Bluetti EP600 im Test: Heimspeicher für ausgewachsene PV-Anlagen
Ihr sucht einen Heimspeicher zum Nachrüsten oder wollt gleich eine PV-Anlage mit Speicher aufbauen, wobei der Speicher am besten modular aufgebaut sein, Notstrom unterstützen und dann auch noch wetterfest sein soll? Mit seinem ersten Heimspeicher EP600 will der chinesische Powerstation-Gigant Bluetti all diese Aufgaben in einem kompakten und schicken Gehäuse vereinen. nextpit hat den Heimspeicher Bluetti EP600 für Euch im Test.
Pro
- 6.000 W Ausgangsleistung
- Integrierter 6-kWp-PV-Wechselrichter
- Dank Trick 12.000 W PV-Leistung
- Backup-Strom-Funktion
Contra
- Schwache Smart-Home-Integration
- "Nur" maximal 2 kW pro Phase Ausgang
Bluetti EP600: Preis und Verfügbarkeit
Die Bluetti EP600 selbst ist der Wechselrichter des Systems und hat keine Speicherkapazität und hilft Euch damit alleine nicht viel weiter. Ihr müsst das System also mit einem bis maximal 16 Akkus vom Typ B500 erweitern. Jeder dieser Zusatzakkus von Bluetti hat eine Kapazität von 4.960 kWh. Die minimale Kapazität beträgt also knapp 5 kWh, das Ende der Fahnenstange ist bei verrückten 79 kWh erreicht.
Ein günstiges Vergnügen ist die Bluetti EP600 damit sicherlich nicht, wobei Bluetti gerade ein paar sehr aggressive Rabatt-Aktionen fährt und die Sets sagenhafte 40 Prozent günstiger anbietet. So bekommt Ihr aktuell den EP600-Wechselrichter mit einem Akku für 5.041 Euro, das Set mit zwei Akkus kostet 7.562 Euro. Mit drei beziehungsweise vier B500-Akkus zahlt Ihr schließlich 10.083 respektive 12.604 Euro. Regulär kostet letzteres Set mit knapp 20 kWh Kapazität 21.146 Euro.
Was bekommt Ihr dann für das Geld? Die EP600 ist ein dreiphasiger Wechselrichter mit einer Ausgangsleistung von insgesamt 6.000 W und bietet einen direkten Anschluss für maximal 6 kWp Solarleistung. Außerdem bietet das System sowohl einen netzparallelen Betrieb als auch einen Notstrom-Betrieb. Trotz der Modularität ist die EP600 samt Akkus IP65-zertifiziert und kann damit problemlos draußen aufgestellt werden – und das ist bei dem schicken Design auch ganz sicher keine Schande.
Dieser Artikel ist Teil einer Kooperation zwischen Bluetti und nextpit. Auf die redaktionelle Meinung von nextpit hat diese Zusammenarbeit keinen Einfluss.
Komponenten und Design
Auch wenn die Bluetti EP600 bei mir im Keller steht – das müsste sie eigentlich nicht. Aus zwei Gründen: Der mindestens dreiteilige Heimspeicher sieht wirklich schick aus und ist nach IP65 gegen Staub und Wasser geschützt.
Gefällt uns:
- Sehr hochwertige Verarbeitung
- Schickes Gehäuse
- IP65-Zertifizierung
Gefällt uns nicht:
- Externes Sendemodul etwas klapprig
Wenn Ihr die Bluetti EP600 im Set mit zwei Zusatzakkus kauft, lädt die Spedition bei Euch drei riesige Pakete ab – und ein kleines. In der größten Kiste steckt der 40 kg schwere Wechselrichter EP600. In den beiden schwersten Paketen findet Ihr die beiden 56 kg schweren Erweiterungsakkus namens B500. Und die kleine, aber erstaunlich schwere Box beinhaltet den Standfuß, auf den Ihr den Heimspeicher stellt.
Nachdem Ihr den Inhalt zu mindestens zweit ausgepackt habt, werdet Ihr feststellen: Der Bluetti-Heimspeicher in all seinen Komponenten ist schick und richtig gut verarbeitet. Außerdem ist das Gehäuse wetterfest und nach IP65 gegen Staub und Regen geschützt. Damit könnt Ihr den schicken Speicher auch problemlos im Freien installieren. Übrigens ist auch der Winter kein Problem: Die verbauten LiFePO4-Akkus mögen zwar Kälte gar nicht, werden aber dank integrierter Heizung auf Temperatur gehalten.
