BYD Atto 3 im Test: Vielfach besonders


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Wisst Ihr eigentlich, wer der dickste Fisch im E-Auto-Teich ist? Volkswagen? Pustekuchen! Tesla vielleicht? Auch daneben! Der chinesische Hersteller BYD lacht Euch von ganz oben an und hat mit dem Atto 3 ein kleines SUV im Angebot, das ein paar coole Extras auf Lager hat. Wir haben uns den Stromer mal genauer angeschaut und ihn auf Herz und Nieren geprüft. Mit seinen 4,46 Metern Länge, 1,88 Metern Breite und 1,62 Metern Höhe ist er ein kleiner Vertreter seiner Art und auch nicht der allerneueste Knaller auf dem Markt. Aber hey, wir dachten uns trotzdem, dass wir das kleine SUV mal unter die Lupe nehmen, weil es einer der ersten Elektroflitzer war, den die Chinesen hier in Europa auf die Straße gebracht haben. BYD selbst verspricht einen kleinen, aber auch dynamischen C-SUV mit Frontantrieb. Klein? Ja, das stimmt. Dynamisch? Naja, eher weniger!
Pro
- Fahrwerk komfortabel abgestimmt
- Innenraum hochwertig designt
- Sicherheitsfunktionen sehr vielfältig
- Zahlreiche Extras serienmäßig
Contra
- Preis nicht gerade ein Schnäppchen
- Schnellladeleistung zu schwach
- Hoher Verbrauch auf der Autobahn
- Kofferraum recht klein

BYD Atto 3: Preis und Verfügbarkeit
Auf der BYD-Homepage könnt Ihr Euch momentan zwei schicke Versionen vom Atto 3 zusammenstellen. Denn dort stehen die Ausstattungslinien Comfort und Design zur Konfiguration bereit; beide rollen auf 18-Zoll-Rädern zu Euch. Die eigentlich günstigste Active-Version steht zumindest über den Online-Konfigurator momentan nicht zur Verfügung, der BYD-Händler vor Ort berät Euch gern, ob ein Import möglich ist. Aber was kostet der BYD Atto 3 denn nun? Für das E-Auto in der Comfort-Ausstattung müsst ihr aktuell 37.990 Euro auf den Tisch legen. Und die Design-Variante mit der bestmöglichen Ausstattung kostet 39.990 Euro.

Bei den Farben habt Ihr gleich fünf coole Optionen: Rot, Blau, Weiß, Silber und Grün. Und das Beste ist: Für keine dieser Lackierungen müsst Ihr anders als bei den meisten anderen Herstellern extra bezahlen. Alle fünf Farben gibt es erfreulicherweise ohne Aufpreis. Dafür hat BYD aber keine weiteren Ausstattungspakete im Angebot. Was die Garantie angeht: Der Hersteller gewährt sechs Jahre Grundgarantie (bis 150.000 Kilometer) und sogar acht Jahre auf die Batterie (bis 200.000 Kilometer).
Leistung
Wie eingangs erwähnt: Den BYD Atto 3 gibt es in drei schicken Varianten zu kaufen: Active, Comfort und Design. Alle drei rollen mit derselben 60 kWh großen LFP-Batterie und 400-Volt-Technik über die Straßen. Auch bei der Leistung sind alle Modelle identisch ausgestattet: 150 kW (204 PS) und ein maximales Drehmoment von 310 Nm warten auf Euch.
Klar, einen Rennwagen dürft Ihr jetzt nicht erwarten. Bei 160 km/h ist nämlich schon mit Blick auf die maximal mögliche Reisegeschwindigkeit das Ende der Fahnenstange erreicht. Erfreulich: Der Autobahnassistent macht bis 150 km/h mit. Und von null auf hundert? Da braucht der Atto 3 laut Hersteller 7,3 Sekunden – ist okay, aber ein Überflieger ist das Auto nicht.
Solide Leistung, aber kein Sportbolide
Für den Alltag reicht die Leistung aber trotzdem dicke aus. Nur so richtig agil um die Kurven flitzen, das ist eher nicht das Ding des Atto 3. Auch wenn Ihr an der Mittelkonsole von Eco oder Normal auf den Sport-Modus schaltet, ändert sich am Spurtverhalten recht wenig. Die Rekuperation könnt Ihr im Menü übder das Center-Display oder an einem Schalter an der Mittelkonsole in zwei Stufen einstellen. Aber erwartet bloß keine starke Verzögerung wie zum Beispiel in einem Volvo oder einem Polestar. Selbst in der stärkeren Stufe verzögert das Auto eher mäßig, wenn Ihr den Fuß vom Strompedal nehmt. Gemütliches Ein-Pedal-Fahren ist mit dem BYD Atto 3 gar nicht möglich.

