Niu RQi Sport im Test: Ausfahrt mit dem E-Motorrad für B196er-Führerscheine


Auch in der Motorradwelt haben sich die elektrisch angetriebenen Modelle auf dem Markt festgesetzt. Und in der sehr beliebten 125er-Klasse habe ich mir die Niu RQi Sport angeschaut. Denn mit einer einfachen Zusatzausbildung kann auch jeder Autofahrer das E-Motorrad fahren. Einfach die B196-Erweiterung machen und schon könnt Ihr umsteigen.
Pro
- Flüsterleise
- Starker Antritt
- Tolle Ausstattung
- Souveränes Fahrwerk
- Erwachsener Auftritt
Contra
- Wenig Reichweite
- Begrenzte Power ab 70 km/h
- Recht teuer

Niu RQi Sport: Preis und Verfügbarkeit
Der Preis von 7.500 Euro ist bei der Niu RQi Sport der wohl heftigste Kritikpunkt. Dafür bekommt Ihr im Verbrennerbereich bereits Motorräder mit dreimal so viel Leistung und Reichweite. Aber eben ohne umweltfreundliche Technik, Launch-Control und dem Elektro-Punch ab Drehzahl 1.
Niu RQi Sport: Design und Verarbeitung
Bei E-Motorrädern kommt es auf einen Kompromiss zwischen Leistung, Reichweite und Preis an. Hier will Niu die beste Mitte für den Großstadt-Biker geschaffen haben. Mit gut 100 km Reichweite, 108 km/h Spitze und einem Preis von knapp 7.500 Euro geht es in den Test.

Die Niu RQi Sport macht am Straßenrand einen ausgesprochen erwachsenen Eindruck. Auf den ersten Blick könnte man unter dem sportlich-kantigen Design durchaus eine deutlich kraftvollere Maschine vermuten. Die robuste Upside-Down-Gabel und die massiven Hinterradschwingen lassen bereits erahnen, dass das Fahrwerk einiges zu bieten hat. Und die anerkennenden Blicke der Passanten sprechen für sich: Brembo-Bremsen, ein modernes Display als Tacho und ein stylisches Ringlicht im Frontscheinwerfer sorgen für erstaunte Gesichter.

Niu RQi Sport: Performance
Der positive Eindruck setzt sich auch bei der ersten Probefahrt mit der Niu RQi Sport auf der Straße fort. Sogar entgegenkommende Motorradfahrer zollen Respekt mit dem klassischen Gruß – ein klares Indiz dafür, dass es sich zumindest optisch um ein ernstzunehmendes Bike handelt.
- Spritziges E-Dirtbike für Klasse B im Praxistest
Schon beim ersten Herausfahren aus dem Hof überrascht die Maschine mit spürbarem Punch. Obwohl sie der 125er-Klasse zugeordnet ist, gibt’s beim Antritt einen durchaus merklichen Schub. Richtig spannend wird es, wenn man die Launch-Control aktiviert: Dann beschleunigt die Niu RQi Sport mit ordentlich Wumms bis auf rund 50 km/h. Die Aktivierung ist simpel: Ihr drückt erst einen unscheinbaren Knopf am rechten Lenker, gleichzeitig zieht Ihr den linken Bremshebel und dreht den Gasgriff voll auf. Sobald die Bremse losgelassen wird, entfesselt der Motor seine volle Kraft. Das sorgt für ein breites Grinsen, zieht allerdings ordentlich am Akku. Nach jedem dieser Power-Starts folgt deshalb eine kurze "Cool-Down-Phase", die auf dem Display mit einem Countdown angezeigt wird.