Mit zwei Erweiterungsbatterien und dem Wechselrichter steht Euer rund 150 kg schwerer Heimspeicher-Turm zwar extrem solide, Ihr solltet aber dennoch die Möglichkeit nutzen und jedes Element für sich an der Wand befestigen. Das Schöne an der EP600 ist: Dank des modularen Designs könnt Ihr jederzeit die Kapazität erweitern. Maximal könnt Ihr 16 Akkus mit einem Inverter verbinden und hättet dann eine irre Kapazität von knapp 80 kWh.
Einzig das sogenannte IoT-Modul, das die WLAN- und Bluetooth-Antenne beherbergt, fällt hier etwas aus der Reihe. Es ist zwar ebenfalls wetterfest, wirkt im Vergleich zum massigen Heimspeicher etwas windig. Aber wie wird die Bluetti EP600 eigentlich angeschlossen und welche Möglichkeiten gibt es hier?
Elektrischer Anschluss
Die Bluetti EP600 speist im Test dynamisch bis zu 6.000 W ins Hausnetz ein und dient auch als Notstromversorgung fürs Zuhause. Außerdem bietet der Wechselrichter einen direkten Solareingang für 6.000 W – und nimmt dank eines wirklich cleveren Tricks sogar noch mehr PV-Strom an.
Gefällt uns:
- Starke Einspeiseleistung ins Hausnetz
- Direkter PV-Eingang mit bis zu 6.000 W
- Zusätzliche PV-Ladung via drei Phasen möglich
Gefällt uns nicht:
- Maximal 2.000 W pro Phase Einspeiseleistung
Ja, die Bluetti EP600 wird vermutlich ein Elektriker zusammen mit einem Bluetti-Spezialisten bei Euch installieren – je nach Zustand Eurer Hausinstallation kostet das auch noch einmal Geld. Um die Vermittlung eines Elektrikers kümmert sich übrigens auf Wunsch auch Bluetti nach der Bestellung*.
Aber dennoch ist es wichtig, das Anschlussprinzip zu verstehen, damit Ihr Euch ein Bild vom vollständigen Funktionsumfang machen könnt. Das folgende Diagramm zeigt den Anschluss – keine Sorge, die einzelnen Komponenten erklären wir gleich im Detail.
Zunächst einmal seht Ihr hier mit der gestrichelten Linie Euren Verteilerkasten eingezeichnet. Links davon sitzt das Stromnetz, das über drei Phasen angeschlossen ist. Auf der anderen Seite des Verteilerkastens hängt die EP600, die über alle drei Phasen vom Stromnetz geladen werden kann. Der Eingang ist im Schaltbild an der EP600 mit "Stromnetz" markiert.
Darunter findet Ihr den Anschluss "Last". Hier hat die EP600 einen dreiphasigen Ausgang, der über einen Umschalter zwei Betriebsmodi hat. Auf dem Schaltbild vom Umschalter ausgehend nach oben kann der Heimspeicher einspeisen – einmal netzsynchron ins Hausnetz, gleichzeitig aber auch ins Stromnetz. Dieser netzssynchrone Betrieb ist nur dann möglich, wenn eine Verbindung zum öffentlichen Stromnetz besteht.
Im netzsynchronen Betrieb fließen von der EP600 ausgehend über die drei Phasen bis zu dreimal 2.000 W an Verbraucher in Eurem Haushalt – oder im Einspeisebetrieb dann zumindest teilweise auch ins öffentliche Stromnetz. Bezieht Ihr in diesem Betrieb auf einer Phase mehr als jene 2.000 W, die die EP600 liefern kann, dann kommt die zusätzlich benötigte Energie aus dem öffentlichen Stromnetz zu Euren Verbrauchern. Klar, hier wäre natürlich mehr Leistung schön gewesen, um den Autarkiegrad noch weiter zu steigern.
Kommt es nun zu einem Stromausfall, dann schaltet die EP600 automatisch auf Eure Sicherungslast um. Das können einzelne Stromkreise sein oder – wie bei uns im Test – beispielsweise auch eine komplette Unterverteilung für den Wohnbereich. Alle hier angeschlossenen Verbraucher versorgt die EP600 im Falle eines Blackouts mit Strom. Hier ist die maximale Leistung dann aber wirklich auf 2.000 W gedrosselt. Schaltet Ihr also auf dieser Phase beispielsweise Föhn plus Wasserkocher ein, dann schaltet sich die EP600 ab und spuckt eine Warnung aus.
Wollt Ihr – wie zuvor erklärt – keinen überschüssigen Strom ins Netz einspeisen, dann ist eine Komponente im Schaltbild noch besonders wichtig: Die Stromwandler-Spulensensoren auf den drei Phasen, eingezeichnet mit CT-1, CT-2 und CT-3. Mit diesen Sensoren kann die EP600 exakt messen, wie viel Energie gerade aus dem Stromnetz kommt beziehungsweise eingespeist wird. Wollt Ihr beispielsweise keine Energie einspeisen, dann regelt die EP600 ihre Ausgangsleistung so, dass der Netzbezug exakt null beträgt – natürlich nur, solange ausreichend Energie aus den angeschlossenen Akkus oder über die PV-Module kommt, jeweils ganz rechts im Schaltbild zu sehen.
