RED Hydrogen One: Das Holografie-Smartphone wird real
Mit der nebulösen Ankündigung eines eigenen Smartphones hatte der Kamerahersteller RED die Branche überrascht. Nun macht das Projekt einen großen Schritt heraus aus dem Schatten, denn RED hat einen ersten Blick auf den Prorotyp des Hydrogen One gewährt.
Das RED Hydrogen One, wie das angekündigte Smartphone heißen wird, ist kein Smartphone wie jedes andere - im Gegenteil. Es wird über 1.000 Dollar kosten und Hardware an Bord haben, die es anderswo nicht gibt. Eines dieser Features ist das holografische Display, welches das Hydrogen One besitzt.
Der prominente Youtuber Marques Brownlee hatte nun die Gelegenheit, sich gleich drei Prototypen des RED Hydrogen One aus der Nähe anzusehen. Dabei macht das ungewöhnliche Design des Smartphones einen guten Eindruck, auch wenn das Hydrogen One ziemlich groß und eher unhandlich ist. Die PIN-Kontakte an der Rückseite des RED-Smartphones dienen dem Anschluss anderer Geräte oder Module, ähnlich wie es bei den Moto-Z-Smartphones gemacht wird. Nicht filmen durfte Brownlee das holografische Display, doch zeigt er sich im Video sehr beeindruckt davon. Der Bildschirm hat einen normalen 2D-Modus als Alternative für die holografische Darstellung.
Am Ende des Videos zeigt Brownlee den dritten Prototyp, bei dem ein zusätzliches Bauteil hinten angeschlossen wurde. RED hat also bereits einen Kamera-"Mod" in der Schublade, um das Hydrogen-Smartphone zu einer Foto- oder Film-Kamera zu machen, die gehobenen Ansprüchen gerecht wird.
An der Vorderseite des Hydrogen-Smartphones gibt es zwei Kameras, die vermutlich zur Erkennung des Gesichts dienen, um die holografische Darstellung steuern zu können. Ähnliches hatte Amazon vor einigen Jahren mit dem - allerdings aus anderen Gründen - spektakulär gefloppten Fire Phone versucht. RED hat allerdings vor allem in Sachen Film, Video und Virtual Reality noch eine ganze Menge vor.
RED denkt an Profis und Hobby-Filmer
Für mich bestehen keine Zweifel daran, dass RED mit dem Hydrogen One ein spannendes Produkt für Profis auf die Beine stellen wird. Wenn es für niedrige vierstellige Beträge zu dem Smartphone ein Modul mit Super-35-Sensor und 4K-Aufnahme gibt, wäre das Hydrogen One eine BlackMagic Pocket Cinema Camera auf Steroiden.
In Kombination mit einer hoffentlich vernünftigen integrierten Lösung für den Ton und den bei Android zweifelsohne vorhandenen Connectivity-Optionen wäre das Hydrogen One dann auch eine spannende Option für Videojournalisten. Ich bin jedenfalls enorm gespannt auf die Module und die dazugehörige Preisstruktur.
Neben den im Hydrogen One selbst vorhandenen Features gibt es dann noch einen zweiten Aspekt den Marques Brownlee gar nicht beleuchtet hat: Nämlich den eigentlichen Sinn für das aufwändige Display und das zusammen mit dem Hydrogen One vorgestellte Medienformat H4V. Hierzu möchte ich kurz ein wenig ausholen.
Aktuell konsumieren wir Bilder und Videos anhand von zweidimensionalen Medienformaten. Lassen wir mal jegliche Kompression außen vor, gibt es in den Mediendateien einfach gesagt für jeden Pixel einen Farbwert und eine X/Y-Position. Für 3D-Videos gibt es noch die behelfsmäßige Lösung, in dem 2D-Format für jedes Auge ein eigenes Bild neben- oder übereinander abzuspeichern.
Virtual Reality braucht mehr Freiraum
Die Medienformate des kommenden Jahrzehnts erfordern jedoch mehr Freiheiten. Mit Virtual-Reality-Brillen, die unsere Position im Raum tracken, werden wir uns in Videos nicht nur um 360 Grad drehen, sondern auch die Kopf- beziehungsweise Kamera-Position selbst verändern können – und beispielsweise um eine Hausecke gucken können. Lytro beispielsweise hat mit der Immerge bereits eine Kamera gebaut, die solche Aufnahmen mit den zusätzlichen Freiheitsgraden einfängt.
