Qualcomm-Chef im Interview: "Europa hat verstanden, wie wichtig 5G ist"
Während des Qualcomm AI Day 2019 in San Francisco konnten wir uns mit dem Präsidenten des Unternehmens, Cristiano Amon, unterhalten. Mit einer kleine Gruppe europäischer Journalisten sprach Amon über 5G, KI im Automobilsegment, Huawei und dem laufenden Streit mit Apple. Hier erfahrt Ihr, was der Qualcomm-Chef zu sagen hatte.
Qualcomm hat den ersten Teil des AI Day damit verbracht, seine Vision für die Zukunft der Künstlichen Intelligenz zu präsentieren. Erstmals vorgestellt wurde der neue Cloud AI 100, ein 7-nm-Beschleuniger, der die KI auf die Serverseite des Computings bringt, sowie drei neue Snapdragon-Chipsätze für die Mittelklasse. Es wurde auch viel über 5G und die Cloud gesprochen. In unserem Roundtable hatten wir die Möglichkeit, herauszufinden, was Amon über das Geschehen in Europa denkt.
Wer führt das Rennen um 5G in Europa an?
Cristiano Amon sieht "keine signifikante Lücke zwischen dem 5G, das in Südkorea und den USA eingesetzt wird", zumindest was den Stand der Technologie betrifft. Er drückte seinen Stolz aus, dass die Hersteller im Gegensatz zu 4G den eigentlichen Netzen für die fünfte Generation der mobilen Vernetzung voraus sind. Aber wer führt die Rangliste in Europa an?
"Wenn Sie mich fragen, wo sind die Länder innerhalb Europas, die sich schneller entwickeln, würde ich sagen, Großbritannien, Italien und die Schweiz", sagt Amon. Danach sagt er, dass Deutschland der den Spitzenreiter am nächsten ist. Er bestätigt auch, dass Qualcomm an Treffen mit Europäern teilgenommen hat und dass die Dringlichkeit von 5G in Europa jetzt verstanden wird - nicht nur von den Betreibern, sondern auch von den Regulierungsbehörden und den Regierungen.
Und das ist eine große Sache, denn, wie Amon es ausdrückt, "dies ist das erste Mal, dass die Mobilfunkindustrie (nicht die Telekommunikationsindustrie) eine Allzwecktechnologie für die Gesellschaft beisteuert".
Amon erklärte, dass die Situation heute anders sei als bei 4G, wo alle mehr oder weniger auf dem gleichen Niveau waren und das Rennen um die Abdeckung stattfand, weil bei 5G nicht alle gleich sind: "Wenn wir über hohe Geschwindigkeiten sprechen und Sie wirklich 'drahtlose Glasfaser' zu den Geräten bringen, werden sich die Betreiber, die tatsächlich das Glasfasernetz haben und verbreitet genug sind, deutlich von denen unterscheiden, die es nicht tun". Er sagt auch, dass er private Einsatzzwecke von 5G erwartet und dass die Betreiber sehr flexibel sein werden, um dies zu ermöglichen.
Was bedeutet es, eine Künstliche Intelligenz in den Händen zu haben?
Amon erklärte, dass man die Rechenleistung und den Prozessor im Smartphone, dazu 5G und die sogenannte Edge Cloud bereits in den Händen hat. Anders als die große Cloud wird die Edge Cloud diejenige sein, die in der Lage sein wird, das Beste aus den Low-Latency-Funktionen von 5G herauszuholen. Die Grenzen scheinen etwas zu verschwimmen, wenn wir in eine noch vernetztere Zukunft gehen.
KI wird Leben retten
Im Hinblick auf die Zukunft der Mobilität glaubt Cristiano Amon, dass 5G und mehr Autonomie einen großen Einfluss auf die Sicherheit haben werden. Warum? Künstliche Intelligenz wird es dir nicht erlauben, ein schlechter Fahrer zu sein.
"Es geht darum, das Verhalten zu betrachten. Normalerweise passieren Unfälle, wenn jemand aus der Fahrspur ausschert oder über eine rote Ampel fährt oder der Fahrer nicht aufpasst oder auf sein Handy schaut, und die KI kann eine grundlegende Verbesserung der Sicherheit dieser Autos sein. Bei dem, was wir im Cockpit machen, geht es darum, den Fahrer zu überwachen."
Qualcomms Antowrt auf das Huawei P30 Pro und seine Low-Light-Fotos?
Cristiano Amon wurde mitgeteilt, dass viele Europäer gerade ihre Kirin-980-angetriebenen Huawei P30 Pro bekommen und von dem, was das neue Huawei Flaggschiff leisten kann, beeindruckt, vor allem in Sachen Low-Light-Fotografie. Amon zuckt kurz zusammen, ist aber nicht besonders beeindruckt.
"Viele der neuen Produkte, die mit dem Snapdragon 855 erhältlich sind, werden das ganze Jahr über erscheinen. Sie werden ziemlich beeindruckt sein von dem, das wir mit schlechtem Licht machen können."
