Sinine
Stört dich denn das tatsächliche Datenabgreifen und -Sammeln durch WA an sich oder hauptsäclich dass WA via seiner AGB versucht etwaige negative rechtliche Konsequenzen von sich fernzuhalten und dem Nutzer aufzubürden?
Weder noch! Wenn Du wirklich verstanden hättest, würdest diese Frage nicht stellen.
Es stört mich, dass mein verfassungsmässiges Grundrecht, die informationelle Selbstbestimmung unterwandert wird!
Ich erlaube extra nicht, dass meine Telefonnummer in elektronische Verzeichnisse aufgenommen und von meiner Telefongesellschaft zu Werbezwecke vermarktet werden darf, indem ich die entsprechenden Passagen im Vertrag nicht angekreuzt habe.
Jetzt wird diese Erlaubnis aber von Leuten erteilt, die dazu gar nicht befugt sind und ich habe gar keine Kontrolle darüber, was Facebook mit meinen Daten anstellt. Noch schlimmer, es gibt Leute, die wissen noch nicht einmal, dass ihre Nummern reihenweise an Facebook übermittelt werden.
Heute ist es "nur" die Telefonnummer und ich bekomme irgendwann Werbeanrufe, vor denen ich mich schützen wollte. Aber morgen sind es wohlmöglich alle Daten, mit denen ich in den Telefonbüchern stehe. In Summe mehr, als die Infos in den einzelnen Telefonbüchern und mehr als ich selbst individuell an andere Unternehmen bereit bin, preiszugeben:
- Familienname
- Vorname
- Geburtsname
- Spitzname
- Privatadresse
- Nebenwohnsitz
- Arbeitgeber
- Adresse des Arbeitsplatzes
- Position im Unternehmen
- Geburtstag
- Jahrestage
- Verwandtschaftsverhältnisse
- alle Telefonnummern
- Notizen, die alles mögliche umfassen können
Es stört mich weiter, dass die Anwender von WhatsApp in der breiten Masse das nicht sehen oder, wenn man es ihnen sagt, es ignorieren. Mit anderen Worten, sie nicht nur mit ihren eigenen Daten schluderig umgehen, sondern auch noch mit den Daten anderer.
Was das Letztere angeht: Das ist zwar ziemlich frech von WA, aber ich bin mir nicht sicher, ob das letztendlich überhaupt wirkliche Relevanz hat. Denn nicht alles was in AGB hineingeschrieben wird, ist auch tatsächlich rechtlich wirksam, insbesondere nicht wenn es sich auf der Gegenseite um Verbraucher handelt.
Was in den AGB steht, wird zunächst gemacht, ganz egal, ob es zulässig ist oder nicht. Die Unzulässigkeit muss zunächst von einem Gericht festgestellt werden. Verfahren dazu laufen und Facebook ist aktuell vorübergehend die Verwendung der so erhobenen Daten verboten.
WhatsApp ist hingegen die Weitergabe nicht verboten, weil WhatsApp hier gar nicht rechtlich einfach fassbar ist.
Sollte entschieden werden, dass WhatsApp sehr wohl rechtlich fassbar ist oder die Passage unzulässig ist, sind fünf bis zehn Jahre vergangen. Bis dahin sind seitens Facebook Fakten geschaffen worden.
Diese Fakten werden uns allen auf die Füße fallen! Denn Gesetze sind in einer Demokratie ein Spiegel der Ansicht der Bevölkerung und hinken zeitlich hinterher. Deshalb gib es Paragraphen, über die wir den Kopf schütteln und Rechtslücken in anderen Bereichen.
Aus diesem Grund sage ich, wir könnten heute gegenüber WhatsApp und Facebook unsere Meinung zum Ausdruck bringen, wenn uns die AGB-Passage nicht passt, indem wir den Account löschen. Ein Grund wird abgefragt. Tatsächlich geben wir aber - bewusst oder unbewusst - zu erkennen, dass Unterwanderung der Informationellen Selbstbestimmung gar nicht so schlimm ist und dieses Grundrecht abgeschafft werden kann.
Ein anderer Punkt ist, dass bei uns Vertragsfreiheit herrscht. Das bedeutet, egal, ob ein Passus rechtlich OK ist oder nicht, hat ihn jeder Nutzer akzeptiert und muss daher auch die Konsequenzen daraus tragen. Das hat der Prozess in Bad Hersfeld gezeigt. Dabei ging es eigentlich um einen Sorgerechtsstreit und nur "nebenbei" wurde der Mutter ihr Versäumnis zum Verhängnis.
Grundsätzlich kann jeder WhatsApp-Nutzer von betroffenen abgemahnt und im Wiederholungsfall bestraft werden. Die Frage ist nur, wer verklagt schon wegen soetwas und wie sollen die Beweise gesichert werden? Und das ist letztlich das Perfide von WhatsApp und Facebook. Glaubt nur nicht, denen ist das nicht bewusst! Die haben viele teuer bezahlte, gut informiere Anwälte in der ganzen Welt.
— geändert am 23.01.2018, 23:37:33