Thank you for the music – So heißt einer der Songs von ABBA und ja: Alle, die mit der Musik der vier Schwed:innen nichts anfangen können: Wir haben im Podcast tatsächlich über die Band gesprochen, die nach fast 40 Jahren wieder neue Musik präsentiert hat. Es ist Musik, die mich an meine Kindheit erinnert, die eine besondere Wirkung bei immer noch sehr vielen Menschen erzielt und die immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben wird.
Aber ich kann Euch beruhigen: Thematisch ging es nur am Rande um dieses Comeback und um die Musik von Agnetha, Björn, Benny und Anni-Frid. Viel mehr geht es darum, dass wir heute bereits technische Möglichkeiten haben, Live-Events anders zu erleben als vor 20 Jahren und dass es in Zukunft noch einmal deutlich anders aussehen kann.
ABBA und die Abbatare
ABBA hat sich in London eigenes eine eigene Konzerthalle bauen lassen. Dort werden ab Mai nächsten Jahres viele Konzerte der Band stattfinden. Auf der Bühne werden wir zehn Live-Musiker sehen, aber nicht die vier ABBAs selbst. Stattdessen kommen dort Avatare zum Einsatz, die so aussehen, wie die Band in ihrer Blüte 1979. Wer sich also für ab 60 Euro eine Konzertkarte kauft, wird dort 90 Minuten lang auf Hologramme schauen.
Die sogenannten Abbatare konnten wir auch bereits kurz im Livestream sehen, in welchem ABBA neben den Songs auch die Pläne fürs Album (erscheint am 5. November) und eben auch für die Konzerte verkündeten. In folgendem Clip bekommt Ihr einige Infos zu diesen Avataren und dem Konzept dieser Konzerte:
ABBA - "Voyage" - limitierte CD-Box
Wichtig ist bei diesem Projekt, dass da nicht vier Siebzigjährige im Sessel sitzen und ein paar Expert:innen beauftragt haben, ein paar Avatare zu basteln. Wir haben schon einige Hologramm-Geschichten auf Bühnen erleben dürfen, aber ABBAs Voyage-Konzerte werden die Messlatte auf ein ganz neues Niveau heben. Die Vier haben selbst über fünf Wochen auf einer Bühne in Stockholm gestanden und alle 22 Songs wieder und wieder performt, die da ab nächstem Mai zu hören und sehen sein werden.
160 Kameras haben jede noch so kleine Bewegung der Band aufgezeichnet und ein Team aus hunderten Profis hat schließlich die "Abbatare" und das Konzert-Konzept umgesetzt. Ich glaube auch, dass "Profi" in diesem Zusammenhang kein zu großes Wort ist, denn ABBA hat sich für die Umsetzung niemand Geringeres ins Boot geholt als George Lucas' Hollywood-Hexer von "Industrial Light & Magic". Das Unternehmen sorgt u.a. dafür, dass Star Wars, Indiana Jones, die Avengers und die Transformers so beeindruckend aussehen können.
Jetzt kümmert sich Industrial Light & Magic darum, dass ABBA perfekt in Szene gesetzt werden und auch darum, dass sie aussehen wie in ihren besten Zeiten.
Hologramm-Konzerte: Die Reise begann 2012
Aber wie gesagt: ABBA sind nicht die ersten, die es mit einer Hologramm-Technik probieren. Schon 2012 wurde auf diese Weise 2Pac auf die Coachella-Bühne gebracht – jene Rap-Legende, die 1996 erschossen wurde.
Ihr seht im Video, dass diese Technik vor neun Jahren noch stark verbesserungswürdig war. Mit Sicherheit war das für die Fans vor der Bühne ein besonderer Augenblick, als 2Pac sich dort die Bühne mit Snoop Dogg und anderen teilte. Aber ganz ehrlich: Es ist auch ein bisschen creepy und kann meines Erachtens ein Konzert wahrlich nicht ersetzen.
Vorher schon waren es die Gorillaz, das Projekt von Blur-Mastermind Damin Albarn, die sich als Hologramm auf die Bühne wagten. Im folgenden Clip seht Ihr die Gorillaz im Jahr 2005 auf der Bühne der MTV European Music Awards in Lissabon:
Das kann man jetzt nur bedingt vergleichen, handelt es sich hier um Comic-Charaktere. Ich glaube übrigens, dass ich im Podcast von 2015 gesprochen habe, was natürlich Quatsch ist.
Mittlerweile kann man da qualitativ mehr anbieten, als wir in obigen Beispielen sehen. Spricht man über diese Art von Entertainment, kommen wir nicht an Base Hologram vorbei. Die Amerikaner basteln nicht an den Konzerten von morgen, sondern bringen Stars bereits heute schon wieder als Hologramm auf die Bühne. Whitney Houston war so sogar schon auf Europatournee, auch andere Stars wie Roy Orbison und Buddy Holly oder Maria Callas wurden so zu neuem Leben erweckt. Hier ist ein Video-Beispiel:
Ihr müsst schon zugeben, dass das eine ganz andere Veranstaltung ist als die 2Pac-Nummer weiter oben, oder? Das ist schon sehr nahe am Konzept, das auch ABBA verfolgt: Es kommt dabei viel auf Licht und Inszenierung an, aber auch darauf, dass tatsächlich Musik live gespielt wird auf dieser Bühne. ABBA setzt besonders auf ein immersives Beleuchtungs-Konzept, was bestenfalls dafür sorgen soll, dass wir zwischendurch als Zuschauende vergessen, dass dort Hologramme zu sehen sind.
