British Telecom verklagt Google - Warum Patente Innovationen zerstören
(Bild: engadget.com)
Es geht weiter im Patentkarussel. Was allerdings vielleicht neu an dieser Geschichte sein könnte, ist die Tatsache, dass es diesmal kein Hardware-Hersteller ist, der seine Patente verletzt sieht. Diesmal handelt es sich nämlich um ein Telekommunikations-Unternehmen.
British Telecom hat im US-Bundesstaat Delaware Google verklagt. Der Vorwurf: Das Unternehmen aus Mountain View würde gegen mehrere British Telecom Patente verstoßen. Nicht nur Android, sondern auch Google Music, Google Maps, Google Search, Google Places, Google Offers, Google's Location-Based Adervertising, Google+, der Android Market und Google Books + eBooks würden solche Patente verletzen.
Ja, Ihr habt richtig gelesen. Es sind jede Menge Produkte von Google betroffen, die die Softwarepatente von British Telecom verletzen sollen. Ich habe mir eben die Klageschrift durchgelesen und mir wurde wieder bewusst, wie leicht man als Unternehmen gegen ein Patent verstoßen kann. Hier nur ein kleines Beispiel, bei dem Android im Blick steht:
Google Android enthält Daten, abhängig davon, ob einbestimmten Datei-Download und/oder Upload-Service verfügbar bzw. nicht verfügbar ist, in Abhängigkeit ob das Gerät eines Users mit einem WLAN oder Mobilfunknetz verbunden ist. So kann beispielsweise ein Google Android User in seinen Einstellungen auswählen, ob eine Datei in seinem Browser oder dem Android Market nur dann heruntergeladen wird, wenn dieser User in einem WLAN-Hotspot eingewählt ist. Google Android prüft dann immer wieder mit welchem Netzwerk-Typus das Gerät verbunden ist. Wenn dann der Netzwerk-Typus sich verändert, werden die Daten [des angestoßenen Downloads] entsprechend aktualisiert, basierend auf die Art der Verbindung.
Mit anderen Worten: Will man einen solchen Service anbieten, dass ein Download immer dann startet, wenn man mit dem WLAN - und nicht mit einem Mobilfunknetz - verbunden ist (zum Beispiel um Netzwerk-Traffic zu sparen), dürfte man das Patent von BT verletzen.
Ohne nachvollziehen zu können, ob die Beschuldigungen von British Telecom zutreffend sind, muss man feststellen, dass auf diese Weise Innovationen nachhaltig gefährdet sind. Hier wird nicht ein einzelnes Produkt geschützt. Es werden viele Fragmente eines Produkts patentiert. Man muss eigentlich notgedrungen Lizenzgebühren zahlen, will man heutzutage Software entwickeln.
Wer ein wenig Englisch kann, dem lege ich die Klageschrift ans Herz. So kann man sich selber eine Meinung dazu bilden.
Weitere interessante Storys zu diesem Thema
Die große Patentschlacht Samsung vs. Apple mit Infografik
Motorola gewinnt gegen Apple bei einer Patent-Auseinandersetzung
Ist dieser Super-Computer die Lösung gegen Patent-Trolle?
Quelle: engadget.com
@AleX: ab wann ein Patent Allgemeingut wird? Das ist einfach: nach 20 Jahren.
Das hier halte ich für viel Wichtiger:
—————
Neu ist eine Erfindung, wenn sie nicht zum „Stand der Technik“ gehört
—————
wenn sie sich für „den durchschnittlichen Fachmann, der den gesamten Stand der Technik kennt“, nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt
—————
Das Zeug das hier patentiert wird ist schlicht und einfach nicht “Neu” bzw naheliegend.
@ Rene
Wer soll denn die Grenze bestimmen, ab wann ein Patent Allgemeingut wird?
