Wie Akku- und Datenspar-Apps in Android überflüssig wurden
Früher las man öfters von Android-Apps, die den Smartphone-Akku, das Datenvolumen und oder den internen Speicher buchstäblich weg fraßen. Doch um dieses Ärgernis ist es weitgehend still geworden. Denn der Android-Systemkern wurde verbessert, Google ist aber auch restriktiver geworden. Wir liefern Euch einen Überblick und eine Rückschau auf alte Sünder und den Schwindel derer, die eigentlich etwas verbessern sollten - um endlich mit alten Mythen aufzuräumen.
Zunächst reisen wir ins Jahr 2015. Es ist Juni, die aktuelle Android-Version ist 5.1.1 Lollipop. Sie läuft auf weniger als zehn Prozent der Android-Geräte. Im Internet wimmelt es von Artikeln und Foren-Beiträgen, in denen Nutzer ein gemeinsames Leid plagt: Einzelne Apps laufen auch nach dem Ausschalten des Smartphones weiter und belasten Akku oder Datenvolumen, im schlimmsten Fall sogar beides.
Der Anti-Virus-Entwickler AVG machte damals Schlagzeilen mit seiner Studie, die populäre Apps als Akku-Fresser entlarvt. Unter den Top-Einträgen waren damals auch Apps wie:
- Facebook / Messenger
- Spotify
- Snapchat
- Netflix
- Tumblr
- Weather & Clock Widget
- ESET Mobile Security & Antivirus
Im Jahr 2017 legte auch Avast eine solche Studie vor und kam zu ähnlichen Ergebnissen. Doch wie kam es zu derlei Ärger und wie kann es sein, dass es plötzlich so still um dieses Problem wurde?
Neue System-Richtlinien bekämpfen die Ursachen
Google hat die Ursachen des hohen Akku-Verbrauchs von im Hintergrund laufenden Apps analysiert und die Sache an der Wurzel gepackt. So hat Google mit Android 6 Marshmallow im Jahr 2015 den Doze-Modus eingeführt und in 2016 in Android 7 Nougat weiter verbessert.
Im Jahr 2018 hat Google dann angekündigt, dass künftig alle Apps im Play Store Android 8 als API-Target haben müssen. Konkret heißt das, dass neue Richtlinien verpflichtend gelten. Dazu zählt, dass Apps die neue Energie- und Datenverwaltung unterstützen müssen. Auch Firebase Cloud Messaging anstelle des veralteten Google Cloud Messaging müssen sie nutzen.
Kein Heilmittel ohne Nebenwirkungen
Was für spürbar mehr Akkulaufzeit sorgt, hat jedoch auch einen unerfreulichen Nebeneffekt: Etliche Apps mit wichtigen Hintergrunddiensten oder Benachrichtigungen können ihre Arbeit nicht mehr verrichten. Alarme treffen nicht oder zu spät ein, Musik-Streaming stoppt unverhofft. Lange Hilfeseiten wie beim Instant-Messenger Threema ranken sich um die neue Frage "Warum erhalte ich Nachrichten erst, wenn ich die App öffne?"
Denn sowohl Google selbst als auch Smartphone-Hersteller wie Samsung, Huawei, Xiaomi oder Sony haben erkannt, dass die neuen, systemseitigen Akkusparmethoden in vielen Fällen zu aggressiv vorgehen. Die längste Akkulaufzeit bringt nichts, wenn damit der Mehrwert eines Smartphones gegenüber einem herkömmlichen Handy aufgehoben wird.
Nutzer finden sich in umfangreichen, teils unübersichtlichen Menüs wieder, in denen ihre Smartphones ihnen unterschiedliche Optionen bieten, um Energie zu sparen. Teils werden wir sogar darüber benachrichtigt, wenn "eine App im Hintergrund viel Strom verbraucht." Es scheint, als verfolgten Altlasten uns.