Konzerte von morgen: Nicht nur Hologramme
Damit können wir jetzt abschließend darüber reden, wohin die Reise eigentlich geht bei den Live-Events. Ihr werdet im Podcast feststellen, dass Fabi deutlich skeptischer ist als ich. Deswegen möchte ich Euch auch ein bisschen die Angst nehmen: Auch in 20, in 50 und vermutlich auch in 100 Jahren werden Menschen auf der Bühne stehen, sich live den Arsch für ihre Fans aufreißen und schwitzend die Hallen und Arenen dieses Planeten abreißen. Hologramme werden das nicht ändern!
Aber solche Veranstaltungen, bei denen wir nur eine solche Illusion geboten bekommen, werden stattfinden. Wir haben oben von Base Hologram gelesen, das Unternehmen tourt bereits und hat mehrere Las-Vegas-Shows am Laufen. Seht es also nicht als Ersatz für richtige Konzerte, sondern einfach als Erweiterung der Möglichkeiten, die wir für Live-Events bekommen. Mir ist auch der "real Deal" lieber, also der Mensch, der auf der Bühne steht, mit den Fans interagiert und tatsächlich gerade live singt.
Nichtsdestotrotz kann ich mir aber auch vorstellen, auf Hologramm-Events zu gehen. Es spricht für mich nichts dagegen, mir heute gealterte Depeche Mode in einem riesigen Stadion anzuschauen, und morgen dann zu einem Event zu gehen, bei dem die Vier, die lange Jahre als Depeche Mode auf der Bühne standen, sich als Version von 1990 präsentieren.
Im Podcast verweise ich darauf, dass die Generation, die uns alten Säcken folgt, eh weniger Hemmungen hat, alte Zöpfe abzuschneiden. Die feiern Mashups, in denen aus zwei oder mehr Songs ganz neue Dinge entstehen. Die verzichten darauf, physische Tonträger zu kaufen oder ganze Alben abzuspielen. Das können wir super oder scheiße finden, aber ändern werden wir es dennoch nicht.
Deshalb sollten wir uns nicht gegen eine solche Entwicklung bei den Konzerten sperren, sondern uns darüber freuen, dass zu allen bestehenden Event-Möglichkeiten neue hinzukommen werden. Lasst uns mal kurz einen Blick nach Japan werfen, denn da sieht die Realität schon längst noch anders aus: Mit Miku Hatsune wird dort ein Star gefeiert, deren Alben sich wie geschnitten Brot verkaufen und die Konzerthallen mit Leichtigkeit ausverkauft. Der Unterschied zu allen in diesem Artikeln erwähnten Künstler:innen: Sie ist lediglich ein Avatar und hat nie existiert.
Ursprünglich ging es um eine Software-Synthesizer-Technologie, die eine künstliche Stimme erzeugen kann. Dort wurde dieses Teen-Mädchen als Avatar erfunden, um Werbung für das Produkt zu machen. Das verselbständigte sich über die Jahre und sorgte dafür, dass ein nicht-existierendes Wesen riesige Fanscharen dazu bewegen kann, sich so ein Hologramm-Konzert reinzuziehen.
Einen letzten Punkt will ich noch machen, den wir im Podcast auch angesprochen haben: Es geht um Marshmello, der 2019 ein virtuelles Konzert gab – im Spiel Fortnite!
Der Marshmello-Avatar tauchte dort im Game auf einer Bühne auf, performte eine Handvoll Songs – und mehr als zehn Millionen Fans und Gamer waren als Publikum dabei! Das zeigt noch einmal: Die Veranstaltungs- und Entertainmentkultur verändert sich. Stars müssen nicht mehr persönlich auf der Bühne stehen, teils müssen es nicht einmal mehr wir Fans.
Ob das was anderes ist als ein "richtiges" Konzert? Aber natürlich! Aber darum geht es halt auch nicht. Wir bekommen einfach viel mehr Möglichkeiten an die Hand. Beispielsweise können wir eben Stars auf der Bühne bestaunen, die wir sonst niemals zu sehen bekommen hätten. Das gilt für alle verstorbenen Stars, aber auch für Bands wie ABBA, die ich nie live erleben konnte und jetzt in ihrer Blüte zu sehen bekommen könnte.
Behaltet das also bitte im Kopf, wenn Euer erster Impuls ist, darüber schimpfen zu wollen. Echte Konzerte sind das Maß aller Dinge – aber auch andere Konzepte haben ihre Berechtigung
Es ist angerichtet: Casa Casi, Folge 22
Puh, die Folge ist uns ja ein bisschen lang geraten mit mehr als einer Stunde Spielzeit. Wir sprachen über ABBA, über erlebte Konzerte und neue Konzepte. Wir sprachen aber auch über Zahn-OPs und noch mehr Offtopic-Themen. Lasst uns gerne wissen, was Ihr von unserem Themen-Mix haltet, ob Ihr gerne neue, andere Themen besprochen haben wollt und meldet Euch auch gerne mit Lob, Anregungen und gerne auch Kritik zur aktuellen Folge. Wir sind für Euren Support sehr dankbar und freuen uns über Feedback.
Apropos Feedback: Wir wurden darüber informiert, dass wir tatsächlich in Dänemark in den iTunes-Charts auf einem sensationellen fünften Platz der Podcast-Charts im Bereich Technologie gelandet sind. Fantastisch, oder?
Wie jede Woche ende ich mit dem Appell: Mögt Ihr unseren Podcast, dann teilt ihn bitte, bewertet ihn, versprüht Online-Liebe im Netz und erzählt Euren Leuten von uns – das hilft uns sehr. Und jetzt viel Spaß mit der neuen Folge!
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