Chatkontrolle ist gescheitert, Messenger-Privatsphäre bleibt gewahrt
Die EU beabsichtigt schon lange, die sogenannte Chatkontrolle einzuführen. Diese Art der Überwachung soll dem Kampf gegen Kinderpornografie dienen, kritische Experten und Bürgerrechtler befürchten aber eine massive Einschränkung der Privatsphäre. Das ist nun vom Tisch.
WhatsApp und Co. lehnen Chatkontrolle scharf ab
Messenger wie WhatsApp und Signal laufen seit Monaten Sturm gegen die Pläne der Europäischen Union, wonach sie verpflichtet werden, ihre Dienste aktiv nach verdächtigen Inhalten zu durchsuchen. Die Kritiker befürchten dadurch aber ein Aufweichen der Verschlüsselung, da die Kontrolle über das sogenannte Client-Side-Scanning erfolgen müsste. Die dabei eingesetzten Hashcodes sind aber nicht nur im Hinblick auf die Privatsphäre problematisch, sondern auch in Bezug auf Sicherheit.
Der ursprüngliche Vorschlag zur Chatkontrolle wurde abgelehnt, doch die belgische Ratspräsidentschaft wollte einen überarbeiteten Entwurf zur Abstimmung bringen. Doch auch dieser wurde von vielen kritisch gesehen und bereits am gestrigen Mittwoch hat Deutschland angekündigt, dagegen stimmen zu wollen, Innenministerin Nancy Faeser ließ ausrichten, dass man eine derartige Chatkontrolle ablehnt.
Das Innenministerium teilte dazu offiziell mit: "Deutschland wird im Rat deshalb mit Nein stimmen, wenn es beim aktuellen Vorschlag bleibt. Denn wir müssen gezielt handeln und die rechtsstaatliche Balance halten. Verschlüsselte private Kommunikation von Millionen Menschen darf nicht anlasslos kontrolliert werden. Darin sind wir uns in der Bundesregierung seit Langem einig. Auch im Europäischen Parlament gibt es daran breite Kritik."
Keine Mehrheit
Und die Kritiker der Chatkontrolle haben sich durchgesetzt: Denn wie Netzpolitik.org berichtet, hat Belgien die für heute geplante Abstimmung von der Tagesordnung genommen, weil bereits zuvor feststand, dass sich dafür keine Mehrheit finden wird. Es ist nicht klar, ob die Chatkontrolle damit endgültig vom Tisch ist, denn offiziell wurde der Punkt "nur" auf unbestimmte Zeit vertagt. Es ist aber unwahrscheinlich, dass sich an der Ablehnung bald etwas ändert.
Zusammenfassung
- Die EU plante die Einführung der sogenannten Chatkontrolle
- Ziel war der Kampf gegen Kinderpornografie, aber Privatsphäre war bedroht
- Messenger wie WhatsApp und Signal protestierten gegen die Pläne der EU
- Kritiker befürchteten eine Aufweichung der Verschlüsselung durch Client-Side-Scanning
- Der ursprüngliche Vorschlag zur Chatkontrolle wurde abgelehnt
- Deutschland kündigte an, gegen den überarbeiteten Entwurf zu stimmen
- Belgien nahm die geplante Abstimmung von der Tagesordnung, keine Mehrheit in Sicht
Ein schwieriges Thema.
Ich denke, offenbar im Gegensatz zu den bisherigen Postern hier, dass "der Staat" damit in erster Linie Verbrecher fangen und schlimme Taten und Zusammenrottungen verhindern will und nicht die Absicht hat, in irgend welchen jämmerlichen Privatchats langweiliger Lebensgeschichten herumzustöbern. Ein richterlicher Befehl dauert ab Antrag in der Regel mindestens 14 Tage, wie mir ein Bekannter der Justiz unlängst mitteilte. Da ist das Verbrechen dann längst geschehen. Kann jemand von euch das dann mit seinem Gewissen vereinbaren, wenn es anders und recht einfach hätte verhindert werden können?
Aber wie gesagt, das ist und bleibt ein schwieriges und kontroverselles Thema bei dem beide Seiten auf ihre Weise Recht haben. Man sollte aber die mentale Größe haben, beide!! Seiten zu verstehen oder wenigstens beide zu sehen.
"Kann jemand von euch das dann mit seinem Gewissen vereinbaren, wenn es anders und recht einfach hätte verhindert werden können?"
Von recht einfach kann da ja wohl nicht die Rede sein, wenn es bedeutet, einfach mal alle unter Generalverdacht zu stellen und in die Privatsphäre von Millionen Menschen einzudringen. Die Mittel sollten dem Zweck schon angemessen sein. Und was ist denn dann der nächste Schritt, wenn das nicht reicht? Rund um die Uhr Überwachung in den eigenen vier Wänden? Will man das dann auch wieder mit dem Gewissen begründen?
Verbrechen ist grausam und muss verhindert werden, gar keine Frage. Aber doch nicht um jeden Preis.