App-Entwickler, die Googles Cloud-Dienste nicht nutzen wollen, stehen vor einem neuen Problem. Denn die mit Android 6 Marshmallow eingeführten Beschränkungen der Hintergrundaktivität von Apps sorgen für verzögerte Benachrichtigungen. Der Nutzer muss sich erst durch die Menüs in seinem Smartphone quälen, um die Option zum Optimieren des Akkuverbrauchs für jede App auszuschalten. Betroffen sind etliche Messenger- und Streaming-Apps.
Aus der Sicht weniger versierter Nutzer sieht es dann einfach so aus, als wäre die App kaputt. Wer also nicht bei Googles neuen Regeln mitzieht oder einfach nachgibt und deren Cloud-Dienste nutzt, riskiert, Nutzer zu verlieren.
Clean-Master, DU Battery Saver und Greenify im Jahre 2019
Doch ist es noch begründet, sich vor im Hintergrund laufenden Apps zu fürchten? Die Zeichen deuten klar darauf hin, dass Google die Probleme im Griff hat und solche Apps damit überflüssig sind. Doch im Play Store sind noch immer viele vermeintliche Optimierungs-Apps zu finden. Was können Clean-Master, DU Battery Saver oder Greenify noch ausrichten?
Es war natürlich schon immer zweifelhaft, ob diese Apps überhaupt einen Effekt habe. Sie hatten aber eine Daseinsberechtigung, schließlich verbrauchten Apps tatsächlich viele Ressourcen. Helfer-Apps von Cheetah-Mobile (Clean Master), DU Apps Studio oder Oasis Feng (Greenify) versprachen, verschwenderische Apps aufzuspüren und die von ihnen vergeudeten Ressourcen wieder verfügbar zu machen.
Was schon früher zu gut klang, um wahr zu sein, ist heute gemeinhin als Schmu entlarvt. Doch selbst das zumindest mit Root-Berechtigungen einigermaßen wirksame Greenify gilt unter anderem in der Community der XDA-Developers weitgehend als obsolet. Seine Wirkungsweise deckt sich quasi eins zu eins mit dem Doze-Modus aus Android.
Unter anderem in unserem Interview mit den Cheetah-Mobile-Verantwortlichen hatte sich herausgestellt, dass die Macher hinter derlei Apps lediglich Profit aus der Hoffnung sowie der Unwissenheit ihrer Nutzer schlagen.
Weniger ist mehr
Um diesem Markt mit der Hoffnung also Einhalt zu gebieten, musste Google selbst einschreiten und Android, wie oben beschrieben, im Kern verändern. Dies ging leider zu großen Teilen auf Kosten der Freiheit für App-Entwickler. Das Benachrichtigungssystem ist nun quasi zwingend an Google-Dienste gekoppelt. Nischenlösungen sorgen aufgrund der Hintergrundbeschränkungen neuerer Android-Versionen für Einschränkungen in der Nutzerfreundlichkeit.
Wir Nutzer sind dieser Entwicklung schutzlos ausgeliefert. App-Updates aus dem Play Store liefern seit November 2018 immerhin garantiert Apps, die neuere Standards erfüllen und Linderung geloben. Für die vermeintlichen Optimierungs-Apps und weitere App-Kategorien gilt mehr denn je: Finger Weg! In einem separaten Artikel haben wir Euch App-Kategorien aufgelistet, von denen Ihr ablassen solltet:
Und generell gibt es bei der App-Suche im Play Store ein paar Qualitätskritierien zu beachten. Beherzt Ihr unsere Tipps bei der Suche nach guten Apps im Play Store, bleibt Euch ebenfalls so mancher Frust erspart.
Haltet Ihr solche Optimierungs-Apps noch für nötig und nutzt sie? Habt Ihr sie je genutzt? Lasst es uns in den Kommentaren wissen.
Beim zu Bett gehen Gerät runterfahren und während des Tages nur bei Nutzung das Display aktiv hilft am besten bei der Verlängerung des Akkulaufzeit.
Wenn mir Leute ( keine Einsatzkräfte in Bereitschaft ) allen Ernstes sagen, dass sie während der "Nachtruhe" das Smartphone eingeschaltet lassen, kann ich nur an deren gesunden Menschenverstand zweifeln. Als Wecker ist das Smartphhone die schlechteste aller Möglichkeiten.
