HTC U11+ im Kamera-Test: Mit toller Bildqualität gegen die Software-Riesen
Auch ohne Dual-Camera will das HTC U11+ die Bildqualität der großen Rivalen von Apple und Samsung übertrumpfen. Schlecht sind die Voraussetzungen nicht: Im U11+ steckt der gleiche Bildsensor wie in der zweiten Pixel-Generation. Dazu kommt ein prall gefülltes Datenblatt mit Schlagworten wie „Ultrapixel 3“, „Ultraspeed Autofokus“ und „HDR-Boost“. Es ist an der Zeit für einen ausführlichen Kamera-Test.
Die Fakten: Was für Kameras hat das HTC U11+?
Wie gesagt: Hardwareseitig ist das Smartphone gut aufgestellt. HTC nennt das Kamerasystem Ultrapixel 3, der Bildsensor mit der Bezeichnung IMX362 stammt allerdings von Sony. Die Auflösung beträgt 12 Megapixel, die Pixel auf dem 1/2,55 Zoll großen Chip sind mit 1,4 Micron relativ groß. Große Pixel sind günstig, denn mit mehr Fläche sammelt der Sensor mehr Licht, und das verbessert die Bildqualität.
Mit einer Blende von F1.7 ist die Kamera des U11+ vergleichsweise lichtstark. Sollten bei Schwachlicht längere Verschlusszeiten erforderlich sein, reduziert ein optischer Bildstabilisator die Verwacklungsgefahr. Weiterhin steht ein Dual-LED-Flash für dunkle Umgebungen bereit, der sein Licht der Farbtemperatur der Umgebung anpasst.
Fans von künstlichen Bokeh-Effekten werden allerdings enttäuscht. Weder verbaut HTC eine zweite Kamera, um anhand einer Tiefenkarte den Hintergrund weichzuzeichnen, noch nutzen die Taiwaner den Dual-Pixel-Autofokus des Sony-Sensors für diese Funktion. Letzteres macht etwa Google bei Pixel 2 und Pixel 2 XL, die auf den gleichen Chip setzen. Eine spürbare Tiefenunschärfe lässt sich beim U11+ nur bei Makro-Fotos provozieren.
Auf der Vorderseite gibt es schließlich noch eine 8-Megapixel-Knipse für Selfies. Hier gibt es eine F2.0-Blende und einen diagonalen Bildwinkel von etwa 85 Grad. Aufs Kleinbildäquivalent umgerechnet, entspricht das etwa 24 Millimetern und ist einen Hauch weitwinkeliger als die Hauptkamera. Im Gegensatz zur 12-Megapixel-Cam auf der Rückseite verzichtet die Front-Cam auf einen Autofokus. Angesichts des sehr kleinen Bildsensors ist dies allerdings auch nicht nötig: Bei einer echten Brennweite von 2,51 Millimetern ist ohnehin fast alles scharf – von etwa 40 bis 50 Zentimetern Entfernung bis ins Unendliche.
Fotoqualität beim U11+: nur eine echte Schwäche
Beim Kopieren der Fotos vom HTC U11+ auf den Rechner fällt auf: Die JPEG-Dateien sind mit bis zu 7,5 MByte bei komplexen Motiven vergleichsweise groß. HTC hat mit 90 Prozent nämlich eine eher wenig aggressive Kompressionsstufe gewählt, was die Fotos durch eine wirklich hervorragende Detailwiedergabe danken. Wo diverse Konkurrenten nur Matsch liefern, erhält das U11+ auch feine Details in beispielsweise Blättern oder Ornamenten.
Die Farben überzeugen ebenfalls. Die Fotos wirken gleichzeitig kräftig und natürlich, und der automatische Weißabgleich leistet zuverlässig gute Dienste. Hauttöne gibt die Kamera ebenfalls schön wieder. Bei Tageslicht schießt das HTC U11+ unterm Strich wirklich schöne Bilder.
Das ändert sich leider ein wenig unter schlechten Lichtverhältnissen. Unter schwachem Kunstlicht ist der automatische Weißabgleich nicht mehr ganz so sattelfest und driftet dann gerne mal in Richtung Gelb oder Grün ab. Grundsätzlich bleibt die Bildqualität jedoch auch bei schlechten Lichtverhältnissen noch ordentlich: HTC schafft es, das Rauschen auch im vierstelligen ISO-Bereich noch im Griff zu behalten.
Die Farbwiedergabe lässt sich durch ein händisches Anpassen des Weißabgleichs korrigieren. HTCs Kamera-App bietet hierzu im Pro-Modus einen Schieber für die Farbtemperatur. Glühlampen-Licht etwa entspricht circa 2.700 Kelvin.
Die einzige Schwäche leistet sich das HTC U11+ in Sachen Dynamik. Die vom Hersteller HDR Boost getaufte HDR-Automatik reicht einfach nicht an die Ergebnisse heran, wie sie Google mit der aktuellen Pixel-Generation und HDR+ vorlegt. Zwar ist der Dynamikumfang mit aktiviertem HDR Boost spürbar verbessert, jedoch gibt es teilweise Probleme mit Halos, Geisterbildern und dem typisch fahlen überzogenen HDR-Look.
