Ich weiß, ich weiß, Antoine entdeckt die Welt der Technik. Aber das ist auch das Interessante daran, Produkte über einen längeren Zeitraum zu testen. Subtilere Elemente der User-Experience werden in den ersten Artikeln oft "vergessen". Wir haben es eilig, den Test so schnell wie möglich zu veröffentlichen, um Eure kostbare Zeit zu nutzen und die heiligen Algorithmen des göttlichen Google zu befriedigen, das uns gnädig mit Seitenaufrufen und Klicks versorgt.
Einer der größten Kritikpunkte am iPhone 14 Pro Max und somit auch an iOS 16 betrifft die Ergonomie der Navigation. iOS sollte eine Geste haben, mit der man zurückblättern kann, wie es bei Android der Fall ist. Nun, iOS hat eine solche Geste, aber sie funktioniert nur in bestimmten Anwendungen, in bestimmten Szenarien und auf eine bestimmte Art und Weise.
Übertreibe ich es? Bin ich einfach nur ein gemeiner Apple-Hater, der keine Ahnung von UI-Design hat? Oder ist das ein Fehler von iOS, der für manche Nutzer:innen ein echtes Hindernis für den Kauf eines iPhones sein kann?
iOS 16 besitzt eine sehr intuitive Benutzeroberfläche ...
Selbst wenn Ihr Apple und das iPhone hasst, ist es schwer zu leugnen, dass iOS eine sehr intuitive Benutzeroberfläche hat. Ich stehe wieder als absoluter Noob da, der heißes Wasser entdeckt. Aber Dinge wie Face ID, AirDrop, Stapel von mehreren Widgets oder die Back-Tap-Geste, bei der Ihr auf die Rückseite des iPhones tippt, sind einfach großartig.
Ich wünschte, Apple würde den Splitscreen und den Fenstermodus von iPadOS 16 in iOS 16 implementieren, damit man sie auch auf dem iPhone nutzen kann. Insgesamt bietet iOS, insbesondere iOS 16, jedoch eine flüssige und ergonomische Experience.
Ein weiterer Punkt ist Apples Vorsprung in Sachen Barrierefreiheit. Android hat in den letzten Jahren zwar viele Fortschritte gemacht, aber iOS 16 ist buchstäblich vollgestopft mit Optionen, die Euch die Navigation durch die Benutzeroberfläche erleichtern, wenn Ihr eine Seh- oder Hörbehinderung oder eine körperliche/motorische Behinderung habt.
... bis auf den Zurück-Button!
Ich verstehe nicht, warum ich im Jahr 2022 immer noch meinen Daumen zum anderen Ende des Bildschirms strecken muss, bloß um auf den letzten Screen zurückzugehen. WARUM?! Okay, ich verstehe, dass man eine feste Taste bevorzugt. Aber warum ist sie dann auf der gegenüberliegenden Seite des Bereichs, den Euer Daumen erreichen kann (wenn Ihr Rechtshänder seid, wie die meisten Menschen auf diesem Planeten)? Warum ist die Bedienung mit einer Hand komplizierter, als sie sein sollte?
Ich habe keine Antwort auf diese Frage. Aber es ist seltsam, dass Apple in diesem Punkt so sehr gegen den Strom schwimmt. Als Android 10 (Q) 2019 eingeführt wurde, erklärten die beiden Produktmanager für Android UI, Allen Huang und Rohan Shah, dass der "Zurück"-Button 50 % häufiger verwendet wird als der "Home"-Button.
"Eines unserer Designziele war es daher, die Zurück-Geste ergonomisch, zuverlässig und intuitiv zu gestalten – und wir haben diesem Ziel Vorrang vor anderen, weniger häufigen Navigationsmethoden wie App-Drawern und kürzlich aufgerufenen Apps gegeben", heißt es in ihrem Blogbeitrag.
Ein klarer Mangel an Komfort
Die Google-Ingenieure haben daraufhin jede Menge Experimente durchgeführt, um einen barrierefreien Bereich auf dem Bildschirm eines Smartphones zu bestimmen. Im Grunde genommen ist das der Bereich, den Nutzer:innen am besten mit dem Daumen erreichen, ohne sich unwohl zu fühlen.
Diese Erreichbarkeit war auch einer der Hauptpunkte, die von anderen Android-Herstellern wie OnePlus, Oppo oder Samsung angesprochen wurden. Sie alle erkannten das Bedürfnis oder gar den Wunsch der Nutzer:innen, mit nur einer Hand durch das OS ihres Smartphones navigieren zu können.
- Seht Euch unsere Auswahl der besten kompakten Smartphones an, die einhändig und ohne Zurück-Geste bedient werden können.
