"Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen", sag man. Wenn ganz viele eine Reise tun, dann berichtet von Bild über Spiegel bis zur Süddeutschen wirklich jeder darüber – zumindest, wenn diese Leute allesamt mit dem 9-Euro-Ticket unterwegs sind. Da es unglaublich praktisch ist, gehöre ich zu den knapp sieben Millionen Menschen in Deutschland, die s ich dieses Ticket besorgt haben. Und von meinem ersten längeren Trip damit berichte ich in unserer heutigen Folge.
Deutsche Bahn: Besser als ihr Ruf?
Für mich ging es nach Berlin zu den Rammstein-Konzerten. Hin ging es mit dem FlixTrain, zurück von Berlin nach Dortmund habe ich dann das 9-Euro-Experiment gewagt und bin mit Nachverkehrszügen zurück ins Ruhrgebiet gefahren. Eine Sache, die mir vorher schon unangenehm aufgefallen ist: In der DB-App verschwindet ständig wieder mein 9-Euro-Ticket. Bedeutet für mich, dass ich es immer wieder manuell hinzufügen muss. Auftragsnummer aus der Mail suchen, Nachname ergänzen und dann sehe ich es wieder in der App – zumindest so lange, bis ich in der App eine andere Seite aufrufen möchte, um mir beispielsweise eine Verbindung anzuschauen.
Damit sind wir bei dem Punkt, den wir auch in der Podcast-Folge besprechen: So, wie wir bei der Pandemie sagten, dass sie uns alles wie unterm Brennglas präsentiert, läuft das jetzt auch mit diesem Ticket. Soll heißen, die Schwierigkeiten, die mitunter auftauchen, sind keine wirklich neuen – man sieht sie jetzt lediglich viel deutlicher. Das gilt für überfüllte Züge, für Personalmangel, für fehlenden Service und vieles mehr, was uns schon beschäftigte, lange bevor über ein 9-Euro-Ticket nachgedacht wurde.
Alles in allem kann ich der Bahn aber ein sehr gutes Zeugnis ausstellen für meinen Trip nach Dortmund: Das Personal war meistens sehr freundlich und hilfsbereit, die Menschen – größtenteils zumindest –entspannt und kooperativ und das Wichtigste: Ich war tatsächlich pünktlich in Dortmund nach etwas mehr als sieben Stunden.
Mir ist natürlich auch klar, dass so eine anekdotische Betrachtung nichts darüber aussagt, wie erfolgreich das 9-Euro-Ticket tatsächlich läuft. Schließlich gibt es genügend Berichte von hoffnungslos überfüllten Zügen, von Beschimpfungen seitens der Fahrgäste und von Verspätungen. Aber es ist wichtig, dass wir das letzte Wochenende richtig einordnen: Es ist ein langes Feiertagswochenende gewesen und gleichzeitig das erste Wochenende, an dem das günstige Ticket günstig war.
Dass es dort zu besonders hohem Verkehrsaufkommen kommt, war abzusehen und sagt herzlich wenig darüber aus, wie es in den nächsten drei Monaten laufen wird. Wir müssen also beobachten, wie es sich jetzt weiter entwickelt, um Schlüsse aus der Geschichte zu ziehen. Mehr über menien Trip und die einzelnen Stationen und Beobachtungen gibt es dann im Podcast – ich will hier natürlich nicht zu viel spoilern.
Aber ja, die Brennglas-Geschichte, so viel steht fest, funktioniert auch bei den Bahn-Beobachtungen. Dadurch, dass sich wieder mehr Menschen mit dem Bahnfahren beschäftigen, bekommen wir Einblicke, die die DB, aber auch die vielen Verkehrsverbünde und die Länder hoffentlich zu nutzen wissen werden.
Wo muss eine höhere Taktung her, wo muss eine stillgelegte Strecke wieder reanimiert werden, wie werden Tarife fairer und durchschaubarer gestaltet usw. Ich verstehe nicht, wieso ich in manchen Zügen alternativer Betreiber WLAN und eine Steckdose am Platz habe (zum Beispiel bei enno in Niedersachsen), in DB-Zügen hingegen nicht. 2022 sollte das meiner Meinung nach auch in Nahverkehrszügen selbstverständlich sein.
Wenn es so viel zu kritisieren gibt, wieso werfe ich oben in der Überschrift dann die Frage auf, ob die Bahn besser ist als ihr Ruf? Weil sie bei allen existenten Problemen aber auch nicht so furchtbar ist, wie sie medial derzeit oft geschrieben wird. Werft als Beispiel mal einen Blick auf folgenden Tweet:
"Das #9EuroTicket sorgte an Pfingsten für Chaos"
— Ann-Kathrin Hipp (@ak_hipp) June 7, 2022
Das Pfingstchaos der vergangenen 10 Jahre (via @TspCheckpoint): pic.twitter.com/RFVNFAikRk
Der Tweet verrät uns zwar schrecklich wenig über das vergangene Pfingstwochenende – aber ganz viel über die vielen Pfingstwochenenden davor und über die Tatsache, dass Bahn-Chaos an Pfingsten nun wirklich keinen neuen Trend darstellt.
Hier wäre es schön, wenn die Medien zu einer sachlicheren, zweckdienlicheren Debatte zurückkehren könnten – und auch wir als Gesellschaft ein bisschen vom Gas gehen. Fabi und ich haben in der Folge abschließend auch ein wenig spekuliert, was denn auf der Schiene passieren muss in den nächsten Jahren. Aber ich bin sicher, dass wir uns mit der Thematik noch einmal ausführlicher beschäftigen und dann auch wieder mit Palle, der uns dann aus Taiwan berichten kann, wie der öffentliche Nah- und Fernverkehr dort geregelt ist.
Wir sagen jetzt Dankeschön für Euren Support und für Eure Treue und biegen ab Richtung Sommerpause. In knapp zwei Monaten sind wir dann wieder da und hoffen natürlich darauf, dass Ihr uns dann auch weiterhin genauso gerne hört wie bislang. Kommt gut durch den Sommer!
Casa Casi 60: Show Notes
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- Ann-Kathrin Hipp auf Twitter – Tweet mit Headlines vergangener Pfingstwochenenden
- enno – Link zur Seite der Marke, die zur Eisenbahngesellschaft Metronom gehört
- Spiegel – Bericht mit einer Bilanz des letzten Pfingstwochenendes
- VRR – Pressemitteilung vom Verkehrsbund Rhein-Ruhr mit seiner Bilanz des Pfingstwochenendes
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