Lasst uns heute (wieder mal) über Ladetechnologien bei mobilen Endgeräten sprechen. Lese ich die Testberichte meiner Kolleg:innen hier bei NextPit und Kommentare zum Thema, könnte ich glatt zu dem Schluss kommen, dass das ein wichtiges Thema ist. Ich komme mir vor, als sitze ich hier mitten in der Tech-Blase und bin doch irgendwie komplett außen vor. Weil ich weder nachvollziehen kann, wieso darum so ein Wind gemacht wird, noch dass die Herstelle rsich auf dem Feld gegenseitig so pushen.
Klar: Beim Testen achten wir auch immer auf den Akku. Logisch, denn wir wollen ja wissen, ob er uns durch den Tag bringt. Mich interessiert das beim Anschaffen eines Smartphones allerdings so gut wie gar nicht. Oder noch deutlicher ausgedrückt: Ich halte das gegenseitige Überbieten bei den Lade-Technologien von Unternehmen wie Oppo, Realme und Xiaomi für höchst absurd.
Kollege Antoine sieht das komplett anders und Ihr vielleicht auch. Was ich auch nachvolllziehen kann, denn dieses eine beste Smartphone gibt es einfach nicht. Der eine schaut lieber auf eine vielseitige Kamera, der andere auf Leistung und noch andere eben auf die Ladegeschwindigkeit. Hier möchte ich Euch meine Meinung zum Thema erklären – los geht's!
Ach so, Eins noch: Wir haben unsere Artikel gleich strukturiert, besprechen also die gleichen Punkte. Daher verlinken wir öfter im Text auf den jeweils anderen Beitrag. So könnt Ihr direkt zum jeweiligen Gegenargument im anderen Artikel springen. Aber natürlich könnt Ihr auch einfach beide Texte nacheinander lesen – oder von mir aus auch nebeneinander gleichzeitig danke Split Screen.
Schnellladen? Was ist eigentlich dieses "schnell"?
Erst einmal möchte ich festhalten, dass "schnell" ja auch für jeden etwas komplett anderes bedeuten kann. Das Galaxy S22 (Test) zum Beispiel ist in etwa 90 Minuten zu 100 Prozent aufgeladen – und in einem Drittel der Zeit bereits wieder halb voll. Mit diesem Speed – also 25 W – bin ich echt happy. Ich erhalte in knapp 30 Minuten eine halbe Akkuladung, die mich locker über die nächsten fünf, sechs Stunden ausgiebiger Nutzung bringt.
Ja, ich bin manchmal eine echte Ballerbirne und verpeile dadurch hin und wieder, rechtzeitig vorher zu laden. Aber wenn ich was Wichtiges vorhabe und weiß, dass ich unterwegs nicht laden kann, finde ich in der Regel diese halbe Stunde (mindestens), um mein Smartphone mit dem nötigen Saft zu versorgen.
Bei Antoine sollten es übrigens wenigstens 60 W sein, sagte er mir. Er nennt ebenfalls diese 30 Minuten als praktisches Lade-Zeitfenster, will in der Zeit sein Handy jedoch komplett zu 100 Prozent geladen haben.
Nicht jeder braucht Quick Charging – manche aber halt schon
Klar, Antoine hat da echt 'nen Punkt, dass ein geladenes Smartphone echt nützlich ist, wenn man unterwegs ein Zug- oder Flugticket vorzeigen oder mobil bezahlen möchte. Aber ganz ehrlich: Ich bin ein Stubenhocker. Ich schwinge meinen weißen Hintern so selten an die frische Luft, dass das Risiko da echt überschaubar ist, ohne Akku zu stehen.
Ich arbeite im Homeoffice, also habe ich nicht nur mein Handy jederzeit griffbereit, sondern auch die Gelegenheit, es zu laden. Abgesehen von einem Kneipenabend hier und da, oder ein paar Konzert-Trips, bin ich im Normalfall also selten nur für viele Stunden am Stück fern der heimischen Steckdose.