Unter iOS 16 befindet sich die "Zurück"-Taste in der oberen linken Ecke des Bildschirms, unabhängig vom Nutzungsszenario. Das ist also das Gegenteil der natürlichen Komfortzone für eine möglichst ergonomische Navigation. Das ist einfach nur dumm. Man muss sein iPhone mit beiden Händen halten oder zu der Minderheit der Linkshänder gehören, um zurückblättern zu können, ohne einen Daumenkrampf zu riskieren.
Ich weigere mich zu glauben, dass dies nicht eine bewusste Entscheidung von Apple ist. Wir reden hier über den marktführenden Hersteller mit der schlanksten und vor allem optimiertesten UI. Nein, das kann kein Ausrutscher sein, da muss eine Logik dahinter stecken.
Hier kommen wir wieder auf das berühmte magische Argument zurück, dass Apple nichts zufällig und vor allem nichts aus Versehen macht. Stellen wir fest, dass etwas nicht stimmt, ist es einfach so, dass wir die Relevanz dieser oder jener Funktion geistig nicht erfassen.
Die Befürworter dieser Doktrin werden mir wahrscheinlich sagen, dass ich zu dumm bin, da iOS eine Zurück-Geste anbietet. Ja, das stimmt, aber das ist egal, denn es funktioniert nicht wie bei Android. Und genau darum geht es in diesem Artikel.
Eine Frage der UX-Philosophie?
Konkret könnt Ihr in einigen Anwendungen wie Safari, Einstellungen, WhatsApp und anderen zum vorherigen Bildschirm zurückkehren, indem Ihr von links nach rechts über den Bildschirm deines iPhones wischst. Ja, das funktioniert.
Aber es funktioniert nur, wenn die Oberfläche der App einen neuen Tab oder eine neue Seite von rechts nach links anzeigt. In der Fotos-App zum Beispiel gelangt Ihr von einem Foto in Vollbild-Ansicht über eine Wischgeste vom oberen Bildschirmrand nach unten zurück in die Foto-Übersicht. In diesem Fall erfolgt die Rückwärtsbewegung also nicht horizontal von links nach rechts, sondern vertikal.
Beim Stöbern im Internet bin ich auf einen Kommentar aus dem Jahr 2020 unter einem sehr interessanten Beitrag im r/iphone-Subreddit gestoßen. Der Nutzer erklärte: "Es ist nicht die praktischste Sache, aber das ist Apple. Sie legen mehr Wert auf eine flüssige Bedienung, um sicherzustellen, dass sie sich natürlich anfühlt. Android hingegen wurde mit einer Zurück-Taste entwickelt. Sie können so etwas wie iOS nicht machen. Es sei denn, alle App-Entwickler wollen ihre Apps überarbeiten, so dass die Funktionalität der Zurück-Taste mit einer Wischgeste erreicht wird.
Im Grunde geht es um die Konsistenz zwischen Animationen und der Kontinuität, mit der UI-Informationen auf dem Display angezeigt werden. Nach dieser Logik hat Android einfach eine Taste durch eine Geste ersetzt, um dieselbe Funktion auf dieselbe Weise zu aktivieren – unabhängig von der Anwendung oder dem betreffenden Szenario. iOS hingegen hat diese Geste kontextbezogener implementiert.
An sich ist das ein stichhaltiges Argument. Aber das Problem bleibt bestehen. Man opfert die flüssige Bedienung und damit die Ergonomie zugunsten der visuellen Flüssigkeit. Das ist so, als würde man ein Paar Schuhe eine Nummer zu klein tragen, weil sie zu gut zur Jacke passen, finde ich.
Fazit
So, so, so. Noch einmal: Ich bin froh, dass ich so viel Strom, WLAN-Daten und Portionen geistiger Gesundheit für das Schreiben eines x-ten Kommentars zu einem Thema verschwendet habe, das vielleicht 0,00002 % der Bevölkerung betrifft.
Aber abgesehen davon, dass es sich um einen einfachen Seitenhieb handelt, finde ich die Frage nach der Philosophie des UI-Designs sehr interessant. Ich würde mich gerne mit Apple- und Android-Entwicklern über dieses Thema austauschen (eigentlich wollte ich das schon tun, bevor ich diesen Artikel veröffentlicht habe).
Auch wenn ich kein Fan des von Apple übernommenen Systems bin, finde ich es faszinierend, dass man eine logische Erklärung dafür finden kann. Und ich war angenehm überrascht, dass meine Recherchen zur Untermauerung meines Pamphlets mich dazu gebracht haben, etwas weniger dumm zu sein und meine (zu) starke Meinung zu relativieren.
Und was denkt Ihr? Denkt Ihr, dass die Philosophie von Apple richtig ist? Oder sollte iOS mal wieder Android kopieren und eine ähnliche Zurück-Geste auf dem iPhone einführen?
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