Ich benutze das OnePlus 7T seit seiner Veröffentlichung, also seit Oktober 2019, und genieße seither jeden Augenblick damit: Es gibt mir tatsächlich das Gefühl, wieder einen draufgesetzt zu haben und das bisherige Spitzenmodell zu überbieten; die vielfältigen Einstellugnsmöglichkeiten in Oxygen OS, die monumentale Performance und das ultraschnelle Aufladen… Das Rezept funktioniert auch noch im Jahr 2020.
Obwohl es bei weitem nicht perfekt ist – vor allem was die Kamera betrifft – will ich Euch darlegen, warum das OnePlus 7T meines Erachtens in Bezug auf Preis-Leistungs-Verhältnis das beste Android-Smartphone ist.
Zusammenfassung
Was ich nach 100 Tagen immer noch liebe
Was mir nach 100 Tagen nicht gefällt
Was ich nach 100 Tagen immer noch liebe
Echtes Upgrade-Gefühl
Um einmal die Kirche im Dorf zu lassen: Das OnePlus 7T ist ein herkömmliches High-End-Smartphone und kein "Flaggschiff-Killer". Der chinesische Hersteller hatte die Marke einst mit aggressiver Preisgestaltung bekannt gemacht. Durch stetige Preiserhöhungen der Produktlinie ist er inzwischen jedoch endgültig auf der dunklen Seite der Macht angelangt. Diese Entscheidung wird von den frühen Anhängern als Verrat angesehen. Sie spiegelt jedoch bloß die Ambitionen wider, mit denen OnePlus das Image seiner Marke stärken will.
- Dazu passend: Schiffe versenken: Der Tod des Flaggschiff-Konzepts
OnePlus wähnt sich derartig weit oben in der Smartphone-Liga, dass man bewusst auf das Marketing teurer Marken wie Apple anspielt. Markiert Apple seine verbesserte Variante bei gleichbleibendem Design mit dem "S", macht OnePlus dasselbe mit seinen "T"-Modellen (seht Ihr: T ist ein Buchstabe höher (Plus Eins) als S). Dass das derzeitige Spitzenmodell OnePlus 7T Pro dabei kaum noch preiswerter ist als ein Apple-Smartphone, kann ich den Chinesen nicht verübeln. Schließlich geht mit der Preis- auch eine Leistungs-Erhöhung einher.
Ich geben mich stets nur mit Smartphones zufrieden, die zum Release die beste für Android-Geräte verfügbare Hardware bieten. Im Falle des OnePlus 7T ist sie 200 Euro günstiger als ein iPhone 11. Mit seiner Ausstattung ist es auch für das Jahr 2020 noch gut gewappnet. Das gilt auch dann, wenn Hersteller verzweifelt die faltbaren Smartphones zu etablieren versuchen.
Mein Favorit ist im Übrigen die Pro-Version des OnePlus 7T. 759 Euro kostet das OnePlus 7T Pro mit einem Snapdragon 855+, 8 GB RAM, der Schnellladefunktion "Warp Charge 30T" und dem 90-Hz-AMOLED-Bildschirm. Das Rezept scheint fast perfekt zu sein; außer dass das Basismodell OnePlus 7T ebenfalls all das bietet, aber zu einem niedrigeren Preis. Sogar die Triple-Kamera ist bei der Basisversion dabei und im Wesentlichen identisch mit der der Pro-Version.
Es ist in diesem Fall schwierig, den Preisunterschied zwischen den Varianten zu rechtfertigen. Denn selbst die Basisversion des OnePlus 7T ist nahezu uneingeschränkt hochwertig. Für meinen Geschmack geben jedoch die etwas leistungsstärkere Kamera und das Fehlen der Notch auf dem 6,67-Zoll größeren Bildschirm (im Vergleich zu 6,55 Zoll beim OnePlus 7T) den Ausschlag. Hinzu kommt die etwas höhere Akkulaufzeit des OnePlus 7T Pro. Dies und mehr interner Speicher (256 GB gegenüber 128) kosten Euch 160 Euro extra für die Pro-Version.