Ich habe eine Verständnisfrage. Im Artikel heißt es, dass ab Android 5 der Systemkern verbessert wurde und die Reinemache-Apps überflüssig wurden. Ist dann der Umkehrschluss richtig, dass Cleanmaster und ähnliche, die auf vielen Smartphones mit Android 4.x.x vorinstalliert waren, zumindest früher ein Mal (vor Lollipop) eine Daseinsberechtigung hatten und zumindest ab und an nützlich waren?
Beispiel: Auf dem alten Wiko Sunset 2 ist CleanMaster drauf und in der Werkseinstellung aktiv. Mein Eindruck war, ehrlich gesagt, dass es bei diesem mit wenig Speicher und eher gemütlicher CPU ausgestatteten Smartphone schon ganz praktisch war, auf Knopfdruck Apps zu beenden und Speicher freizugeben. Hätte man zwar freilich auch von Hand machen können, aber halt nicht so bequem, und mit ein paar parallel laufenden Apps im Hintergrund wurde die Bedienung bisweilen schon arg zäh….
Vielleicht ist das aber auch nur mein subjektiver Eindruck gewesen. Ich würde mich freuen, wenn jemand Fakten beisteuern könnte --- interessehalber. Vielen Dank schon jetzt dafür.
A) Neuer Artikel gesehen - OK ... schaun wir mal ... TOP.Kommentar, vor 7 Monaten ... AHA ... was ist da jetzt neu ?
B) Zum Thema selber : Habe mit dem HTC Desire angefangen mit Android - Laufzeit rund 5 Tage trotz 3h Musikhörens pro Tag, Spielereien in den Arbeitspausen oder mal alle 2 Tage neues ROM probieren. Danach Note 1, Note 4 und aktuell S8+ ... dazwischen ein Oukitel ... bis auf den Chinakracher (rund 10 Tage bei normaler Nutzung) ist die Laufzeit immer weiter eingebrochen. Viele funktionierende Apps, die zur Effizienz des Gerätes beigetragen hatten ( Timeriffic, Llama - um mal 2 zu nennen ) aus den genannten Gründen seitens Google nicht mehr lauffähig. Habe mich mal mit einem Entwickler unterhalten, was da intern abläuft - daher habe ich es aufgegeben, mich jemals mit der Programmierung für Android zu beschäftigen. Ich bin mittlerweile soweit, daß ich bei der nächsten Beschaffung eines Smartphones bei Beibehaltung dieser Politik seitens Google auf Android verzichten werde. Da ich Apple von Grunde aus ablehne - hatte genügend Zwangsdiensttelefone - wird es dann leider recht überschaubar.
Auch ein Weg, seine Kundschaft auszudünnen.
Was läuft denn intern in den Apps ab? Würde mich mal interessieren.
Verschiedene VPN APP, habe grade eine mit viel Mühe gelöscht, plötzlich was die immer Aktiv und lutsche meinen Akku leer und meine Daten fraß er auf. Was im Playstor ist, das wird immer gefährlicher und Google kuckt dumm zu...danke.
Hab bis zum Note 4 vor allem meine Samsung Smartphones immer gerootet und diese dann von alle den Systemapps befreit die ich nicht brauchte und wollte. Dann noch den Akku kalibriert und erzielte so sehr gute Laufzeiten. Huawei hat zb. einen Optimizer integriert.
Ich hab früher Greenify genutzt, um Apps schlafen zu legen. Brachte eine
etwas bessere Akkulaufzeit bei mir.
Seit Marshmallow und Doze aber überflüssig.
Clean-Master hatte ich auch mal getestet, das hat gefühlt mehr Ressourcen verbraucht anstatt sie freizugeben...
Solche Apps wurden nicht überflüssig, sie waren es schon immer...
Komisch 🤔, wenn Stromsparmodus und solche Apps überflüssig sind, warum findet man dann noch so ein Stromsparmodus bzw man wird ständig irgendwo drauf hingewiesen solch auch zu nutzen?
