Unistellar eQuinox 2 im Test: smartes Teleskop für Einsteiger
Sterngucken ist per se kein einfaches Hobby. Man braucht eine gute Ausrüstung, gute Wetterbedingungen, Zeit und vor allem eine geringe Lichtverschmutzung. Und: Man muss wissen, wo man hinschauen soll. Das Unistellar eQuinox 2 verspricht, die beiden letztgenannten Probleme zu lösen, und zwar mit einem motorisierten Smart-Teleskop, das über das Smartphone gesteuert werden kann und seine Bilder mit bis zu zehn Geräten gleichzeitig teilt. Wie sich das eQuinox 2 in der Praxis schlägt, lest Ihr im nextpit-Test.
Pro
- Schönes Design
- Auch inmitten der Lichter der Stadt nutzbar
- Einfach zu bedienen
- WLAN für gemeinsames Sterngucken
Contra
- Kein Live-View auf den Nachthimmel
- Teuer
Auf den Punkt gebracht
Es ist wichtig, im Voraus zu erwähnen, dass ich ein blutiger Anfänger bin, wenn es um Astronomie geht. Nicht nur das, ich bin immer noch erstaunt darüber, wie Menschen sich Sternbilder merken und sie im Nachthimmel zeigen können. Diese Enthusiasten sind wohl die Zielgruppe für das eQuinox 2. Für erfahrene Astronomen ist das Unistellar-Einsteigermodell vermutlich eine Nummer zu klein.
Was bekommt Ihr hier also? Das Unistellar eQuinox 2 ist ein autarkes, intelligentes Teleskop mit eingebautem Akku und Speicher, das eine ganze Weile autark in der Natur arbeitet. Es ist ideal für alle, die so weit wie möglich von Lichtverschmutzungsquellen wie den nächtlichen Stadtlichtern entfernt sein wollen. Aber auch im Zentrum von Berlin ist das Sterngucken kein Problem: Unistellar nutzt Computational Photography, um die Lichter der Stadt herauszufiltern.
Trotz des modernen, aber dennoch vertrauten Formfaktors hat das eQuinox 2 im Gegensatz zu einem traditionellen Teleskop keinen optischen Sucher. Stattdessen nutzt es eine Smartphone-App, die sowohl für Android als auch für das iPhone erhältlich ist, um Live-Ansichten anzuzeigen und die Blickrichtung zu steuern. Außerdem bietet die App eine Reihe von smarten Funktionen, um sichtbare Objekte zu finden und Informationen über diese zu finden.
Das eQuinox 2 ist mit einer UVP von 2.499 Euro eine ordentliche Investition. Das smarte Teleskop kommt mit einem stabilen (und notwendigen) Stativ, einem Netzteil und Werkzeug zum Einstellen des Teleskops. Für ein umfassenderes – und teureres – Erlebnis bietet Unistellar das eVscope 2 an, das über eine höhere Auflösung und ein optisches Okular verfügt.
Unistellar eQuinox 2: Design und Verarbeitung
Das eQuinox 2 ist ein großes, wunderschönes Gerät mit einem modernen und schlanken Design und einer echt schönen Verarbeitung. Mit einem Gewicht von 9 kg ist das Teleskop für ein batteriebetriebenes Gerät mit Motor nicht besonders schwer. In Verbindung mit dem mitgelieferten stabilen Stativ ist es auch bei leichtem Wind für den Einsatz im Freien geeignet.
Vorteile:
- Gute Verarbeitungsqualität
- Wirklich schönes Design
Nachteile:
- Reinigung erfordert eine gewisse Demontage
- Für den Transport ist ein Rucksack erforderlich
Das eQuinox 2 hat ein minimalistisches Design mit nur einem einzigen, leicht zu erreichenden Knopf an der Seitensäule. Zum Aufladen des Teleskopakkus gibt es einen USB-C-Anschluss, an den auch eine Powerbank oder eine Powerstation angeschlossen werden kann, um längere Beobachtungen zu ermöglichen. Für zusätzlichen Komfort verfügt das Gerät auch über einen USB-A-Anschluss, um Euer Smartphone aufzuladen.
