Casa Casi 20: Es ist eine Last mit dem Lastenrad

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Was halten wir denn jetzt eigentlich vom Lastenrad und der Idee der Grünen, den Kauf dieser Cargo-Bikes zu subventionieren? Darüber diskutieren wir im NextPit-Podcast – und empören uns über Empörte!

Verdammte Axt! Ich bin direkt wieder sauer, wenn ich darüber nachdenke, wie wir diese Folge aufgenommen haben. Ich habe mir einen echten Aufreger herausgepickt diese Woche und Fabi mit dem Thema "Lastenrad" überrascht. Ihr wisst schon – die Grünen haben den Vorschlag gemacht, künftig Lastenräder mit insgesamt einer Milliarde Euro zu fördern. Pro Anschaffung soll dabei ein Tausender für Käufer:innen herausspringen.

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Ich hab mir das so schön ausgemalt, wie Fabi und ich streiten, aber mein Plan ging ungefähr so gut auf wie die Idee unseres Verkehrsministers, eine Ausländermaut einzuführen. Also gar nicht! Fabi und ich waren bei dem Thema tatsächlich komplett auf identischem Kurs und so waren wir im Grunde sehr, sehr flott durch mit der Lastenrad-Geschichte – und wir nutzten die restliche Zeit, um uns amtlich über empörte Bürger zu empören. Okay, vermutlich war hauptsächlich ich empört.

Förderung für Lastenräder – eigentlich ein alter Hut

Aber lasst uns das nochmal in Ruhe aufrollen. Tatsächlich gab es den Vorschlag der Grünen, Lastenräder mit einer Milliarde Euro zu fördern und was passiert? Jeder, der sich bedroht fühlt von Themen wie Umweltschutz oder Nachhaltigkeit und jeder, der sich schon getriggert fühlt, wenn er nur "Grün" oder "Baerbock" hört, ist an die Decke gegangen. Wie können es diese "Ökofaschisten" nur wagen, so einen Irrsinn zu fordern? Selbst die politische Konkurrenz tat empört, sprach von "Klientelpolitik" und von "Symbolpolitik", die allenfalls gutverdienenden Grünen-Wähler:innen nutzt. 

Klar, ein Lastenrad kann sich natürlich nur die Hipster-Familie in Kreuzberg leisten. Ihr wisst schon: Die Familie, die bei den Grünen das Kreuz macht und sich vegan ernährt, dafür aber freitags mit dem SUV die Kinder zur Demo fährt und drei mal im Jahr im Flieger nach Sonstwohin sitzt. Klingt komisch, aber genau das Bild wird da gezeichnet von den Grünen und ihrem vermeintlichen Wählerkreis. 

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Genau das ist auch der Grund für meine Wut, muss ich zugeben. Weil es so unglaublich viele Vorurteile gibt und so wenig Willen, wirklich was zu verändern. Es geht doch nicht um Grün oder Schwarz oder welche Farbe auch immer. Es  geht darum, dass wir Dinge ändern müssen und zwar so schnell wie möglich. 

Aber statt zu diskutieren, wie wir möglichst schnell und möglichst konstruktiv einen Wechsel herbeiführen, wird lieber so getan, als wäre jeder gemachte Vorschlag eine Unverschämtheit. Das Lastenrad ist dabei echt ein Paradebeispiel. Es ist nicht die Lösung, die zur Verkehrswende führt, aber eben ein Teil davon. Ein Baustein zur besagten Verkehrswende, der ein paar Menschen neue Möglichkeiten an die Hand gibt, ohne jemand anders was zu verbieten oder wegzunehmen. Nur, weil Lastenräder gefördert werden, muss ja irgendein Alman-Achim nicht aufhören, seinen Benziner zu fahren. 

Der Witz ist ja auch, dass Lastenräder längst in Deutschland gefördert werden. Der Bund tut es und jedes Bundesland tut es auch, teils sogar mit deutlich höheren Beträgen, als die oben erwähnten 1000 Euro pro Rad. Die Grünen möchten nun nur dafür sorgen, dass diese Anschaffung auch für Privatpersonen subventioniert wird. Bislang richtet sich das ausschließlich an Gewerbetreibende.

... aber das viele Geld!

Als Tech-Portal müssten wir vielleicht verschiedene E-Lastenräder testen, vergleichen und erklären. Möchte ich aber gerade nicht! Ich möchte über diesen Reflex reden, der so viele über "so viel Geld" schimpfen lässt, welches aus dem Fenster geworfen wird. Eigentlich ist das ein bisschen witzig, wenn man diese Milliarde Euro den acht Milliarden Euro gegenüberstellt, mit denen allein in 2019 Diesel-Kraftstoffe subventioniert wurden. Oder wenn man an die E-Autos denkt, die mit bis zu 9.000 Euro gefördert werden. 