Du hast mich eindeutig missverstanden. 😟
Ich denke nicht, dass in Europa irgend ein exekutiver Wachkörper ohne begründetem Verdacht rechtlich je in die Privatsphäre von irgendwelchen Personen eindringen wird dürfen. Da lassen wir die Kirche mal lieber im Dorf. Es geht nicht immer und sofort um einen Generalverdacht oder das willkürliche Ausspähen des höchstpersönlichen Lebensbereiches. Ich weiß nicht, was da immer alle haben. Es gibt bitte die übergeordnete EMRK von 1950 mit den Persönlichkeitsrechten, die von den Staaten in einer Charta unumstößlich anerkannt wurde und uneeingeschränkt zur Anwendung kommen muss!!! Viele glauben bei dem Thema sofort, dass dieses Grundgesetz so trallala komplett ausgehebelt werden kann. Mitnichten, das ist einfach so nicht möglich und NIEMALS zulässig. Also runter vom Gas und Verstand einschalten!
Ein begründeter Verdacht muss in solchen Fällen NATÜRLICH vorliegen, aber es muss auch zeitgerecht gehandelt werden dürfen. Alles nach dem Buchstaben des Gesetzes - ohne Ausnahme! Richterliche Anordnungen kommen für die Verhinderung des strafbaren Erfolgs idR offenbar zu spät. Und man muss auch immer beide Seiten betrachten. Mehr habe ich nicht behauptet. Aber wie man hier wieder richtig schön erkennen kann: Ein schwieriges Thema bei dem sofort immer alle an die Decke springen, weil sie glauben, dass ihnen da was weggenommen wird oder dass dann ohne zu Fragen und ohne unser Wissen flächendeckend auf unsere Hansis oder unsere Mumus geschaut wird und bei uns auch sonst plötzlich Zustände wie im ehemaligen Ostblock oder bei der Stasi herrschen dürfen. Das ist eindeutig ein ungesunder Auswuchs grober Unwissenheit.
Andererseits, wenn man sich so manche politischen Umfrageergebnisse anhört, kann man fast annehmen, dass beängstigend viele offenbar dieses totalitäre Faustrecht haben wollen, aber sich dessen Auswirkungen eigentlich gar nicht bewusst sind.
"Verbrechen ist grausam und muss verhindert werden, gar keine Frage. Aber doch nicht um jeden Preis."
Welcher Preis? Das Schauen auf unsere Mumus oder besser das Ausspähen unserer Whatsapp-Korrespondenzen (bei Verdacht, im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen, also auch der Einhaltung der EMRK) steht in concreto vielleicht direkt dem akut bevorstehenden sexuellen Kindesmissbrauch/-vergewaltigung gegenüber! Was ist da jetzt welcher Preis für wen und wie hoch??
Apple scannt deshalb alle Bilder der Cloud-Fotomediatheken. Apple ist "nur" ein Privater, macht das und hat niemanden um Erlaubnis gefragt - bitte nicht vergessen! Echte Verbrechensbekämpfer sollen das aber nicht dürfen?? Verstehe ich nicht.
Ich denke die Geheimdienste scannen jetzt schon alles was ich schreibe. Ich habe nichts zu verstecken, aber das was man da vor hatte ist eine Frechheit.
"Ich habe nichts zu verstecken, ..."
Doch, jeder hat das:
https://www.amnesty.de/informieren/artikel/7-gruende-weshalb-ich-habe-nichts-zu-verbergen-die-falsche-reaktion-auf
https://digitalcourage.de/nichts-zu-verbergen
Dann hoffe ich, dass Du Dich nicht mit Deinem Arbeitgeber über Messenger austauschst. Das kann sehr wohl etwas sein was Du gefälligst zu verbergen hast.
Sowas hab ich iwo im Netz vor Jahren gelesen, mit dem Scannen, ... gibt es im Netz wirklich Privates? Und manches Verbrechen wird aktuell auch jetzt schon an Hand von Handydaten entdeckt, ..
Also wirklich Privat ist wohl nur noch das Persönliche Gespräch, ohne Zuhörer, oder können Sateliten im All vielleicht schon gespräche auf der Erde abhören...?
Scannen die Geheimdienste nicht sowieso schon den E-Mail Verkehr? Irgendwo in England?
Schon in Frankfurt:
Der DE-CIX in Frankfurt ist mit fast 34 Exabyte im Jahr 2022, einem Spitzen-Datenverkehr von über 14 Terabit pro Sekunde und rund 1100 angeschlossenen Netzen der nach Datendurchsatz größte Internetknoten in Europa und einer der wichtigsten weltweit
Alle Nachrichten scannen (ohne richterlichen Beschluss), oder wie anno dazumal, alle Briefe aufdampfen, siehe Film "Das Leben der Anderen", geht gar nicht.
Der Film sollte für diese gesetzgebenden Initiativnehmer eigentlich eine Pflichtvorstellung sein.
Das ist gut so. Ohne Richterlichen Beschluss einfach alle digitalen Dienste scannen zu wollen, ist eine Frechheit. Nach WhatsApp & Co. kämen dann sicher die Emaildienste. Das würde Verschlüsselung ad absurdum führen. Also immer schön ablehnen, und den bisher schon möglichen Weg gehen.
Gut!