Die Lenkung könnt Ihr auch in zwei Stufen einstellen – von komfortabel auf sportlich oder umgekehrt. Etwas überraschend: Im Sportmodus hatten wir ein besseres Gefühl und mehr Kontrolle über das Auto, nicht etwa im Komfortmodus. Richtig genial ist das komfortabel abgestimmte Fahrwerk. Das schluckt fast alle Unebenheiten auf der Straße einfach weg und sorgt sogar auf Kopfsteinpflaster für eine echt angenehme Fahrt.
Design und Verarbeitung
Im Innenraum des BYD Atto 3 fällt direkt der ziemlich große Gangwahlhebel auf der Mittelkonsole ins Auge. Der erinnert stark an einen Wählhebel aus älteren Automatikautos. Und das Multifunktionslenkrad? Das ist total einfach zu bedienen. Eigentliches Highlight ist aber das Center-Display. Das könnt Ihr nämlich einfach per Knopfdruck um 90 Grad drehen, von waagerecht nach senkrecht! Besonders beim Navi ist ein Wechsel von der horizontalen auf die vertikale Ausrichtung total mega praktisch, weil Ihr dann viel mehr vom Kartenausschnitt seht.
Der BYD Atto 3 bietet einen schwenkbaren Bildschirm
Bei der Ausstattungsvariante Design ist der schwenkbare Bildschirm 15,6 Zoll groß, sonst sind's nur 12,8 Zoll. Hinter dem Lenkrad habt Ihr noch ein kleines 5-Zoll-Info-Display, aber ein Head-up-Display gibt es in dem Elektro-SUV leider nicht. Die Sprachsteuerung vom BYD Atto 3, funktioniert sehr ordentlich. Nur solltet ihr tunlichst vermeiden, zu lange Sätze zu sprechen. Sonst kommt der Sprachassistent nämlich durcheinander. Fenster öffnen und schließen, Temperatur einstellen, Sitzheizung (de)aktivieren, Navi starten – alles kein Problem und mit Eurer Stimme steuerbar.
Genial: Serienmäßig gibt es ein Panoramadach mit Sonnenblende. Es lässt sich sogar öffnen. Und auch eine schicke Ambientebeleuchtung, die Ihr so einstellen könnt, dass sie nur vorne, nur hinten oder überall leuchtet, ist an Bord. Die Designer von BYD hatten auch 'ne coole Idee für die Türöffner: Sie sind als Zughebel über runden Lautsprechern in den Türen integriert. Ein wenig ist der BYD Atto 3 sogar verspielt. Denn die Ablageflächen in den Türen haben elastische Bänder wie bei einer Gitarre! Wenn ihr da dran zupft, kommen sogar Töne raus. Ziemlich kurios.

Was uns aber etwas enttäuscht hat, war das Digitalradio. Obwohl wir mehrmals nach Sendern gesucht haben, konnten wir in verschiedenen Städten nicht alle lokal verfügbaren DAB-Sender finden. Und bei manchen Sendern gab's auch immer wieder Aussetzer. Schade eigentlich.
Platzangebot und Kofferraum
Und wie sieht's mit dem Platz im Auto aus? Bei einem Radstand von 2,72 Metern denkt man ja erst einmal nicht an besonders komfortable Platzverhältnisse. Aber hey, vorn ist im BYD Atto 3 echt ordentlich Platz. Auch über dem Kopf ist genug Luft vorhanden; selbst wenn Ihr ein bisschen größer seid. Die Sitze fanden wir jetzt nicht ultrabequem, da hätten wir uns mehr Halt an den Seiten gewünscht. Aber wer den Atto 3 primär in der Stadt oder auf der Pendelstrecke im Nah- oder Regionalverkehr fährt, wird davon wenig merken.

