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Kult statt Kommerz: Wie die Gamescom eine unerwartete Wende schaffte

Gamescom Shutterstock
© T. Schneider / Shutterstock

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Die Gamescom war auch in diesem Jahr wieder ein voller Erfolg. Mehr als 335.000 Besucher erschienen zum Gaming-Spektakel. Doch, wie viel Sinn ergibt eine Gamescom noch, wenn Spiele ohnehin online präsentiert werden? Handelt es sich hierbei nur noch um ein weiteres Marketing-Werkzeug einer der größten Branchen der Welt? Was unterscheidet die Gamescom von der E3? Diese Fragen und die passenden Antworten versuche ich Euch in diesem Artikel zu geben.

"Gehst du wieder auf die Gamescom?" ist eine der Fragen, die ich am häufigsten höre, wenn im Mai der Kartenverkauf für die größte Videospielmesse beginnt. Die Messe erfreut sich immer größerer Beliebtheit, da auch Gaming längst kein Hobby mehr ist, dass nur auf LAN-Partys mit Cola und Chips stattfindet. Obwohl ich jedes Jahr die Vorfreude kaum unterdrücken kann und der Urlaub schon fest eingeplant ist, schwingt dennoch ein seltsames Gefühl mit "Braucht es die Messe überhaupt?"

Die Gamescom damals und heute

Bereits seit 2009 tagt die Gamescom nun in Köln. Davor gab es die Games Convention in Leipzig, die jedoch mit über 200.000 Besuchern im Jahr 2008 aus allen Nähten platzte. Nach dem erfolgreichen Umzug stiegen hier die Zahlen kontinuierlich an, bis 2019 über 370.000 Gamer die heiligen Hallen der Kölnmesse betreten haben. Absurde Zahlen, wenn man bedenkt, dass Gaming vor wenigen Jahren noch als reines Nerd-Hobby galt.

In diesem Jahr waren mit 335.000 Besuchern so viele Besucher da, wie schon seit 10 Jahren nicht mehr. Grund dafür dürften unter anderem die Absagen im Jahr 2020 und 2021 aufgrund der Corona-Pandemie sein. Von dieser schieren Masse waren 32.000 Menschen als Fachbesucher gemeldet, zu denen mittlerweile auch Influencer zählen. Allerdings werde ich in diesem Artikel nicht auf die Thematik weiter eingehen, da dies definitiv den Rahmen sprengen dürfte.

Gamescom vs. E3: Köln ist besser als Los Angeles?

Mit der E3 gab es im Juni eine weitere Gaming-Messe. Sie zog sogar noch mehr Fans an, als es die Gamescom schafft. Allerdings ist eben diese Veranstaltung der Superlative seit 2022 nicht mehr möglich. Wie schon bei der Gamescom wurde die Messe im Jahr 2020 aufgrund der Pandemie abgesagt und 2021 nur als digitales Event zur Verfügung gestellt.

Menschenansammlung auf der Gamescom 2023
Bereits im Jahr 2023 war es teilweise unmöglich einen Weg in die heiligen Hallen zu finden. / © nextpit

Im Jahr 2022 folgte dann die erneute Absage der E3. Die Messebetreiber haben sich von dieser Problematik nicht erholen können und zahlreiche Aussteller blieben aus, woraufhin die Gaming-Messe im Jahr 2023 offiziell den kompletten Betrieb einstellte. Nach über 20 Jahren war es aus. Daraufhin kam bei Fans der Gamescom natürlich die Angst auf, jetzt auch ihre geliebte Messe einzubüßen. Allerdings war dies nicht der Fall. Die Gamescom wurde noch einmal größer als noch im vergangenen Jahr. Die Zahlen sprechen hier also für sich.

