Auswertung unserer Umfrage: So steht Ihr zu selbstlöschenden Nachrichten

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2021 hat sich auch WhatsApp endlich ernsthaft mit Nachrichten auseinandergesetzt, die sich selbst löschen. Die meisten WhatsApp-Alternativen bieten das Feature schon lange an, aber nutzt Ihr sie tatsächlich? Und vor allem: Vertrauen wir den Messengern beim Austausch vertraulicher Informationen? Zumindest in der NextPit-Community scheint das nicht der Fall zu sein.

Die Community bevorzugt "normale" Nachrichten

Auf die Frage, welche Art von Nachrichten sie bevorzugt, stimmte die NextPit-Community vor allem für die ganz normalen Nachrichten. Also jene, die nicht automatisch verschwinden. Einer der Hauptgründe ist dabei das mangelnde Vertrauen. Das Vertrauen fehlt dabei nicht nur dem jeweiligen Dienst gegenüber – WhatsApp, oder auch Signal und Telegram –, sondern auch bezogen auf Euer Chat-Gegenüber. 

Traditionelle Nachrichten werden immer noch bevorzugt / © NextPit

Ich habe diese flüchtige Nachrichtenfunktion noch nie in meinem Leben genutzt und ich gebe zu, dass ich gar nicht auf die Idee gekommen wäre, dies zu tun. Entweder schreibe ich jemandem, der zuverlässig ist, oder ich habe das Gefühl, dass die Person es nicht ist, und ich passe meine Nachricht an dieses Kriterium an. Denn ob selbstlöschende Nachricht oder nicht, mein Gegenüber kann Screenshots machen oder seinen Bildschirm fotografieren, wenn die Aufnahmefunktion aus dem einen oder anderen Grund nicht funktioniert. Diese Funktion für flüchtige Nachrichten würde mich überhaupt nicht beruhigen.

Jerome69Paris, Französische NextPit-Community

Tim, auf der deutschen Website, merkte an, dass die Plattformbesitzer diese Nachrichten theoretisch speichern könnten, und dasselbe könnte auch für Internetanbieter und andere Instanzen gelten. Allerdings mit dem zusätzlichen Nachteil, sich mit der Verschlüsselung der App herumschlagen zu müssen.

Es ist anzumerken, dass die Option "normale Nachrichten" in allen Bereichen von NextPit gewonnen hat. Addiert man allerdings in Frankreich die beiden Antwort-Optionen für verschwindende Nachrichten, liegen wir dort fast gleichauf mit den "normalen" Nachrichten.

Privatsphäre ist wichtig

Was die Gründe für die Nutzung von Kurznachrichten betrifft, so ist die Privatsphäre Eurer Meinung nach das Hauptmotiv – in der französischen Umfrage landete diese Option sogar an erster Stelle. Danach folgte der Austausch kritischer Informationen und expliziter Inhalte.

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Die Verwendung der verschwindenden Nachrichten variiert von Land zu Land / © NextPit

Obwohl er die Wirksamkeit schriftlicher Nachrichten in Frage stellt, erwähnt der französische Leser "louis hory" eine interessante Verwendung für verschwindende Nachrichten:

[...] das mehr oder weniger schnelle Löschen von Nachrichten kann Unannehmlichkeiten vermeiden, die manchmal bei unserem klassischen mündlichen Austausch auftreten können.
Die Transparenz, die es ermöglicht, den gesamten Inhalt unseres schriftlichen Austauschs wiederherzustellen, kann auch Schaden anrichten; Vergesslichkeit ist manchmal notwendig, um friedliche Beziehungen aufrechtzuerhalten ...

louis hory, Französische Gemeinschaft

Und falls die Antworten unserer deutschen Leser:innen in den beiden Fragen es nicht schon deutlich gemacht haben: Verschwindende Nachrichten können nicht nur ein falsches Gefühl von Privatsphäre vermitteln, sondern auch auf unerwünschte Weise missbraucht werden, Das wurde von mehreren Kommentator:innen angeführt.

