Heutzutage kann man fast alles abonnieren. Branchenexperten zufolge wollen Menschen weniger Dinge besitzen, jedoch trotzdem Zugang zu ihnen haben. Ich persönlich bekenne mich schuldig im Sinne der Anklage: Früher besaß ich stapelweise CDs, jetzt benutze ich Spotify Premium.
Meine CDs können in Großbritannien bleiben, und dennoch kann ich meine Lieblings-Musik überall, jederzeit und mit all meinen Geräten hören – sowohl online als auch offline. Aber ich verzichte damit auch auf die Möglichkeit, die Tonträger zu verleihen, verschenken, verkaufen oder zu vererben. Und wenn ich mein Abonnement kündige, kann ich meine Musiksammlung nicht mehr wie gewohnt weiternutzen.
Und noch ein weiteres Problem: Falls Spotify eines Tages beschließen sollte, alle Radiohead-Alben zu entfernen, kann ich sie trotz meiner brav gezahlten Abo-Gebühren dort nicht mehr anhören. (Zugegeben, das ist kein großer Verlust. Radiohead wird überbewertet. Aber Ihr versteht, was ich meine.)
Trotz seiner Schwächen ist das Abonnement das Nutzungsmodell, auf das wir uns branchenübergreifend zubewegen. Und die Verbraucher nehmen es dankbar an.
Die Zahlen lügen nicht: Privatbesitz wird Nische
Das Wachstum des Marktes der Abo-Modelle ist unaufhaltsam. Laut dem Online-Dienstleister für Abo-Plattformen Zuora sei der Abo-Markt in den letzten siebeneinhalb Jahren um 350 Prozent gewachsen. Verbraucher bevorzugen Zugang zu digitalen Diensten gegenüber dem Besitz physischer Produkte. In diesem Jahr werde die Hälfte der weltweit größten Unternehmen den Großteil ihres Umsatz nur in Abhängigkeit digital unterstützter Produkte oder Dienstleistungen erzielen.
"Der Abo-Markt ist nicht auf ein oder zwei Branchen beschränkt. Wir beobachten immer mehr Branchen, die Abos anstelle echter Kauf-Produkte in den Mittelpunkt ihres Geschäftsmodells rücken. Sie zeigen oft schnelles und langfristiges Wachstum", erklärt Dr. Carl Gold, Chief Data Scientist bei Zuora. "Der SEI-Bericht zeigt, dass Abo-basierte Geschäftsmodelle die Grenzen traditioneller Software-Unternehmen überwinden und Einzug halten Sektoren wie Fertigung oder Business-Dienstleistungen."
Laut einer Umfrage, die Zuora kürzlich in Zusammenarbeit mit YouGov durchgeführt hat, abonnieren 82 Prozent der Menschen in Großbritannien inzwischen mindestens ein Produkt oder eine Dienstleistung. Dazu gehören Dienste wie Hello Fresh, Zipcar, Kaffee-Abonnements und digitale Dienste wie Netflix, Amazon Prime Video / Music, Spotify, Adobe Creative Cloud … Die Liste ist endlos!
Wenn das Abo-Modell den Verbraucher … verbraucht
Nach meinen persönlichen Erfahrungen mit unterschiedlichen Abo-Modellen blicke ich mit gemischten Gefühlen auf die Entwicklung des Marktes. Manche von ihnen konnten tatsächlich meinen Wunsch nach eigenem Besitz ersetzen; wie etwa Spotify, das mich mein CD-Regal vergessen ließ. Und wenn ich mich noch einmal umentscheiden sollte, kann ich noch immer in den Plattenladen gehen und mir schickes Vinyl zulegen.
Doch was passiert, wenn diese Option verschwindet? Bildbearbeitungs-Profis etwa können keine aktuelle Version von Photoshop mehr kaufen. Die Software gibt es nur noch im Abonnement mit Adobes Creative Cloud.
Noch schlimmer hat es die Käufer des Heimtrainers Flywheel erwischt. Trotz des wahnwitzigen Anschaffungspreises von rund 2.000 Dollar konnten sie eines Morgens ihr teures Sportgerät nicht mehr nutzen. Aufgrund eines Patentstreits mit Konkurrent Peloton musste Flywheel auch bereits verkaufte Modelle der smarten Trainings-Räder aus der Ferne abschalten. Ähnlich un-smart verhielt es sich mit den WLAN-Lautsprechern von Sonos, deren Hersteller ältere Modelle quasi-unbrauchbar machen wollte. Das wirft die Frage auf, ob wir gekaufte Geräte eigentlich wirklich besitzen, wenn wir die Software gar nicht kontrollieren dürfen.
- Fünf Jahre Updates, einfache Reparatur: Das Smartphone wird ökologisch
Und dann passiert es zunehmend, dass der Verbraucher sich mit steigenden Kosten konfrontiert sieht. Als ich im Jahr 2013 in Großbritannien lebte, hatte ich mit einem einzigen Abonnement bei Sky Sports Zugang zu allen Spielen der englischen Premier League (EPL), die im Fernsehen übertragen wurden. Heute muss ein englischer Fußballfan drei Sender (Sky, BT Sport und Amazon) bezahlen, um Zugang zu der gleichen Anzahl von Spielen zu erhalten. Vor sieben Jahren war es schon nicht billig, die EPL im Fernsehen zu sehen. Aber jetzt ist es erpresserisch.
"Für Unternehmen ist es ein Kinderspiel", sagte Pivotal-Research-Analyst und Spezialist für Online-Abos Jeff Wlodarczak im Oktober 2019 dem britischen The Telegraph. "Für den Verbraucher vermute ich, dass er in den meisten Fällen mehr bezahlt, als er müsste.
Am offensichtlichsten erscheinen mir die Vorteile des Abo-Modells beim Autobesitz in vollen Städten. Vor allem angesichts der offensichtlicher werdenden ökologischen Folgen erscheint mir der individuelle Besitz eines Autos überholt; zumal es fast den ganzen Tag bloß jemandem im Weg steht. Es stattdessen zu teilen, ist in diesem Fall fast schon ein sozialer Akt. Nicht nur ist das gelegentliche Mieten eines Autos unterm Strich also günstiger; es hat auch erhebliche ökologische Vorteile gegenüber dem individuellen Besitz.
Die Verbraucher zahlen trotzdem manchmal im Abo mehr, um weniger zu besitzen. Und wir lassen das einfach so zu. In Teilen halte ich diesen Trend für beunruhigend. Doch was meint Ihr? Welche Abos habt Ihr oder welches hättet Ihr gerne? Und welche haben sich Eurer Meinung nach in den vergangen Jahren verschlechtert, welche verbessert?
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