So denkt Qualcomm das WLAN neu – und macht das ganze Internet schneller
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Die Heimvernetzung hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt, wobei WLAN im Heimnetzwerk und Breitband die Hauptakteure sind. Der nordamerikanische Chip-Riese Qualcomm hat auf seinem WiFi-7-Day im September 2023 in San Diego die 10G Fiber Gateway Platform und das sogenannte Service Defined WiFi vorgestellt. Aber was ist das eigentlich?
Wenn Qualcomm eine ganze Reihe von Tech-Journalisten zu sich nach San Diego einlädt, gibt es natürlich etwas zu berichten. Ich will ehrlich sein: Als die Veranstaltung begann und uns Qualcomm über seine neue 10G-Glasfaser-Plattform und vor allem vom Service Defined WiFi erzählte, war ich zunächst wenig begeistert. Es klang für mich so, als würde man auf die Heimnetzwerke der Endkunden schielen und so unter Umständen Zugriff auf unser Allerheiligstes erlangen – nämlich unser Zuhause mit all seinen Daten.
Nach und nach habe ich aber meine Meinung während der Veranstaltung und einigen ausgezeichneten Gesprächen mit Qualcomm-Experten und -Partnern nicht nur geändert. Vielmehr freue ich mich jetzt darauf und hoffe, dass es dieser Service auch nach Deutschland schafft.
10G Fiber Gateway Plattform: Ein tieferer Einblick
Was macht nun also die neue 10G Fiber Gateway Plattform von Qualcomm – und wie verändert sie unsere Heimvernetzung? Mit einer Geschwindigkeit von 10 Gigabit pro Sekunde (10Gbps) setzt sie neue Maßstäbe in der Datenübertragung. Um dies in den Kontext zu setzen: Ein 4K-Film, der normalerweise mehrere Gigabyte groß ist, könnte in nur wenigen Sekunden heruntergeladen werden, anstatt in Minuten oder gar Stunden. Auch für andere Anwendungsfälle, etwa VR oder Cloud Computing, werden neue Türen geöffnet.
Ein weiteres Kernelement dieser Plattform ist die Integration der "10G Passive Optical Network"-Technologie. PON ist eine Methode zur Datenübertragung über Glasfaser, die besonders effizient und zuverlässig ist. In Kombination mit dem schnellen Wi-Fi 7 wird so eine extrem schnelle und stabile Verbindung innerhalb des gesamten Hauses möglich. Der Schlüssel dazu lautet: Service Defined Wi-Fi.
Service Defined Wi-Fi: Ein Paradigmenwechsel in der Netzwerkverwaltung
Bisher wurden in quasi allen Heimnetzwerken das Zugangsnetz – also die Verbindung vom Internetanbieter zum Haus – und das Heim-WLAN – die drahtlose Verbindung innerhalb des Hauses – separat verwaltet. Diese getrennte Verwaltung ist notorisch ineffizient und führt zu Performance-Problemen. Das gilt insbesondere dann, wenn viele Geräte gleichzeitig hohe Datenmengen anfordern.
Die "Service Defined Wi-Fi"-Technologie von Qualcomm ändert diesen Ansatz grundlegend – und klingt erst einmal etwas creepy. Kerngedanke ist nämlich, eine durchgängige Datenflussverwaltungsarchitektur einzuführen, die vom zentralen Server im Netz bis hin zu den einzelnen Endgeräten in Eurem Zuhause reicht. Das ermöglicht eine viel präzisere und dynamischere Steuerung des Datenverkehrs, wodurch das Netzwerk insgesamt effizienter und leistungsfähiger wird. Aber: Euer Netzbetreiber bekommt eben auch Zugriff auf Euer Heimnetzwerk.
Ein besonderes Merkmal dieser Technologie ist ihre Fähigkeit, sich an die spezifischen Aktivitäten der Nutzer anzupassen. Wenn Ihr beispielsweise ein Online-Spiel zockt, das eine extrem schnelle Reaktionszeit erfordert, wird die Technologie den Datenverkehr so priorisieren, dass das Spiel mit möglichst niedrigem Ping läuft. Gleichzeitig kann jemand anderes im Haushalt einen Film in 4K-Qualität streamen, ohne dass es zu Verzögerungen oder Qualitätsverlusten kommt.
Qualcomms Vision für die Konnektivitätszukunft
Rahul Patel, Senior Vice President bei Qualcomm, betonte die Ambitionen des Unternehmens: "Qualcomm Technologies hat sich positioniert, um eine Revolution in der Konnektivität anzuführen." Nach einigen weiteren Gesprächen, unter anderem mit dem Projektleiter des englischen Mobilfunkproviders EE, wurde mir auch klar, wie das System wohl in der Praxis aussehen wird.
