Google+, Hangouts und Google Glass: Google und seine gescheiterten Projekte
Lange Zeit war Google bekannt dafür, viele verschiedene Projekte zu starten, neue Produkte auszuprobieren und zu schauen, was letztendlich funktioniert. Diese Strategie hat sich in letzter Zeit etwas geändert, wie Hans-Georg vor kurzem darlegte. Aber durch diese Risikofreudigkeit gab es in Googles Geschichte viele Projekte, die kläglich gescheitert sind. Manchmal war das Interesse der Kunden, also uns, schlichtweg nicht da, teilweise war die Idee von Anfang an schon zum Scheitern verurteilt. Es ist Zeit, mal wieder einen Blick in die Vergangenheit zu werfen und über gescheiterte Projekte zu sinnieren.
Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit zwischen Sophia und Bastian entstanden
Google+ und weitere soziale Experimente
Geschrieben von Sophia Neun
Einige werden vermutlich schon bei der Überschrift aufschreien und nicht akzeptieren wollen, dass Google+ gescheitert ist. Doch als langjähriger Fan des Netzwerks kann ich mir eine solche Aussage denke ich erlauben.
Als das Netzwerk im Jahr 2011 vorgestellt wurde, war die Euphorie bei mir groß und auch andere Google-Fans wollten unbedingt eine Einladung zu dem, vorerst geschlossenen, neuen sozialen Netzwerk erhalten. Es sollte eigentlich eine Alternative zu Facebook werden und viele wollten das neue Konzept mit Kreisen, anstelle von Freunden, testen. Doch ist das Netzwerk dort, wo es hin wollte? Google hat bis vor einiger Zeit krampfhaft versucht alle Dienste über Google+ laufen zu lassen und auch YouTube war davon “betroffen”. Die aktiven Nutzer von Google+ fanden dies natürlich klasse, doch alle anderen haben darüber eher geflucht. Mittlerweile wurden wieder alle Dienste aus Google+ ausgegliedert. Auch habe ich nach all den Jahren immer noch das Gefühl, dass es eher ein Ort für technikinteressierte Menschen ist und kaum eine Firma sich dem Netzwerk widmet. Natürlich kann man das positiv sehen, doch für den Massenmarkt, ist dies alles andere als geglückt.
Passend zu diesem Thema möchte ich auch noch einmal auf unseren Artikel von 2015 hinweisen, der für viele aufgehitzte Gemüter in der Community gesorgt hat:
Google+ war übrigens nicht der erste Versuch von Google, in den sozialen Netzwerken Fuß zu fassen. Kennt Ihr noch Google Buzz und Google Orkut? Beide wurden bereits offiziell von Google für tot erklärt und ich habe leider das Gefühl, dass Google+ auch irgendwann dieses Schicksal erleiden wird.
Bei Google Orkut wird es bei den wenigsten klingeln, da dieser Dienst in Deutschland praktisch nicht vorhanden war. Es handelte sich dabei um ein Netzwerk, um alte und neue Freunde zu finden, indem man durch die Angabe seiner Interessen neue Kontakte vorgeschlagen bekommen hat. Das Netzwerk war allerdings nur in Braisilien ein Erfolg und wurde dann 2014 komplett eingestellt. Auch Google Buzz hat dieses Schicksal ereilt. In diesem Netzwerk konnte man auf Google Maps kleine Notitzen für alle Nutzer hinterlassen, doch wurde es, zumindest in Berlin, oft für die besagten “Erster!!”-Postings verwendet.
Um den Abschnitt mit meinem Lieblingszitat zu beenden: Die Frage ist nicht ob Google+ abgeschaltet wird, sondern wann!
Google Glass sorgte für wenig Durchblick
Geschrieben von Bastian Siewers
Google Glass als komplett gescheitertes Projekt darzustellen, ist eigentlich etwas unfair. Es war von Anfang an recht klar, dass es ein experimentelles Projekt war und Google hatte sicher nie erwartet, damit einen breiten kommerziellen Erfolg zu landen. Und solche Projekte braucht es, um Technologien weiterzubringen. Das Projekt Google Glass wurde im Juni 2012 offiziell vorgestellt und sorgte für einige Aufmerksamkeit in der Tech-Welt. Ein solches Produkt hatten wir bis dahin noch nie gesehen und waren natürlich erst einmal durchaus begeistert, oder zumindest interessiert.
Der Erfolg des Google Glass Projekts blieb allerdings aus und nur wenige Entwickler-Editionen sind letztendlich verkauft worden.. Zum einen war die Brille einfach zu groß, ich als Nicht-Brillenträger würde mir niemals eine solche Brille auf die Nase setzen, nur um die eingeschränkten Funktionen nutzen zu können.
