Interview zu Apps im Abo: Kostenfalle oder große Chance?

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In den vergangenen Jahren haben wir bei Apps einen schleichenden Wandel erlebt: Statt Apps zu kaufen, mietet man sie zunehmend in Abo-Modellen. Aber woher kommt eigentlich diese Trendwende – und wo liegen die Probleme und möglicherweise auch Chancen?

Vor wenigen Jahren noch war das Preismodell bei Apps auf den ersten Blick durchschaubar: Es gab eingeschränkt funktionsfähige Free-Versionen – und eine voll funktionsfähige Pro-Version. Einmal gekauft, hat diese App immer uns gehört. Inzwischen hat so ziemlich jede App ein Abo-Modell, vom Unkraut-Scanner bis hin zur digitalen Weihnachtskarte.

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Wir hatten zu genau diesem Thema neulich mit Alexander Hauk, Sprecher des Technologieunternehmens Smartfrog & Canary Group, ein interessantes Gespräch. Im Anschluss daran haben wir beschlossen, für Euch das Gespräch in ein Interview zu kondensieren. Wie immer freuen wir uns auf Eure Meinung zu dem Thema.

Überwachungskameras wie die Canaray Pro stehen und fallen mit der Software. / © Canary

Stefan: Apps im Abo: Ist das denn reine Geldgier der Entwickler oder gibt es dafür andere Gründe?

Alexander Hauk: Dass Abo-Angebote und das dazugehörige Geschäftsmodell, Software as a Service (SaaS), im Kommen sind, vermehrt angeboten und nachgefragt werden, hat mehrere Gründe und Vorteile – sowohl für Entwickler als auch für Nutzer. Zunächst einmal ist es aus Unternehmersicht in den vergangenen Jahren einfacher geworden, Hardware herzustellen. Das ist auf der einen Seite großartig, bedeutet aber auch mit Blick auf mögliche Wettbewerbs- und Marktvorteile, dass die Relevanz von Hardware abgenommen hat.

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Der Trend zu Abo-Angeboten wurde und wird durch die technischen Möglichkeiten verstärkt, das heißt dem Ausbau des schnellen Internets und zertifizierter Rechenzentren. Die dafür notwendigen Grundtechnologien sind so weit fortgeschritten und verfügbar, dass sie in nahezu jeder Branche anwendbar sind. Für Software-Entwickler sind Abo-Angebote perfekt für die Kundenbindung und eine wichtige Einnahmequelle, die dazu beiträgt, dass Apps weiterentwickelt werden können. Die Software verursacht im laufenden Betrieb Kosten bei den Entwicklern, etwa durch Cloud-Speicher oder Cloud-Rechenleistung für das aufwändige Bearbeiten von Fotos oder Videos. Zudem können Entwickler bei Abo-Modellen alle System-Versionen integrieren.

Viele App-und Software-Unternehmen bieten eine kostenfreie Basisversion mit eingeschränkten Anwendungsmöglichkeiten an und vielen Nutzerinnen und Nutzern reicht das völlig aus. Als Beispiel seien hier Fitness-Apps genannt. Wer nur sein Lauftraining aufzeichnen will, dem reicht die kostenfreie Basisversion. Wer umfangreiche Statistiken über die einzelnen Trainings möchte, der kann eine kostenpflichtige Erweiterung wählen.

Auch das Technologieunternehmen Canary bietet für seine Sicherheitskameras Canary Pro, Canary Flex und Canary View zwei unterschiedliche Service-Pläne an. Vielen Nutzerinnen und Nutzern reicht die kostenfreie Basis-Version aus, die es ermöglicht jederzeit von jedem Ort über die Handy-App in die eigenen vier Wände zu sehen und Dank Two-Way-Audio zu hören und zu sprechen. Wer Wert auf weitere Features legt, etwa den Zugriff auf die Videoaufnahmen der vergangenen 30 Tage, Personenerkennung, unbegrenzten Video-Download oder Desktop Streaming, kann für eine monatliche oder jährliche Gebühr den Premium Service wählen.

Stefan: Hat sich denn etwas in der Hinsicht verändert, dass Nutzer mit ihren Daten bezahlen?

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Alexander: Allgemein lässt sich sagen, dass das Thema Datenschutz in den vergangenen Jahren deutlich an Gewicht gewonnen hat. Heute haben Nutzer viel mehr Entscheidungsmöglichkeiten, wenn es darum geht, auf welche Daten Publisher Zugriff haben und wie sie diese verwerten. In Deutschland sind die Daten durch eines der strengsten Datenschutzgesetze weltweit geschützt. Die mitunter beschworene Kostenloskultur hat es im Internet nie flächendeckend gegeben und ist langfristig auch nicht erfolgreich gewesen.

