Womöglich sollte ich noch ein bisschen weiter ausholen. Google Fotos ist eine App, die auf vielen Android-Handys vorinstalliert ist. Sie ist das, was vom beliebten Picasa übrig geblieben ist, und noch ein bisschen mehr. Denn einmal konfiguriert, schiebt Google Fotos die Bilder Eurer Smartphone-Kamera regelmäßig in einen Cloud-Speicher und löscht die Altlasten ganz automatisch.
Beim Anschauen könnt Ihr inzwischen sogar nach Schlagworten wie “Hund” suchen und Ihr seht alle Fotos, auf denen ein Hund zu sehen ist. Klingt simpel, setzt aber eine leistungsstarke KI-Analyse voraus. Bei anderen Fotoverwaltungsprogrammen müsst Ihr dafür händisch Tags und Kategorien anlegen. Alternativ bearbeitet Ihr Bilder und passt die Unschärfe des Hintergrundes auch Jahre nach der Aufnahme noch an.
Klingt auch easy, benötigt aber wieder viel von dem, was Google auf seinem AI Blog viel besser beschreiben kann als ich. Insgesamt ist Google Fotos manchmal magisch, immer sehr praktisch und vor allem eins: umsonst und unlimitiert. Denn bislang konnten alle Android-Nutzer ihre Fotos in Guter Qualität (Das sind maximal 16 Megapixel) unbegrenzt auf die Google-Cloud legen. Elitäre Google-Pixel-Nutzer durften die sehr guten Aufnahmen der Kamera-Handys sogar in voller Auflösung speichern.
Googles Planänderung
Doch dies wird sich im Juni 2021 ändern, verriet Google vergangener Woche. So werden ab dem 1. Juni alle aufgenommenen Bilder, ungeachtet der Qualität, auf das Kontingent Eures Google-Speichers gerechnet. Gleiches gilt für die Dokumente in Eurem Google Drive, die aufgrund ihrer geringen Größe aber nicht allzu stark ins Gewicht fallen sollten. Allerdings führt das sprichwörtliche Kleinvieh schön vor Augen, wie weitläufig der Cloud-Kosmos von Google inzwischen ist. Denn das Netzwerk an Dienstleistungen und Programmen, die an einem einzigen Pool an Datenvolumen zehren, ist gigantisch.
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Hier lest Ihr mehr über die Änderungen bei Google Fotos
Nach der Einrichtung schaltet Euch Google 15 Gigabyte an kostenlosem Speicherplatz frei. Möchte ich meinen aktuellen Komfort ab Juni beibehalten, gehen von diesen 15360 Megabyte aufgenommene Fotos, aufgenommene Videos, erstellte und geteilte Dokumente, Android-Backups und WhatsApp-Backups herunter. Laut Googles eigenem Speicher-Rechner bleiben mir bei meinem aktuellen Nutzerverhalten noch 6 Monate.
Dabei ist die Tendenz meines Speicherbedarfs eher steigend, denn immer mehr Apps bieten eine Anmeldung per Google und machen vom zuverlässigen Speicher Gebrauch. Wie andere Unternehmen schafft Google ein Ökosystem, in das man sich als Nutzer entspannt zurücklehnen soll. Sicher sollte ich meine Dependenz auf mein favorisiertes Suchmaschinen-Unternehmen (Sorry, Bing!) einmal überdenken, doch darum geht es hierbei nicht. Eher möchte ich herausstellen, dass Google uns in der Vergangenheit einen bestimmten Habitus gelehrt hat, den das Unternehmen nun schamlos als neue Einnahmequelle ausnutzt.
Daten, die Währung der Neuzeit
Denn eigentlich waren es immer Daten, mit denen Google sich zufrieden gab und zugegeben auch sehr erfolgreich war. Je mehr Nutzungsstatistiken, Meta-Informationen und Cookies ein Nutzer teilt, desto besser. Unsere Daten sind der Grund, warum Google Maps so zuverlässige Stauinformationen bietet und warum Google eines der größten Tech-Unternehmen überhaupt ist.