Beispiel: Sagen wir ich würde einen revolutionären Touchscreen entwickeln, der keine Fingerabdrücke aufnimmt, 0% Licht reflektiert und eine Displayauflösung jenseits der menschlichen Wahrnehmung hat (wäre natürlich ein Traum).
Das wäre natürlich eine Erfindung, die unser aller Leben verbessern würde und das in extrem vielen Lebensbereichen. Ggf. würden die Realisation dieser Technik auch komplett neue Geräte erst möglich machen.
So eine Entwicklung ist doch gerade im Technologiebereich mit immensen Kosten verbunden, die ich nie im Leben getätigt hätte, wenn ich wüsste, dass jeder meine Forschungsergebnisse nach belieben nutzen und kommerzialisieren kann. Das Patentgesetz ist ja eindeutig: 20 Jahre hält so ein Patent vor, bis es nicht mehr geschützt ist (bei Medikamenten ist die Dauer glaube ich kürzer). Als entwickelndes Unternehmen ist das für mich ja der entscheidende Faktor, den ich für meine Break-Even-Analyse festsetze... wie lange kann ich aus meiner Entwicklung Kapital schlagen? Ohne diesen Gedanken würden noch viel weniger Innovationen entstehen. (meine Meinung)
Natürlich geht es bei dieser Klageschrift tatsächlich um eine Lapalie, die so im Leben nicht durchkommen wird. Man darf aber auch nicht vergessen, dass gewisse Methoden, die heute Best Practice sind und uns selbstverständlich erscheinen auch irgendwann mal aus einem Initialgedanken oder -entwicklung heraus entstanden sind. Warum sollte man also jemandem, der sich Gedanken macht, wie man die Welt verbessern kann nicht dafür entlohnen? Das schafft doch auch einen Anreiz für Andere sich ebenfalls geistig zu engagieren, um ggf. selber monetär entlohnt zu werden.
Es ist immer auch eine Frage der Verhältnismäßigkeit, und da Wucher per Gesetz verboten ist, wird ein solches Patent, sofern es Bestand hat, wohl kaum die Produktpreise erhöhen, geschweige denn Google davon abhalten weiterhin Gebrauch von dieser Methode zu machen.
Als Beispiel dafür muss man ja nur Android und Microsoft betrachten. MS hält dutzende Patente für Software, die im Android OS Anwendung finden. Ich bin mir bei der genauen Zahl nicht mehr sicher, aber ich meine, dass dafür jeder Hersteller von Android basierten Mobiltelefonen 6,50€ oder $ pro verkauftem Gerät an MS zahlen muss. Und seien wir doch mal ehrlich... 6,50!? Ist ja nicht so, dass das bei den Gerätepreisen ausschlaggebend ist.
Naja, wozu sind Patente eigentlich da? Patente sollen in erster Linie das geistige Eigentum schützen. Zudem soll der entstandene Aufwand (Zeit, Material, etc.) mithilfe des Patentes entlohnt werden. Patente sind daher wichtig und richtig. Wer also fremdes geistiges Eigentum vermarkten möchte muss dafür eine Lizenz an den Erfinder entrichten. Anscheind halten sich nicht alle daran. Warum dies aber erst nach Jahren ans Tageslicht kommt ist schon komisch.
Was meiner Meinung nach sehr beunruhigend ist, dass der Sinn des Patentes missbraucht wird. Man bekommt den Eindruck, das eine Patentmafia entstanden ist, welche mit Patenten dealt. Zum Beispiel werden Firmen nur wegen den Patente gekauft um andere Firmen damit Verklagen zu können. Dabei sollte es doch so sein, mit den erworbenen Patenten seine Produktpalete zu verbessern bzw. zu erweitern. Diese aktuellen Machenschaften von Apple, etc. sind die eigentlichen Innovationsbremsen und sollten durch gesetzliche Restriktionen unterbunden werden.
Denn es kann doch nicht sein, dass Firmen nur noch durch Patentkriege zu Reichtum kommen und die eigentliche Produktion als Wertschöpfung nebensächlich wird.
