Android und iOS verbündet: Das Ende einer Rivalität
Google und Apple arbeiten gemeinsam an einer Bluetooth-Technologie, mit der die Konkurrenzplattformen iOS und Android für den guten Zweck miteinander kommunizieren können. Ist das nicht historisch? Wir blicken zurück auf die Rivalität der Erzfeinde Apple und Google.
"Lass mal die Kirche im Dorf", spüre ich Euch schon kommentieren. Ja, lassen wir sie im Dorf, aber die Vereinigung von Google und Apple könnte das Ende des ewigen iOS-vs-Android-Bashings bedeuten. Stellt Euch mal vor: Borussia Dortmund und der FC Bayern München gehen plötzlich eine Vereinsfreundschaft ein. Die Gesichter der Anhänger kann ich mir nur zu gut vorstellen. Ähnlich blitzen die entgeisterten Gesichter von Hardcore-Apple-Jüngern und Android-Verfechtern vor meinem inneren Auge auf. Denn gestern erst berichteten wir:
Plötzlich funktioniert die plattformübergreifende Kommunikation zwischen iOS und Android – per Bluetooth sollen Bewegungsdaten beider Lager verschlüsselt ausgetauscht werden können. Damit will man Behörden und Gesundheitsorganisationen ermöglichen, eine zuverlässige Kontaktverfolgung bereitzustellen. Auch eine gemeinsame App sei in Planung. Wir nehmen diese Neuigkeiten zum Anlass, uns die Rivalität zwischen Google und Apple noch mal auf der Zunge zergehen zu lassen.
2005: Steve Jobs erklärt Google den "Krieg"
Apple und Google kamen vor langer Zeit ganz gut miteinander aus. Man hatte sich gemeinsam gegen Microsoft verschworen. So bastelte man im Hause Google an Apps für Apples bahnbrechende iPhones. Doch schon lange bevor erste Smartphones mit iOS oder Android das Licht der Welt erblickten, herrschte eine mehr oder weniger ernste Rivalität zwischen Google und Apple. Der erste Bruch zwischen beiden Unternehmen wird mit einem Zitat von Apple-Urgestein Steve Jobs verdeutlicht.
Der als impulsiv bekannte Apple-Vater soll in einer E-Mail an Google-Mitbegründer Sergey Brin gewettert haben: "Wenn Ihr einen einzigen dieser Leute einstellt, bedeutet das Krieg!" Dabei bezog er sich auf Google-Pläne, das Entwickler-Team von Apples eigenem Safari-Browser übernehmen zu wollen. Google soll die Übernahme zur Weiterentwicklung des Chrome-Browsers geplant haben. So kurz vor der Vorstellung des ersten iPhones begann es zwischen den Tech-Giganten zu kriseln. Jobs soll zu dieser Zeit bereits von Googles Entwicklung eines eigenen mobilen Betriebssystems gewusst haben.
2008: HTC Dream entfacht endgültig den Rosenkrieg
Rund ein Jahr nach der Vorstellung des ersten iPhones im Jahr 2007 wurde es dem zurückgekehrten Jobs dann zu bunt. Google stellte im Herbst 2008 das HTC Dream vor. Es gilt als das erste offizielle Android-Smartphone. Wie Apples iPhone war das HTC Dream mit Google-Betriebssystem exklusiv über T-Mobile verfügbar. Zeitzeugen berichten von einem erbosten Steve Jobs, der Google in erster Instanz dazu zwingen konnte, Ähnlichkeiten zu iOS, wie etwa Zoom-Gesten, aus dem System zu entfernen. Eric Schmidt, damaliger Google-Boss ging kurzweilig darauf ein. Mit neueren Android-Versionen verzichtete man allerdings auf die Rücksichtnahme auf mögliche Jobs-Befindlichkeiten.
Dieser setzt sich daraufhin zum Lebensziel: "Wenn ich es muss, werde ich meinen letzten Atemzug und alle 40 Milliarden Dollar, die Apple auf der Bank hat, dafür verwenden, dieses Unrecht zu korrigieren", soll er gegenüber dem Autor seiner Biografie gesagt haben. "Ich werde Android zerstören, weil es ein gestohlenes Produkt ist. Ich bin bereit, dafür in den thermonuklearen Krieg zu ziehen."