Das mitgelieferte Stativ hat eine maximale Höhe von einem Meter, und enthält eine Wasserwaage zur präzisen Nivellierung. Für den Transport bietet Unistellar einen optional erhältlichen Rucksack an, der mit 359 Euro kein Schnäppchen ist. Wollt Ihr das Teleskop an entlegene Orte mitnehmen, solltet Ihr das entsprechende Budget einplanen, denn der dicke Aufbewahrungskoffer ist eher für den Weg von der Abstellkammer zum Balkon gedacht.
Bei einem Gerät, das für den Einsatz im Freien konzipiert ist – auch wenn die Benutzer/innen es bequem per WLAN und App-Steuerung von der Couch aus nutzen – muss darauf geachtet werden, dass der Spiegel sauber bleibt. Dazu müsst Ihr die Anweisungen im technischen Handbuch (auf dieser Seite verfügbar) befolgen. Der Reinigungsvorgang beinhaltet das vorsichtige Abnehmen des Spiegels und die Reinigung der Oberfläche mit Druckluft (nicht pusten bitte!).
Unistellar eQuinox 2: Software
Das Einrichten des eQuinox 2 ist einfach, wenn auch nicht ganz selbsterklärend. Aber selbst die Kalibrierungs- und Fokussierungsschritte können von Anfängern – wie mir – leicht erledigt werden.
Vorteile:
- Sehr leichte Bedienung
Nachteile:
- Keine Live-Vorschau des Nachthimmels in der App
- Kein einfacher Export von RAW-Dateien
Der erste Schritt nach dem Aufladen und Einschalten des eQuinox 2 ist das Öffnen der App, die dann die Meldung anzeigt: "Looking for an eVscope..." (Suche nach einem eVscope...). Ihr seht hier nicht nur den falschen Modellnamen anzeigt, sondern gleichzeitig versucht die App auch, das WLAN-Netzwerk des Teleskops zu finden. Verbindet Euer Smartphone also hier manuell mit dem WLAN-Netzwerk, das das eQuinox 2 aufspannt. Anschließend wechselt die App dann direkt in den Bedienermodus.
Die App fordert den Zugriff auf Geolokalisierungsdaten an, um eine Vorstellung von den sichtbaren Objekten in der Umgebung zu bekommen, und Ihr solltet auch die Höhen- und Azimuteinstellungen vornehmen, um das Sichtfeld des Geräts zu berücksichtigen (Nachbargebäude, eigenes Wohnzimmer, Bäume usw.). Danach sollte das eQuinox 2 eine schnelle Sensorkalibrierung und schließlich einen Orientierungsscan durchführen, um die sichtbaren Himmelskörper automatisch zu identifizieren.
Nachdem wir die Einrichtung hinter uns gebracht haben, müssen wir den Fokus mit der Bahtinov-Maske einstellen. Das hört sich beängstigend an, ist aber ganz einfach, wenn Ihr den Anweisungen in diesem YouTube-Video folgt. Es wird empfohlen, jedes Mal, wenn Ihr das Stativ bewegt, die Schärfe einzustellen und die Stativhöhe zu überprüfen. Ihr könnt den Unterschied auf den Bildern unten sehen.
Jetzt, wo wir fertig sind, könnt Ihr mit einem digitalen Joystick in der App auf Sternenjagd gehen. Das wahre Highlights des eQuinox 2 liegt aber in seinem Katalog-Tab. Die Seite zeigt eine Liste der sichtbaren Objekte entsprechend Eurem Standort und der Position des Teleskops an. Ihr könnt Euer Bildschirmmenü nach Nähe oder Objekttyp filtern – Planet, Asteroid, Galaxie, Nebel, Sternhaufen, Stern, Komet oder andere. Leider sind hier keine von Menschenhand geschaffenen Objekte dabei. Die Internationale Raumstation beispielsweise lässt sich also nicht verfolgen – trauriges Gesicht.