Vor allem in Deutschland gab es allerdings noch ein ganz anderes Problem: Die Menschen hierzulande achten im internationalen Vergleich besonders auf Datenschutz. Google Glass lässt in der Beziehung eher einen faden Beigeschmack. Woher weiß ich, dass ich gerade nicht gefilmt werde? Oder läuft das Mikrofon permanent mit?
Und dann war da natürlich noch der Preis. Die Beta-Version, die für Entwickler gedacht war und sich Explorer-Edition nannte, kam auf saftige 1500 US-Dollar. Verfügbar war sie ab Februar 2013. Was die Brille im normalen Handel gekostet hätte, bleibt leider Googles Geheimnis, denn soweit kam es nie. Google hatte des öfteren einen offiziellen Launch angekündigt, bis der amerikanische Gigant im Januar 2015 aufgab und das Projekt einstampfte.
Wie Eingangs gesagt, probierte Google bisher gerne alles mögliche aus. Was Erfolg hat, entscheidet letztendlich der Kunde, also wir. Die Google Glass war wohl ihrer Zeit deutlich voraus und somit überrascht es nicht, dass sie keine großen Erfolge feiern konnte. Unternehmen wie eben Google oder auch Microsoft haben aber AR-Brillen noch lange nicht aufgegeben. Letzterer Hersteller geht mit der HoloLens allerdings einen völlig anderen Weg. Wir sind gespannt, wann die nächsten Consumer-Produkte den Weg zu uns finden.
Google Latitude fand leider den Weg nicht
Geschrieben von Sophia Neun
Immer wissen, wo sich die Familienmitglieder oder Freunde befinden? Mit Google Latitude war das kein Problem und auch heute ist dies noch möglich. Doch was macht dann dieser Dienst im Artikel? Ganz einfach: Google ist sich bei diesem Dienst nie wirklich einig gewesen und anfangs als eigenständige Option in Google Maps, wurde der Dienst später in Google+ ausgegliedert, nur um vor kurzem wieder ein Punkt in Google Maps zu werden. Ärgerlich für alle Nutzer, da man jedes Mal die Rechte neu vergeben musste und auch Funktionen immer wieder verändert oder gestrichen wurden.
So konnte man anfangs noch viele von der Option überzeugen, da das Widget damals wirklich praktisch war, doch dieses wurde mit der Integration in Google+ zum negativen verändert. Natürlich ist dies Jammern auf hohem Niveau, doch gerade so ein Dienst sollte intuitiv bedienbar sein und sich leicht einrichten lassen. Auch wenn ich kein Apple-Fan bin, muss ich zugeben, dass die App "Meine Freunde suchen", welche man auf iOS findet, etwas praktischer ist. Google hat nur den Vorteil, dass man Google Maps auf iOS und Android nutzen kann und somit mehr Leute erreicht. Aber die wirklich breite Masse weiß vermutlich nicht einmal, dass es bei Google diese Option gibt und jeder sie mit der aktuellen Version von Google Maps nutzen könnte.
Hangouts und Co.
Geschrieben von Sophia Neun
Die Geschichte von den Messengern bei Google ist fast noch verwirrender, als die von Latitude. Hier hat sich nicht nur der Ort des Dienstes, sondern auch immer wieder die Art der Umsetzung verändert.
So fing alles mit Google Talk an, welches in GMail integriert war. Dieser Messenger nutze das offene XMPP-Protokoll und somit konnte man nicht nur mit Google Talk Nutzern schreiben, sondern auch mit allen anderen Diensten mit diesem Protokoll. Mein Schwager war davon immer sehr begeistert, da er Zuhause einen eigenen Server stehen hatte und so dennoch mit mir bequem kommunizieren konnte. Ein Nachteil war, dass Gruppenchats eher schlecht funktioniert haben und man auf jedem Gerät Benachrichtigungen erhalten hat.
Doch natürlich wollte Google auch hier wieder allen das eigene soziale Netzwerk Google+ aufzwingen und so wurde der Google+-Messenger ins Leben gerufen. Dieser hat nur auf Geräten mit der Google+ App funktioniert und nicht über einen Browser am PC. Dafür war es nun bequemer möglich Gruppenchats zu erstellen und auch die Notifications haben gefühlt einen Tick besser funktioniert.
Doch auch damit war Google nicht zufrieden und Hangouts wurde ins Leben gerufen. Dieser Messenger startete 2013 und vereinte Messenger und Videochat und hatte sogar die Möglichkeit - in Amerika- Anrufe darüber zu tätigen. Für mich war dies eine perfekte Lösung, da man sich über Datensicherung bei Smartphonewechsel, dank der Onlinespeicherung, nie Gedanken machen musste und auch das dieser Plattformübergreifend funktioniert, hat mir als Smartphone, Tablet und Computer Nutzer in die Hände gespielt. Doch anstatt den Messenger weiter zu entwickeln und auf Userwünsche einzugehen, hat Google 2016 noch einen neuen Messenger auf den Markt geworfen.