2012: Apple wirft Google-Apps vom iPhone
Aufgrund von Lizenzverträgen konnte Jobs seine Drohungen jedoch nicht sofort in die Praxis umsetzen. Seinen Groll gegenüber Google nahm er im Jahr 2011 mit ins Grab. Erst nach seinem Tod im Jahr 2012 endeten Lizenzverträge mit Google, die YouTube und Google Maps auf jedem iPhone ab Werk garantierten. Mit Apple Karten und dem Verbannen der YouTube-App mit iOS 6 sprach Apple eine deutliche Sprache. Zu dem Zeitpunkt bediente Google mit seinem Android-Betriebssystem gut die Hälfte des Smartphone-Marktes. Die Konzern-Rivalität war längst auf Handy-Nutzer übergegangen: Es schien entweder Apple-Fanboys oder Android-Nerds zu geben. Die Frage, welches Betriebssystem das Beste ist, bleibt bis heute unbeantwortet und ist Gegenstand hitziger Diskussionen.
2013: Siri spottet über Google Glass
Ein Jahr später benutzte Apple seinen damals noch recht jungen Sprachassistenten Siri, um der Rivalität zu Google eine Stimme zu verleihen. 2012 erblickte Googles Datenbrille "Glass" das Licht der Welt. Was Apple von dem Gadget hielt, konnten iPhone-Nutzer damals per Siri-Sprachbefehl erfahren. So antwortete der Apple-Assistant beispielsweise auf den Google-Sprachbefehl "Ok, Glass" mit Sticheleien: "Nur damit du Bescheid weißt, Zwinkern bringt bei mir nichts", oder "Ich glaube, das Glas(s) ist halb leer". Außerdem warnte Siri davor, sich das iPhone um den Kopf zu schnallen. Diese Sticheleien hätten Steve Jobs mit Sicherheit gefallen. Google ließ sich auf den Rosenkrieg ein und ließ Google Glass kontern: "Googles Sprachsuche hört mich nicht nur, sie versteht mich auch."
2014: Tim Cook "Google ist unser größter Rivale"
Tim Cook trat das Erbe von Steve Jobs an und führte auch die Rivalität zu Google fort. In einem Interview gegenüber dem US-Talkmaster Charlie Rose erklärte der Apple-Chef, der Geist des Gründers verbleibe für immer in der Unternehmens-DNA. Das unterstrich er mit der Aussage, Apple habe nur einen einzigen Konkurrenten: Google. Rivalen wie Samsung lieferten nur die Hardware für ein Betriebssystem, das letztendlich von Google stamme.
2019: Google stichelt gegen iPhone X
Doch auch wenn es scheint, dass vor allem Apple nie über die Entwicklung von Android hinweggekommen ist, spielt der Suchmaschinenbetreiber das Spielchen mit. Mit einer unterhaltsamen Marketing-Aktion stichelte Google im vergangenen Jahr gegen Apple. Man platzierte in mehreren Städten zwei Plakate an Hauswänden. Oben zeigte sich ein unterbelichtetes Motiv mit dem Schriftzug "iPhone X" und dem Preis von 999 Dollar. Gleich darunter befand sich der Schriftzug "Pixel 3a" und "399 Dollar" auf dem selben Motiv, nur deutlich besser belichtet. Damit stichelte Google gegen die deutlich teurere Apple-Technik, die vergleichsweise schlechtere Foto-Ergebnisse liefert. Ob sich Smartphones vergleichen lassen, in denen zwei Jahre Entwicklungszeit liegen, ist jedoch fraglich. Google stichelte mit mehreren solcher Gegenüberstellungen im vergangen Jahr gegen Apples iPhone X. Man vermutet, dass Google den Begriff "iPhone XS" nicht für die Marketing-Strategie verwenden konnte, aber eigentlich das damals aktuellste iPhone ansprechen wollte.
