Gorilla Glass: Die Geschichte von Cornings besonders robustem Glas
Ich bin sicher, dass Ihr den Begriff Gorilla Glass schon oft gehört habt. Aber habt Ihr euch schon mal gefragt, was das eigentlich ist? nexpit erklärt die Geschichte von Gorilla Glass, seit es Mitte der 2000er Jahre erstmals in Smartphones eingesetzt wurde, bis hin zur neuesten Version namens Gorilla Armor.
Zunächst einmal müsst Ihr wissen, dass Gorilla Glass eine Marke für gehärtetes Glas ist, die von einem Unternehmen namens Corning Inc. entwickelt wurde. Corning stellt auch andere Glasarten für andere Bereiche als Smartphones, Wearables und Handhelds her. Diese Produkte werden jedoch nicht unter dem Markennamen Gorilla Glass vermarktet.
Was ist Gorilla Glass?
Gorilla Glass wurde von Corning Inc. entwickelt und besteht aus einem Material namens Alkali-Aluminium-Silikat, das durch die Verbindung von Aluminium, Silizium und Sauerstoff entsteht. Corning begann Mitte 2005 mit der Entwicklung der Gorilla-Glass-Technologie. Sie wurde entwickelt, um Smartphones und Handhelds widerstandsfähig gegen Beschädigungen und Kratzer zu machen und gleichzeitig leicht und dünn zu sein.
Gorilla Glass war aber nicht Cornings erster Versuch in diesem Bereich. Ursprünglich unter dem Namen Chemcor bekannt, entwickelte der Hersteller weitere kratzunempfindliche Gläser. Diese kommen bei Hausgeräten, ophthalmologischen Geräten (Augenheilkunde), in der Fahrzeug-, Luftfahrt- und der Medizinbranche vor. Ironisch, wenn man bedenkt, dass Corning heute vor allem für sein Glas für Smartphones bekannt ist.
Obwohl Handys mit Corning Gorilla Glass weniger anfällig für Kratzer und Brüche sind, solltet Ihr bedenken, dass die Technologie Euer Handy (oder Tablet) nicht unzerstörbar macht. Wie bereits erwähnt, könnt Ihr Gorilla Glass als eine Technologie betrachten, die die Haltbarkeit Eures Smartphone-Bildschirms über lange Zeiträume hinweg erhöht und ihn bei versehentlichen Stürzen schützt.
In den folgenden Abschnitten sprechen wir über die verschiedenen Versionen von Gorilla Glass, angefangen bei der allerersten Variante, die 2006-2007 zusammen mit dem iPhone der ersten Generation auf den Markt kam, bis hin zu Gorilla Armor, das mit dem Galaxy S24 Ultra im Jahr 2024 debütierte.
Unterschiede zwischen den Gorilla-Glass-Versionen
Gorilla Glass 1
Die ersten Gorilla-Glass-Einheiten waren zwischen 2005 und 2006 fertig, aber erst mit dem iPhone kam das offizielle Debut. Das Apple iPhone wurde der Welt im Jahr 2007 präsentiert und das Glas war auf Verlangen des Herstellers ganze 1,5 mm dick und mit einem oleophoben Schutz überzogen. Letzteres erhöht die Resistenz gegen Fett und andere Rückstände.
Die Technologie kam aber schon damals nicht nur beim iPhone zum Einsatz. Davon zeugt die schiere Anzahl an Geräten, die schon mit der ersten Generation des Glases ausgestattet worden sind: Laut Corning waren es schon damals ca. 250 Modelle.
Gorilla Glass 2
In 2012 stellt Corning Inc. die neue Generation, Gorilla Glass 2, auf der CES vor. Das Glas blieb ähnlich stark, aber die Dicke wurde um 20% im Vergleich zur alten Version reduziert. In Tests hielt das neue Glas Gewichte von bis zu 50 kg ohne zu brechen aus.
Zu diesem Zeitpunkt waren schon ca. 600 Millionen Geräte mit Gorilla Glass ausgestattet. Da das neue Glas deutlich dünner war, konnten Hersteller entsprechend dünnere und leichtere Smartphones entwickeln. Das Samsung Galaxy S3 sind Beispiele für Smartphones, die mit Gorilla Glass 2 ausgestattet waren.
