USA vs Huawei: Für uns ist der Streit ein großes Glück

6 Min Lesezeit 6 min 32 Kommentare 32
No Ad to show

Seit knapp zwei Jahren stecken die USA und Huawei im Streit. Zwei Jahre, in denen die USA immer wieder neue "Beweise" gefunden haben will, weswegen Huawei verbannt werden sollte. Weswegen ich diesen Streit wichtig und gut für uns finde.

Wenn es so weitergeht, könnte ich mir gut vorstellen, dass der 13. Februar 2018 bald in die Geschichtsbücher eingeht. An dem Tag vor zwei Jahren begann das ganze Drama zwischen den USA und Huawei. Hier schlossen sich Beamte des FBIs, der CIA und der NSA zusammen und rieten (kurz zusammengefasst) Huawei und ZTE-Produkte nicht mehr zu nutzen. Die Sorge lag darin, dass China über Huawei die Möglichkeit hätte "die Telekommunikationsinfrastruktur zu beeinflussen oder sogar zu kontrollieren".

No Ad to show

Am 15. Mai vergangenen Jahres unterschrieb Trump ein Dekret, nachdem amerikanische Telekommunikationsunternehmen nicht mehr mit chinesischen Unternehmen zusammenarbeiten dürften. Nur vier Tage später beendete Google-Konzern "Alphabet" die Beziehungen mit Huawei, weitere Unternehmen, wie beispielsweise Intel und Qualcomm, folgten. Der US-Bann hat Huawei stark getroffen, sicher – aber ist der chinesische Tech-Riese deswegen auch gleich der Verlierer?

Die USA-Paranoia: Was ein heuchlerischer Schwachsinn

Könnt Ihr Euch noch an diese alten US-Spionagefilme erinnern? Wo der (natürlich amerikanische) Held gegen den bösen russischen Spion gekämpft hat? Man mag bei den Aktionen, die die USA im Zusammenhang mit Huawei anstrengt, fast das Gefühl haben, es wäre selbst gerne dieser eine Held. Leider ein ziemlich unfähiger Held. Aber ich will nicht unfair sein, denn halten wir einmal fest: Kein Land wird gerne bespitzelt und abgehört.

No Ad to show

Erst letzte Woche brannte der Streit zwischen den USA und Huawei erneut auf, als diese den chinesischen Hersteller beschuldigten, „Hintertüren“ Im Telefonnetz zu nutzen, um seine eigenen Kunden abzuhören. Logisch, dass Huawei konterte und erklärte, dass die USA Beweise bringen soll, wenn  Huawei schon solche Taten unterstellt werden. Und tatsächlich konnten die USA keine dieser Beweise vorlegen. Die Schlagzeile wurde am 11. Februar aufgegriffen. Nur einen Tag später schrieb die Tagesschau, dass der BND zusammen mit dem (Überraschung, Überraschung) US-Auslandsgeheimdienst (der CIA) „… mittels einer Verschlüsselungsfirma über Jahrzehnte hinweg mehr als 100 Staaten ausgespäht hatten.“ Versteht mich nicht falsch: Ich will gewiss nicht Partei für Huawei ergreifen und sollten die Beschuldigungen wirklich stimmen, dann ist das ein massiver Eingriff in die Privatsphäre. Aber ein Land, das andere sanktioniert und sich als großer Held aufspielt, sollte vielleicht erst einmal vor seiner eigenen Tür kehren.

Letztendlich sollten wir aber ehrlich bleiben: Es wird kein einziges Land geben, dass nicht auf irgendeine Art und Weise andere abhört. Ganz nach dem Motto „Vertrauen ist gut, bespitzeln ist besser“. Und jetzt, wo wir das geklärt haben, können wir mal ganz naiv fragen, weswegen die USA diese ganzen Vorwürfe eigentlich erhebt, wo selbst spioniert wird als gäb‘s keinen Morgen mehr.

Hierfür möchte ich noch einmal ein paar Schritte zurück gehen. Einen interessanten Blick bietet nämlich hier die Erkenntnis, dass der Handelskrieg zwischen den USA und China im Januar 2018 richtig Fahrt aufnahm. In jenem Monat hob Trump die Zölle auf die Einfuhr von bestimmten Produkten an. Im Zentrum standen jene Gegenstände, die hauptsächlich in China gefertigt wurden und natürlich reagierte China. Wundert es uns da wirklich noch, dass Huawei im Februar des gleichen Jahres quasi zum Staatsfeind Nummer eins ausgerufen wurde? Na, mich jedenfalls nicht. Immerhin ist Huawei eines der großen chinesischen Unternehmen, die Smartphones bauen. Wenn die USA China wirtschaftlich treffen möchte, dann doch dort.