Der Katalog enthält zusätzliche Informationen für Anfänger und fortgeschrittene Astronomen, mit Beschreibungen für einige der über 5.000 Objekte. Wenn das Objekt gerade am Himmel zu sehen ist, zeigt die App einen GoTo-Button an, mit dem das eQuinox 2 seinen Spiegel automatisch in die richtige Richtung richtet.
Wenn Ihr ein Objekt in Sichtweite habt, könnt Ihr es mit der Kamerataste direkt fotografieren. Ein weiteres Highlight der Unistellar-Teleskope ist die Funktion Enhanced Vision, die Ihr über die Schaltfläche "Sterne" links neben der Katalogverknüpfung erreicht. Dabei werden die Bilder übereinander gelegt, um nicht nur eine Langzeitbelichtung des Himmels zu machen, sondern auch um das Bild mit Hilfe von Computational Photography zu filtern und zu bearbeiten.
Während des Prozesses verfolgt das Teleskop das Objekt automatisch und vermeidet so die komplizierten Einstellungen, die nötig sind, um Euer Ziel über den Nachthimmel zu verfolgen. In der erweiterten Sicht könnt Ihr die Kamerataste drücken, um die aktuelle Aufnahme zu speichern. Diese wird in zwei PNG-Dateien gespeichert, eine davon mit grundlegenden Informationen zu den Koordinaten, der Belichtungszeit, dem Datum und dem Objekt.
Die eQuinox 2 speichert zudem auch RAW-TIFF- und FITS-Dateien. Zum Test-Zeitpunkt kann man auf diese Dateien jedoch nur zugreifen, wenn man den internen Speicher direkt auf die Unistellar-Server hochlädt und die RAW-Bilder innerhalb eines Zeitfensters von 30 Tagen über den Kundensupport anfordert. Das RAW-Format mag für Neulinge nicht viel bedeuten, bietet für die die Bearbeitung von Bildern aber viel weitreichendere Möglichkeiten. Auch die koordinierten "Bürgerastronomie-Funktionen", die auf der Registerkarte Wissenschaft verfügbar sind, sind spannend, erfordern aber den Umweg über das Unistellar-Team.
Eine Funktion, die ich als absoluter Neuling vermisst habe, war eine Live-Ansicht des Nachthimmels, angereichert mit Informationen – so wie es die diversen AR-Skyview-Apps bieten. Außerdem werden Fire-Tablets leider nicht unterstützt. Wir haben das ignoriert und versucht, die App auf einem Fire-HD10-Modell zu installieren, aber es kam zu Abstürzen. Bis zu zehn unterstützte Geräte können gleichzeitig mit dem eQuinox-2-Teleskop verbunden werden, wobei eines als Bediener und die anderen als Beobachter fungieren. Schließlich gibt Unistellar die Akkulaufzeit des eQuinox 2 mit 11 Stunden an. Damit dürftet Ihr auch durch eine lange Winternacht kommen.
Praxistest in der Stadt
Die eQuinox 2 hat einen 6,2-Megapixel-Sensor (2880 × 2160) mit einer Brennweite von 450 mm und einem Öffnungsverhältnis von f/4. Verglichen mit der Smartphone- und Kamerawelt mag die Pixelzahl wenig erscheinen, trifft aber einen Sweetspot mit Brennweite und Detailwiedergabe. Und der große Vorteil: Ihr müsst nicht händisch eine Kamera ans Telekom dranflanschen.
Da sich meine Erfahrung in der Astronomie auf ein sehr einfaches Noname-Teleskop beschränkt, habe ich keinen wirklichen Vergleichspunkt, um die Bildqualität des eQuinox 2 zu beurteilen. Wenn man jedoch bedenkt, dass die Beobachtungen in Berlin gemacht wurden – wenn auch am Stadtrand – übertreffen die Ergebnisse unsere Erwartungen.
