

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Warum sich der Gedanke, den belegten RAM in Android manuell zu leeren, etabliert hat, ist nach dieser Logik eigentlich abwegig. Denn geleerter RAM würde bedeuten, dass man ständig Apps komplett neu laden müsste. Das würde Zeit und Strom kosten und sich damit sogar ungünstig auf die Akkulaufzeit auswirken.

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Voller RAM ist auch gar nichts Schlimmes und er ist sogar gewollt. Da Android seine Wurzeln im Linux- bzw. Unix-Bereich hat, stellt der Linux-Systemkern die Regeln für die Verwaltung des Arbeitsspeichers auf. Und diese folgen der Philosophie "Freier Arbeitsspeicher ist verschwendeter Arbeitsspeicher".

Freier Arbeitsspeicher ist verschwendeter Arbeitsspeicher

Wenn Ihr Euer Smartphone einschaltet und einige Apps gestartet habt, werden all diese Anwendungen im Arbeitsspeicher vorliegen. Wechselt Ihr nach dem Verwenden einer App zum Homescreen und greift wenig später wieder auf die App zu, lädt sie beinahe ohne Verzögerung. Dies liegt daran, dass sie im Arbeitsspeicher in einer Form vorliegt, mit der der Smartphone-Prozessor sofort arbeiten kann.

Würde aber eine Task-Killer-App oder eine sparsamere RAM-Verwaltung im Hintergrund ständig Prozesse schließen, müsstet Ihr jedes Mal sehr lange warten, bis Facebook oder WhatsApp endlich wieder starten. Eine solche RAM-Verwaltung kann selbst leistungsfähige Smartphones wie ein Samsung Galaxy S10 (zum Test) oder sogar das Google Pixel 3 XL in eine lahme Ente verwandeln, wie Ihr im folgenden Video beobachten könnt:

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Android-RAM leeren: Wann ist es sinnvoll?

Viele Smartphone-Hersteller integrieren einen "Aufräum-Buttons" in die Übersicht offener Apps. Allerdings ist die direkt Integration durch den Hersteller meist besser umgesetzt, als es Drittanbieter-App je könnten. In einigen Fällen schmeißt ein solcher Buttons allerdings auch nur die Grafiken aus der Übersicht, um Nutzer zu "befriedigen", behalten sie aber weiter im RAM. In Wirklichkeit ist es nur in seltenen Fällen sinnvoll, eine App zu schließen, um in Android RAM freizumachen.

Im Alltag ist es also nicht ratsam, eine App zu beenden oder gar den ganzen Arbeitsspeicher zu leeren. Trotzdem gibt es eine Situation, die klare Maßnahmen erfordert: Eine App ist abgestürzt oder funktioniert nicht so, wie sie soll. Das kann ein Browser sein, der Darstellungsfehler anzeigt oder nur noch sehr hakelig funktioniert. Das können ständige Ladefehler bei Facebook oder Twitter sein. Die Symptome können sich sehr vielfältig gestalten. Auch eine starke Erhitzung des Smartphones ohne erkennbaren Grund kann eine abgestürzte App andeuten.

Nur in solchen Fällen ist es überhaupt sinnvoll, die betreffende App abzuwürgen, also ein Beenden zu erzwingen. Manchmal reicht dafür, die App in der Multitasking-Ansicht wegzuwischen. Dabei handelt es sich oftmals um eine Placebo-Funktion, die zwar die App aus der App-Übersicht entfernt, nicht aber beendet.

Multitasking: Alle Beenden ist manchmal nur ein Placebo / © Screenshots: ANDROIDPIT

Android: RAM-Auslastung anzeigen und Apps beenden

Wenn das Wegwischen einer App nicht geholfen hat, dann müsst Ihr eine härtere Gangart einschlagen und eine App händisch beenden. Das geht in den Einstellungen. Dort ist auch zu erkennen, ob Apps möglicherweise zu viel RAM belegen und somit ein Kandidat für den nächsten Smartphone-Putz sind.

Um den belegten RAM also anzuzeigen, müsst Ihr in Eurem Smartphone in die Einstellungen gehen. Sucht dort den Eintrag Anwendungen oder Apps und Benachrichtigungen und tippt dort auf Alle Apps anzeigen. Alternativ könnt Ihr auch seit Android 8 Oreo auch in die Anzeige der RAM-Auslastung gehen, die Ihr in den Entwickleroptionen unter "Aktive Dienste" findet.

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In dieser Ansicht seht Ihr eine Statistik über den Speicherverbrauch in den vergangenen Stunden. Je nach Smartphone versteckt sich die Detailanzeige der Apps hinter einem weiteren Menüpunkt.

Android verbirgt die Detailanzeige des Speicherverbrauchs. / © Screenshots: AndroidPIT

Ob nun in den aktiven Apps oder der "normalen" App-Auflistung: Um Apps wirklich zu beenden, müsst Ihr in die App-Info gehen. Diese erreicht Ihr in der Regel, indem Ihr den Eintrag der App in der Übersicht auswählt. Dort findet Ihr dann einen Button Beenden erzwingen. (Ob die App danach sofort wieder startet, entzieht sich oft Eurer Kontrolle.)

RAM-Auslastung auf einem Moto Z. / © Screenshots: ANDROIDPIT

Tippt dort auf die einzelnen Einträge, um die größten Speicherfresser Eures Systems zu identifizieren. Besteht das Problem mit der App immer noch, kann auch ein Neustart des Smartphones helfen.

Android-RAM freigeben: Speicherfresser deinstallieren

Seid Ihr schon mal da, bietet es sich unter anderem an, Apps zu deinstallieren, die Ihr schon lange nicht mehr genutzt habt oder die Euch verdächtig vorkommen. Deinstalliert dann die App - wenn sie sich so einfach deinstallieren lässt. Falls das nicht funktioniert, müsst Ihr der Anwendung "erhöhte Rechte" entziehen. Diese Rechte erteilt Ihr meist bei der Installation der App.

Geht in Einstellungen > Sicherheit und Standort > Apps zu Geräteverwaltung und entfernt den Haken bei der verdächtigen App. Danach könnt Ihr die betreffende Anwendung deinstallieren.

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Weitere Tipps zum Deinstallieren von Apps, die RAM belegen, findet Ihr in unserem ausführlichen Artikel "Android Virus entfernen: So löscht Ihr Malware oder Adware"

Hier könnt Ihr Apps die Admin-Recht entziehen. / © NextPit

Android-RAM-Management: Fazit

Muss man den Arbeitsspeicher leeren? Nein!

Nur wenn Euer Smartphone auffällig langsamer wird, müsst Ihr einschreiten. In der Regel ist Android in der Lage, den RAM optimal zu verwalten. Das Leeren der Übersicht geöffneter Apps bedient vielleicht Euren Ordnungstrieb, hat aber mit RAM-Effizienz oder Optimierungen am Smartphone nichts am Hut.

Und das ist noch nicht einmal schlimm, denn ein gut funktionierendes, automatisches Management ist das schnellste und effizienteste, was Ihr Euch wünschen könnt. Mit jeder Version ist Android hierbei besser geworden. Überlasst also Android die Speicherverwaltung und das Betriebssystem überlässt Euch den Spaß an Eurem Smartphone.


Dieser Artikel wird regelmäßig aktualisiert. Ältere Kommentare können sich daher auf eine frühere Versionen des Artikels beziehen und möglicherweise aus dem Zusammenhang gerissen erscheinen.

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