Das ist meine Meinung!
immer diese Patente wir zahlen uns an denen dumm und dämlich.
Ups, ich meinte FRAND. Nicht Fraud, sorry.
Ja, da gibts vieles, was FRAND sein müsste. Wie schon weiter oben geschrieben, es is zwingend notwendig, dass das Patentrecht weltweit komplett reformiert wird. Andernfalls gehts irgendwann gar nicht mehr voran und der Dumme ist der Kunde...
@Patrick T.: Dann lese Dir bitte mal die Klageschrift durch. Vieles daraus sollte IMHO auch als FRAND (bitte nicht Fraud, das ist etwas Anderes) verfügbar sein.
Mh, schlechtes Beispiel Fabien. Die Mischung eines Gummireifens sollte als FRAND-Patent verfügbar sein. Es kann doch nicht sein, dass sich Patente auf die Sicherheit im Alltag auswirken dürfen. Sicherheit sollte definitiv Allgemeingut sein.
Aus meiner Sicht dürfen Patente aber auch nicht weitere Innovationen behindern. Stell Dir mal vor, es hätte jemand ein Patent auf das Rad und wir könnten somit keine Fahrräder, Roller, Autos usw. erfinden. Dass man wiederum die Gummi-Mischung eines Reifens patentieren lassen kann, kann ich nachvollziehen.
Mich muß mal jemand aufklären: wer entscheidet, welches Patent ein Pfurz ist und welches nicht? Als die Idee zum ersten mal implementiert wurde, war sie mit Sicherheit kein Pfurz!
Man braucht Patente und auch Strafen, wird ein Patent verletzt. Allerdings sollten gewisse Errungenschaften wie (z.B. Rad, Elektrizität, Otto-Motor) nach einer bestimmten Zeitspanne in geistiges Eigentum der Allgemeinheit übergehen, sofern der Erfinder nichts mehr verbessert.
Irgendwie zweifel ich langsam am menschlichen Verstand. Darf ich meinen Kaffe jetzt überhaupt noch im Uhrzeigersinn umrühren oder verstöße ich da auch wieder gegen irgendein Patent??
Ich melde jetzt ein Patent auf Klagen an...somit kann ich jeden verklagen der klagt weil ich das Klagen patentiert habe.
Es ist fatal, was gerade hier gerade insgesamt passiert. Ich würde wirklich jedem empfehlen durchzulesen, gegen was BT da klagt. Das sind aus meiner Sicht - und ich bin natürlich kein Anwalt oder Richter - Patente, die FRAND unterliegen sollten. Sprich: Trivialpatente, die eigentlich ein Standard sind. Oder sein sollten.
@AleX: ich muss dem Autor Recht geben. Eigentlich müsste man heute vor dem Implementieren jedes Features in einer Software prüfen, ob damit evtl. ein Patent verletzt wird. Das ist aber praktisch unmöglich und damit steigt das Risiko für insbesondere kleine Firmen enorm. Im Zweifelsfall ist es besser, als sich einem anderen Thema zu widmen, wenn man sich bei einer Idee nicht sicher sein kann, ob man hinterher Ärger mit diesen Trollen bekommt.
Wenn kleine Firmen also in bestimmten Fällen von Investitionen in Innovationen abgeschreckt werden und da von großen Firmen so gut wie keine Innovationen ausgehen, sehe ich durch die Art und Weise wie heute mit Patienten umgegangen wird einen deutlichen Schaden für die Innovation insgesamt.
Patente abschaffen ist unmöglich. Das würde so nicht funktionieren, denn dafür hat unsere Welt - leider auch unter den Internetnutzern, Stichwort Akzeptanz von Werbung - eine viel zu große Arschlochhaltung. Es gilt die Devise: "Der einzige, der profitieren soll, bin ich."