Gaming-Leistung
Ich bin gerade von Paris nach Berlin gezogen. Meine PS4 ist dabei leider in der alten Heimat verblieben. Die 129 Euro für die Premiere Edition von Google Stadia will ich nicht ausgeben und ein Pixel 4 würde ich für nichts anderes als zum Fotografieren verwenden. Deshalb spiele ich ausgiebig Call of Duty Mobile, und zwar ausschließlich auf meinem OnePlus 7T.
Und wie gut das Spiel läuft! Sicher, es ist ziemlich gut optimiert. Aber das Spielerlebnis ist wirklich eines der geschmeidigsten, das ich je auf einem Smartphone gesehen habe. Sogar das iPhone 11 musste seinen Super-Chip Bionic A13 bei Oceanhorn 2 drosseln, obgleich das Spiel exklusiv für Apple Arcade entwickelt wurde. Die beeindruckende Leistung des OnePlus 7T ist dem Chipsatz Snapdragon 855+ zu verdanken, der bis dahin nur in dedizierten Gaming-Smartphones wie dem ROG Phone 2 von Asus oder dem BlackShark 2 zum Einsatz kam.
Es braucht also keinen kiloschweren Ziegelstein mit bunten RGB-Neonlichtern, um unterwegs ein erstklassiges Spielerlebnis zu genießen. Sämtliche Spiele aus dem Google Play Store starten automatisch mit maximalen Grafik-Einstellungen; mit dem Bildschirm des OnePlus 7T Pro in flüssigen 90Hz. Das macht den Spielgenuss spürbar flüssiger.
OnePlus aktiviert den "Gaming-Modus", sobald ein Spiel gestartet wird. Die Leistung des Smartphones wird dann für ein optimales Erlebnis maximiert. Noch weiter geht der Fnatic-Modus, bei dem alle Benachrichtigungen (sogar Anrufe) blockiert sowie 4G- oder Wifi-Daten für das Spiel priorisiert werden. Enthusiastischen Online-Gamern kommt so garantiert nichts mehr in die Quere.
Der einzige Haken ist, dass das hochgezüchtete OnePlus 7T sich bei einer Spielesitzung von mehr als einer Stunde spürbar aufheizt. Die hohe Temperatur wird Euch nicht die Finger verbrennen, keine Sorge. Aber ich rechne damit, dass der Akku auf lange Sicht darunter leiden und schneller altern wird.
Oxygen OS, tief einatmen
OnePlus hat immer hart daran gearbeitet, seine Software zu optimieren. Für Puristen und Fans der Standard-Version von Android ist Oxygen OS meiner Meinung nach wohl die beste Android-Variante nach Android One. OnePlus hat es geschafft, Vielseitigkeit, Einfachheit und Effizienz zu vereinen.
Nun, ich gebe zu, nur eine winzige Minderheit der Verbraucher interessiert sich wirklich für diese Art von Details. Aber derart flüssige Systemanimationen (fast so gut wie bei iOS), die umfangreichen und zugleich klar gegliederten Einstellungen (klarer als etwa bei Samsung) und das Tempo der Versorgung mit Android-Updates machen das Benutzererlebnis besonders angenehm.
Alles funktioniert reibungslos. Ich habe wirklich das Gefühl, mein Telefon im Griff zu haben und nicht vom Gerät überfordert zu werden. Auch das haptische Feedback finde ich beim OnePlus 7T recht beeindruckend. Technische Feinheiten wie diese verblüffen mich am hundertsten noch so wie am ersten Tage. Derer gelungene Umsetzung habe ich sonst nur bei den deutlich teureren Konkurrenten von Apple oder Google gesehen.
