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Die IFA zeigt, dass Hersteller und Medien nicht mehr über Technik reden können

ifa berlin 2024 south entrance
© nextpit

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Tech-Messen wie die IFA und der MWC interessieren nicht mehr viele Leute. Das ist nicht so schlimm. Aber es ist trotzdem schade, denn es wäre leicht zu vermeiden. Welches Interesse hat die Öffentlichkeit daran, diese Art von Veranstaltungen zu verfolgen, die viel zu sehr B2B geworden sind? Keines. Die Tech-Industrie und die Tech-Medien verpassen eine riesige Chance, ein Treffen zu schaffen und vor allem Inhalte zu schaffen. Echte Inhalte, die die Menschen ansprechen.

Ich hasse Artikel über Tech-Messen, die von Journalisten für Journalisten geschrieben werden. "Warum ist die IFA oder der MWC nicht mehr so wie früher?" blablabla. Keine Sorge, ich werde in diesem Beitrag nicht auf all diese Dinge eingehen. Aber während der drei Tage, die ich schwitzend in den Hallen der IFA 2024 in Berlin verbracht habe, war ich furchtbar frustriert.

"Was mache ich hier?" oder besser gesagt "Was mache ich hier, das einen größeren Mehrwert bietet, als wenn ich nicht hier wäre?". Diese Frage beschäftigte mich während der gesamten Messe. Denn mein Job auf der IFA ist es, von Stand zu Stand zu gehen, interessante Produkte zu testen und darüber zu berichten.

Aber heutzutage reicht das Reden allein nicht mehr aus. Ihr braucht mich, einen unbekannten Journalisten ohne jeglichen Ruf, nicht, um zu wissen, dass es dieses oder jenes Produkt gibt. Ihr habt so viele Informationsquellen und Nachrichten, dass es nicht mehr ausreicht, einfach nur über etwas zu reden. Man muss es zeigen.

Wenn ich ein Hands-on oder einen Testbericht schreibe, denke ich immer darüber nach, was ich Euch zeigen kann. Die Idee ist, dass Ihr meine Erfahrung stellvertretend erlebt, so als wärt Ihr dabei. Man lacht über meine Stimmungen oder Meinungen, wenn ich sie nicht mit konkreten Beispielen belege. Ein Video, ein Foto, kurz gesagt, etwas, das viel aussagekräftiger ist als fünf arme Textabschnitte, die ich schreiben könnte.

Die Hersteller sind schuld

Es gibt mindestens drei Artikel über meinen Aufenthalt auf der IFA, die ich nicht geschrieben habe. Und das liegt hauptsächlich daran, dass ich nicht wusste, was Euch diese Artikel bringen würden. Ich hätte einfach eine Pressemitteilung kopieren und einfügen können, um das gleiche Ergebnis zu erzielen. Und viel zu oft habe ich das Gefühl, dass die Hersteller mit dem Status quo vollkommen zufrieden sind.

Ihr Hauptinteresse besteht darin, Produkte zu verkaufen. Sie an Euch zu verkaufen. Um diese Produkte zu verkaufen, müssen sie darüber reden. Ob ich in einer 300-Wörter-News ohne Bilder, ohne alles, oder in einem 2000-Wörter-Test mit Grafiken, Tabellen, Bildergalerien, Screenshots und Videos darüber schreibe, ist dem Hersteller egal.

Und das ist das Problem. Zu oft habe ich ein Produkt oder eine Technologie getestet, aber ich hatte keine Möglichkeit, meine Erfahrungen richtig wiederzugeben. Die Hersteller und ihre Kommunikationsteams denken nicht genug darüber nach, wie Content-Ersteller ... Content erstellen können.

Wenn ich Euch von der Sitzung erzählen würde, in der ich die Auracast-Technologie mit drahtlosen Kopfhörern ausprobieren konnte, würdet Ihr den Artikel nach 10 Sekunden Lesen schließen. Und das wäre auch richtig so. Ich bin 15 Minuten lang in einem Raum herumgelaufen und habe einen Leiter verfolgt. Das war sehr cool. Meine Kopfhörer konnten sich intuitiv mit mehreren Audiostreams verbinden.

