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Zu Besuch bei Qualcomm: Daran forscht der Chip-Entwickler

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© nextpit

Wir durften in San Diego beim wohl bedeutendsten Hersteller von Android-Prozessoren in die Labore schauen. Dabei erfuhren wir spannende Details zu den Neuerungen, die der Snapdragon 835 mit sich bringt. Der Rundgang deckte wichtige Kernbereiche der Chip-Entwicklung bei Qualcomm ab.

Benchmarks sind nicht aussagekräftig und Qualcomm-Chips sind Plattformen und keine Prozessoren. Das sind zumindest die ersten beiden Aussagen, mit denen wir beim Besuch in San Diego konfrontiert wurden. Um diese zu untermauern, zeigt uns der Chip-Designer einige seiner Labore.

An jeder Station dieser Tour durchs Qualcomm-Hauptquartier lernten wir einzelne Entwicklungsziele anhand der dort gezeigten Technologien kennen. Es handelt sich dabei um die folgenden Disziplinen, zu denen Ihr direkt springen könnt:

Mehr Akkulaufzeit ohne größeren Akku

Im ersten Labor sahen wir zwei Testeräte; eines mit Snapdragon 820 aus dem Jahr 2016, eines mit Snapdragon 835. Aus beiden stehen Kabel hervor, die mit einem Power Monitor der Marke Monsoon gekoppelt werden. Die Monitore dahinter, erklärt uns der Laborleiter Johnny John, sollen zeigen, wie viel Strom aktuell aus dem Akku fließt.

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Laborleiter Johnny John demonstriert die reduzierte Leistungsaufnahme. / © NextPit

Beide Geäte werden vor unseren Augen Stresstests unterzogen. Der erste ist eine Virtual-Reality-Demo. Das Gerät mit dem 2016er Prozessor zieht dabei 1 Ampere aus dem Akku. Das Snapdragon-835-Gerät braucht hingegen nur 680 Milliampere bei ebenfalls 3,7 Volt, also 32 Prozent weniger Leistung. Rein rechnerisch könnten also Smartphones, die bisher drei Stunden VR-Gaming mit einer Akkuladung durchhielten, jetzt vier Stunden durchhalten.

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VR-Gaming im Stromtest. / © NextPit

Der zweite Stresstest ist Video-Aufnahme in UHD. Mit 970 statt 1.300 mA ist das immerhin ein Viertel länger. Hier komme die Ersparnis aus der optimierten Video Engine. Qualcomm arbeitet schon seit einigen Snapdragon-Generationen mit Video Engines, die Multimedia-Formate effizienter verarbeiten als die CPU.

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Der Snapdragon 835 ist viel kleiner als der 820. / © NextPit

Dass oben gezeigten Beispiele der Energieersparnis vielleicht einfach an dem neuen Fertigungsverfahren von 10 statt 14 Nanometern liegt, möchte John nicht zugeben. Ein Vergleichssampling eines Snapdragon 820 in 10 nm oder eines Snapdragon 835 in 14 nm habe es nie gegeben, sagt er uns. Nur damit hätte man herausfinden können, wieviel Prozent Ersparnis wirklich Qualcomms Optimierungen geschuldet sind.

VR-Gaming ohne Kabel oder Zubehör

Wie die Benchmarks schon gezeigt haben, holt Qualcomm mit dem neuen Chip mächtig zum Schlag aus. Dieser will zum einen neue VR- und AR-Anwendungen ermöglichen und zum anderen die Desktop-Variante von Windows als neue Software-Plattform erobern.

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Leap Motion erlaubt, dass Ihr im virtuellen Raum spaziert. / © NextPit

Die messbar höhere Gaming-Performance soll in VR-Anwendungen für noch weniger Stottern sorgen. Die oben erwähnte Effizienzsteigerung wiederum verlängert das VR-Vergnügen. Und dank der Technologie Leap Motion könnt Ihr in der virtuellen Welt endlich spazieren gehen, da die Position Eures VR-Headmounts im Raum verfolgt werden kann, wie uns Micah Knapp zeigt, der als leitender Produktmanager für die Grafikabteilung zuständig ist. Bisher wurde lediglich die Drehung Eures Kopfes in drei Achsen erkannt. Besonders praktisch: Eine aufwändige Konstruktion mit zusätzlichen Laser-Beams wie beim HTC Vive entfällt bei Leap Motion.

