EU-Aufsichtsbehörde ermittelt gegen Corning wegen exklusiver Gorilla-Glas-Geschäfte
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Seit vielen Jahren ist Gorilla Glass von Corning fast ein Synonym für Smartphones, da die großen Handyhersteller die Technologie des Unternehmens weitgehend in ihre Geräte übernommen haben. Diese Vormachtstellung in der Branche wurde nun von der Europäischen Union unter die Lupe genommen, die mögliche wettbewerbswidrige Praktiken des Unternehmens untersucht.
Am Mittwoch kündigte die Europäische Kommission eine förmliche Untersuchung gegen Corning an, um festzustellen, ob das US-amerikanische Unternehmen seine marktbeherrschende Stellung missbraucht und damit möglicherweise andere Glashersteller am Markteintritt gehindert hat.
Cornings angebliche Beschränkungen für OEMs bei der Auswahl anderer Glasanbieter
Die Untersuchung konzentriert sich auf Cornings "wettbewerbswidrige exklusive Liefervereinbarungen" mit Herstellern wie Apple und Samsung (Handy-Übersicht). Diese Verträge verpflichten die Hersteller angeblich dazu, alle Alkali-Aluminosilikat-Glasmaterialien ausschließlich von Corning zu beziehen.
" Es ist eine sehr frustrierende und kostspielige Erfahrung, wenn ein Handy-Display kaputt geht. Deshalb ist ein starker Wettbewerb bei der Produktion von Deckglas zum Schutz solcher Geräte wichtig, um niedrige Preise und qualitativ hochwertiges Glas zu gewährleisten. Wir untersuchen, ob Corning, ein großer Hersteller dieses Spezialglases, versucht haben könnte, konkurrierende Glashersteller auszuschließen und damit den Verbrauchern billigeres und bruchfesteres Glas vorzuenthalten", sagte Margrethe Vestager, die für Wettbewerbspolitik zuständige Vizepräsidentin.
Nach den Bestimmungen dieser Vereinbarungen erhalten die Hersteller nicht nur Rabatte für die Unterzeichnung, sondern müssen Corning auch "über Wettbewerbsangebote" anderer Glasanbieter berichten. Außerdem hindern die Vereinbarungen die Hersteller daran, alternative Angebote anzunehmen, es sei denn, Corning kann den vorgeschlagenen Preis nicht halten.
In der Untersuchung wird geprüft, ob diese Praktiken die Materialkosten in die Höhe getrieben, die Wahlmöglichkeiten der Kunden eingeschränkt und die Entwicklung neuer Schutzglastechnologien verlangsamt haben.
Wenn die Untersuchung zu dem Schluss kommt, dass Corning gegen die EU-Wettbewerbsregeln verstoßen hat, könnte das Unternehmen mit einer Geldstrafe von bis zu 10% seines weltweiten Jahresumsatzes belegt werden. Corning wurde eine Frist eingeräumt, um auf die Untersuchung zu reagieren.
Abgesehen von einer möglichen Geldstrafe könnte die Region Corning auch dazu zwingen, seine exklusiven Liefervereinbarungen zu ändern, was OEMs und Nutzern durch niedrigere Preise für diese speziellen Glasmaterialien zugute kommen wird. Außerdem könnte das Unternehmen seine Technologie durch Lizenzierung mit anderen Unternehmen teilen.
Cornings Antwort
Corning hat sich in einer Erklärung zu den EU-Untersuchungen geäußert: "Corning verpflichtet sich zur Einhaltung aller geltenden Regeln und Vorschriften in den Ländern, in denen das Unternehmen tätig ist", und erklärt seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den Regulierungsbehörden für "offene Diskussionen und Kooperation".
Cornings enge Partnerschaften mit führenden Marken unterstreichen den Einfluss von Corning in der Branche. Apple hat kürzlich ein spezielles Ceramic Shield Glas für das iPhone 16 (Test) und das iPhone 16 Pro (Test) eingeführt, während Samsung Cornings neuestes Gorilla Glass Victus schon seit einigen Jahren für seine Galaxy Smartphones und Tablets verwendet. Für das Galaxy S24 Ultra (Test) hat Samsung sogar ein neues Gorilla Armor von Corning mitentwickelt, das Blendungen und Reflexionen reduziert und dabei genauso robust ist.