No Ad to show

Und jetzt sollen wir die Dummen für die USA spielen?

Ja, der US-Bann hat Huawei geschädigt. Im Mai vergangenen Jahres, gaben unter anderem britische Betreiber bekannt, dass sie Huaweis Smartphones vorübergehend nicht mehr vermarkten wollten. Denn ohne entsprechende Technologien wie beispielsweise Google, kommen die Smartphones auf dem westlichen Markt nicht gut an. Tatsächlich brachte dies Huawei aber nicht zu Boden, sondern trieb die interne Entwicklungen weiter voran. Mit alternativen Apps zu gängigen Angeboten (beispielsweise die Zusammenarbeit mit TomTom) und die Weiterentwicklung von Harmony OS, macht sich Huawei langfristig gesehen unabhängig vom amerikanischen Einfluss. Und die US-Wirtschaft weiß das auch.

  • Nie wieder Google? Huawei-Interview sorgt für Ärger

Das Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten war beispielsweise zunächst gegen verschärfte Sanktionen gegenüber dem chinesischen Unternehmen. Zu groß war die Angst, das Huawei weiter unabhängiger werden würde und andere Hersteller nach Alternativen zu US-Technologien suchen könnten. Dieser Gedanke scheint sich jetzt allerdings schon wieder zerschlagen zu haben, was Huawei die Komponenten-Beschaffung wohl noch weiter erschweren wird.

Und der Grund dafür könnte im neuen Masterplan der USA liegen, die bisherige Netzwerkdominanz, die Huawei inne hat, zu zerschlagen. Hierfür sieht die USA vor, anderen Ländern dabei zu helfen, den eigenen 5G-Netzwerkaufbau mit anderen Betreibern zu vollziehen. Natürlich gehören neben Größen wie Samsung oder Ericsson auch US-Betreiber dazu. Kann mir hier mal jemand erklären, wo das nicht danach schreien würde, dass wir uns nur noch abhängiger von den USA machen sollen?

No Ad to show

Im zweiten Schritt dieses Plans will die USA übrigens mit Europa zusammenarbeiten. Hier, so schreibt Giga in einem Artikel, ginge es darum, "ein vielfältiges, westliches, wertebasiertes Ökosystem von Software und Hardware" herbeizuführen. Nun will uns der große Boss also auch noch dafür einspannen, wieder an die Spitze des Mobilfunktmarktes zu klettern. Na schönen Dank auch!

Immerhin wurde während der Münchener Sicherheitskonferenz gesagt, dass die Europäer lieber ein eigenes, drittes Modell vorstellen möchten. Und das ist doch schon ein guter Hinweis darauf, dass wir aus Huaweis Anstrengungen gelernt haben und uns selbst unabhängiger machen wollen.

"Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber"

Schieben wir die Abhöranklagen mal beiseite, dann sehen wir schnell, dass es der USA nur darum geht wirtschaftlich an der Macht zu bleiben. Und das ist in sofern in Ordnung, da jedes Land versucht Wirtschaftsmacht zu sein und zu bleiben. Das ist, im Rahmen gehalten, nichts weiter als Wettbewerb. Immerhin hat man in dieser Position am meisten zu sagen. Sich aber unter dem Deckmantel eines Helden zu kuscheln, der die bösen Spionageangriffe abwehrt, während man selbst immer wieder jeden aushorcht, ist schon peinlich. Dies dann auch noch vollkommen haltlos und ohne Beweise zu machen, ist einfach nur dreist.

No Ad to show

Ganz egal, wie schlimm und fadenscheinig ich diese Vorgehensweise der USA aber auch finde, macht mir der Streit zwischen Huawei und den USA aber auch Hoffnung. Hier schafft es ein Unternehmen (zugegeben ein größeres) trotz Sanktionen und Problemen, sich immer mehr von den USA zu lösen. Und wenn Huawei das kann, wieso nicht auch andere Hersteller oder Europa?

Ich bin von der Entwicklung auf der Münchener Sicherheitskonferenz durchaus begeistert, dass die EU selbst ein Ökosystem aus Soft- und Hardware aufbauen will. Was sollte uns immerhin daran hindern, ebenso wie Huawei, uns Schritt für Schritt aus der technischen Abhängigkeit der USA zu befreien? Letztendlich hat der Zitat-Verfasser (angeblich Bertholt Brecht) vielleicht sogar recht: "Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber". Und wieso sollten wir dann nach solch einem ausgearteten Streit die USA als Partner wählen?

Quelle: Tagesschau, Giga

No Ad to show
>
No Ad to show
MEHR ANZEIGEN

Kommentare

Kommentare

Beim Laden der Kommentare ist ein Fehler aufgetreten.

No Ad to show