@Karsten, man muss schon unterscheiden zwischen einem Stromsparmodus der direkt vom Hersteller des Smartphones ins System integriert ist oder irgendwelche dubiosen Apps die einem mehr oder weniger nur Werbung ans Smartphone liefern wollen.
Egal, es wird auch so vorgeschlagen obwohl man es deaktivieren kann.
Interessanter Artikel.
MMn wird der Ladezustand in erster Linie vom Nutzer selbst verursacht, in zweiter Linie von der Akkugröße. Klingt banal, und das ist es auch.
Wenn ich mir so die Statistiken der App "AccuBattery" anschaue, verbrauche ich am Tag etwa 2000 bis 2500 mAh, unabhängig vom Gerät.
Die sinkenden Verbräuche pro Stunde kommen lediglich durch die immer größer werdende Kapazität der Akkus über die Jahre zustande.
"Ersparnisse" verschwinden im Rauschen bzw. werden durch immer größerer Displays mit immer höherer Auflösug aufgezehrt. Tatsächlich ließe sich nur eine sichere Aussage treffen, wenn man das gleiche Geräte vor und nach einer Aktualisierung des Betriebssysttems analysiert, bspw. beim Verbrauch über Nacht oder bei der Nutzung einer speziellen Software.
"Die Wirksamkeit so genannter Optimierungs-Apps war schon immer zweifelhaft." Diesen Satz im selben Absatz wie Greenify zu nennen ist schon ein starkes Stück und eine Beleidigung für den Entwickler. Dass die Wirksamkeit von Greenify gegenüber systemeigenen Optimierungen nahezu vernachlässigbar ist, mag schon sein, aber dies auch auf die Vergangenheit zu projizieren ist schon hart.
IMHO:
Instagram steht auch heute noch nach vier Jahren Nutzung und 2 Smartphones an der Spitze meiner Akkuverbrauchsstatistik mit bis zu 7% pro h/Tag! Also Bezüglich energiesparend...nix hat sich geändert. Außer vielleicht mein Nutzungsverhalten und das Alter meines Smartphones...
Auch wenn du es nicht benutzt?
Mein Nutzungsverhalten ist eher exzessiver geworden. Obwohl ich mich zwinge, täglich nur noch 2h mit IG zu vergeuden. :-(
Das ist schon eine Art Quadratur des Kreises. Einerseits möchte man die xxx Möglichkeiten des Smartphones auch nutzen. Kaum hat man das Gerät dementsprechend eingerichtet, wird man daran erinnert, wie Bequemlichkeit und Verfügbarkeit aller Goodies am knappen Energievorrat fleißig knabbert.
Und dann beginnt das Spiel mit der Reduktion. Bis man zur Einsicht kommt > pfeif drauf, lieber 1x öfter laden als Dies und Das einzuschränken.
Jo, jo > so san die Leit gg
Gruß vom Rudolf
Also ich muss sagen, dass sich das bei mir analog der Entwicklung von Android deutlich gebessert hat. Mittlerweile achte ich da tatsächlich praktisch überhaupt nicht mehr drauf. Das war früher eindeutig mal anders.
Manche Apps z. B. VoIP Client haben immer noch großen Energiedurst. Nur wenn benötigt wird die App geöffnet. Die Lite Versionen gehen sparsamer mit dem Akku um
Also bei vielen Herstellern merkt man eigentlich nicht, dass die Probleme dort an ser Wurzel gepackt wurde. Das merkt man vor allem dann, wenn der Standby-Verbrauch viel zu hoch ist und bei bspw. 3-5% pro Stunde liegt.
Gerade Samsung hat sich bei dem Thema über die Jahre stark verschlechtert, obwohl sie ja auch als Basis Android nutzen. Während das S7 Edge mit 3600 mAh und Android 6.0 locker bspw. 8-9h SoT geschafft hat, kommt das S9+ mit angeblich viel effizienterer Hardware oft nicht mal halb so weit...
Und das trifft auf viele Hersteller zu. Die Hardware wird angeblich von Jahr zu Jahr effizienter, trotzdem halten die oft immer noch gleichgroßen Akkus nicht länger, ergo die Software muss mehr verbrauchen.