In der Galerie oben seht Ihr ein paar Beobachtungen, die in verschiedenen Nächten und mit längeren Belichtungszeiten mit der Einstellung "Erweiterte Sicht" gemacht wurden. Leider war es uns während des Testzeitraums nicht möglich, das eQuinox 2 abseits von jeglicher Lichtverschmutzung zu testen, was noch einmal bessere Ergebnisse bringen sollte.
Auf einem der gestapelten Bilder kann man sehen, dass während der 16-minütigen Aufnahme ein leuchtendes Objekt im Sichtfeld des Teleskops vorbeigezogen ist und einen Lichtstreifen auf dem aufgenommenen Bild hinterlassen hat. Es bleibt zu hoffen, dass die zunehmende Anzahl von Kommunikationssatelliten zukünftige Beobachtungen nicht ruiniert. Hier würde eine Himmelskarten-App mit Satellitenverfolgung wahrscheinlich helfen, dass Euch ein Satellit den Pferdekopfnebel "photobombt".
Abschließendes Urteil
Das Unistellar eQuinox 2 ist ein leistungsstarkes und unterhaltsames Smart-Teleskop, das die Erweiterbarkeit und die langwierigen Vorbereitungsschritte herkömmlicher Teleskope gegen einen festen, gebrauchsfertigen Ansatz eintauscht, der für Einsteiger geeignet ist.
In der Praxis bedeutet das, dass wir (in der Mehrzahl) auf einem großen Smartphone-Bildschirm (oder Tablet) Dinge sehen können, die das bloße Auge nicht sehen kann, darunter weit entfernte Planeten und sogar Satelliten. Und das alles, ohne dass wir uns irgendwo auf einem Feld die Beine in den Bauch stehen. Im Gegenteil: Wir saßen drinnen warm und gemütlich auf dem Sofa.
Allerdings wird für dieses Privileg eine saftige Summe verlangt, und wir können uns vorstellen, dass ein Teil des Spaßes für ernsthafte Astronomen darin besteht, am Teleskop herumzuschrauben und zu drehen – und es über Jahre hinweg zu warten und weiter aufzurüsten. Das eQuinox 2 hingegen bietet ein Erlebnis, das einfach funktioniert® und das nicht nur leicht einzurichten ist, sondern auch mit anderen geteilt werden kann, z. B. mit meinen neugierigen nextpit-Kollegen.
Wenn Ihr das nötige Budget habt, fällt es mir leicht, Euch das eQuinox 2 zu empfehlen – vor allem, wenn Ihr es in der Stadt benutzen wollt. Die Bildverarbeitung war ebenso beeindruckend wie die einfache Bedienung. Und obwohl das Gerät nicht erweiterbar ist, können auch fortgeschrittene Nutzer mit den Community- und Bürgerastronomie-Funktionen der Unistellar-App spannende und erweiterte Features finden.
Keine Live View? Ja, dann kann ich genauso gut mir dir Bilder aus dem Internet pflücken.
Ob man das "Smart" Teleskop auch noch in 10 Jahren mit der App bedienen kann steht wahrscheinlich in den Sternen🙃
Für deutlich weniger Geld empfehle ich eher ein traditionelles Refraktor Teleskop, wenn möglich nicht Made in China.
Zum Beispiel ein Takahashi FOA-60. Sowas kauft man nur EINMAL im Leben 😉
[Google übersetzt]
Für die Funktion der App ist keine Netzwerkverbindung erforderlich (nur zwischen dem Teleskop und dem Smartphone, die beide vom Internet getrennt werden können). Theoretisch sollte die App also weiterhin nutzbar sein, solange sie auf einem kompatiblen Gerät installiert ist.
Aber ja, Software- und Firmware-Updates hängen von der Existenz des Unternehmens ab.
[English reply]
The app doesn't require a network connection to work (only between the telescope and the smartphone, which can both be disconnected from the internet). So theoretically, as long as the app is installed on a compatible device, it should still be usable.
But yeah, software and firmware updates rely on the company's existence.