Und selbst wenn ich dann mal länger unterwegs bin, profitiere ich von einer immer besser werdenden Infrastruktur. Ich kann mein Smartphone im Zug oder im Flixbus laden. Selbst hier in Dortmund finden sich mittlerweile mehrere Lademöglichkeiten, die kostenlos nutzbar sind – dazu gehören beispielsweise solarbetriebene Bänke, die vermehrt aufgestellt werden.
Und selbst, wenn ich auf mich allein gestellt bin: Bei langen Trips habe ich eh meinen Rucksack dabei und dort befindet sich für alle Fälle auch eine Powerbank. Aber klar: Ich sehe es komplett ein, dass meine anekdotische Betrachtung nicht hilfreich ist für jemanden, der vielleicht 20 Stunden am Stück aus dem Haus ist und der vielleicht nur sehr kleine, minutenlange Zeitfenster hat, in denen er zwischendurch auf eine Steckdose Zugriff hat.
So viele Ladetechnologien – wir brauchen einen universellen Standard
Mir schwirrt die Birne, wenn ich an all die unterschiedlichen Ladetechnologien denke: Da sind zunächst mal USB-PD und Qualcomms Quick Charge. Aber dann gibt es auch noch das ganze SuperVOOC-Darts-Warp-Zeug der chinesischen Hersteller und auch Apple braucht natürlich einen eigenen Standard. Problem dabei: Wollt Ihr vom Fast Charging profitieren, braucht Ihr auch den richtigen Charger.
- Lest dazu unbedingt unseren Überblick, der Euch die wichtigsten Ladetechnologien für Smartphones aufbröselt.
Geht also davon aus, dass Ihr das Smartphone von Hersteller A nicht mit maximal möglichem Speed aufladet, wenn Ihr das Ladegerät von Hersteller B oder Dritthersteller C verwendet. So braucht Ihr beim Galaxy A23 den Original-Charger fürs volle 45-W-Vergnügen. Ja, verdammt – selbst mit dem richtigen Charger sind die beworbenen absurden Ladegeschwindigkeiten oft nur unter Laborbedingungen mit ganz bestimmten Einstellungen realisierbar. Da wird dann die genannte Watt-Bezeichnung zum billigen Marketing-Gag degradiert, oder nicht?
Mein Wunsch daher: Hersteller dieser Smartphone-Welt – vereinigt Euch! Ihr schafft es immerhin mittlerweile, dass Ihr einen einheitlichen Ladestecker nutzt. Kriegen wir es da jetzt nicht auch noch hin, dass da einheitlich viel Strom durchgeballert wird? Was wäre eine universelle Geschwindigkeit, mit der die meisten von uns gut leben könnten? 25 Watt oder 30? Das könnte eine Untergrenze sein, die dann für alle Ladegeräte und alle Smartphones gilt. Okay, Antoine sieht diese Untergrenze weit höher – eher bei etwa 100 Watt!
Das hätte übrigens den Vorteil, dass die Hersteller ihre Ressourcen sinnvoller einteilen könnten. Wenn das Aufladen universell vorangetrieben wird, muss ich als Samsung oder Xiaomi oder sonst wer nicht riesige Geldsummen und Personal ins Thema Akku pumpen. Oder besser: Die können von mir aus weiterhin Geld für Akku-Verbesserung ausgeben – aber dann vielleicht lieber dafür, sie sicherer zu machen oder schlanker oder beides.
Alles, was wir mit dem Smartphone anstellen, belastet den Akku
Ja, Antoine und ich haben verschiedene Meinungen zum Schnellladen. Aber wir haben auch Gemeinsamkeiten entdeckt. Da ist zum Beispiel immer die Rede davon, dass das Schnellladen schädlich fürs Smartphone ist. Wir denken beide: Ja, ist es tatsächlich – und zwar exakt so schädlich wie circa alles, was wir mit dem Gerät anstellen.