Gorilla Glass 3
Gorilla Glass 3 konzentrierte sich nicht wie der direkte Vorgänger auf die Dicke des Glases, sondern auf die Widerstandsfähigkeit. Diese Generation brachte die neue Native Damage Resistance (NDR) Technologie mit, die das Glas noch stärker gegen Kratzer schützen soll. Laut Corning sorgte die dritte Generation für 35 Pro weniger Kratzer auf dem Display.
Passend zur Versionszahl, machte Corning das neue Glas 3 mal stärker als seine Vorgänger. Dies wurde durch einen neuen Herstellungsprozess möglich. Corning stellt die neue Generation auf der CES 2013 vor und wurde bei Smartphones wie dem Samsung Galaxy S4, Moto G und Moto X vor.
Gorilla Glass 4
Mit Gorilla Glass 4 konzentrierte sich Corning erneut auf eine weitere Schwäche des Glases. Diesmal wurde in die Verstärkung des Glases investiert, da der Hersteller herausgefunden hatte, dass 70 Prozent der Schäden durch Stürze entstehen. So wurde Gorilla Glass 4 vorgestellt, das nun resistenter gegen eben solche Stürze sein sollte.
Nach Labortests war klar, dass Gorilla Glass 4 doppelt so stark war wie die Vorgänger. Natürlich kommt auch dieses Glas nicht an die Widerstandsfähigkeit eines ShatterSchield-Displays, welches in der Force-Editionen von Motorola seinen Einsatz findet. Als Beispiele der Smartphones, die mit Gorilla Glass 4 geschützt wurden, sind hier das Samsung Galaxy Note 5 und das Asus ZenFone 2 Laser zu nennen.
Leider hatte Corning sich aber zu sehr auf den Schutz gegen Stürze konzentriert und dabei den Kratzschutz scheinbar vernachlässigt. Schon kurz nach der Veröffentlichung der ersten Smartphones mit dem neuen Glas war klar, die neue Version hat ein Kratzerproblem. Tatsächlich hatte sich Huawei sogar entschieden, lieber Gorilla Glass 3 beim damals neuen Mate 9 zu verbauen, da es Kratzern einfach besser standhielt.
Gorilla Glass 5
Die fünfte Generation von Gorilla Glass - passenderweise Gorilla Glass 5 genannt - wurde 2016 veröffentlicht. Der Schwerpunkt lag auf einer noch höheren Widerstandsfähigkeit bei Stürzen und einer viermal höheren Festigkeit als bei der Vorgängerversion. Corning gab außerdem bekannt, dass Gorilla Glass 5 in Labortests Stürze aus einer Höhe von bis zu 1,6 Metern überlebt hat.
Gorilla Glass 5 soll auch weniger anfällig für Risse sein, selbst wenn das Handy auf extrem harte Oberflächen fällt. Gorilla Glass 5 wurde bei Produkten wie dem Samsung Galaxy Note 20 und dem Moto G 5G verwendet.
Im Jahr 2016 kündigte Corning außerdem sein erstes Produkt für Wearables an, das als Gorilla Glass SR+ bekannt ist.
Gorilla Glass 6
Das im Juli 2018 eingeführte Gorilla Glass 6 war ein echter Schritt nach vorne gegenüber der fünften Generation. Bei der Markteinführung gab Corning bekannt, dass es die neue Variante strengen neuen Testmethoden unterzogen hat. Das Ergebnis: Gorilla Glass 6 ist angeblich stark genug, um 15 aufeinanderfolgende Stürze auf harte Oberflächen (aus einer Höhe von einem Meter) zu überstehen. Es wurde als doppelt so stark eingestuft wie Gorilla Glass 5 und war noch einige Jahre lang bei Smartphones recht verbreitet.
Gorilla Glass DX/ DX+
2018 kündigte Corning neben Gorilla Glass 6 auch Gorilla Glass DX und DX+ an. Diese beiden Produkte sind für Smartwatches und Fitness-Tracker gedacht. Neben der Kratzfestigkeit und der Langlebigkeit war ein weiterer Faktor, auf den sich Corning bei Gorilla Glass DX konzentrierte, die bessere Sichtbarkeit im Freien.
Die neuen Gläser verfügen über eine Antireflexionsschicht, die laut Corning für bessere Sicht sorgt und gleichzeitig die Kratzfestigkeit verbessert.