Alle schmücken sich mal mehr, mal weniger mit den Lorbeeren anderer, ohne denen, die etwas (kreatives, nützliches) erschaffen haben, entsprechend Würde zukommen zu lassen. Solange das gesamte System auf diese Art und Weise betrieben wird, werden sich die Dinge nie ändern und bessern.
Würden sich _alle_ Hersteller dazu verpflichten ihren kompletten Patentpool einer einzigen Organisation zu übergeben, die die Patente hoheitlich verwaltet, würde es nirgends mehr Innovationsbremsen geben. Sämtliche Hersteller hätten Zugriff auf den Patentpool, können sich die Ideen anderer zu Nutzen machen, während der ursprüngliche Patentinhaber über den Patentverwalter entsprechend vom Patentnutzer entlohnt wird.
NUR dieses Prinzip würde meiner Meinung nach auf Dauer funktionieren und allen Beteiligten mehr Luft für Innovationen geben - jeder würde davon profitieren. Ich halte es aber für äußerst unwahrscheinlich, dass ein solches System jemals so umgesetzt wird.
patente auf gene, .. das erinnert mich an unseren guten alten Adi :>
ne es ist echt schlimm ... sowas macht doch keinen sinn mehr ?
ich bin dafür das patent Rechte verfallen.
@ AleX , (leider) muss ich dir recht geben.
Auch wenn ich den Autor verstehe was er meint.
Ich würde mir meine Ideen und Produkte auch eintragen und schützen lassen.
Warum kann man sich jeden Furz patentieren lassen?! Patente sollen doch Erfinder von Erfindungen schützen und nicht dazu dienen, die Konkurrenz auszuschalten. So Sachen wie Googles selbstfahrende Autos, das sind Erfindungen, die auch patentiert werden müssen. Aber sowas, womit Apple, Samsung, HTC, BT usw. mit sich rumwerfen sind doch keine Erfindungen
Wie kann man denn so einen Tunnelblick haben wie der Autor beim Wahl seines Titels...
Das ist doch völliger quatsch, dass Patente Innovationen verhindern, ganz im Gegenteil: Die Möglichkeit, Entwicklungen schützen zu lassen gibt Unternehmen doch erst einen Anreiz, kostspielige Produkte zu entwickeln und damit große Investitionen zu tätigen. Ist doch nur folgerichtig, wenn diese dann entsprechend entlohnt werden.
Ich gebe dir Recht, wenn du der Meinung bist, dass das automatische Downloaden bei WLAN Verbindung nicht patentwürdig ist, aber darauf eine allgemeine Aussage wie du Sie im Titel getroffen hast zu machen, halte ich für populistischen Journalismus ohne Tiefgang.
Nachtrag @ Franky: Ich verstehe auch was er meint und ich finde es auch lächerlich, dass es darauf vermutlich ein Patent gibt. Aber selbst mit diesen ganzen Patenten kommt es mir nicht so vor als würden die Unternehmen in ihrer Innovationstätigkeit groß beeinflusst werden. Zumindest sehe ich das in der Praxis nicht. Klar gibt es mal so kurzfristige Verkaufsstopps in einzelnen Ländern, aber overall "innovieren" die Unternehmen nach wie vor und können ihre Produkte auch vertreiben.
Da hat sich mal wieder ein Troll rangemacht und Pfitzel des Codes in der Googlesoftware gefunden. Mittlerweile ist es das nur noch frech!
Hat sich jetzt schon jemand “Hallo Welt“ schützen lassen? Da sollte auch Geld mit zu machen sein.
Die haben se nicht mehr alle. Was kommt als nächstes? Patente auf Gene? Ach ne, oups....
@Andre Schlüter: Und auch bei Hardware Patenten sollte es eine Implementation Pflicht geben.
d.H. Wie beim Markenrecht sollte das Patent nach einer (kurzen) Schonfrist wieder verfallen wenn man kein entsprechendes Produkt anbietet.
Dann würde der Spuck schnell aufhören und Patente wieder das machen was sie sollen: *Echte* Innovation schützen.