Streaming-Boom vorbei: Netflix & Co streichen selbst bezahlte Projekte
Die rasch zunehmende Inflation und die Probleme beim Streaming-Marktführer Netflix haben zur Folge, dass die Filmindustrie und diverse andere Streaming-Anbieter ebenfalls unter Sparzwang geraten. Offenbar ist die Content-Flut der letzten Jahre vorerst vorbei.
Wie der US-Wirtschaftsdienst Bloomberg in einem Newsletter berichtet, herrscht in Hollywood und den meisten Teilen der weltweiten TV- und Filmindustrie jetzt massiver Druck, die Kosten zu senken. Dies zeige sich in diversen Fällen deutlich. So verdienten Regisseure, die zuletzt noch vier Millionen Dollar im Jahr einnahmen, jetzt nur noch weniger als ein Viertel davon.
Filme mit mittelhohem Budget würden immer häufiger auf Eis gelegt und die Budgets für Fernsehprogramme seien um mehr als 30 Prozent zurückgegangen. Inzwischen haben diverse Streaming-Anbieter und TV-Sender auch begonnen, immer mehr Serien zu streichen, für deren weitere Produktion sie eigentlich bereits Verträge abgeschlossen hatten.
Selbst bereits gekaufte Produktionen werden gestrichen
Auch namhafte Regisseure sind betroffen, darunter zum Beispiel J.J. Abrams, der unter anderem für "Lost" mitverantwortlich war. Die Streaming-Anbieter und TV-Sender streichen sogar Produktionen, für die sie bereits Millionen investiert haben, weil sie keine weiteren Ausgaben wünschen.
Aus Kreisen der Filmindustrie in Hollywood ist zu hören, dass die Zeiten fast unbegrenzter Ausgaben vorbei sind. Es gebe derzeit so viele Absagen von Produktionen oder Rückgaben von zuvor erworbenen Ausstrahlungsrechten wie noch nie, heißt es weiter. Zwar "fährt der Hollywood-Zug noch immer, doch jetzt fangen die Bremsen an zu quietschen", wird ein erfolgreicher Produzent in dem Bericht zitiert.
Zwar geben die Anbieter noch immer Geld für neue Produktionen aus, schließlich müssen sie letztlich unter dem Druck des Wettbewerbs weiterwachsen, doch streichen sie eben ihre Kosten zusammen. Netflix kündigte zuletzt hunderten Mitarbeitern und bei Konkurrenten wie Amazon Prime Video und Disney+ gibt man längst nicht mehr so viel Geld aus wie bisher.
Die Zeiten von "Peak TV" und "Binge Spending" sind somit offenbar offiziell vorbei, schließlich reduzieren viele Konsumenten ihre Ausgaben angesichts des durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ausgelösten Inflationsschubs und der dadurch drohenden Rezession. Wer sich selbst Lebensmittel kaum noch leisten kann, wird wohl eher wenig Geld für Vergnügen übrig haben - und sei es Serien-Streaming.
Ach herrje, auch das noch - der Rotstift treibt sein Unwesen...die gutbezahlten Schauspieler:innen und sonstigen Multi-Millionäre der Filmbranche werden es schon verkraften. Hauptsache es verhilft zu besseren Filmproduktionen.
Für mich sind das positive Nachrichten. Es ist ja weiß Gott nicht das erste Mal, dass die Filmindustrie den Rotstift ansetzt, um explodierende Produktionskosten wieder einzufangen. Und geschadet hat das eigentlich nie, im Gegenteil, Regisseure haben wieder mehr experimentiert und ausprobiert und vor allem hat man sich wieder auf gute Plots konzentriert und weniger auf den Bilder- und Spezialeffekterausch. Viele sehr gute Regisseure der Neunziger und Nuller hatten in den letzten Jahren kaum mehr eine Chance auf ein Projekt, weil sie keinen Bock auf banales Popcornkino hatten. Ich würde sehr gerne dutzende Marvel-oder Star Wars-Filme für die Filme eintauschen, die Leute wie Wong Kar-Wai oder David Lynch in den letzten zehn, fünfzehn Jahren hätten machen können.