Allo funktioniert dabei über die Rufnummer und sollte so massentauglicher werden, als die vorherigen Messenger, die immer über die Mailadresse funktioniert haben. Allo wirkt außerdem viel bunter und speichert keine Chats online. Diese werden nur auf dem Gerät gespeichert und sind bei einem Smartphonewechsel verschwunden, da es keine Backupfunktion gibt. Ansonsten ist Allo sehr bunt gehalten und soll mit Stickern, dem Google Assistant und Textformatierungsoptionen überzeugen. An sich ein spannendes Konzept, doch die fehlende Weiterentwicklung und die Unsicherheit bei Google Messengern schreckt viele von dem Dienst ab. Vermutlich spielt auch die weite Verbreitung von WhatsApp eine Rolle und ein Messenger der weniger kann, wird wenige zum Wechsel animieren.
Man darf gespannt sein, wann Google seinen nächsten Messenger veröffentlicht, anstelle einen alten weiterzuentwickeln.
Google Reader fand zu wenig Leser
Geschrieben von Bastian Siewers
Google Reader gehörte lange Zeit zu den von mir meist genutzten Services überhaupt. Er war lange Zeit meine persönliche Quelle Nummer Eins für alle möglichen News, von Politik über Technik hin zu dem alltäglichen Gossip.
Schon im Jahr 2005 hatte Google den Feedreader ins Leben gerufen. Allerdings war ich mit der Oberfläche, die Google selbst bereitstellte, nie wirklich zufrieden, und damit war ich wohl nie alleine. Wenige Services haben eine so große Anzahl an Drittanbieter angezogen, wie Google Reader. Es gab vor allem in den letzten Jahren des Readers unzählige alternative Oberflächen. Und dann war da Feedly, die ein der schönsten UIs angeboten hat.
Aber am 01. Juli 2013 war endgültig Schluss, Google stellte den Reader ein. Grund war wohl vor allem, dass der Reader nicht von sonderlich vielen User genutzt wurde. Die Zeit der Apps war schon lange im vollen Gange und viele verschiedene News-Apps hatten den Weg in die Liste der Top-Apps gefunden. Ein recht altertümlicher Feedreader, den man komplett selber einrichten musste, war nicht mehr zeitgemäß.
Mit dem Verschwinden des Google Readers brach für mich eine Welt zusammen. Eine neue, zuverlässige Quelle für meine News finden? Och bitte nicht, Reader hat doch wunderbar funktioniert. Glücklicherweise erkannte Feedly die Chance und übernahm die Aufgaben des Readers. Noch bis heute nutze ich den Dienst täglich. Das Schönste an dem Umstieg war, dass alles ganz einfach war. Im Endeffekt übernahmen die Entwickler von Feedly die komplette Umstellung, ich musste mich nur weiterhin mit meinem Google Account einloggen.
Das funktioniert bis heute und ich musste nie irgendwelche Feeds neu anlegen oder ähnliches. Es gibt natürlich noch vereinzelt andere Services, die teils unabhängig von Googles Feedreader ähnliche Dienste leisten. Aber zu Reader-Zeiten war es eben unglaublich einfach eine neue Oberfläche auszuprobieren. Die Hürde zu wechseln ist heute deutlich höher, da man alle genutzten Feeds komplett neu eintragen oder eben eine App neu einrichten muss. Ich vermisse den Reader aus diesem einfachen Grund noch heute, da ich gerne neue Services ausprobiere, die mir meine News bereitstellen. Feedly ist aber zumindest ein zufriedenstellender Ersatz.
Google Wave verpasste die Welle
Geschrieben von Bastian Siewers
Google Wave war Googles erster Gehversuch im Bereich kollaboratives Arbeiten. Die Idee dahinter war ziemlich genial. Im Mai 2009 stellt Google auf der damaligen Google I/O ein Produkt vor, dass es Kollegen erlaubte, gleichzeitig an einem Dokument zu arbeiten. Dazu konnten sogenannte Waves erstellt werden und mehrere Kollegen zur Mitarbeit eingeladen werden. Das ganze sah ähnlich aus wie ein Thread in einem Forum oder ein Gruppenchat in heutigen Messenger-Apps.
Bei Wave handelt es sich um ein Produkt, das man nicht per se als gescheitert betiteln kann. Die Idee dahinter war wirklich gut und viele Funktionen finden wir heute in Googles Produktivitäts-Produkten wie Google Docs, Sheets und Slides wieder. Die Grundidee ist letztendlich die selbe, das gleichzeitige Arbeiten mehrerer Anwender an einem gemeinsamen Dokument. Und das funktioniert heute so gut wie nie zuvor.