Drei Gründe, warum die Gamescom lebt und die E3 starb

Keine direkte Vorstellung von neuen Spielen mehr nötig

"Online-Games werden online gespielt – und promotet". Ungefähr so könnte man einen der Gründe grob zusammenfassen. Immer mehr Publisher bewerben ihre Spiele über Plattformen wie TikTok oder YouTube und brauchen keine großen Festivitäten. Gerade die Absage der diesjährigen BlizzCon zeigt wieder einmal, dass solche Veranstaltungen nicht zwingend nötig sind, um Gamer mit den wichtigsten Infos zu versorgen.

Obwohl in diesem Jahr die neueste Erweiterung für World of Warcraft erscheint, entschied sich der Hersteller, alle nötigen Infos ohne Messe mitzuteilen. Auch bei der Gamescom ist es nicht anders. Sicherlich gibt es hier einige Titel, die viele nicht auf dem Schirm hatten. Allerdings fehlt es einfach an tatsächlich neuen Informationen. In einer Zeit, die von Open Betas und sogar Alphas geprägt ist, müssen Gamer nicht mehr stundenlang anstehen, um fünf Minuten das gewünschte Game anzocken zu können.

Die Gamescom scheint dies verstanden zu haben und versteht sich immer mehr als Subkultur-Messe. Sie vereint nicht nur Zocker, sondern auch Influencer oder Cosplayer. Alles, was im Entferntesten mit Gaming zu tun hat, tummelt sich an fünf Tagen in Köln.

Party statt Playing: Gamescom als Meet & Greet für Fans und Cosplayer

In den letzten Jahren haben immer mehr Menschen Cosplay für sich entdeckt. Sie schmücken sich in den Farben ihrer liebsten Charaktere und lassen sich ablichten. Ich selbst finde dieses Hobby durchaus interessant, würde mich aber nur bedingt in ein Kostüm zwängen und bei 34 Grad im Schatten durch eine Messe stolzieren.

Durch Social Media können die Cosplayer und Influencer ihre Community bereits beglücken. Allerdings bietet die Gamescom ebenfalls die Möglichkeiten, die Online-Helden und Online-Heldinnen auch live zu erleben. Und dies sorgt dafür, dass "Meet & Greet"-Plätze überfüllt sind oder sogar ganze Hallen von Menschentrauben verstopft werden.

Mann in Pokémon-Anzug
Auch ich habe mich für die Gamescom in Schale geworfen. / © nextpit

Dies zeigt einmal mehr, dass der "Gaming"-Part immer stärker in den Hintergrund rückt. Noch ist das Zocken hier ganz klar die Priorität Nummer 1, dennoch denke ich, dass immer mehr Menschen zur Gamescom gehen werden, um sich zu präsentieren oder ihre Online-Idole zu treffen. Die E3 hingegen setzte im Jahr 2019 noch immer stark auf das Zocken und starke Präsentationen.

Arm, aber Sexy: Indie-Hits statt Kassenschlager

Ein weiterer möglicher Grund ist die Aufteilung der Games. Bei der Gamescom erwarten uns mit der Retro- und Indie-Area zwei wirklich spannende Bereiche. Gerade für Menschen, wie mich, die seit unzähligen Jahren dabei sind, wecken solche Games Kindheitserinnerungen. Der Nostalgie-Faktor spielt hier also ganz klar mit. Zudem sind Indie-Spiele für eine Vielzahl von Zockern echte Juwelen.

Bei der E3 fanden sich jedoch eher größere Titel. Publisher wie Sony, Microsoft oder Nintendo warteten mit riesigen Messeständen auf, um AAA-Tiel zu präsentieren – stundenlanges anstehen inklusive. Natürlich ist dies auch bei der Gamescom der Fall. Alleine das Action-RPG "Black Myth: Wukong" hatte im vergangenen Jahr problemlos Wartezeiten von sechs Stunden überschreiten können. Doch bei Indie-Games geht es deutlich schneller und so kann auf der Gamescom sogar gezockt werden – unglaublich, nicht?