Hat man in der Stadt genug Autos und mächtige Harleys an der Ampel hinter sich gelassen, führt der Weg irgendwann auf die Landstraße – und dort zeigt sich dann doch die begrenzte Leistung. Ab etwa 60 bis 70 km/h nimmt der Vortrieb merklich ab, und darüber hinaus wird es zunehmend zäh. Spontane Überholmanöver sollte man daher gut abwägen und stets das Geschwindigkeitslimit der Maschine im Blick behalten. Auf der Autobahn habe ich es auf eine Höchstgeschwindigkeit von 108 km/h gebracht. Damit ist klar: Die RQi Sport ist, wie vom Hersteller beabsichtigt, eher ein quirliger Stadtflitzer als ein Langstrecken-Tourer.
Zwischen Präzision und Pulsbeschleunigung
Doch Leistung ist nicht alles – und genau hier spielt die Niu RQi Sport in urbanem Umfeld ihre wahren Stärken aus: Wendigkeit, agiles Fahrverhalten und präzises Handling. Das E-Motorrad überzeugt mit einem spritzigen Charakter und lässt sich dabei erstaunlich unkompliziert bewegen. Die Lenkerenden liegen beim Aufsitzen wie selbstverständlich in der Hand, und trotz eines Gewichts von über 150 Kilogramm wirkt das Handling angenehm leichtfüßig. Auch Umsteiger aus dem Auto – dank der B196-Erweiterung mittlerweile ohne großen Aufwand möglich – finden sich hier problemlos zurecht. Gleiches gilt fürs Bremsen: Die Brembo-Scheiben sorgen für eine kräftige Verzögerung, die dank ABS nicht nur sicher, sondern auch besonders einsteigerfreundlich ist.

Trotz des überzeugenden Fahrwerks und der starken Bremsen gibt es auch ein paar Kritikpunkte an der Niu RQi Sport. Die Rückspiegel fallen für breitere Fahrer etwas zu kurz aus, was die Sicht nach hinten einschränkt. Außerdem gibt es ein softwarebasiertes Feature, das man stets im Hinterkopf behalten sollte: Sinkt der Akkustand unter 17 Prozent, drosselt das System automatisch die Höchstgeschwindigkeit auf unter 50 km/h. Vor allem außerorts oder auf der Autobahn sollte man diesen Energiesparmodus mit einkalkulieren. Wer also nicht plötzlich zum rollenden Hindernis für 40-Tonner oder eilige Landwirte werden möchte, sollte dem Akku regelmäßig Aufmerksamkeit schenken.

Niu RQi Sport: Akku
Die beiden Akkus der Niu RQi Sport sind unter der Tankattrappe untergebracht – und echte Brocken. Jeder der Energiespeicher bringt stolze 23 Kilo auf die Waage und lässt sich zwar entnehmen, aber das ist leichter gesagt als getan. Für kleinere oder zierlichere Personen kann das zur echten Herausforderung werden. Die Akkus müssen nicht nur über den Rand des „Tanks“ gehoben werden, sondern sind obendrein ziemlich lang – man hebt sie also mindestens auf Schulterhöhe. Bei diesem Gewicht ist das alles andere als angenehm und definitiv kein Kinderspiel.

Zum Glück lassen sich die Akkus der Niu RQi Sport auch direkt im Motorrad aufladen. Dafür wird ein Ladekabel samt dickem Adapter benötigt, der ebenfalls einiges an Gewicht mitbringt. Der Ladevorgang von 0 auf 100 Prozent dauert in diesem Setup stolze 7 Stunden. Wenn Ihr die Akkus jedoch herausnehmt und sie mit einem Ladeadapter und Splitter zu Hause aufladet, verkürzt sich die Ladezeit auf etwa 4 Stunden. Beides sind keine besonders schnellen Zeiten, was Niu nicht gerade in Ruhm erstrahlen lässt. Die Reichweite von 100 km ist jedoch durchaus realistisch – zumindest im dynamischen Fahrmodus. Wechselt man auf Sport und spielt ein bisschen zu viel mit der Launch-Control und den Sprintwettbewerben an der Ampel, schrumpft die Reichweite auf 70 bis 80 km.
Abschließendes Urteil
Die Niu RQi Sport ist ein mutiges E-Motorrad, das zweifellos mit einigen Stärken punktet. Die hervorragende Ausstattung, das spritzige Fahrgefühl und das exzellente Fahrwerk machen sie besonders für den urbanen Einsatz zu einer echten Freude. Features wie die Launch-Control und die vielseitigen Lademöglichkeiten sind ebenfalls erwähnenswert und tragen zum insgesamt positiven Eindruck bei. Käufer sollten sich jedoch bewusst sein, dass die RQi Sport für den Stadtverkehr konzipiert wurde – die Autobahn oder ausgedehnte Sonntagsfahrten gehören nicht zu ihrem natürlichen Terrain. Wer das berücksichtigt, erhält jedoch ein bemerkenswert ausgereiftes E-Motorrad, das mit vielen technischen Raffinessen und Spielereien aufwartet.