Ich hatte häufig dann einfach den HDR-Modus deaktiviert. Bei kontrastreichen Motiven sind dann jedoch öfters überbelichtete Bildbereiche zu sehen, die dann doch schmerzlich daran erinnern: Ja, dieses Foto wurde mit einem Smartphone geschossen. Wer sich die Mühe mit dem RAW-Format im Pro-Modus macht, wird mit einer spürbaren Verbesserung des Dynamikumfangs belohnt.
Selfies mit dem HTC U11+: Mini-Sensor, Mini-Dynamik
Die Selfie-Kamera hat HTC gegenüber der Hauptkamera merklich abgespeckt. Hier werkelt ein 8-Megapixel-Sensor, der nicht nur in puncto Auflösung, sondern auch in Sachen Fläche dem rückseitigen Modul deutlich unterlegen ist. Zwar verrät HTC selbst den Chip nicht, doch aus Sichtfeld-Angabe von 85 Grad im Datenblatt und der Echtbrennweite von 2,51 Millimetern in den EXIF-Daten lässt sich auf ein ungefähres Sensorformat von 1/3,6 bis 1/4 Zoll schließen.
Die gute Nachricht zuerst: Die Frontkamera profitiert von den Bildverarbeitungsalgorithmen und liefert wirklich schöne Farben bei guten Lichtverhältnissen. Doch die geringere Sensorfläche macht sich bei der Dynamik bemerkbar, sodass es bei nur halbwegs kontrastreichen Motiven schnell zu überstrahlten Bildbereichen kommt. Der HDR-Modus lässt sich im Selfie-Modus leider nur auf „Automatisch“ oder „Aus“ setzen – ein Forcieren ist nur bei der Hauptkamera möglich.
Abgesehen davon bietet HTC im Selfie-Modus noch die obligatorische Make-Up-Funktion. Es gibt hier keine Möglichkeit, die Intensität des Effekts einzustellen. Positiv fällt aber auf, dass sich der Beauty-Filter vornehm zurückhält und keine so überdrehten Ergebnisse liefert wie manch ein Konkurrent.
HTC U11+ mit guter Videoqualität
Die obigen Absätze zur Fotoqualität lassen sich auch auf die Videoqualität übertragen: Tagsüber gefallen die Clips mit feinen Details und schönen Farben. Der Bildstabilisator arbeitet beeindruckend gut und stabilisiert auch beim Laufen hervorragend.
Allerdings machen sich auch hier immer mal wieder überbelichtete Bildbereiche bemerkbar. HDR-Video unterstützt das HTC U11+ derzeit nicht. Bei schlechten Lichtverhältnissen tritt ein zunehmendes Bildrauschen auf den Clips auf, und der automatische Weißabgleich verliert an Zuverlässigkeit. Einen Pro-Video-Modus gibt es leider nicht.
Schließlich bietet das HTC U11+ noch eine Reihe von Spezialfunktionen. Die Hyperlapse-Funktion erzeugt bildstabilisierte Zeitraffen-Aufnahmen, was beispielsweise bei Spaziergängen oder Fahrradfahrten ansprechende Ergebnisse liefert. Leider ist die Auflösung hier auf 1.280 x 720 Pixel beschränkt, und die Aufnahmen wirken etwas detailarm und weisen etwas überzogene Mikrokontraste auf.
Weiterhin gibt es noch eine Zeitlupen-Funktion, die das Geschehen vor der Kamera stark verlangsamt auf den digitalen Film bringt – nämlich mit 120 Bildern pro Sekunde. Für gute Aufnahmen ist hier viel Licht erforderlich, ansonsten macht sich ein starkes Bildrauschen bemerkbar. Die Auflösung hält das U11+ hier jedoch bei Full-HD, die Detailwiedergabe bei guten Lichtverhältnissen ist gut.
HTCs Kamera-App: einfach, aber gut
Seit dem Erscheinen des U11 hat HTC seiner Kamera-App einen neuen Anstrich verpasst, der mir persönlich sehr gut gefällt. Die App ist einfach strukturiert und überfrachtet den Nutzer nicht mit Funktionen – gleichzeitig dürften die meisten Anwender mit den Möglichkeiten wunschlos glücklich sein.
Positiv fällt an dieser Stelle noch der schnelle Autofokus auf, den HTC selbst als „UltraSpeed“ bezeichnet. Hier dürfte insbesondere der Dual-Pixel-Autofokus des verbauten Sony-Sensors eine große Hilfe sein. Probleme mit fehlfokussierten Fotos traten im Test nicht auf.
Fazit: Die Software macht den Unterschied
Auch beim Kamera-Test des HTC U11+ zeigt sich wieder einmal, wie wichtig heutzutage die Software ist. Android selbst ist für alle Hersteller verfügbar, und ähnliches gilt für Sonys Bildsensoren. Zwar stellt gerade der Sony-Sensor eine grundsolide Grundlage dar, und das U11+ zaubert wirklich schöne Fotos aus dem Sensor. Doch dort, wo die Software den größten Unterschied macht, wird eben jener zwischen HTC und den ärgsten Konkurrenten deutlich.