Gorilla Glass Victus
Im Juli 2020 kündigte Corning mit Gorilla Glass Victus die Einführung seiner neuesten Version von Gorilla Glass für Smartphones, Tablets, Laptops und Wearables an. Mit diesem Produkt gab Corning auch das Nummerierungsschema auf, an das wir uns über die Jahre gewöhnt haben.
Laut Corning haben Labortests gezeigt, dass Gorilla Glass Victus einen Fallschutz aus einer Höhe von 2 Metern bietet (im Gegensatz zu 1 Meter bei Gorilla Glass 6). Außerdem ist es zwei Mal kratzfester als sein Vorgänger und bietet 4 Mal mehr Kratzfestigkeit als konkurrierende Technologien anderer Marken.
Gorilla Glass Victus 2
Der Nachfolger des Gorilla Glass Victus ist das Victus 2, das Anfang 2023 für die Samsung-Galaxy-S23-Reihe vorgestellt wurde. Die wichtigste Verbesserung der zweiten Generation von Gorilla Glass Victus ist die Widerstandsfähigkeit gegen raue Oberflächen. Solche Oberflächen wie Beton und Asphalt haben scharfe und zerklüftete Felsen und Sand, die für Displays tödlicher sein können als flache Böden.
Laut Corning sollte das Gorilla Glass Victus 2 einen Fall aus einem Meter Höhe auf einen Betonboden überstehen, ohne zu zerspringen, im Gegensatz zu anderen Aluminosilikatgläsern, die nur für 0,5 Meter ausgelegt sind.
Gorilla Armor
Das neueste Gorilla Armor wurde mit dem Samsung-Galaxy-S24-Ultra (Test) im Januar 2024 eingeführt. Das Glas bietet eine vergleichbare Widerstandsfähigkeit wie Gorilla Glass Victus 2, verwendet aber ein neues Material, das die Reflexion auf dem Glas um 75 Prozent reduziert. Diese Änderung führt zu einer deutlich besseren Lesbarkeit auf dem Gerät.
Gorilla Glass 7i
Im Gegensatz zum Gorilla Glass Victus 2 besteht das neue Gorilla Glass 7i, das ebenfalls 2024 auf den Markt kam, aus Lithium-Aluminium-Silikat-Glas. Es ist billiger in der Herstellung als reine Aluminosilikatgläser.
Das neue Panel ist für den Einbau in Budget- bis Mittelklasse-Smartphones gedacht, bietet aber trotzdem eine beeindruckende Robustheit und Schutz. Dementsprechend ist es kratzfester als Gorilla Glass 6 und kann einen Fall aus einem Meter Höhe auf einen Asphaltboden überstehen.
Hat mein Handy Gorilla Glass?
Die meisten Hersteller geben in den detaillierten Spezifikationen an, welche Art von Gorilla Glass verwendet wird, und ein kurzer Blick in die Spezifikationen sollte Euch alle nötigen Details verraten. Es gibt jedoch auch einige Hersteller, die die Art des verwendeten Gorilla-Glases nicht klar angeben.
In einem solchen Fall müsst Ihr vielleicht ein bisschen recherchieren, wenn Ihr wirklich wissen wollt, welche Variante von Gorilla Glass euer Handy hat. Corning führt eine Liste der Produkte, die Gorilla Glass verwenden, auch wenn sie nicht vollständig ist. Schaut sie Euch hier an.
Es ist auch wichtig zu wissen, dass Corning nicht das einzige Unternehmen ist, das gehärtetes, kratzfestes Glas für Smartphones herstellt. Cornings wichtigster Konkurrent in diesem Segment ist Asahi (das kürzlich in AGC umbenannt wurde). Dieses Unternehmen stellt sein kratzfestes Glas unter dem Markennamen "Dragontrail" her.
Habt Ihr schon herausgefunden, welche Version von Gorilla Glass in eurem Smartphone verwendet wird?
Dieser Artikel wurde zuletzt im Juni 2024 mit neueren Generationen aktualisiert.
Danke für den Artikel. War schon lange nicht mehr auf dem Stand der (Glas-)Technik. Interessant fäde ich auch die Test- bzw. Laborbedingungen unter denen die ganzen Angaben getestet wurden. Aber da wird sich wohl niemand so richtig auf die Finger schauen lassen.