Platzangebot hinten ist deutlich eingeschränkter
Hinten sieht die Sache schon ein wenig anders aus. Wenn ihr über 1,90 Meter groß seid, wird's mit den Beinen ganz schön eng. Es sei denn, die vorne sitzenden Personen rutschen weit mit ihren Sitzen nach vorn. Und schon ab 1,85 Metern wird's in der zweiten Reihe am Kopf knapper. Da müssen sich größere Mitfahrer also ziemlich schnell einschränken.
Der Kofferraum hat normalerweise 440 Liter Volumen. Das ist ähnlich viel wie beim Subaru Solterra (Test) oder Renault Megane E-Tech (Test). "Viel" ist aber relativ: Für mehr als drei Getränkekisten reicht der Platz ohne umgeklappte Rücksitze nicht. Aber wenn ihr die Rücksitze doch umlegt, habt ihr Platz für 1.338 Liter Stauvolumen. Unter dem Kofferraumboden ist übrigens noch extra Stauraum, da passen unter anderem locker zwei Ladekabel rein.

Einen Frunk vorn unter der Motorhaube gibt es leider nicht. Das Ein- und Ausladen ist aber problemlos möglich, weil keine hohe Kante im Weg ist. Die Heckklappe geht nur in der teuersten Version des BYD Atto 3 auf Knopfdruck elektrisch auf und zu.
Verbrauch
Natürlich müssen wir auch über den Verbrauch des BYD Atto 3 sprechen. Da gibt es nämlich ziemliche Gegensätze.
In der Stadt war der Atto 3 während unseres zweiwöchigen Tests ziemlich sparsam unterwegs. Mit durchschnittlich 17 kWh auf 100 Kilometer hat er zwar keine Rekorde gebrochen, aber für einen SUV mit mehr als 2 Tonnen Bruttogewicht ist das echt in Ordnung. Auf der Landstraße sah's ähnlich aus, da hat er sich auch nicht lumpen lassen.
Hoher Verbrauch auf der Autobahn
Aber auf der Autobahn, da zeigt das Auto hingegen, dass es auch Stromdurst haben kann. Wenn ihr gemütlich auf der rechten Spur cruist, könnt Ihr den Verbrauch locker bei 20 kWh pro 100 Kilometer halten. Aber wehe, Ihr tretet ein bisschen mehr aufs Strompedal. Ab 110 km/h schnellt der Verbrauch merklich in die Höhe. Beim Fahren mit Richtgeschwindigkeit von 130 km/h können schnell 25 bis 26 kWh auf 100 Kilometer zusammenkommen.
Wir haben während unseres Tests im Schnitt auf der Autobahn knapp 25 kWh pro 100 Kilometer verbraucht. Das hat unsere Reichweite auf der Langstrecke auf der Autobahn auf nur etwa 230 Kilometer begrenzt. Aber fairerweise müssen wir sagen, dass wir hauptsächlich bei winterlichen Temperaturen unterwegs waren. Im Sommer dürfte der Verbrauch etwas niedriger ausfallen.
Ladeleistung
Eine geringe Reichweite wäre ja kein großes Ding, wenn man das E-Auto über seinen Ladeanschluss vorne rechts fix wieder aufladen könnte. Aber Pustekuchen! Nehmen wir mal das Laden mit Wechselstrom: Wer von Euch eine Wallbox nutzen kann oder eine normale AC-Ladesäule ansteuert und den BYD Atto 3 in der Basisversion Active fährt, der bekommt maximal 7 kW Ladeleistung. Die Comfort- und Design-Variante schafft immerhin 11 kW AC-Ladeleistung. Gibt es optional ein Upgrade auf 22 kW? Fehlanzeige!