Ich sehe bei selbstlöschenden Nachrichten keine Lösung eines Problems und finde es auch nicht innovativ. Eine Nachricht ist eine Nachricht und ich sehe keinen Grund, warum sich diese automatisch von selbst löschen sollte. Wer etwas nicht mitteilen will, tut es einfach nicht.
Ich sehe hier eher Probleme, wenn bspw. jemand Hassnachrichten am laufenden Band bekommt, die sich selbst löschen und die Person nicht beweisen kann, dass sie gemobbt wird.

König Frank, Deutsche Gemeinschaft

Den meisten von Euch fehlt das Vertrauen in die selbstlöschenden Nachrichten / © NextPit

Auf die Frage, ob Ihr Euch bei verschwindenden Nachrichten sicher fühlt, stimmten die meisten von Euch mit einem klaren "Nein". Das spiegelt die Mehrheit der Antworten aus den obigen Fragen wider – und auch die meisten der Kommentare. Auf dem zweiten Platz folgt mit großem Abstand die Antwort "Ja, aber ich bin trotzdem vorsichtig" mit einer deutlich geringeren Gesamtzahl an Stimmen.

Bevor wir diese Analyse abschließen, wollen wir noch Pats Antwort zitieren:

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Ich glaube, dass alles, was man im Internet tut, sei es eine E-Mail oder ein Kommentar in einem Forum, von irgendjemandem für immer gefunden oder gesehen werden kann. Ich glaube auch nicht an Informationen, von denen es heißt, sie seien verschwunden. "Vernichtet" würde mich vielleicht beruhigen, aber nur ein wenig.

Pat, Internationale Community

Das war's mit der Umfrage der letzten Woche. Wir werden am Freitag eine weitere Umfrage veröffentlichen, pünktlich zu Weihnachten. Teilt uns Eure Meinung zu unseren aktuellen Fragen gerne weiter in den Kommentaren mit – und seid Freitag wieder dabei!


Ursprünglicher Artikel

Die Privatsphäre in der digitalen Welt ist meiner – nicht ganz so bescheidenen – Meinung nach der kritischste Punkt bei unserer Interaktion mit Technologie. Wir leben schließlich im Informationszeitalter und breiten unser Leben online in Texten aus, die sich dann auf weit entfernten Servern wiederfinden. Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber diese Vorstellung kann bei einem Durchschnittsbürger wie mir eine Menge Frustration hervorrufen.

Ich will sicher nicht behaupten, dass ich verstehe, wie komplizierte Verschlüsselungen funktionieren. Aber wenn Informationen über mich irgendwo gespeichert werden, kann die Verschlüsselung noch so gut sein – eines Tages wird sie jemand knacken können.

Verschwindende Nachrichten: Vermenschlichung unserer Chats?

Die Lösung für unsere Bedenken ist einfach. Wie wäre es, wenn wir unser Gedächtnis im realen Leben einfach in der virtuellen Welt nachbilden? Das geht in der digitalen Welt ziemlich einfach: Stellt einen Timer für Nachrichten ein – und sobald der Timer abläuft, verschwinden sie. Da alle faktischen Beweise verschwunden sind, bleibt in unserer Kommunikation das gleiche Gefühl der Ungewissheit und der Privatsphäre erhalten, das wir bei realen Interaktionen haben. 

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Die Wahrheit ist aber, dass die Kommunikation in der realen Welt schwieriger ist, als man auf den ersten Blick vermuten würde: Jede Art von Kommunikation, die nicht in irgendeiner Form aufgezeichnet wird, existiert im Gedächtnis derjenigen, die an ihr teilnehmen. In gewisser Weise steht Euer Wort gegen meines, was unsere Diskussionen sicherer macht.