Schnelles Aufladen ist Dein Freund
Mit dem OnePlus 7T wurde eine Version 2.0 bzw. eine "T"-Version des Warp Charge 30 eingeführt. Das OnePlus-proprietäre Schnelllade-System heißt folgerichtig Warp Charge 30T und kann den rund 4.000 mAh großen Akku des OnePlus 7T btw. 7T Pro rund 23 Prozent schneller aufladen als der Vorgänger. Der Hersteller verspricht Aufladen von 0 auf 70 Prozent binnen 30 Minuten. In der Realität wurde ich nicht enttäuscht.
Bei meinen ersten Tests im Oktober brauchte das OnePlus 7T weniger als zehn Minuten, um 20 Prozent des Akkus wieder aufzuladen. In nur einer Stunde war es vollständig aufgeladen. Rund vier Monate schlägt mein Nerd-Herz weiterhin höher, wenn ich Warp Charge 30T bei der Arbeit zusehe. So konnte ich dank einer Druckbetankung in letzter Minute noch ein Uber zum Flughafen in Orly bestellen und mir 60 Euro Taxikosten sparen.
Das Fehlen des drahtlosen Aufladens hat mich überhaupt nicht gestört, und ich hatte nie wirklich das Bedürfnis danach. Aber ich verstehe die Beschwerden derjenigen, die diese Funktion bei einem High-End-Smartphone im Jahr 2020 vermissen.
Was ich nach 100 Tagen nicht mehr mag
Akkulaufzeit: Zum Glück gibt es Warp Charge 30T
Der 3.800-mAh-große Akku des OnePlus 7T sollte eigentlich für Hardware und Display-Größe angemessen sein. Doch unterschätzte ich den Mehrverbrauch durch das 90 Hz schnelle AMOLED-Display. Anfangs hielt das Gerät zwischen 15 und 20 Stunden häufige Nutzung durch. Üblicherweise reicht das für eineinhalb Tage aus, bis es wieder an die Steckdose muss.
Aber nach mehreren Monaten dauerhaft intensiver Nutzung des OnePlus 7T, das mir gleichermaßen als persönliches und berufliches Telefon sowie als Spielkonsole am Abend dient, muss es nun jeden Tag an den Netzstrom.
Konkret hält es weniger als fünfzehn Stunden im gemischten Gebrauch durch und noch weniger, wenn ich abends darauf spiele. Es ist noch immer ausreichend. Aber ich müsste es spätestens am Ende des Tages zu Hause aufladen, wenn ich es am nächsten Morgen beim Weg zur Arbeit nutzen möchte.
Die Kamera, der Pferdefuß des OnePlus 7T
Das Fotomodul der OnePus 7T auf der Rückseite besteht aus einem 48-Megapixel-Weitwinkel-Hauptsensor, einem 12-Megapixel-Teleobjektiv und einem neuen 16-Megapixel-Weitwinkel-Sensor. Die Anordnung der Linsen in einer kreisförmigen Insel macht mir wirklich nichts aus. Ich ziehe sie den von Apple und Samsung gewählten Quadraten oder Rechtecken sogar vor, da sie das Smartphone beim flachen Auflegen wackeln lassen.
- Auch interessant: Die besten Foto-Smartphones auf Android
In den 100 Tagen mit dem OnePlus 7T habe ich auch viele andere Smartphones getestet. Modelle wie Googles Pixel 4 XL oder das Huawei P30 Pro zeigen, dass die Kamera des OnePlus 7T noch lang nicht dem Branchenstandard entspricht.
Tagsüber liefert das Duo aus Weitwinkel- und Ultraweitwinkel-Sensor noch recht gute Ergebnisse. Der Weißabgleich ist etwas kühler als bei einem iPhone 11 und die Belichtung ist etwas unberechenbar. Insgesamt habe ich immer noch das Gefühl, dass der Dynamikbereich (das Verhältnis zwischen den dunkelsten und hellsten Bereichen einer Szene) unausgewogen ist.