Er fügt hinzu, dass das eigene ISP-Design "extrem solide" ist und dass man sich die End-to-End-Lösungen ansehen muss, einschließlich der Kameramodule und Sensoren, die mit dem SoC zusammen verwendet werden: "Man wird großartige Telefone mit 48 Megapixel, drei Kameras, Zoom und Low-Light-Fotografie sehen, die noch besser sein werden als das, was mit dem P30 Pro möglich ist".
Die unvermeidliche Apple-Frage
Der anhaltende Rechtsstreit zwischen Qualcomm und Apple musste irgendwann aufkommen. Das Ende, so scheint es, könnte in Sichtweite sein. Amon: "Was wir sagen, ist, dass 2019 das Jahr ist, in dem wir eine Lösung für unseren Streit mit Apple erwarten. Entweder durch einen Vergleich oder durch das Gericht. Wir sind ziemlich zuversichtlich, dass wir in diesem Jahr eine Lösung haben."
Cristiano war nicht gerade schüchtern, über das Thema zu sprechen, er hatte allerdings auch viel Übung, bot aber seine immer bekanntere Linie an, um die Diskussion schnell zu beenden.
"Wir konzentrieren uns auf unser Unternehmen und die Dinge, die wir kontrollieren können. Sie wetten nie gegen eine neue drahtlose Generation, und jeder, der ein Marktführer im Bereich Wireless sein will, insbesondere mit führenden Flaggschiffgeräten, muss mit den Anführern bei 5G zusammenarbeiten. Wir konzentrieren uns darauf, uns als Marktführer bei 5G zu etablieren. Wenn Apple entscheidet, dass es in ihrem besten Interesse ist, mit Qualcomm zusammenzuarbeiten, wegen dem, was wir bei 5G können, dann haben sie unsere Nummer."
Was haltet Ihr von den Kommentaren von Qualcomm-Präsident Cristiano Amon zu 5G in Europa, dem Anspruch der Snapdragon-855-Kamera und den Chancen auf eine Lösung mit Apple in diesem Jahr?
5G wird auf Androidpit dahingestellt, als ob es alles ändern wird! LOL
Wird es nicht? :P
Nein, wird es nicht.
Das würde ich so nicht unterschreiben. Für viele Bereiche wird es entscheidende Vorteile bringen, mal ganz abgesehen von Smartphone und Tablet.
"Wird es nicht?"
Doch, die Elektrosmogbelastung im Mikrowellenbereich wird sich drastisch erhöhen.
Viele Bereiche sind aber längst nicht alles! Natürlich wir um 5G ein riesen Tantam gemacht, und viele so genannte Experten behaupten, Länder die den Ausbau nicht stark forcierten, würden wirtschaftlich zurückfallen usw. Dabei fällt auf, dass das zwar viele behaupten, aber kaum mal jemand nachvollziehbar begründet, warum das so sein sollte.
Schließlich gibt es für alle denkbaren Anwendungsfälle Alternativen, d.h. die mit 5G in Verbindung gebrachten neuen Entwicklungen, wie autonomes Fahren, vernetzte Fahrzeuge, IoT und sogar KI sind alle älter als 5G und würden allesamt auch ohne und unabhängig von 5G stattfinden.
Selbst die EU-Gremien setzen derzeit bei der Fahrzeugvernetzung auf WLAN und für die meisten industriellen IoT-Anwendungen gibt es die Alternativen LoRa und Sigfox. Smartphones und Wearables gibt es auch ohne 5G schon, und für solche Anwendungen braucht man auch keine riesige Bandbreite, selbst wenn es viel mehr davon in Zukunft geben sollte. Prinzipiell wird also 5G fast gar nichts ändern, graduell allerdings schon. So dürften sich viele der genannten Entwicklungen durch 5G beschleunigen und mancherorts vielleicht daher auch erst möglich werden, weil vielleicht Alternativen z.B. für IoT dort nicht zur Verfügung stehen. Die Technologie für Fahrzeugvernetzung ist dabei eine rein politische Entscheidung, die freilich unter dem Einfluss von Lobbyisten fallen wird.
Auch die vielbeschworene Mikrowellenbelastung könnte viel geringer ausfallen, als derzeit befürchtet. LTE-Funkzellen könnten in Deutschland auch schon 2,5 Gigabit/s schaffen, sind aber fast nirgends mit mehr als 150 MBit/s ausgebaut. Das liegt nicht an der ohnehin zugekauften Technik, sonder offenbar daran, dass sich mehr Bandbreite gar nicht an den Mann bringen lässt, jedenfalls nicht zu den Preisen, die den Providern vorschwebt. In den Bändern im Frequenzbereich von 24 bis 30 Gigahertz, die im übrigen noch gar nicht Gegenstand der gegenwärtigen Versteigerung sind, werden Datenraten von bis zu 10 GB/s möglich sein, sie sind allerdings auch Voraussetzungen für derart hohe Datenraten.
