Was stimmt eigentlich nicht in diesem Land? Was wollen die uns denn noch alles verbieten?? Darf ich nicht mal mehr meine sagenhaft schlechte Ballermann-Musik hören, wann und wo ich will? Pommes verboten bei Ikea? Skandal! Und als Gipfel der Unverschämtheit stehlen sie uns jetzt auch noch unsere Kindheit, indem sie den tapferen, heldenhaften Winnetou canceln. Aber nicht mit mir, Freunde – ich lasse nicht zu, dass Winnetou, Old Shatterhand, Apanatschi und der gute, alte Sam Hawkens medial in die ewigen Jagdgründe geschickt werden!
So, ich habe mich mal dem derzeit vorherrschenden Empörungs-Duktus hingegen, um lebhaft in diesen Artikel einzusteigen. In der neusten Ausgabe der "Casa Casi" haben Fabi und ich nicht nur ein heißes Eisen angefasst mit der Debatte um "Cancel Culture", sondern auch ganz unterschiedliche Ansichten. Zuviel mag ich natürlich nicht verraten, hört es Euch einfach an.
Haben wir vergessen, was ein wirkliches "Verbot" ist?
Ihr wisst vermutlich, worüber wir diskutieren, wenn in diesen Tagen der Begriff "Winnetou" fällt, oder? Es gibt einen neuen Film namens "Der junge Häuptling Winnetou". Alles, was daraus erwuchs, bezieht sich ausschließlich auf diesen Film und nicht auf Winnetou an sich und nicht auf die Geschichten von Karl May, mit denen der Film absolut nichts gemein hat.
Genau das ist aber auch die Crux dieser Geschichte: Die Leute, die sich empören, ignorieren massenweise jegliche Fakten zum Thema und verdrehen die Wirklichkeit bis ins Abstruse. Es wurde weder der Film verboten, noch die dazu geplanten Bücher. Ravensburger als Verantwortlicher für die begleitenden Bücher, hat von sich aus zurückgezogen, nachdem Kritik geäußert wurde.
Die tatsächliche Geschichte ist aber augenscheinlich einfach nicht mehr relevant für die Art und Weise, wie Menschen darauf reagieren. Leute posten Winnetou-Videos und den Soundtrack, ändern ihre Profilbilder in das Antlitz des Winnetou-Darstellers Pierre Briece, erzählen mit stolzgeschwellter Brust, dass sie "als Kind zu Karneval als Indianer gegangen" sind und dass sie nicht möchten, dass ihnen die Kindheit geraubt wird.
Wieso glauben also so viele Menschen, dass etwas verboten wurde, was faktisch nicht verboten wurde? "Cancel Culture" ist längst zum politischen Kampfbegriff geworden, der in den meisten Fällen aber gezückt wird, wenn es um alles andere als tatsächliche Verbote geht. Niemand hat Ikea gezwungen, in zwei (!) Filialen auf Pommes zu verzichten. Niemand hat Layla verboten und es hat auch niemand verboten, Speisen mit dem N- oder Z-Wort zu benennen.
Solche Dinge passieren einfach, weil sich sowohl Sprache als auch unsere Gesellschaft sich in stetem Wandel befinden. Wenn für uns selbstverständlich ist, dass wir uns nicht mehr die Gesichter schwarz malen, wieso sollten wir dann in einem Film, der die indigenen Völker Nordamerikas zeigt, weißen Kindern die Gesichter rot malen?
Es ist ein sehr schwieriges und komplexes Thema. Weil es in den seltensten Fällen um tatsächliche Cancel Culture geht und weil die Debatten übertrieben emotional geführt werden. Es ist aber auch deswegen so schwierig, weil in diese Diskussion immer auch andere schwierige Themen wie Rassismus oder kulturelle Aneignung eine Rolle spielen.
Wie schwierig das ist, könnt Ihr in der heutigen Folge hören, denn Fabi und ich sind da manches Mal aneinandergeraten und haben Dinge unterschiedlich bewertet. Selbstverständlich bin ich der Meinung, dass ich im Recht bin und Fabi mit gespaltener Zunge spricht! Aber vielleicht wollt Ihr das ja entscheiden. Daher frage ich mal in die Runde: Folgt Ihr eher meiner Argumentation, dass wir differenzierter auf die Dinge schauen müssen und nicht vorschnell emotional von Verboten und Cancel Culture reden? Oder seid Ihr eher mit Fabi, der der Meinung ist, jetzt müsse man aber langsam auch mal die Kirche im Dorf lassen?
Beantwortet es uns in der Umfrage und diskutiert auch gerne in den Kommentaren hier unterm Artikel oder in den sozialen Medien.
Casa Casi 65: Show Notes
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- Feel the News – Podcast zu Winnetou und Political Correctness mit Jule und Sascha Lobo
- Spiegel – Ravensburger zieht Kinderbuch zurück
- Spiegel – Kolumne: Nah am Silbersee gebaut
- Scompler – Der erfundene Shitstorm: Chronologie eines Medienversagens
- Native American Association of Germany e.V.
- republic.ch – Was sie über kulturelle Aneignung wissen sollten, bevor sie sich aufregen
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