Zusätzlich gibt es auch die Möglichkeit, die Bluetti EP600 direkt mit einem Smart Meter zu verbinden, was wir mangels Smart Meter allerdings nicht ausprobieren konnten.
Neben den obengenannten Anschlüssen für Euren Haushalt und das öffentliche Stromnetz bietet die Bluetti EP600 auch zwei MPPT-Eingänge mit einer Leistung von jeweils 3.000 W. Hier könnt Ihr also zwei Strings Eurer PV-Anlage mit einer Spannung von 150 bis 500 V verbinden. Der maximal mögliche Strom beträgt 12,5 A, entsprechend müsst Ihr dann natürlich auch Eure PV-Anlage verkabeln. Gegenüber größeren Wechselrichtern ist hier die relativ niedrige Startspannung von 150 V bemerkenswert – das bedeutet, dass die EP600 bereits mit relativ kleinen PV-Anlagen ab fünf bis sechs Solarmodulen läuft.
Ihr seid am anderen Ende der Fahnenstange, und zweimal 3.000 W reichen nicht aus? Dann könnt Ihr mit einem Trick die Solarleistung noch steigern. Ihr könnt zunächst einmal natürlich die 6 kWp der EP600 voll ausnutzen. Zusätzlich könnt Ihr aber auch noch an die Wechselstromseite des Inverters einen gewöhnlichen Dreiphasen-Wechselrichter hängen und hier noch einmal bis zu 6.000 Wp Modulleistung anbringen. Dank zusätzlicher Stromwandler weiß die EP600 dann, wie viel Leistung über den externen Wechselrichter ankommt und lädt dynamisch die integrierten Akkus auf, um möglichst wenig Strom einzuspeisen.
Leider konnten wir die PV-Fähigkeiten der EP600 noch nicht testen, werden dies aber in den kommenden Monaten mit einer Dachanlage nachholen. Schaut also regelmäßig bei nextpit vorbei, wenn Ihr mehr wissen wollt!
Bluetti EP600: Software
Die Bluetti EP600 bietet zahlreiche Möglichkeiten zur smarten Steuerung – wie bei den allermeisten aktuellen Energiespeichern fehlt allerdings auch hier ein direkter API-Zugang.
Gefällt uns:
- Per App steuerbar
- Laden und Entladen planbar
Gefällt uns nicht:
- Kein API-Zugang
Die Bluetti EP600 steuert Ihr über jene App, mit der Ihr auch andere Bluetti-Powerstations kontrolliert. Allerdings gibt es hier natürlich ein paar besondere Funktionen, die der Heimspeicher den kleineren Powerstations des Herstellers voraus hat – insbesondere, was die netzsynchronen Features angeht. So könnt Ihr beispielsweise die Ladeleistung aus dem öffentlichen Stromnetz festlegen und auch die maximale Einspeiseleistung anpassen – oder jeweils auch komplett deaktiveren.
Spannend ist außerdem die Möglichkeit, bestimmte Peak- und Off-Peak-Phasen festzulegen. Habt Ihr beispielsweise einen Stromtarif mit unterschiedlichen Arbeitspreisen, dann könnt Ihr der EP600 befehlen, zu den günstigen Zeiten Netzstrom zu laden und zur Versorgung Eures Haushaltes einzusetzen. Und zu teuren Zeiten wird dann bevorzugt der günstigere Strom aus dem Akku verbraten.
Leider bietet Bluetti – wie leider fast alle Heimspeicher-Hersteller – selbst keine Schnittstellen zu anderen Ökosystemen an und auch keine offene API. Damit ist es leider nicht möglich, bei einem dynamischen Stromtarif wie Tibber mit stundenweise unterschiedlichen Preisen direkt anhand der Preisinformationen des Herstellers den Akku intelligent zu laden oder zu entladen. Schade.
Aber: Die EP600 nutzt Bluetooth und damit das Kommunikationsprotokoll MQTT, und damit ist die Tür ein Stück offen. Denn mit einem MQTT-Server lässt sich quasi die Smartphone-App emulieren – und Ihr könnt theoretisch alles über beispielsweise IOBroker steuern, was auch über das Smartphone zu bedienen geht. Das wohl derzeit spannendste Projekt in diese Richtung stammt von Mario Lukas und ist hier auf Github einsehbar. Und damit sollte es dann doch wieder möglich sein, die offene API von Tibber direkt mit dem Entlade- und Ladeverhalten des Heimspeichers zu koppeln.