Daten waren der Grundstein der Vereinbarung, die wir mit Google eingegangen sind. "Mach Dir um deine Fotos keine Sorgen und gib sie uns. Falls Dir das Bild nachher nicht gefällt, nimmst du einfach ein neues. Dein Google Pixel 5 hat ohnehin heimlich 15 weitere Aufnahmen erstellt, wähl später einfach eins aus. Und die Verwaltung? Die übernehmen wir schon - mach dir keine Sorgen! Hauptsache du lässt GPS an und unterschreibst diese Vereinbarung.”
- Video-Tipp: Ein YouTuber hat seinen eigenen Datensatz bei Google heruntergeladen und fand private Fotos über öffentliche Links, Bestellprotokolle in Quellcodes und vieles mehr.
Nach dieser Philosophie habe ich mein auf Daten basierendes Nest bei Google gemacht. Hier bin ich User-ID, hier darf ich sein. Meine Bibliothek an Fotos ist unaufgeräumter als meine erstes WG-Zimmer (gleich mal nostalgische Bilder in Google Fotos anschauen!) und das war bisher nie ein Problem. Ich selbst habe die Kontrolle über meine Daten verloren, die inzwischen nur noch Googles Algorithmen sortieren können. In dieser Abhängigkeit, die erst durch Googles Easy-Living Surferdude-Attitüde entstanden ist, überrumpelt mich Googles Planänderung voll und ganz und lässt mir nur wenig Raum für Entscheidungen.
Speicher kaufen oder was sonst?
Denn welche Alternativen habe ich ab Juni? Soll ich meine ganzen Fotos sortieren, sie herunterladen und auf Festplatten speichern? Das würde einiges an Zeit, ein wenig Geld und eine erhebliche Umstellung meines Foto-Workflows kosten. Denn die RAW-Bilder meiner Systemkamera speichere ich auf diese Art und Weise und diesen Katalog zu pflegen, bedeutet einiges an Aufwand. Und ein bestimmtes Bild zu suchen, hat trotz der gepflegten Bibliothek vor einigen Wochen rund 30 Minuten gekostet.
Darüber hinaus steht mir das Bild nicht zur Verfügung, wenn ich zum Arbeiten in einem Café sitze und wenn meine Festplatte den Geist aufgibt, verliere ich Fotos und Erinnerungen. Ich kann und möchte nicht zurück in diese Prä-Cloud-Ära, da bin ich ganz der Millennial!
Denn in der Summe wirkt das wie ein Rückschritt in die urzeitlichen 2010er. Höchstwahrscheinlich werde ich aus diesem Grund in den sauren Apfel beißen und meinen Google-Speicherplatz für einen geringen Monatsbeitrag aufstocken. Der geringe Beitrag tut mir finanziell zwar nicht wirklich weh. Die erschreckende Tendenz, die mir der monatliche Kontoauszug immer wieder quittiert, aber umso mehr. Die zunehmende Digitalisierung macht uns abhängig von einigen wenigen Unternehmen und wir verlieren zunehmend die Kontrolle.
Denn wenn Facebook, Google, Apple und Co. eine Richtung vorgeben, bedeutet es immens viel Kraft, sich dagegen zu stellen. Was Google heute macht und was jetzt ein paar Euro im Monat kostet, könnte in Zukunft weitere Kreise ziehen. Was geben wir noch auf für ein kleines bisschen Einfachheit und in welche Falle laufen wir demnächst, da sie zu Beginn so praktisch und kostenlos erscheint?
Leider gehen solche Vorzeichen, vielleicht könnten wir sie sogar schon Indikatoren nennen, einer fremdgesteuerten und durch Unternehmen bestimmten Zukunft in der Regel schnell unter und der Pragmatismus rückt in den Vordergrund. Nehmen wir also die blaue Pille und stocken unseren Google-Speicher auf oder schlucken wir die bittere rote Pille und suchen nach Alternativen, über die wir im Notfall selbst bestimmen können?
Teilt mir Eure Entscheidung in den Kommentaren mit! Ich lade in der Zwischenzeit einfach Google herunter, der Download läuft schon. Wer zuletzt lacht, ...
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