Google wasting no time with the shade pic.twitter.com/euPAFTtlvr
— Michael Steeber (@MichaelSteeber) May 10, 2019
2019: Apple und Google arbeiten an gemeinsamem Smart-Home-Standard
Trotz allem scheint 2019 das Jahr gewesen zu sein, in dem beide Unternehmen ihrer Rivalität erstmals seit Jahren für den guten Zweck, nämlich technologischen Fortschritt, in den Hintergrund drängten. Im Dezember vergangenen Jahres gaben Apple und Google mit Amazon und Zigbee bekannt, an einem gemeinsamen Smart-Home-Standard zu arbeiten. Das Project Connected Home over IP zielt darauf ab, die Entwicklung für Produkthersteller zu vereinfachen und die Kompatibilität plattformübergreifend für Nutzer von Smart-Home-Produkten zu vereinfachen. Dafür haben die teilnehmenden Unternehmen eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe definiert, die einen Open-Source-Ansatz für die Entwicklung und Implementierung eines einheitlichen Verbindungsprotokolls verfolgen soll. Man arbeitet also wieder gemeinsam an einem Nutzer-Mehrwert.
2020: iOS und Android Hand in Hand für den guten Zweck
Ganz romantisch gesehen ist es das schwere Jahr 2020, das Apple und Google endgültig und näher denn je zusammenrücken lässt, um einem weltweit grassierenden Virus den Kampf anzusagen. Auch nüchtern betrachtet waren Android und iOS sich noch nie so nah. Eine direkte Kommunikation per Bluetooth ist ab Werk nicht möglich. Wie oft Nutzer von Android- und iOS-Smartphones sich über die erschwerten Share-Möglichkeiten zwischen beider Plattformen beschwert haben, lässt sich nur schätzen. Dass wohl vor allem Apple sich gegen eine Kompatibilität gesträubt hat, dürfte klar sein. Immer stand die vermeintliche Sicherheit von Apples Betriebssystemen im Fokus, das durch das offene – und anfälligere – Android seine Nutzer nicht gefährden sollte. In den vergangenen Jahren verlor das Unternehmen aber aufgrund mehrerer Sicherheitslücken an Glaubwürdigkeit mit diesem Ansatz.
Dass die Kooperation zur Entwicklung einer Bluetooth-Schnittstelle zwischen Android und iOS aber das kurzfristige Ende der Rivalität bedeutet, heißt selbstverständlich nicht, dass iOS und Android künftig auch darüberhinaus besser miteinander auskommen werden. Doch allein die Vereinigung zweier ewiger Rivalen sollte uns Endverbrauchern ein Anreiz sein, das Bashing endlich aufzugeben und uns in unserer gemeinsamen Leidenschaft zu verbinden: mitreißende Technologien. Ich bin bereit für diese Fanfreundschaft.
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"Gemeinsame Schnittstelle" , "Anonymes Tracking", "wegen/gegen Corona", "im Betriebssystem verankert"- Puh, das wirft eine ganze Menge Fragen auf:
Ich gehe einfach mal davon aus, dass die Anonymisierung/Pseudonymisierung gegen die europäischen GDPR verstößt. Wenn das dann eine API im OS ist, dürften zukünftig keine Handys mit aktueller IOS oder Android Version in der EU verkauft werden.
Als OS- Bestandteil ist auch ein freiwilliges Opt-In nicht möglich.
Und nicht zuletzt gehe ich davon aus, dass beide Hersteller keineswegs darauf hinarbeiten, den Datenaustausch zwischen IOS und Android für den Endbenutzer zu vereinfachen.
Wenn du dir ne App installierst, die auf diese Schnittstelle baut, dann hast du sie dir freiwillig runtergeladen und beim ersten Start zugestimmt. Da brauchts kein extra Opt-In.
Die Crux ist doch, dass Android/GOOGLE und iOS/Apple die "Corona-App" direkt ins Betriebssystem verankern wollen und ungefragt die Nutzerdaten an diverse Behörden geben. Das geht mir überdeutlich zu weit. Ergo krame ich die "alten" Tastaturhandys heraus; für Telefonie/SMS reicht's.
Falsch! Gefährliche Desinformation, die du hier streust. Es wird keine App verankert, sondern eine SCHNITTSTELLE bereitgestellt. Auf dieser Schnittstelle können Apps dazu entwickelt werden, die du dir freiwillig (!) installieren kannst.
Kann es sein, dass Fr. Froolyks einen Hang zu reißerischen Headlines hat? Letztens erst dieser "Stadia ist ab jetzt kostenlos", heute dies hier .... *seufz*
Was ist an dieser Headline denn reißerisch? (Zumal der Artikel als Kommentar gekennzeichnet ist).