Der Dienst wurde letztendlich im April 2012 eingestellt und die Server für den Dienst sind deaktiviert. Der Dienst hat wohl nie die Nutzerzahlen erreicht, die Google sich versprochen hatte. Wie schon gesagt, der Dienst ist zwar gestorben, die Idee dahinter aber mitnichten. Weggefallen ist allerdings die direkte Kommunikation zwischen den Teilnehmern in einem Art Chat. Dafür stellt Google aber ja glücklicherweise gleich mehrere Lösungen parat, oder auch nicht, wie oben schon dargelegt.
Es gibt natürlich noch andere Produkte von Google, die letztendlich nicht funktioniert haben. Wir wollten uns aber auf die größeren Projekte beschränken.
Google + wurde vor Jahren für tot erklärt und daraufhin sind viele gegangen. Hätte man dieses nicht gemacht würde heute Google+ besser stehen als es heute ist
Das wäre mir neu, dass Google so etwas verkündet hat. :)
Ich gedenke dem gescheiterten Project Ara...
Wäre echt klasse ein Smartphone zu haben, bei dem die Teile ausgetauscht werden können und so die Lebenszeit verlängert wird 📲
Stattdessen bekommen wir jetzt verklebte Geräte, bei denen nicht mal mehr der Akku ersetzt werden kann! 🔋😡😤
Die Mehrheit der User hat es ja so gewollt und diesen Schritt mit großen Verkaufszahlen unterstütz...
Werde das Galaxy Note 4, Galaxy Alpha vermissen, es war wertig gemacht und mit Wechselakku 😻
Wer nichts riskiert kann auch nicht gewinnen.
Und so wird Google immer wieder neue Projekte aus dem Boden heben, ob etwas daraus wird, wird die Zeit zeigen.
Ich persönlich verstehe bis heute nicht was an WhatsApp so toll sein soll?
Google Talk war schon super und Hangouts kann alles was ein Messenger können muss.
Hangouts fehlen kleine spielerein, um auch bei jüngeren anklang zu finden. Eigentlich wäre eine Mischung aus Allo und Hangouts sehr gut.....und dann müsste es noch einen größeren WahtsApp-Ausfall geben XD
Schöner Artikel, Danke
Hangouts ist nicht gescheitert, mag ich sogar mehr als WhatsApp 😎
Schöner Artikel! Hangouts ist meines Wissens nach auch als Dienst innerhalb Google+ gestartet und ebenfalls erst später ausgegliedert, was das gesamte Konstrukt noch komplizierter macht... Ich denke, man könnte den Artikel bis in aller Ewigkeit weiterschreiben xD
Fast ein wenig schade, dass Google jetzt nicht mehr so risikofreudig ist und man sich nicht mehr so darüber aufregen und lachen kann...
Wieder mal ein guter Artikel👍
Wobei bei mir g+ und Hangout immer noch im Rennen sind.☺
Gerade Hangouts nutze ich ebenfalls noch sehr oft und gern. ^^
Sehr schöner Artikel. Das dürft ihr ruhig öfter machen.
Ohne vorheriges riskieren und probieren gäbe es keinen technischen Fortschritt
Über den "erstandenen Artikel" musste ich schmunzeln, ein sehr netter Vertipper ;)
("Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit
zwischen Sophia und Bastian erstanden.")
Ansonsten guter Artikel!
Auferstanden aus Ruinen...oder wie geht das? :D
Danke, habe es mal verbessert.
Google Daydream bleibt uns hoffentlich erhalten und wird trotz großer Konkurrenz hoffentlich weiterhin ausgebaut und verbessert.
Vielleicht sollte sich Google einfach mal Gedanken über ihre Userausnutzung und ihre politische Einstellung zu den Datensammlungen machen. Die Welt ist durch die Vernetzung nicht nur manipulierbarer geworden, sondern auch wehrhafter. Es gibt nur ein funktionierenden Weg. Durch die Zusammenarbeit von Entwicklung, User und freien Entwicklern.
Welches Google Daydream meinst du? Die VR-Plattform oder die Animations-UI? xD
Man muss probieren und riskieren um erfolgreich zu sein. Keine Überraschung für mich.
Google ara wäre durchaus noch erwähnenswert! Zumindest so wie es eigentlich geplant wae
Das hätte vermutlich nicht ganz zu den anderen Projekten in diesem Artikel gepasst. Aber wäre durchaus auch mal einen Artikel wert. :)
Der Mut von Google neue Dinge zu probieren ist lobenswert... Aber oft leider vergebens wie es scheint.