Welche Zukunft hat die Gamescom noch vor sich?

Kommen wir aber endlich einmal zum Punkt. Wie sieht wohl die Zukunft einer Messe aus, deren Pendant bereits untergegangen ist? Lohnt sich eine solche Massenveranstaltung überhaupt, wenn eigentlich kaum "neue" Infos vermittelt werden? Die Antwort lautet: Ja! Wie auch in den vergangenen 15 Jahren werde ich wohl die nächsten Jahrzehnte im August nach Köln pilgern, um der Messe beizuwohnen.

Allerdings nicht, um mich über neue Games zu informieren oder gar den neuesten Fifa-Teil anzuspielen. Nein, denn das brauche ich dort nicht. Für mich persönlich ist die Messe das wohl großartigste Ereignis des Jahres, da ich dort nicht nur mit zahlreichen Fremden Menschen spannende Nerd-Unterhaltungen führen kann, sondern weil ich dort absolut ich selbst sein darf.

Ich treffe Kollegen aus Clans und Gilden, die ich sonst nur über mein Headset kenne. Ich sehe alte Freunde wieder, mit denen ich seit unzähligen Jahren zusammen zocke. Doch auch Cosplay, Indie-Games, überteuertes Essen, massenhaft Merchandising oder der seltsam miefige Geruch der Hallen gehören für mich einfach in den August.

Wie Ihr hier sicherlich entnehmen könnt, ist die Gamescom in meinen Augen längst keine einfache Gaming-Messe mehr. Sie ist ein Party-Indie-Subkultur-Zusammenkommen, bei dem der Spaß im Vordergrund steht. Das Miteinander der größten Nerd-Anhäufung in Europa ist das wohl schönste Event des Jahres und das dürfte es auch noch die nächsten Jahre bleiben.

Cosplayerinnen auf der Gamescom 2017
Farbenfroh und mit Hörnern gespickt: So sehen echte Cosplays aus. / © Jovana Kuzmanovic / Shutterstock

Bleibt also noch die Frage, ist die Gamescom mehr Kult als Kommerz? Klar, Hotdogs für 12 Euro, eine riesige Merch-Halle, T-Shirts ab 30 Euro etc. sind natürlich Kommerz – aber dank der Menschen rückt eben dieser Kommerz auf der größten Gaming-Messe der Welt tatsächlich in den Hintergrund. Und so fühlt sich die Kölner Messe mehr nach Gaming-Woodstock an als nach erbarmungsloser Marketing-Mühle.

Dementsprechend ist eine digitale Variante der Messe in meinen Augen einfach nicht möglich. Sicherlich werden viele Menschen zuschauen und sich dieselben Trailer immer und immer wieder anschauen oder hunderte Euro für Fan-Artikel ausgeben. So sind wir Gamer nun mal. Aber ohne den "Get-together"-Aspekt, ist die Gamescom eben nicht mehr existenzfähig. Es bleibt also abzuwarten, was uns die nächsten Jahre bringen. Und falls Ihr einen bunt leuchtenden Typen in Anzug seht, lasst uns doch gerne mal über Gaming sprechen und zusammen in Erinnerungen schwelgen.

Wie seht Ihr das? Ist die Messe für Euch noch zeitgemäß? Wie steht Ihr zum Kommerz der Messe? Ich freue mich auf Eure Kommentare!

Quelle: Gamescom

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Dustin Porth

Dustin Porth
Redakteur

Ich habe 2019 mein Studium zum Technikjournalisten begonnen. Neben einigen Artikeln für unsere Studierendenzeitung und für das Uni-Magazin "technikjournal", habe ich ebenfalls IT-Artikel für einen Blog verfasst und kam anschließend zu tvfindr. Seit 2021 bin ich nun schon Teil der nextpit-Redaktion. Ich selbst bin leidenschaftlicher Gamer und interessiere mich für alles, was einen Stecker oder Akku hat.

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