Gespeichert werden solche Videos dann in neuen, sogenannten volumetrischen Videoformaten, die nicht zwei-, sondern dreidimensional sind. Es ist an dieser Stelle auch kein Zufall, dass der vormalige Videochef von Lytro, Jon Karafin, zur vergangenen NAB eine neue Firma gegründet hat. Das Ziel von Light Field Lab ist es, ein holografisches Content-Ökosystem aufzubauen – logischerweise mit einem volumetrischem Videoformat, ebenso wie REDs zuvor erwähntes H4V.
Und genau das H4V-Format bringt uns nun zurück zum Hydrogen One. Um ein Format zu etablieren, benötigt man die dazugehörige Hardware. Um die Wiedergabe müssen wir uns keine Sorge machen: VR-Brillen mit Positionstracking sind bereits massiv im Kommen. Wichtig ist nun aber noch die Hardware, um die entsprechenden H4V-Medien zu erschaffen – und hier ist das Hydrogen One ein essenzieller Schritt.
Wie der RED-Boss Jim Jannard gestern Abend im Reduser.net-Forum bestätigt hat, lassen sich H4V-Inhalte entweder aus bestehenden 3D-Videos errechnen – oder durch gleichzeitige Aufnahme einer Szene mit vier Kameras zusammenrechnen. Während zweiterer Fall natürlich deutlich aufwändiger ist, dürften die Ergebnisse auch entsprechend besser sein. Für die Multi-Kamera-Version arbeitet Jannard zufolge sowohl an Consumer- als auch an Profi-Lösungen.
You can generate .h4v (holographic 4-View) by shooting 4 cameras (we are building solutions from consumer to professional), or by converting 3D to .h4v (very easy), or converting 2D to 3D (very hard) and then to .h4v.
Mit entsprechenden Modulen bestückt, ließe sich dann aus mehreren RED-Smartphones ein solches H4V-Aufnahmesetup zusammenbasteln. Gleichzeitig könnte das Hydrogen One mit seinem Holo-Display aber auch quasi als Sucher für solche Produktionen dienen. Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass RED einen solchen etwas wahnsinnig wirkenden Schritt tut – die RED One wurde zu ihrer Vorstellung auf der NAB 2007 auch belächelt, hat letztendlich aber die ganze Branche auf den Kopf gestellt.
Der Kampf um die Vorherrschaft bei den volumetrischen Medienformaten für das kommende Jahrzehnt ist bereits im vollen Gange.
Klingt sehr interessant. Endlich mal wieder ein Smartphone mit besonderen Stärken.
Und wann bekommt man von Holographie mal was zu sehen?
Ist halt was für den Professionellen Einsatz. Finde ich eine super Idee, was RED da auf die Beine gestellt hat.
Klingt sehr interessant, leider nicht für jede Brieftasche geeignet.
Ich glaube der Gerät wird sich nur bei Hardcore Fans durchsetzen. Vor allem das Zubehör wird mächtig die Brieftasche schröpfen, wenn ich sehe das ein einfacher Handgriff aus Metall 200€ - 300€ für eine Kamera von denen kostet.
Deren Mods werden wahrscheinlich auch um einiges teurer, als das Zeug von Lenovo und die verlangen schon 100-300€ für die Teile...
Ja, was für den kleinen Geldbeutel dürfte das Ding nicht werden, ganz im Gegenteil. Eine Nischen-Lösung, die aber technisch ziemlich interessant werden dürfte. Das bringt dann wieder etwas später neue Innovation in günstigere Preisklassen.
Momentan filme ich immer mehr mit dem iPhone und die "richtige" Cam bleibt zuhause (private Familienvideos!). Ich wäre absolut bereit für so ein Telefon etwas mehr Geld in die Hand zu nehmen an Stelle eines neuen iPhones. Hoffentlich denken sie an einen passenden Gimbal. Mit dem angenommen höheren Gewicht würde mein DJI Oslo mobile nicht klar kommen und ein Gimbal ist für mich ein wichtiger Bestandteil im Videosetup.
P.S:
Sieht es in dem Video nicht sogar so aus, als wäre das standard Kameramodul mit 4 Kameras ausgestattet? Dann bräuchte es für H4V keine zusätzlichen Smartphones