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Mit den richtigen Kameras verfolgt Qualcomm VR Eure Hände. / © NextPit

Eine weitere Demo hat gezeigt, dass der Snapdragon 835 mit bloßem Auge, sprich der Kamera im Headmount, Eure Hände erkennt und sie in Echtzeit in die virtuelle Welt überträgt. In der Demo geht das fast fehlerfrei, sodass ich schon zeitnah mit Anwendungen dafür rechne. Qualcomm entwickelt diese Technologien mit etlichen Partnern, wie uns Hiren Bhinde, leitender Produktmanager (VR/AR) erklärt. Diese werden nach dem Start der Massenproduktion des Chips sicherlich schon bald erste Anwendungen in dieser Richtung präsentieren.

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Qualcomm zeigt etliche Generationen der Adreno-GPU im Vergleich. / © NextPit

Windows PCs mit Snapdragon im Anmarsch

Ebenso bald könnte Qualcomm-Gaming mit Windows-Rechnern Spaß bereiten. Der Snapdragon 835 wurde für DirectX 12 vorbereitet und noch in diesem Jahr soll ein Snapdragon-betriebener Windows-Laptop auf den Markt kommen. Während man die Arbeits-Performance dank der Erfahrungen mit den Windows-Phone-Geräten von Nokia schon gut optimieren konnte, wird Desktop-Gaming eine neue Herausforderung werden. Qualcomm wird den Windows-Treiber kontinuierlich optimieren müssen, wenn neue Steam-Titel flüssig und vor allem ohne Darstellungsfehler laufen sollen.

Wackelfreie Videos auch ohne optischen Stabilisator

Schon im Google Pixel kam der elektronische Bildstabilisator (EIS) von Qualcomm zum Einsatz. Die Technologie nimmt das natürliche Zittern Eurer Hände oder des ausgestreckten Armes aus der Aufzeichnung, obwohl die Linse an sich nicht in einer beweglichen Konstruktion wie einem optischen Bildstabilisator eingebettet ist. Das spart bei der Smartphone-Produktion Platz und Kosten. Wie das funktioniert?

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Spectra-Produktmanager Mike Mangan erklärt Stabilisierung ohne OIS. / © NextPit

Wie der Name schon sagt, befindet sich die EIS in der Elektronik, also im Qualcomm-Prozessor. Dieser wird vom Kamera-Sensor ein etwas zu großes Bild zugespielt. Nehmt Ihr also ein UHD-Video auf, das am Ende 3.840 x 2.160 Pixel haben soll, zeichnet der Sensor an den Rändern des Originals ein paar Pixel extra auf. Gleichzeitig fühlen die Sensoren im Smartphone das Zittern Eurer Hand.

Die Bewegungsdaten und weitere Daten im Bild selbst werden dann von der Elektronik verwendet. Ein in UHD aufgelöstes Rechteck tanzt dann im Rahmen der rohen Aufnahme. Das Resultat ist ein stabilisiertes Video. Modellhaft könnt Ihr Euch diese Technologie so vorstellen, wie sie in diesem Video gezeigt wird.

Diese Technologie skaliert bis zu UHD mit 30 Bildern pro Sekunde. Theoretisch sind auch höhere Bildraten bei niedrigeren Auflösungen machbar, wie uns Mike Mangan versichert, Produktmanager im Spectra Camera Lab. Und da EIS auf der mobilen Plattform und nicht in der Kamera stattfindet, kann ein so ausgestattetes Smartphone auch Videos der Selfie-Kamera stabilisieren.

Hi-Fi-Audio mit oder ohne Klinkenstecker

Am Ende ist Audio immer analog. Spätestens an der Membran Eurer Lautsprecher oder Eures Kopfhörers werden aus den Einsen und Nullen des Audio-Streams wieder Wellen, wie sie unser Gehör wahrnehmen kann. Audiofile können heraushören, ob bei der Wandlung aus dem Digitalen ins Analoge Ungenauigkeiten auftreten.