Ob und wie das funktioniert, werden wir bei nextpit in den kommenden Wochen und Monaten ausprobieren und dazu einen separaten Artikel verfassen. Stay tuned ;-)
Praxisbetrieb und Leistung
Die Bluetti EP600 erfüllt im Test ihre Versprechen. Je nach Einstellung in der App lädt sie brav Energie aus dem Netz oder speist Energie aus den Akkus ins Hausnetz ein. Auch der Notstrom-Betrieb inklusive USV-Feature funktioniert einwandfrei.
Gefällt uns:
- Zuverlässige USV-Funktion
- Relativ leise im Betrieb
Gefällt uns nicht:
- Spürbarer Standby-Verbrauch
Die Bluetti EP600 schlägt sich im Alltag zuverlässig. Je nach Einstellung in der App lädt oder entlädt sie. Dabei springt gelegentlich der Lüfter an, der mit 50 dB (Herstellerangabe) zwar deutlich zu hören, aber nicht übermäßig laut ist und mit seinem Rauschen auch nicht unangenehm klingt. Die maximale Ladeleistung über den Netzanschluss beträgt im Test laut Zähler rund 5.000 W. Um den Akku von 1 auf 90 Prozent zu bringen, dauert es im Test rund eine Stunde und 50 Minuten.
Bei unserer EP600 hängen am Backup-Kreislauf auch der gesamte Wohnbereich inklusive Herd und Backofen. Das bedeutet: Es ist im Backup-Betrieb recht einfach, hier die pro Phase zulässigen 2.000 W zu überschreiten, indem man einfach im Backofen die Grill-Funktion aktiviert. Dann schaltet die EP600 nach wenigen Sekunden wegen Überlastung ab, lässt sich aber nach Löschen des Fehlers in der App sofort wieder starten.
Ganz wichtig: Im Normalbetrieb tritt diese Überlastung nie auf, da die EP600 die maximale Ausgangsleistung von 2 kW pro Phase niemals überschreitet. Verbraucht Ihr auf einer oder mehreren Phasen mehr Energie im Haushalt, kommt der überschüssige Strom einfach aus dem Netz und die EP600 liefert eben die maximal möglichen 2.000 W.
Natürlich haben wir auch die USV-Funktion ausprobiert. Schalten wir die Hauptsicherung ab, übernimmt die EP600 nahtlos die Stromversorgung, ohne dass etwa Computer oder Smart-Home-Lautsprecher im Wohnbereich abschalten.
Ein Wort noch zum Eigen-Energieverbrauch der Bluetti EP600. Leider konnten wir diesen nicht direkt messen, doch der Hersteller beziffert diesen auf 64 W. Das ist schon ganz ordentlich und bedeutet rund 1,5 kWh pro Tag – oder 560 kWh pro Jahr. Je nachdem, wo Euer Strom so herkommt, mag Euch das stören oder auch nicht – im reinen Backup-Betrieb und bei 30 Cent pro kWh entspricht das jedenfalls knapp 170 Euro.
Energie geht dann schließlich auch bei jedem Umwandeln des Stroms vom Netz in den Akku und zurück verloren. Bluetti selbst beziffert die Effizienz für einen Roundtrip von Wechselstrom (Netz) auf Gleichstrom (Akku) auf Wechselstrom (wieder Netz) auf durchaus realistische 82 Prozent.
Zum Schluss noch ein ganz wichtiger Punkt: Bluetti gewährt Euch zehn Jahre Garantie auf die EP600. Und auch die in den B500-Akkus verbauten LiFePO4-Zellen sollten lange ihre ursprüngliche Kapazität aufrechterhalten: Bluetti verspricht nach 5.000 Ladezyklen noch mindestens 80 Prozent Kapazität – bei einem Ladezyklus pro Tag entspricht das knapp 14 Jahren.
Abschließendes Urteil
Die Bluetti EP600 ist ein gelungener, erster Heimspeicher des chinesischen Powerstation-Giganten – und macht wirklich Spaß. Die Liste der Funktionen und Ausstattungsmerkmale ist ellenlang, und der Outdoor-taugliche Speicher sieht auch noch echt schick aus. Während die App im Test gut funktioniert, gibt's aber dennoch noch Potenzial bei der Smart-Home-Integration. Hier würde ich mir wirklich wünschen, dass Bluetti sein System öffnet und eine API zur Verfügung stellt.
Was interessiert Euch beim Thema Heimspeicher und Energie allgemein? Welche Geräte sollen wir für Euch testen? Wir freuen uns auf Euren Input in den Kommentaren!
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