Wenn sich solche Datenraten aber nicht gewinnbringend vermarkten lassen werden, dann werden sie auch nicht oder nur regional begrenzt angeboten, d.h. aber, diese Frequenzen würden auch nicht überall genutzt.
Auch die verpflichtende Ausbauquote von 98% bezieht sich auf die Bevölkerung und nicht die Fläche, so dass am Ende ca. 30% der Fläche weiter nicht abgedeckt sein werden, die letzten Milchkannen werden sich also mit LoRa oder Sigfox begnügen müssen.
Davon abgesehen kosten solche Verbindungen über 5G auch stets Gebühren, die einigen angedachten Anwendungen schon jetzt absehbar das Genick brechen werden.
Natürlich machen die jetzt einen riesen Hype um das neue Netz, die sich neue Geschäftsmodelle davon versprechen, wie Autohersteller, letztlich kann aber davon ausgegangen werden, dass hier aus einer Mücke ein Elefant gemacht wird, auch wenn es eine Monstermücke ist, die böse stechen kann.
Der Qualcomm Chef sagt 5G ist wichtig. Was soll er denn sonst sagen? Wäre er Chef eines Restaurants, wäre ihm das eher schnuppe.
Europa mag es verstanden haben aber Deutschland nicht. Nicht mal wie wichtig 4G ist.
Ich glaube schon, dass Deutschland weiß, wie wichtig 5G ist. Das Problem ist vielmehr, dass wir uns mit Geschwindigkeit sehr schwer tun – und zwar ganz allgemein und nicht nur die Politiker.
Das weiß Deutschland zumindest unsere Bundesregierung nicht, man hat sich dazu entschieden die Frequenzen teuer zu versteigern, die Netzbetreiber geben Milliarden dafür aus, und haben später "kein Geld" um das Netz auch auszubauen.
Das hatten wir damals bei UMTS auch schon, aber hier heißt es leider Gier frisst Hirn seitens der Regierung.
Man hätte die Verteilung der Frequenzen auch anders Regeln können, und die Netzbetreiber hätten mehr finanzielle Mittel gehabt um das Netz wirklich auszubauen.
Und die Netzbetreiber holen sich das Geld von uns wieder, mit völlig überteuerten Preisen für Verträge. Und gleichzeitig gibt die Bundesregierung das Geld wieder an die Mobilfunkbetreiber als Subvention um den Netzausbau zu finanzieren.
Ich würde eher sagen: Mobilfunk ist Neuland für uns.
@Sebastian B.
Lass dir solch einen Unsinn doch nicht von den Mobilfunkanbietern erzählen!
Bleiben wir einmal bei den Fakten und klammern das Jammern der Anbieter aus. Eine Versteigerung von Frequenzen wurde und wird in vielen Ländern durchgeführt und da sind die Kosten für die Kunden enorm geringer. Auch bei weitaus schwierigerer Topografie wie z. B. in Österreich wurden Frequenzen versteigert und die Preise für die Kunden weitaus niedriger.
Und es gibt sogar einen eindeutigen Beweis, dass die hiesigen Mobilfunkanbieter satt sind: bevor die Frequenzversteigerung startete, klagten unisono alle potentiellen Anbieter gegen die Auflagen - ergo verdienen sie mit 3G und 4G noch genug Geld, um bei 5G erst gar nicht einsteigen zu müssen.
Schau dir mal die Geschäftsberichte der hiesigen Anbieter an. Die Kosten für die Frequenzen waren im Nu wieder drin. Und wer weiß, welche Möglichkeiten solche Ausgaben bei der Steuer haben können...
@König Frankl
Dass die Netzbetreiber auf hohem Niveau jammern ist mir klar, trotzdem tun sie es. Aber ich bin halt auch der Meinung dass unsere Bundesregierung eben nicht verstanden hat wie es gehen kann und sollte.
Bundesregierung und Netzbetreiber schieben sich da gegenseitig den schwarzen Peter zu, getreu dem Motto schuld sind immer die anderen.
@Sebastian B.
Ich gehe jede Wette ein, dass die Kosten für den Endverbraucher keinen Cent weniger werden, selbst wenn die Frequenzen verschenkt würden und die Mobilfunkmasten mit dazu. Der Trickle-down-Effekt wird hier nicht ziehen, denn es würden weitere Gründe gesucht (und gefunden), um die Preise artifiziell hochzuhalten.
Passt nicht direkt dazu, aber ich schreibe es trotzdem:
Wenn man sich einmal ansieht, welche riskanten Geschäfte die Telekom bzw. die Tochterfirmen bspw. in den USA tätigten, ist es kein Wunder, dass die Preise hier hoch sind, weil in Bonn die Firma ihren Hauptsitz hat. Bei den dabei eingefahrenen Verlusten erscheinen die Kosten für die Frequenzen als Peanuts.