Schnellladung? Der BYD Atto 3 macht Euch unglücklich
Die eigentliche Pleite ist aber die ziemlich lausige Schnellladefähigkeit. Egal, welche Ausstattung Ihr nehmt, unterm Strich liegt die maximale DC-Ladeleistung bei schlappen 88 kW. Und das auch nur unter optimalen Bedingungen. Bei frischen Außentemperaturen haben wir bei zwei Schnelllade-Checks maximal 69 respektive 70 kW ziehen können. Also weit weniger als vom Hersteller in Aussicht gestellt. In einem Fall sogar im Anschluss an eine recht lange Autobahnfahrt.
Für ein modernes E-Auto ist das unserer Meinung nach einfach zu wenig. Niemand hat schließlich Bock, ewig an der Ladesäule rumzustehen, oder? Ladezeiten müsst Ihr beim Atto 3 aber einplanen, wenn Ihr nicht gerade zu Hause oder während der Arbeit laden könnt. Für eine Ladung von 8 auf 80 Prozent sind während unseres Tests an der Schnellladesäule quälend lange 47 Minuten ins Land gegangen. Bei einer zweiten Ladung von 26 auf 80 Prozent immer noch 36 Minuten. Positiv: Der City-SUV hält eine ganze Weile eine Ladeleistung zwischen 55 und 65 kW. Erst wenn 85 Prozent auf der Uhr stehen, geht es runter auf 30 kW.
Wie herb das Auto der Entwicklung am E-Auto-Markt hinterherhinkt, zeigt übrigens auch das Navigationssystem. In den Einstellungen des Navis könnt Ihr unter anderem nach Ladestationen in der Nähe suchen und nach der Ladeleistung derselbigen filten. Aber "Super-Schnellladung" sind für BYD im Atto 3 schon Ladesäulen mit 50 kW. In anderen E-Autos würden wir mindestens 150 kW als echte Schnellladung sehen. Ladestopps könnt Ihr im Atto-3-Navi übrigens einplanen. Aber nur optional, nachdem das System schon 'ne Route berechnet hat.
Fazit zum BYD Atto 3
Was bleibt? Beim BYD Atto 3 gibt es echt eine bunte Mischung, Licht und Schatten halten sich die Waage. Der kleine SUV in der C-Klasse hat innen echt was drauf, sieht schick aus und fährt sich im Alltag angenehm komfortabel. Das gut abgestimmte Fahrwerk hat uns besonders begeistert. Sicherheitstechnisch ist das E-Auto auch top, volle fünf Sterne gab's beim Euro-NCAP-Test, obwohl uns der Spurhalteassistent im Test manchmal echt genervt hat. Besonders nachts.
Und noch etwas war eine Enttäuschung: die Ladeleistung an Schnellladesäulen. BYD ist doch Akku-Experte, da sollte doch mehr drin sein als so eine lahme Ladeperformance. Mindestens 100 kW, noch besser wären 120 kW, das wäre doch was. Das Platzangebot ist nur vorn wirklich gemütlich. Und das Navi? Naja, die Echtzeitinfos sind manchmal eher so "ungefähr" und die Ansagen auch nicht immer präzise. Aber eine Wärmepumpe ist erfreulicherweise serienmäßig mit an Bord, was die Effizienz des Autos erhöht.

Dass der kleine Crossover hier in Deutschland fast 40.000 Euro kostet, liegt unter anderem an den Zöllen für die Einfuhr aus China. Und auch daran, dass der Preiswettbewerb bei E-Autos noch nicht so recht in Schwung kommen will. Gut für die Hersteller, schlecht für den Endkonsumenten. In China bekommt man den Atto 3 wegen eines schärferen Wettbewerbs viel günstiger – und da gibt's ihn übrigens auch schon in einer leicht aufgefrischten Version. Das auffälligste Update: Hinten steht nicht mehr "Build Your Dreams" an der Heckklappe, sondern nur noch BYD. Und der Gangwahlhebel ist einem Schalter am Lenkrad gewichen.
Ach ja: Das Händlernetz von BYD ist hierzulande noch nicht so riesig. Aber BYD will da in den nächsten Monaten ordentlich Gas geben. Wenn das klappt, dann werden wir in Zukunft wohl viel öfter BYD-Stromer auf unseren Straßen sehen.