Die Entwicklung der Kamera-App hat Google inzwischen von Android entkoppelt und auf die Smartphone-Hersteller geschoben. Im Zeitalter der Computational Photography sind das keine guten Nachrichten für „die Kleinen“. Gegen Samsung, Apple und Google anzukommen, wird immer schwieriger. Noch ist der Unterschied nicht groß – aber leichter wird es in den nächsten Jahren sicherlich nicht.
HTC U11+ Kamera: Bewertung
Pro | Contra |
---|---|
- Schneller Autofokus | - Mittelmäßiger Dynamikumfang |
- Tolle Detailwiedergabe | - fehleranfälliger HDR-Modus |
- Ausgezeichnete Farben |
Ich benutze eine HTCU11 seit Juli 2017 und bin im Allgemeinen sehr zufrieden, vor allem mit der Kamera und der Edge-Sense-Funktion beim filmen (zoomen). In wiefern wurden die Photo u. Videofunktionen verbessert ? Ist das erkennbar ? Wer kann mich hier informieren? Danke !
Ein informativer und m.M.n gut verständlicher Bericht. Danke schön
Tolles Gerät, könnte ich mir als Nachfolger für mein jetziges Gerät vorstellen.
Hi James,
danke dir an dieser Stelle für deinen Kommentar zum wirklich interessanten Artikel und dein positives Feedback. Du machst dir also gerade Gedanken über ein neues Gerät. Was sind denn hier für dich noch wichtige Entscheidungsfaktoren?
Sehr interessanter Bericht. HTC macht zur Zeit was die Kamera betrifft eine sehr gute Arbeit. Ich hoffe nur das diese hohe Qualität bleibt und weiter ausgebaut wird. LG hat sich leider seit den G4/g5 kontinuierlich eher verschlechtert. Eine Dual Kamera kann das ganze noch zusätzlich erweitern in der Funktionalität.
Hallo Peter, das freut uns natürlich zu hören. :) Welches Smartphone nutzt du denn derzeit eigentlich?
Bin ein riesen HTC-Fan und verdiene meine Geld lange im Mobilfunkthema. Trotzdem muss ich C. F. mal wieder Recht geben.
Es hilft nichts, wen sich die Fans, Profis und Commuity täglich neue Informationen neu einführen, der Kunde aber keinen Bezug dorthin findet. Denn der Kunde zahlt die Entwicklung über die ersten Käufe.
Netzstabilität, Updates, Speicher, Sturzschäden, Akkuleistung... Und natürlich die Qualität der Kamera außerhalb der Quantenphysik
das interessiert,
Hi Sascha, toll, dass wir dich zu unseren Fans zählen dürfen. Es gibt natürlich auch andere Themen rund um HTC und der Smartphonewelt: https://www.androidpit.de/100-tage-mit-dem-htc-u11. Hast du zu unseren aktuellen HTC-Modellen vielleicht sogar Fragen? Dann frag uns gerne. :)
„Ultrapixel 3“, „Ultraspeed Autofokus“ und „HDR-Boost“
Ultra....Boost....Wenn ich das schon lese. Klingt wie bei Wimperntusche die "Millionizer-Bürste" oder bei Geschirrspülertabs "Quantum" oder "Gold". Das sind Begrifflichkeiten, mit denen der Nutzer nichts anfangen kann. Außer dass man vielleicht seine geschätzte Aufmerksamkeit erweckt, was die Absicht des sich gleich zückenden Geldbeutels nach sich ziehen soll.
Würd ich nicht so sehen. Auch wenn der normale Nutzer mit den Begriffen nicht unbedingt etwas anfangen kann, so stehen diese Begriffe für Leistung, Schnelligkeit, Kraft und super Qualität. Solche Begriffe gibt es bei anderen Herstellern auch. Lg nannte ihre Displays Quantum Display, und Samsung ihre Displays aktuell Infinitiy. Die Begriffe die HTC hier verwendet suggerieren einem das es eine super Kamera sein muss. Was in dem Fall sogar stimmt.
Hab gerade heute einen Bericht einer Einsteiger fujifilm Kamera gelesen. Hier wurde auch das Wort "minimalistisch" in der Ausstattung verwendet. Obwohl eigentlich "Funktionell preislich eingespart" genauso gut gepasst hätte. Hört sich nur Marketingtechnisch blöder an.
LG nannte/nennt seine Displays Quantom, weil sie beim G4 auch auf dieser Technologie, nämlich Quantum Dots, basiert haben...
Natürlich haben meist diese technischen Ausdrücke auch einen technischen Hintergrund, wie eben bei LG. Was ich damit sagen wollte ist das sich Quantum Display besser und interessanter anhört als LCD Display.
Abgesehen davon war diese Quantum Technik bei LG sowie Mist. Ein/und Nachbrennnen des Displays waren leider die Folge.
Hi C.F., danke für deine ehrliche Meinung zu den Begriffen, die dir teilweise eine Gänsehaut verleihen :) Wir finden den Artikel sehr gut und informativ. Stören dich allein nur die Begriffe oder fehlt dir hier noch etwas anderes?