Wir hatten sogar kleine Inszenierungen. Eine Flughafenszene, bei der ich, als ich mich einem Schalter näherte, die Durchsagen zu meinem Flug über meine Kopfhörer hörte. Das war super interessant. Interessant für mich.

Zu keinem Zeitpunkt hatte ich die Möglichkeit, das, was ich hörte, aufzunehmen. Ich habe versucht zu filmen, aber es hat nicht viel gebracht. Ich fragte meinen Pressekontakt, ob er visuelle/Video-Ressourcen hätte, um meinen Artikel auszuschmücken. Nada. Das ist so schade. Die Erfahrung war wirklich interessant. Aber hätte ein einfacher schriftlicher Bericht das gleiche Interesse bei Euch geweckt? Das bezweifle ich.

Ich bin mir bewusst, dass nicht jeder eine 22.000m2 große IFA-Fläche wie Samsung haben kann. Aber den Journalisten die Möglichkeit zu geben, das Produkt anzufassen, damit zu spielen, schöne Fotos zu machen und Videos zu drehen, kostet nicht viel.

Die Journalisten sind schuld

Aber es wäre zu einfach, nicht meine eigene Verantwortung zu übernehmen. Ich bin der Ersteller von Inhalten. Wenn der Inhalt nicht gut ist, ist es meine Schuld.

Und ich denke, das ist ein Problem, das mit der Sicht auf unseren Beruf zu tun hat. Ich bin ein Journalist. Aber jeder kann Journalist sein. Jeder kann das tun, was ich tue. Der einzige wirkliche Unterschied zwischen mir und Euch ist, dass ich die Produkte, die ich teste, nicht kaufen muss und dass ich Zugang zu Veranstaltungen habe, von denen Ihr ausgeschlossen seid.

Aber selbst dieser Unterschied tendiert dazu, sich mit dem Aufstieg der Influencer, die ihre eigene Plattform sind, zu verwischen. Wir müssen aufhören, uns vorzustellen, dass wir auf unserem Elfenbeinturm hocken. Die Tatsache, dass ich zwei Tage vor Euch, der Öffentlichkeit, Zugang zur IFA habe und darüber spreche, was ich dort gesehen habe, reicht nicht mehr aus.

Das ist nicht der Inhalt. Mein Wort hat nicht genug Mehrwert. Ich muss Euch nicht einfach nur Dinge erzählen. Ich muss sie für Euch erlebbar machen. Ich muss Euch zeigen, wie ein Produkt aussieht. Wie es funktioniert.

Aber auch das wäre zu einfach. Ich glaube, dass die Medien die Art und Weise ändern müssen, wie sie Veranstaltungen wie die IFA wahrnehmen und daher auch behandeln.

In einem früheren Artikel über die Gamescom hat mein Kollege Dustin einen sehr interessanten Blickwinkel vertreten. Seiner Meinung nach geht es bei der Gamescom nicht darum, neue Spiele zu entdecken oder die neuesten Gaming-News zu bekommen. Es ist eine Gemeinschaftsmesse, auf der Videospielfans zusammenkommen und sich über ihre Leidenschaft austauschen.

Man könnte also sagen, dass die IFA eine B2B-Veranstaltung ist, ein Treffen für Profis, um Kontakte zu knüpfen etc. Aber dann solltet Ihr aufhören, die IFA als großes Event für Tech-Fans zu behandeln! Wenn die IFA nur dazu dient, Kontakte zwischen Tech-Profis zu knüpfen, ist es sinnlos, Euch davon zu erzählen.


Was denkt Ihr darüber? Habt Ihr die IFA 2024 auf nextpit oder anderswo verfolgt? Findet Ihr Euch in der Selbstkritik, die ich an meinen Inhalten geübt habe, wieder? Habt Ihr Vorschläge, wie man die Berichterstattung über solche Veranstaltungen interessanter gestalten könnte?