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Wir konnten direkt vom Qualcomm-DAC zum Verstärker umschalten und den Klang vergleichen. / © NextPit

Der Aufbau mit dem Referenz-Headset soll zeigen, dass zwischen einem teuren Profi-Verstärker und dem DAC von Qualcomm kein hörbarer Unterschied besteht. Meinen Ohren fällt in der Tat keiner auf, doch interessiert mich eine Frage brennender: "Was wollen wir mit einem DAC, wenn der analoge Klinkenstecker bald abgeschafft wird?"

Ricardo Bernall, Senior-Engineer der Audio-Abteilung, erklärt uns hierzu, dass Qualcomm als Mitglied des USB Implementers Forums den Typ-C-Anschluss mitentwickelt. Dieser könnte, wenn sich alle Mitglieder so einigen, ein Durchschleifen des analogen Audio-Signals erlauben. Dann wäre nur noch ein rein mechanischer Adapter vonnöten, der den Anschluss von Klinkensteckern am Typ-C-Anschluss erlaubt. Die D/A-Wandlung erfolgt dann weiterhin im Gerät und nicht in Adapter oder Headset.

Künstliche Intelligenz ohne Internet

Ihr kennt bestimmt die Fotos-App von Google, die Eure Fotos automatisch verschlagwortet. Probiert es aus: Sucht nach "Auto" und sie zeigt Euch alle Bilder mit einem Auto an, und so weiter. Google füttert die von Euch verbesserten Daten an seine Zentrale zurück und füttert mit diesen Daten wiederum seinen Algorithmus. Das nächste Update der App wird dann bessere Treffer liefern, aber eben nur, weil unsere Bilder oder Metadaten darüber irgendwann einmal bei Google waren.

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Die KI erkennt Objekte im Vorbeigehen. / © NextPit

Qualcomm verspricht, diese Funktionalität auch offline verfügbar zu machen. Erste Demos dazu hatten wir schon 2015 auf dem Mobile World Congress gesehen. Der damals verwendete Name "Zeroth" wurde diesmal aber nicht mehr verwendet. Der Snapdragon 835 etwa soll bereits ab Werk mit Trainingsdaten ausgetattet werden, die solche Anwendungen ermöglichen. Im Laufe der Zeit kann er trainiert werden, damit sein neuronales Netz sich weiter verbessert und treffsicherer arbeitet. Qualcomm hatte dies sowohl anhand von der Verschlagwortung von Fotos in Echtzeit als auch von der Hotword-Erkennung vorgemacht. Letztere wurde direkt einer nicht-optimierten Spacherkennung gegenübergestellt, deren Erkennungsrate rund ein Drittel unter der der kognitiven Engine lag.

Sicherheit ohne Überwachung

Qualcomm hat einen Retina-Scanner. Dieser soll das Entsperren Eures Smartphones oder mobiles Bezahlen ebenso erleichtern, wie es seinerzeit der Fingerabdrucksensor ermöglicht hatte. Im Schnelltest konnte er den Scan sogar durch eine Prismabrille mit rund einer Dioptrie durchführen. Der Scan erfolgt mit einer in vier Megapixeln auflösenden Infrarotkamera, funktioniert wahrscheinlich also auch im Dunkeln. Der Sensor könne lebendige Augen von guten Fotos derselben Augen unterscheiden. Wie er das macht, erklärt uns Sapna Hegde, die für den Iris-Scanner zuständige Produktmanagerin, auf Nachfragen aber nicht.

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Qualcomm nutzt und schützt das Bild Eurer Iris. / © NextPit

Auch an dieses Biometrie-Merkmal sollen Behörden oder Apps nicht gelangen können, versichern uns die Mitarbeiter. Sie seien in einem Bereich der Mobile Platform abgespeichert, der selbst für den Systemkernel unzugänglich sei. Die Authentifizierung funktioniert also so: Beim Entsperren Eures Smartphones schaut Ihr auf die Infrarot-Kamera. Diese gibt das Bild an den Qualcomm-Chip. Dieser gleicht es mit dem geheim abgespeicherten Bild ab und gibt gegebenenfalls nur noch das "Okay, das Bild ist identisch" weiter. Zusätzliche Signaturen können der App außerdem sagen, dass die Bestätigung tatsächlich von Eurem Gerät erfolgt ist, es sich also nicht um eine Kopie handelt.

