Die Grundlage des Berichts des US-Magazins The Verge ist ein Schreiben von Amazon-Anwälten das dem Magazin vorliegt. Darin wird berichtet, dass insbesondere in den Logistikzentren von Amazon in den USA die Produktivität der Arbeiter von einem System mitgeschrieben und ausgewertet wird. Erfüllen die Versandmitarbeiter ihre Quoten nicht, schreibt das System nicht etwa nur eine Warnung an den Vorgesetzten oder eine Nachricht an den Mitarbeiter, sondern im Ernstfall sogar direkt die Abmahnung und Kündigung.
Eine der Kenngrößen dabei ist die so genannte "Time off Task", die besagt, wie viel Zeit zwischen zwei gescannten Arbeitsgängen eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin vergeht. Ist diese Zeit, abgekürzt TOT, zu oft zu lang, gibt es Probleme. Das führt dazu, dass Mitarbeiter keine Pausen einlegen und sogar den Toilettengang unterdrücken, um das System bei Laune zu halten.
Zwar kann der Vorgesetzte der betroffenen Mitarbeiter sein Veto einlegen und die von der KI ausgesprochenen Kündigungen so verhindern. Aber seien wir ehrlich: Wie oft wird so ein Widerspruch, der aktiv ausgesprochen muss, wirklich kommen, vor allem dann, wenn es sich um eine Position mit geringen Voraussetzungen in die Qualifikation handelt, die man relativ unkompliziert neu besetzen kann?
Die Zahlen aus dem Dokument sprechen von 300 Entlassungen auf Grund von Ineffizienz in einem Jahr in dem US-Logistikzentrum, das der Bericht beschreibt - das sind stolze 10 Prozent der Belegschaft. Ob es anderswo genauso aussieht, ist unterdessen nicht bekannt.
Treibt es nicht zu weit!
Praktiken wie die nun aufgedeckte von Amazon (apropos: Lohnt sich eigentlich Amazon Prime?) können einen gefährlichen Weg bedeuten - und zwar für die Gesellschaft als Ganzes. Die Schere zwischen den Gehältern ist in vielen Ländern, auch in den USA, ohnehin bereits viel zu weit auseinander. Das führt dazu, dass sich die Bindung zwischen Arbeitnehmer und und Unternehmen mehr und mehr lockert - das soziale Gefüge "Arbeitsplatz" bröselt immer mehr. Vor allem Menschen, die wenig Geld verdienen, sind jedoch auf eine gewisse Sicherheit angewiesen.
Wenn ein Computer mir nichts, dir nichts die Kündigung verschicken kann, ist das fatal. "Was wir immer wieder von den Arbeitern hören ist, dass sie behandelt werden wir Roboter, was angesichts der Überwachung und Kontrolle durch automatische Systeme auch nachvollziehbar ist", sagt Amazon-Kritikerin Stacy Mitchell vom Institute for Local Self-Reliance
Dass moderne Technologie zur Optimierung im Unternehmensumfeld eingesetzt wird, ist gut und richtig, und natürlich wirft auch die Amazon-KI niemanden raus, nur weil einmal ein Paket zu langsam verpackt wurde. Für mich ist der Knackpunkt die Tatsache, dass der menschliche Vorgesetzte von sich aus einschreiten muss, um eine Kündigung zu verhindern - es müsste genau andersrum sein.
Findet Ihr es in Ordnung, wenn Mitarbeiter von einem Algorithmus gefeuert werden können?
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