Das Service Defined WiFi wird von den Providern ausgesteuert – und läuft in deren Rechenzentren. Wer das optimierte Netz nutzen möchte, wird dafür vermutlich bezahlen müssen. Während der Gespräche standen mittlere einstellige Euro-Beträge im Raum, also beispielsweise 5 Euro pro Monat für eine dann aber angeblich auch deutlich bessere und zuverlässigere Internetverbindung, verspricht Qualcomm.
Ausblick
Die 10G Fiber Gateway Plattform und die Technologie "Service Defined Wi-Fi" von Qualcomm sind nicht nur beeindruckende technologische Fortschritte, sondern auch ein Vorzeichen dafür, wohin sich die Heimvernetzung in den kommenden Jahren entwickeln wird. Mit einer kommerziellen Verfügbarkeit im Sommer 2024 bleibt abzuwarten, wie diese Technologien den Markt und die Nutzererfahrung prägen werden.
"Ein 4K-Film, der normalerweise mehrere Gigabyte groß ist, könnte in nur wenigen Sekunden heruntergeladen werden, anstatt in Minuten oder gar Stunden."
...wenn denn der hostende Server diesen Datendurchsatz auch bringt. Und Dein Speichermedium. Und da dürften dann größtenteils die Probleme liegen.
Muss mein Provider wissen, welche Programme auf welchem Gerät laufen und kann dann selbst bestimmen, wie diese priorisiert werden? So alles ohne mein Zutun?
Wird dafür eine Hintertür genutzt oder muss man - mittels Dienstprogramm? - seinen Datenverkehr offenlegen?
Klingt alles etwas suspekt.
Ich sag ja: Es ist schon gewöhnungsbedürftig und ich habe eine zeitlang gebraucht mich mit diesem Gedanken anzufreunden.
EE wird es so anbieten, dass sie beispielsweise ein Gaming- oder Teams-/Zoom-/Video-Call-Feature anbieten werden. Oder eins für Leute, die reibungsloses Streaming möchten. Dann wird dieser Traffic priorisiert.
Im Endeffekt kennt Dein Provider Dein Datenverhalten natürlich schon. Auf diese Weise können sie halt noch weiter optimieren.
Nenn mich zu "deutsch", aber Qualcomm bekleckert sich in letzter Zeit bzgl. Datenschutz nicht gerade mit Ruhm. Ich würde das aktuell kategorisch ablehnen. Außer beim Gaming einen möglichst geringen Ping zu haben, sehe ich bei "normal" dimensionierten Internetanschlüssen von Privathaushalten auch kein Problem bei irgendeiner Priorisierung des Datenverkehrs.
Zumal viele Router, z.B. Fritzboxen ja auch schon eine Priorisierung des Datenverkehrs anbieten. Die Router können also erkennen, um welche Datentypen es sich jeweils handelt, und so zeitkritische Daten bevorzugen, wenn man das konfiguriert.
Für 5 € mehr im Monat kann man bei den meisten Angeboten zudem, sofern man nicht bereits den oberen Anschlag erreicht hat, eine mindestens doppelt so hohe Datenrate buchen, also statt 50 MBit/s 100, statt 100 MBit/s 250, dann 500 und schliesslich 1000. Davon würde ich mir mehr versprechen, als von einer providerseitigen Datenpriorisierung. Die bringt vielleicht was, wenn der Anschluss nur wenig hergibt, z.B. 16 MBit/s Maximum, aber dann erscheinen WiFi 7 und 10 GBit/s LAN auch wiederum sinnfrei.
Quelle:
https://www.wintotal.de/tipp/fritzbox-priorisierung/
Wobei ich schon davon ausgehe, dass der Router (der natürlich WiFi 7 unterstützen muss) ebenfalls in das Geschehen mit involviert wird. Mit WiFi 7 gibt es ja eine Menge neuer Funktionen, die für einen viel höheren Datendurchsatz sorgen sollten.
Das ist schon richtig, und auch ein Vorteil, wenn es innerhalb des heimischen Datennetzes zu hohem Datendurchsatz kommt, weil große Datenmengen auf einem NAS gespeichert werden sollen, oder viele hochaufgelösten Filme davon gestreamt werden sollen.
Geht es aber in erster Linie um den Zugriff aufs Internet, und der Provider limitiert den auf 100 MBit/s / 40 MBit/s, dann ist das halt der Flaschenhals, und ein Gigabit schnelles LAN/WLAN kann daran nichts ändern.
Stimmt, die Fritzbox kann das ja schon. Solche Features fallen bei mir immer hinten rüber, weil sie niemand benötigt, jedenfalls nicht in meinem Umfeld.