Qualcomms Labor-Rundgang: Fazit

Qualcomm scheint auf seine Kunden, also die Geräte-Hersteller und jene auf die Wünsche ihrer Kunden, also uns zu hören. Und nicht nur das, viele der Technologien lösen Probleme, die uns vielleicht nie aufgefallen wären. Freilich zeigt Qualcomm nur die glänzende Seite der Medaille. Andere Hersteller bieten ähnliche Lösungen, die für Euch entweder von größerem Nutzen oder günstiger zu beschaffen sind.

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All diese Technologien lässt sich Qualcomm schützen. / © NextPit

Huawei etwa macht in Bereichen wie Bildverarbeitung, Sprachqualität oder Konnektivität ähnliche, zum Teil größere Fortschritte. Andererseits möchte man als Anwender Vielfalt. Eine Konzentration auf wenige Firmen, die sich diese Forschung leisten können, steht einer freien, nicht-zyklengetriebenen Entwicklung neuer Techologien im Wege.

Nichtsdestotrotz war es ein dankbarer Aufenthalt und lohnenswerter Blick hinter die Kulissen von Qualcomm. Auf welche Innovation seid Ihr am meisten gespannt?

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Zu den Kommentaren (3)
Eric Ferrari-Herrmann

Eric Ferrari-Herrmann
Senior Editor

Eric ist seit 2014 bei AndroidPIT. Seine alte Tech-Leidenschaft wird allmählich unterwandert von der Liebe zu mehr Nachhaltigkeit, Privatsphäre und dem Wunsch nach einer Zukunft für alle.

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3 Kommentare
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  • 39
    Reginald Barclay 22.03.2017 Link zum Kommentar

    Die elektronische Bildstabilisierung, wie sie im Video demonstriert wird, ist ein nettes Feature und kann Dinge, die mit einer optischen Stabilisierung nicht möglich sind, jedoch würde ich die Kamera mit Absicht neigen, würde dies auch herausgerechnet werden.
    Das Ergebnis hat aus Prinzip eine geringere Auflösung als die Kamera hergibt. Die Auflösung wird hier einfach vorher hochgerechnet. Aber es ist eben hochgerechnet und nicht original. Das ist OK, für den Gesamteindruck aber nicht mehr akkurat, wenn es auf kleinste Details ankommt.
    Der wichtigste Aspekt einer Bildstabilisierung ist es, Bewegungsunschärfe zitternder Hände zu vermeiden, also Handaufnahmen bei schlechtem Licht oder starkem Zoom zu ermöglichen. Geschieht die Stabilisierung nicht vor dem Sensor, hilft auch das hier beschriebene Verfahren nichts. Der Rechner hat nur die bereits verschwommenen Einzelbilder zur Verfügung. Im Gegensatz dazu, fokussiert der optische Stabilisator das eintreffende Licht unverwackelt auf den Sensor.

    Das hier beschriebene Verfahren ist eine Ausschnittsmanipulation, ich hingegen würde gerne einen reinen Verwacklungsschutz bevorzugen.

    Gelöschter AccountH G


  • Bernd Schaub 1
    Bernd Schaub 22.03.2017 Link zum Kommentar

    Ohne überheblich zu sein, ich habe selbst den Oppo Kopfhörer Verstärker und ich habe auch andere Kopfhörer Verstärker. Keinen Unterschied zwischen diese Komponenten zu hören kommt mir sehr seltsam vor. Wenn dem wirklich so wäre, dann ist der genutzte Kopfhörer so etwas von flach, dass man auch einen Telefonhörer als das Kontrollgerät hätte verwenden können.


  • Takeda 53
    Takeda 22.03.2017 Link zum Kommentar

    Das mit der klinke, das die weg fällt ist das schlimmste was passiert ist neben dem nicht vorhanden sd Slot, das iPhone 7 meiner Frau mit diesem Adapter ist echt keine Lösung der fällt ab und zu ab und man kann wenn man Musik hört das Handy nicht laden oder wenn man es an der Anlage per klinke anschließt.

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