Snapchat verdankt seinen Erfolg größtenteils der Tatsache, dass es sich für das Verschwinden von Nachrichten einsetzt. / © Primakov / Shutterstock

Aber bei aller geistigen Größe sind wir trotzdem arg limitiert. Kommunikation kann eine Herausforderung sein, wenn die einzige Referenz unser Gedächtnis ist. Schließlich werden wir mehr denn je mit Informationen bombardiert, und alles strebt nach unserer Aufmerksamkeit. Heute wird von uns erwartet, dass wir uns mehr Details mit größerer Genauigkeit merken, als je zuvor.

Ich persönlich verlasse mich inzwischen so sehr auf die Aufzeichnungsfähigkeiten von Texten, dass ich, wenn mir jemand eine Nachricht mit Ablaufdatum schickt, diese mit großer Wahrscheinlichkeit nach drei Minuten wieder vergessen habe. Das wiederum führt bei nachfolgenden Gesprächen eventuell zu großer Verwirrung. Aber das passiert ja auch im "echten" Leben. Also würde ich sagen, dass verschwindende Nachrichten unser virtuelles Leben in gewisser Weise vermenschlichen, mit allen Vor- und Nachteilen, die das mit sich bringt.

Auf der einen Seite ist es angenehm bequem, wenn wir immer auf Nachrichten zurückgreifen können. Das erlaubt uns, mit immer mehr Menschen in Kontakt zu treten. Andererseits wäre da die Sicherheit verschwindender Nachrichten, die unsere Privatsphäre schützt.

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Welche Art von Nachrichten bevorzugt Ihr?

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Aber das war noch nicht alles. Es ist offensichtlich, dass es auch bei dieser Funktion mehrere Wege gibt, die mal besser und mal schlechter funktionieren. Hier gilt es jetzt, die richtige Balance zu finden. Unterschiedliche Plattformen haben schließlich auch unterschiedliche Zielgruppen. Einige Unternehmen verwenden Nachrichten, die verschwinden, für kritische Informationen. Hier will man sicherstellen, dass das Risiko minimiert wird, dass irgendeine Info nach draußen dringt.

Gleichzeitig möchten andere Nutzer:innen die Plattform vielleicht dazu nutzen, um Freunden und Familienmitgliedern besonders sensible Geheimnisse anzuvertrauen. Wieder andere freuen sich einfach über die Gewissheit, dass niemand ihre Nachrichten aufzeichnen kann. Wie sieht das bei Euch aus? Welche Gründe sprechen bei Euch für selbstlöschende Nachrichten?

Aus welchem Grund verschickt Ihr verschwindende Nachrichten?

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Aber bleiben nicht dennoch Zweifel, wenn wir ein so komplexes Thema hier auf ein paar simple Fragen eindampfen? Wird unsere Kommunikation in digitalen Welten durch solche Ansätze tatsächlich vermenschlicht? Oder machen wir uns mit billigen Lösungen wie selbstlöschenden Nachrichten nur etwas vor, weil uns ein falsches Gefühl der Sicherheit vermittelt wird?

In einer idealen Welt bräuchte ich diesen Punkt nicht anzusprechen, verdammt. Aber es gibt im Netz genug Artikel, die sich damit befassen, wie man die vermeintliche Sicherheit von verschwindenden Nachrichten aushebeln kann. Also besteht fraglos die Gefahr, dass unsere Privatsphäre, unser Recht auf Vergessenwerden und all die Dinge, die ich oben erörtert habe, keinen wirklichen Wert haben.

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Macht dieses Wissen, dass die Person auf der anderen Seite des Bildschirms potenziell Dinge aufzeichnen könnte, den Zweck von verschwindenden Nachrichten zunichte?

Fühlt Ihr Euch bei der Nutzung verschwindender Nachrichten sicher?

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Natürlich gibt es viele Aspekte, die wir in dieser Umfrage nicht angesprochen haben; dieses Thema ist offensichtlich komplizierter als es zunächst scheint. Es gibt auch ernsthafte Sicherheits- und Überwachungsaspekte, die ich im Text nicht erörtert habe. Aber ich dachte mir, dass wir das vielleicht besser in den Kommentaren diskutieren können und freue mich daher auf Eure Beiträge. 

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