Was denkt Ihr über den Schritt der Europäischen Kommission, Cornings Position zu untersuchen? Glaubt Ihr, dass die Kunden weniger Möglichkeiten haben, wenn es um die Wahl eines Schutzglases für ihre Smartphones geht?
Quelle: EU
M.E. greift EU-Recht nicht während der Produktion von Geräten. Da Samsung nicht in der EU produziert, wird die EU m.E. nichts machen können. Und selbst wenn, werden die Smartphone-Hersteller die niedrigeren Beschaffungskosten nicht an die Kunden weitergeben.
Mal davon abgesehen könnte sich das eh bald erledigt haben, wenn Trump ernst macht. Dann werden auch US-Produkte teurer, was zur Folge haben könnte, dass Corning die Preise nicht mehr halten kann und dessen Kunden dann aus den Vertrag könnten.
Da dürftest Du falsch liegen. Zum einen hat Corning in Deutschland (und damit in der EU) nicht nur Niederlassungen, sondern sogar eines von vier Hauptwerken für Keramiksubstrate, nämlich in Kaiserslautern ( https://de.m.wikipedia.org/wiki/Corning_(Unternehmen)#Corning_in_Deutschland ).
Zum anderen dürfte es gar keine Rolle spielen, ob ein Hersteller in Europa produziert. Wenn er den Marktzugang will, so muss er sich an die für diesen Markt geltende Spielregeln halten, egal ob er dort tatsächlich produziert. Das zeigen Strafzahlungen in der Vergangenheit wegen Wettbewerbsverzerrungen gegen andere Unternehmen, die tatsächlich nicht oder nur geringfügig in Europa produzieren. ( https://de.m.wikipedia.org/wiki/Liste_der_h%C3%B6chsten_Strafen_wegen_Wettbewerbsverst%C3%B6%C3%9Fe_in_der_EU )
Auch Vorschriften über Produkteigenschaften können unabhängig vom Produktionsort für Märkte gemacht werden. Elektrische oder elektronische Produkte, aber z.B. auch Spielzeuge, die in Europa "in Verkehr" gebracht werden sollen, also in den Handel kommen sollen, müssen das CE-Zeichen tragen, und natürlich die damit verbundenen Eigenschaften (insbesondere EMV) nachweisen können. Tragen sie das Zeichen zu unrecht, können ebenfalls Strafzahlungen gegen den Hersteller verhängt werden und diesen Produkten der weitere Marktzugang verweigert werden.
Ob der Glashersteller tatsächlich gegen Wettbewerbsregeln verstoßen hat, ist ja noch Gegenstand von Untersuchungen, zumindest bis zu deren Anschluss gilt auch für ihn die Unschuldsvermutung.
Grundsätzlich wird wirtschaftlicher Wettbewerb in westlichen Volkswirtschaften befürwortet und als wesentliche Voraussetzungen für deren Funktionieren gesehen. Dass er reguliert wird, und die Einhaltung dieser Regeln kontrolliert wird ist also nicht ungewöhnlich oder kritikwürdig.
Ob Smartphonehersteller solche durch Wettbewerb erlangten Preisvorteile weitergeben, ist eine andere Frage, aber immerhin können sie es, wenn es für die eigene Wettbewerbssituation erforderlich werden sollte.
Ob es durch den Wahlsieg Donald Trumps zu Preissteigerungen in einigen Bereichen durch gegenseitige Produktbezollung kommt, bleibt auch abzuwarten, wird aber in Wirtschaftskreisen befürchtet. Preissteigerungen durch Zoll- oder Steuermaßnahmen sind aber von Herstellern nicht zu verantworten, und könnten deshalb in den Verträgen als Rücktrittsgrund ausdrücklich ausgegeschlossen sein.
So gibt es häufig in Stromverträgen Preisgarantien, die aber Preissteigerungen aufgrund staatlicher Maßnahmen ausdrücklich ausnehmen.
Quelle: wikipedia