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Zu den Kommentaren (4)
Antoine Engels

Antoine Engels
Head of Editorial nextpit France

Schwarzer Gürtel beim Lesen von Datenblättern. OnePlus-Fanboy in der Remission. Durchschnittliche Lesezeit für meine Artikel: 48 Minuten. Fact-Checker für Tech-Tipps in seiner Freizeit. Hasst es, von sich selbst in der dritten Person zu sprechen. Wäre in einem früheren Leben gerne JV-Journalist gewesen. Versteht keine Ironie. Head of Editorial bei NextPit France.

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4 Kommentare
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  • Thomas_S 23
    Thomas_S vor 5 Tagen Link zum Kommentar

    2005 war ich zum 6. und letzten Mal auf der Cebit in Hannover. Firma bezahlte, Weißbier am Abend inklusive😋.
    Jede Halle so groß wie ein Fußballfeld, Mal 27🫡.
    Für Gadget Adepten wie mich, ein Paradies. 😜
    Ich sehe aber ein, daß diese Zeiten nicht mehr zurückkommen😐.
    Was bleibt sind die schönen Erinnerungen🫠.

    Klaus E.Carsten Drees


  • route 9 24
    route 9 vor 5 Tagen Link zum Kommentar

    Chapeau Antoine! Gute Selbstreflektion über ein schwieriges Thema. Vielen anderen würde ich solche Überlegungen der inneren Einkehr ans Herz legen.

    Bei der IFA kann ich dir nicht helfen, da ich noch nie dort war, ich denke aber, dass die Veranstalter eure Möglichkeiten schon mal sehr einschränken. Ich habe mir das erst vorgestern über das Apple-Event gedacht, wo etliche Journalisten extra mit dem Flugzeug anreisen, 2 Nächte im Hotel verbringen, nur um dort ein Video auf einer Kinoleinwand anzuschauen. Das ist erbärmlich und zu 100 Prozent sinnlos. Der interessante Punkt für die Käufer ist eigentlich das Hands-on danach, und da ist Apple einfach nur fürchterlich. Hunderte Menschen stürzen sich auf eine handvoll Geräte und unterliegen dort den schwachsinnigsten Verhaltensregeln die man sich vorstellen kann. ZB dass man mit einer Kamera nicht ins Menü eines Gerätes vordringen darf oder dass man das Vorgängergerät nicht neben das neue legen darf etc etc. Ich weiß nicht, was das alles soll. Nichtmal die wirklichen Farben der Geräte kommen da aus Zeitmangel ordentlich herüber. Die auf der Homepage gezeigten Renderbilder sind für den Kunden in Wirklichkeit absolut unbrauchbar.

    Auf der anderen Seite ist man als Kunde dann auf Berichte der Journalsiten angewiesen, welche auf den diversen Plattformen in Heerscharen bis zum Erbrechen alle den gleichen Specsheet vorlesen, da sie in Wirklichkeit nichts anderes haben, worüber sie berichten können. Ich muss mir immer an den Kopf greifen und wundere mich darüber, dass sogar Tage später der gefühlt 297000ste Blogger das in seinem Video so herüberbringt, als würde er der Welt noch immer etwas Neues erzählen. Das ist Schwachsinn zum Quadrat und absolut entbehrlich. Genauso wie die "Ja nicht kaufen"-Warnungen von Bloggern die aus ihrer armseligen 0,5 Zimmer Wohnung berichten und die Dinger noch mal selber in der Hand gehalten haben geschweigedenn dies jemals tun werden. Das ist schon bei den selbsternannten Fach-Weltmeistern (auch hier in den Userbeiträgen) zum Kotzen erbärmlich und wirkt auf mich ausschließlich unreif.