Die Detailgenauigkeit ist recht zufriedenstellend, aber die Farben sind viel zu fade. Auch die Geschwindigkeit des Fotomoduls ist nicht die beste. Während einer Führung am vergangenen Wochenende wollte ich trotz des Verbotes heimlich ein paar Fotos machen. Doch dauerte es so lange, bis die Kamera endlich einsatzbereit war, dass mir keine ruhigen Aufnahmen gelangen, bevor ich mein Smartphone wieder verstecken musste.
Auch der Zoom des OnePlus 7T kann dem des Klassenprimus Huawei P30 Pro nicht das Wasser reichen. Zoom-Aufnahmen sind dennoch akzeptabel. Ich habe im Testzeitraum jedoch ohnehin selten Zoom-Aufnahmen gemacht.
Der Nachtmodus reicht ebenfalls nicht an den des Pixel 4 oder des P30 Pro heran; selbst das iPhone 11 Pro liefert bessere Ergebnisse. Immerhin haben einigermaßen gut beleuchtete Szenen fast kein Bildrauschen.
Insgesamt bedauere ich es ein wenig, nicht mehr mit der Pixel-4-Kamera Fotos zu machen. Bilder mit dem OnePlus sind okay, doch fühlt es sich jedes Mal wie ein Downgrade für mich an, wenn ich meine OnePlus-Aufnahmen mit denen von anderen Premium-Smartphones vergleiche. Diese Disziplin ist wohl die letzte, die OnePlus noch meistern muss, um das echte High-End-Smartphone anzubieten.
Fazit
In unseren 100 gemeinsam verbrachten Tagen sind das OnePlus 7T und ich gute Freunde geworden. Es ist meiner Meinung nach das bisher beste Smartphone der Marke und eines der besten Premium-Smartphones in Bezug auf das Preis-Leistungs-Verhältnis. Verständlicherweise gibt es Android-Smartphones anderer Geräteklassen mit noch besserem Preis-Leistungs-Verhältnis, aber im Premium-Segment kann kein Modell so viel für "so wenig" (immerhin 600 Euro) bieten wie das OnePlus 7T.
Zugegebenermaßen hat OnePlus seine Flagship-Killer-Philosophie aufgegeben und hat bei neuen Modellen mehr Marge als mit den ersten Modellen. Aber ich betrachte diese neue Richtung von OnePlus nicht als Verrat an den Ur-Fans. Der Hersteller hat sich mit dem OnePlus 7T die Mittel gegeben, seine Ambitionen zu verwirklichen. Die gebotene Leistung ist den Preis wert.
Auch nach all dieser Zeit und im Zeitalter der faltbaren Smartphones mit fünf 108-Megapixel-Fotosensoren habe ich immer noch das Gefühl, ein Premium-Smartphone in den Händen zu halten. Ich liebe immer noch die Anpassungsmöglichkeiten in Oxygen OS. Sie geben mir das Gefühl, dass ich wirklich die Kontrolle über mein Gerät habe und mich nicht wie ein Sklave einer rigiden Funktionsweise beugen muss.
Bei seiner Veröffentlichung wurde das OnePlus 7T fast unisono als das leistungsstärkste Android-Smartphones auf dem Markt angesehen. Die Konfiguration ist auch im Jahr 2020 noch mehr als wettbewerbsfähig. Gamer werden noch mindestens zwei Jahre Freude an dem Smartphone haben.
Weil diese Ode auch einmal enden muss, würde ich abschließend sagen: Das OnePlus 7T bietet ein rundes High-End-Erlebnis für ein Smartphone. Es markiert gelungen den Übergang in OnePlus' Geräte-Strategie, den ich (vorerst) positiv bewerte.
Mit einer eher durchschnittlichen Kamera und Akkulaufzeit unterliegt es vielen wichtigen Konkurrenten, so dass es noch keine dominantere Rolle am Markt einnehmen kann. Aber für weniger als 600 Euro habe ich immer noch kein besseres High-End-Smartphone gefunden.
Kommentare
Kommentare
Beim Laden der Kommentare ist ein Fehler aufgetreten.