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Manche Zahlen muss man auch erst einmal richtig einordnen  / © Katapult

Fast noch lustiger: Die Abwrackprämie, die eigentlich unter dem Namen "Umweltprämie" 2009 eingeführt wurde. Dafür haben wir fünf Milliarden rausgehauen! Wisst Ihr noch, was das war? Es war eine Prämie in Höhe von 2.500 Euro, die an Privatpersonen gezahlt wurde, wenn sie sich einen Neuwagen zulegten, der mindestens der "Euro 4"-Norm entsprach – und die alte Karre dann verschrotten ließen. Lasst Euch das auf der Zunge zergehen: Es wurden fünf Milliarden Euro dafür ausgegeben, dass Leute ihre alten Autos verschrotten ließen und sich neue anschafften. Mit welcher Berechtigung möchte man da noch über Lastenrad-Zuschüsse reden? 

Ich werde nicht müde zu betonen, dass die Verkehrswende kein One-Trick-Pony ist. Es gibt nicht die eine Idee, das eine Verkehrsmittel, den einen Service, der aus einer kollabierenden Stadt eine menschenfreundliche City-Utopie macht. Es ist immer das Zusammenspiel von mehreren Dingen, die ineinandergreifen müssen wie Zahnräder in einer Präzisionsuhr.

Leute in den Städten haben andere Bedürfnisse als Menschen auf dem Land, logo. Aber Lastenräder zu fördern, wäre doch keine Pro-Stadt- und Contra-Land-Entscheidung. Wer vom Land aus 50 Kilometer zur Arbeit fährt, erledigt das nicht mit dem Lastenrad. Aber Briefe und Pakete ausliefern, den Wocheneinkauf erledigen und die Kinder von A nach B bringen – das funktioniert auch auf dem Land per Lastenrad.

Wenn es nichts für Euch ist und nicht in Euren Lebensentwurf passt: Glück gehabt – Ihr müsst nämlich keins kaufen, wenn Ihr nicht wollt. Aber dann lasst doch auch diejenigen in Ruhe, für die es ein sinnvolles Gefährt ist. Könnt Ihr Euch tatsächlich nicht vorstellen, dass es Familien gibt, die das zweite Auto abschaffen zugunsten eines Cargo-Bikes? Es wird auch in Zukunft Familien geben, die auf zwei Autos angewiesen sind. Es wird aber auch die geben, die kein Auto benötigen und denen vielleicht ein Lastenrad reicht – oder von mir aus sogar ein E-Klapprad

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Die 10 beliebtesten E-Bikes laut Geizhals.de

 

Es ist angerichtet: Casa Casi, Folge 20

Vordergründig geht es bei uns zumeist um Technikthemen. Aber eigentlich steckt jedes Mal mehr dahinter als ein Produkt oder eine Technologie. Fast immer geht es auch um Politik, um Gesellschaft und um den Wandel, in dem wir uns befinden. In unserer aktuellen Folge geht es uns eigentlich weniger darum, Euch elektrisch angetriebene Lastenräder schmackhaft zu machen. 

Vielmehr geht es – wieder einmal – darum, dass wir eine Veränderung an vielen Fronten herbeiführen müssen und es cool wäre, wenn wir endlich miteinander reden würden statt über- oder gegeneinander. Ich freue mich über jeden, der diesen Schritt wagt und nicht immer sofort den erstbesten Vorschlag abwatscht, der einem unter die Augen kommt. 

Stellt Euch nur mal vor, jemand schlägt sowas vor wie die Grünen mit den Lastenrädern – und die andere Seite reagiert nicht mit Häme, Hass und "Haha"-Emojis, sondern denkt über diesen Vorschlag nach und kommuniziert vielleicht einen anderen. Schwieriges Thema, ich weiß. Ich will Euch auch gar nicht noch länger mit meinen Ansichten zutexten. Obwohl: Eigentlich könnte man Euch durchaus etwas mehr Text zumuten heute, denn dafür fällt die Podcast-Folge etwas kürzer aus mit einer knappen halben Stunde. 

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Eigentlich wollte ich mir eine wilde Räuberpistole ausdenken, wieso die Folge diesmal so kurz ist. Tatsächlich jedoch hatten wir eine sehr stressige Woche und somit Mühe, den Podcast überhaupt noch irgendwo unterzubringen. Nächste Woche sprechen Fabi und ich dann wieder ein bisschen länger, versprochen! Aber jetzt wirklich genug gequatscht. Lasst uns in den Kommentaren gerne wissen, was Ihr von Cargo-Bikes bzw. Lastenrädern haltet – und teilt uns auch gerne Eure Ideen mit, wie Eurer Meinung nach der Verkehr umgebaut werden müsste. 

Wie jede Woche ende ich mit dem Appell: Wenn Ihr unseren Podcast mögt, dann teilt ihn bitte, bewertet ihn und erzählt Euren Leuten von uns – das hilft uns sehr. Und jetzt viel Spaß mit der neuen Folge!

 
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