    Jedenfalls haben Journalisten, egal in welchen Bereichen, eine schwere Bürde und eine große Verantwortung, so gut es geht die WAHRHEIT zu berichten. Viele nützen das für tendenziöse Stimmungmache aus und schüren Hass und Missgunst und beeinflussen ihre Konsumenten, die dann auf diesen Zug aufspringen und sich wie die Lemminge ebenso verhalten. Sich selber eine Meinung zu bilden ist für viele entweder zu schwer oder man ist einfach zu faul oder zu leichtgläubig oder einfach nur zu dumm. Oder man will nur in einer gleichgesinnten Gruppe sein und mit den gedanklichen Schnürstiefeln auf andere eintreten. So etwas kann ja befriedigen oder befreiend sein. Jetzt wird´s aber zu politisch und darum stoppe ich hier. 😁

    Carsten DreesTenten


    • 104
      Tenten vor 5 Tagen Link zum Kommentar

      Es gab ja mal eine Zeit, da war das alles noch richtig spannend, Systemupdates brachten viele neue und nützliche Funktionen und die Geräte wurden von Generation zu Generation besser und blieben trotzdem noch für viele erschwinglich. Da waren Events wie die von Apple noch interessant und Tagesgespräch am nächsten Tag bei vielen. Es gab Zeitschriften (ja, sowas gab's mal) zu Android und zig interessante Seiten im Internet zu allen Systemen. Inzwischen ist das alles so dermaßen boring und es interessiert so gut wie niemanden mehr, was für ein Smartphone du hast oder welches System man nutzt. Aber natürlich wollen all die selbsternannten Journalisten das auch gerne weiterhin bleiben, selbst dann, wenn es eigentlich gar nichts mehr zu berichten gibt. Also bauscht man auf, übertreibt, hetzt, gerüchtet und marktschreit, dass sich die Balken biegen. Hat man nichts, muss man so tun, als hätte man was. Am besten gleich was ganz großes. Früher gab's viele gute Journalisten, die sich mit diesen Themen beschäftigt haben, da fielen die schlechten nicht ganz so auf. Heute haben die meisten guten sich aber längst anderen Themen zugewandt.

      Carsten Dreesroute 9


      • Carsten Drees 29
        Carsten Drees
        • Staff
        vor 4 Tagen Link zum Kommentar

        Danke an route 9 und Tenten für Euer ausführliches Feedback. Ich will erst einmal kurz am Schluss dessen andocken, was Tentn schrieb: "Früher gab's viele gute Journalisten, die sich mit diesen Themen beschäftigt haben, da fielen die schlechten nicht ganz so auf."
        Ja, kann so sein. Vielleicht aber waren die Journalisten auch damals zumindest in Teilen schon nicht so besonders gut, sondern die vermittelten Inhalte waren noch spektakulärer: Wenn ich als mieser Journalist erzähle, dass ein einst dummes Mobiltelefon jetzt sogar Fotos machen kann, dann ist das spektakulärer, als wenn ein guter Journalist darüber erzählt, dass die schräg angeordneten Cams beim iPhone 15 jetzt durch untereinander angeordnete beim iPhone 16 ersetzt wurden.
        Generell bin ich aber voll bei Euren Meinungen und auch wirklich dankbar für Antoines reflektierten Artikel.
        Technische Möglichkeiten, Digitalisierung und vor allem KI geben uns unglaublich viel Positives an die Hand, von dem wir in so vielen Bereichen profitieren können. Aber wir wissen es noch nicht so richtig zu nutzen, scheint mir. Gerade mit Blick auf die Branche gilt das meiner Meinung nach. Trifft also die Unternehmen ebenso wie Marketing-Agenturen, Messeveranstalter und nicht zuletzt uns Journalisten.
        Wenn wir lahme Artikel schreiben, in denen wir nicht viel mehr tun als Spec-Sheets herunterbeten, dann muss uns doch schon beim Schreiben bewusst sein, dass eine KI das heute schon schneller und vermutlich sogar besser könnte. Wir müssen Mehrwerte schaffen, richtige Geschichten erzählen, Euch Dinge über die Technik vermitteln, die Euch das Datenblatt nicht vermitteln können oder der bloße Blick auf ein gerendertes Produktbild. Und ja, auch da gehe ich voll mit Antoine mit: Wir stecken da alle zusammen drin und sind eben auch alle gefragt – die Hersteller, Messeveranstalter und halt auch wir von der schreibenden Zunft.

        route 9Tenten

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