Eine der allgemein bekannten Grundweisheiten der Internetökonomie lautet: Wenn es dich nichts kostet, bist du das Produkt. Insofern ist die Entwicklung von verschiedenen Bezahlangeboten und Finanzierungsmodellen durch Entwickler logisch, konsequent und sowohl für die Entwickler als auch die Nutzer von Vorteil. Erwähnt werden sollte in diesem Zusammenhang auch, dass Nutzerdaten für die Bereitstellung von Diensten und zur Verbesserung der Produktfunktionalität notwendig sind.

Stefan: Bieten Abo-Modelle für User denn auch ganz konkrete Vorteile?

Alexander: Bei einem Abo-Angebot sind die Kosten für Nutzerinnen und Nutzer transparent. Eine App ist sofort einsetzbar und läuft oft auf mehreren Geräten. Damit ist ein Abo-Modell ideal für User, die eine App oder eine Software zunächst einmal testen wollen. Im Hintergrund kümmern sich die App- und Softwareanbieter um Updates, Nutzerinnen und Nutzer haben als stets die neueste Version und damit ein besseres Produkt. Da die Software kontinuierliche Einnahmen generiert, haben Entwickler ein großes Interesse an der Weiterentwicklung und Verbesserung ihrer App. In der Praxis bieten Abo-Angebote oft einen deutlichen größeren Funktionsumfang.

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Unternehmen, die bei der eingesetzten Software auf dieses Bezahlmodell setzen, haben weitere Vorteile. Bei SaaS ist die Software zentral auf einem Serversystem abgelegt. Das heißt, statt eine Software zu kaufen und auf dem Laptop oder im Serverraum eines Unternehmens zu installieren, beziehen Nutzer die Dienstleistung über das Internet – die Anwendung wird monatlich im flexiblen Abo-Modell bezogen. Damit kann sich ein Unternehmen auf das eigentliche Kerngeschäft konzentrieren. Dank transparenter und monatlich planbarer Kosten hat das Unternehmen die Gesamtbetriebskosten mit SaaS stets im Blick. Und natürlich gibt es auch Vorteile für die Entwickler von Abo-Angeboten: Sie können durch ein kontinuierliches Einkommen immer neue Features bei den Apps ausrollen und diese stetig an neue Geräte und OS-Versionen anpassen.

Stefan: Was können Nutzer denn tun, um im Abo-Dschungel den Überblick zu behalten?

Alexander : Vorab aus Entwicklersicht: Um mit ihrer Software erfolgreich zu sein, sollten Anbieter von Software as a Service auf komplexe Tarifmodelle verzichten. Wichtig ist, dass das Abo-Modell so einfach wie möglich gestaltet ist. Je einfacher, desto eher werden sich potenzielle Kundinnen und Kunden dafür entscheiden. Grundsätzlich bieten App Store und Play Store Nutzerinnen und Nutzern eine gute Übersicht über aktuell abonnierte Apps, zumindest wenn das Abo direkt über den Entwickler der App abgeschlossen wird.

Menschen, die Schwierigkeiten mit dem Einhalten von Kündigungsfristen haben, können sich eine Erinnerung in ihrem Kalender einstellen oder gegebenenfalls kostenpflichtige Apps, die nach einer Testphase nicht mehr genutzt oder gebraucht werden, zeitnah kündigen.

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Stefan: Wohin geht der Trend?

Alexander: Nutzerinnen und Nutzer sind bereit immer mehr Geld für Apps und Abos zu investieren. 2021 wurde ein Rekordniveau erreicht: Laut dem Marktforschungsunternehmen Sensor Tower haben bei Apps die Abonnement-Umsätze um 41 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zugelegt. Danach haben Entwickler 2021 allein durch Abos weltweit 18,3 Milliarden US-Dollar eingenommen. Früher waren Abo-Angebote und Software as a Service nur ein Teil der Wirtschaft, heute ist Software as a Service dabei, die gesamte Wirtschaft umzubauen. Die Corona-Krise hat diesen Trend verstärkt.

Das übergeordnete Ziel hat sich aus Entwicklersicht aber nicht verändert: Wer in der Technologiebranche Erfolg haben will, muss mit seinen Produkten und Dienstleistungen das Alltagsleben der Menschen bequemer, effizienter und im Falle von zum Beispiel Canary sicherer gestalten. Die Zahlungsbereitschaft von Nutzerinnen und Nutzern ist hoch – wenn es keine kostenlose oder günstigere Alternative gibt, auch bei Abo-Modellen. Eine App wird nur dann genutzt, wenn sie einen Mehrwert und Vorteile bietet. Fazit: Eine Trendumkehr ist nicht zu erwarten, auch künftig können Entwickler mit höheren Erlösen aus Abos zu rechnen.

Stefan: Vielen Dank für das Gespräch!

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Und nun möchten wir von Euch wissen, liebe NextPit-Community: Welche Apps habt Ihr aktuell abonniert? Und was haltet Ihr von dem Trend, Apps zu abonnieren, statt zu kaufen? Ich freue mich auf Eure Meinung und Erfahrungen in den Kommentaren!

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