Stadia ist aktuell kostenlos nutzbar für zwei Monate, das Angebot wurde Ostern freigeschaltet in Deutschland. Den Artikel habe ich heute entsprechend mit den Nutzungsbedingungen aktualisiert.
Weil es kein Ende der Rivalität ist und der Titel nicht objektiv ist, sondern inhaltlich nur emotionalisiert auf einen Klick abzielt.
Und zwischen kostenlos und kostenfreier Phase ist auch ein Unterschied. Beide Fälle suggerieren einfach andere Inhalte als man dann bekommt.
hatte den gleichen Gedanken. Abscheulicher Stil. Passt viel besser in ein billiges Boulevard-Blättchen, als in verantwortungsvolle Berichterstattung.
Also die Begriffe "abscheulich" und "billiges Boulevard-Blättchen" würde ich in diesem Zusammenhang jetzt eher als "gezielt eingesetzte Beleidigung" einstufen und zeugt daher mehr von einer unreifen Entgleisung als von kompetenter Kritik. So etwas hat sich Julia nicht verdient. Derartige Begrifflichkeiten kann man durchaus für sich behalten bzw seinen Unmut über die Arbeit eines anderen auch dezenter formulieren.
Ich hätte den von Julia gewählten Header eher als "unrealisitisch" oder "übers Ziel hinausgeschossen" bezeichnet. Mir gefällt die Aussage darin auch nicht sehr.
Ja schon historisch um eine mögliche Überwachungsfunktion, die "selbstverständlich" nach der (Corona) Krise abgeschaltet wird, einzubauen .... Das wird bei bestimmten "Gruppen" neue Begehrlichkeiten wecken .... Ich finde das alles andere als gut. Rivalen sind es dennoch.
Was? Weil sie eine gemeinsame Schnittstelle entwickeln, die du nach wie vor freiwillig (!) durch Apps nutzen kannst?
Ich freue mich über deine Meinung, kann sie halt nicht teilen. Im Moment entwickelt sich Weltweit eine Tendenz alles noch mehr zu überwachen und wenn diese Funktion in den beiden Betriebssystemen drin ist, wird sie bestimmt nicht wieder raus genommen und wer weiß wer dann darauf zugreift.
Es geht nicht ums überwachen, sondern um zu warnen. Überwachen kann man dich anonymisiert nicht.
Nur wo sind wir noch wirklich anonymisiert?
...wenn man mich nicht anonymisiert überwachen kann, dann kann man mich auch nicht anonymisiert warnen.
Das möchte ich aber ganz stark bezweifeln. Es wird genug es gibt genug Datensammlungen und Tracking Daten über jeden, die es ermöglichen, auch anonymisierte/pseudonymisierte Identitäten zu überwachen. Mit den richtigen Werkzeugen und dem Stellen der richtigen Fragen ist das gar nicht mal schwer, wenn man nur Zugriff auf genügend Daten hat. Und das ist die eigentliche Hürde: An solche Daten zu kommen ist teuer...
Bei jedem werberelevanten Tracking zum Beispiel. Da interessieren keine Namen und Gesichter. Da biste nur ne ID.
Von einem Ende der Rivalität würde ich deshalb nicht gleich sprechen. Geschäftsleute sind von Natur aus bis in die Knochen aalglatt und rastlos Getriebene, wenn es ums Kohlescheffeln geht. Es wird einfach das getan, was den Profit gerade am meisten anlockt.
Heute Kooperation, morgen Konkurrenz! Heute Händchen halten, morgen verklagen. That´s business, that´s money.
Ich finde an so einer Kooperation nichts Ungewöhnliches. Nur weil man konkurriert, heißt es nicht, dass man nicht auch gemeinsam etwas auf die Beine stellen kann. Klar ist es was besonderes, aber man sollte bei diesem Thema nicht zu viel in die Vergangenheit interpretieren. Auch der FC Bayern und Borussia Dortmund haben schon zusammengearbeitet. ;)
Der FC Bayern hat den BVB sogar mal mit einem Kredit vor erheblichen Schwierigkeiten bewahrt. Hier wie dort weiß man halt, dass Konkurrenz das Geschäft belebt.
https://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/borussia-dortmund/article13852866/Wie-Bayern-Dortmund-2005-vor-der-Pleite-rettete.html
Quelle: welt.de