Ihr zockt – natürlich alle Einstellungen bis zum Anschlag aufgedreht – Eure Lieblingsspiele und nehmt dafür ein sich erhitzendes Handy in Kauf. Wieso denkt Ihr dann, dass die Hitze beim Laden schädlich ist und beim Gaming nicht? Alles, was wir auf dem Handy anstellen, belastet den Akku. Die Ladetechnologien sind mittlerweile so ausgefeilt, dass wir keine Angst vor Überhitzen oder Überladen mehr haben müssen.
Vom ersten Tag an, sobald wir das Gerät in Betrieb nehmen, tickt die Uhr für den Akku. Er wird schlechter und schlechter über die Zeit – das ist so und daran ändern wir nichts. Egal, ob wir Fast Charging deaktivieren, oder volle Pulle durchballern. Deswegen: Ich kann nachvollziehen, dass Ihr den Gedanken im Hinterkopf habt. Aber bei der Frage nach dem Pro oder Contra des Schnellladens spielt das wirklich keine Rolle.
Kann Schnellladen überhaupt nachhaltig sein?
Füllen wir bei Launch-Events unsere Bullshit-Bingo-Karte ordentlich aus, taucht neben einer absurden Geschwindigkeit beim Laden auch gerne der Begriff Nachhaltigkeit auf. Das passiert übrigens gerne auch im direkten Zusammenhang mit dem Akku – denn Unternehmen wie Samsung und Apple verkaufen es ja als nachhaltig, dass sie unverschämterweise keine Ladegeräte in die Verpackung stopfen (Höre ich da irgendwen "Green Washing" rufen?
Antoine glaubt, gäbe es einen universellen Standard mit ausreichend hoher Ladegeschwindigkeit, von dem u.a. auch Third Companies profitieren, bestünde auch die Möglichkeit, deutlich mehr auf ökologische Aspekte zu achten. Ja, das kann natürlich sein. Dahinter mache ich aber ein paar fette Fragezeichen. Denn damit das passiert, müsste es überhaupt erst einmal diesen universellen Standard geben. Und dann müssten sich auch alle auf diesen Standard verständigen können (und Politik müsste es langwierig in Gesetze gießen).
Soll heißen: Ja, ein solcher Standard birgt die Chance, es nachhaltiger zu gestalten. Aber es ist aktuell eine sehr theoretische Überlegung. Wollt Ihr was für die Nachhaltigkeit tun, dann solltet Ihr lieber darauf achten, kabelgebunden zu laden statt drahtlos. Nutzt Ihr das induktive Laden, benötigt Ihr für die volle Ladung etwa 50 Prozent mehr Strom als bei der kabelgebundenen Alternative. Zudem zieht die Station auch dann Strom, wenn überhaupt kein Smartphone zum Laden auf dem Ladepad liegt.
Fazit
Ich wiederhole es nochmal, was ich eingangs sagte: Es gibt nicht das eine, wahre, beste Smartphone! Weil wir die Dinger einfach alle unterschiedlich verwenden. Deswegen ist es auch ein Leichtes, Beispiele zu finden, in denen eine sehr schnelle Geschwindigkeit beim Laden eine große Rolle spielt. Für mich jedenfalls spielt es aus den oben genannten Gründen eine sehr untergeordnete Rolle.
Seid Ihr – aus irgendwelchen absurden Gründen – der Meinung, dass Antoine mit seinem Ansatz richtig liegt, dass Ladegeschwindigkeiten über 60 W ein Muss sind, klickt auf seinen Artikel. Denn dort erklärt er Euch wortreich, wieso die Geschwindigkeit eben doch elementar sein kann.
Die gute Nachricht für Euch zum Schluss: Es gibt zwei Artikel zum selben Thema. Das bedeutet für Hater, dass Ihr mindestens einen Artikel findet, in denen Ihr uns jetzt beschimpfen könnt. Richtige Internet-Profis beschimpfen uns selbstverständlich direkt in beiden. Jenseits davon freuen wir uns natürlich über Eure Meinungen zum Thema.
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