MWC 2014: Yota innovativer als Samsung & Co.
Aus und vorbei: Wieder verstrichen die Stunden in den kunstlichtverseuchten Messehallen schneller als der Ladebalken eines Nexus 4 und wieder fällt das Fazit nüchtern aus: Evolution statt Revolution, keine Überraschungen weit und breit. Entweder wird der Mobile World Congress immer langweiliger oder unsere Erwartungen immer größer. Oder stimmt beides nicht? Der MWC 2014 im Rückblick.
Software: Android, Firefox, Tizen OS
Obwohl Google gar nicht mit einem eigenen Stand vertreten war, war es überall präsent, denn Android dominierte die Messehallen. Im Prinzip liefen alle Neuvorstellungen mit dem System, sogar die neuen Nokia-Smartphones X, X+ und XL (alle Infos), wenn auch in einer beschnittenen Variante ohne Google-Dienste. Die Smartphones haben auf mich einen guten Eindruck gemacht, vor allem, weil die Oberfläche sehr flüssig reagiert.
In der Preisklasse um 100 Euro ist das alles andere als selbstverständlich und man musste nur rübergehen zum Firefox-Stand, um anzuerkennen, welche Leistung Nokia hier vollbracht hat, denn die Firefox-Smartphones liefen allesamt nicht rund. Firefox hat auf dem MWC sogar ein 25-Dollar-Handy angekündigt.
Eine echte Konkurrenz zu Android wird Firefox aber nicht, es wird vielmehr in den Billigregionen unter 100 Dollar in Stellung gebracht, also als Alternative unterhalb von Windows Phone und Android. Und hier könnte es erfolgreich sein, denn die Netzbetreiber unterstützen Firefox OS nach Kräften, auf dem MWC hat zum Beispiel die Telekom angekündigt, es in noch mehr Ländern und auf noch mehr Smartphones anzubieten. "Firefox OS als offene Plattformen ist wichtig, um mehr Wettbewerb bei den Ökosystemen zu haben", erklärt Telekom-Produktchef Thomas Kiessling.
Und auch wenn er es nicht direkt sagt, ist klar, gegen wen sich die Strategie richtet: Google und Android, das den Smartphone-Markt mit mehr als 80 Prozent Anteil nicht dominiert, sondern vor sich her treibt. Die einzige Chance, Android auf längere Sicht die Stirn zu bieten, hat momentan Tizen. Die Plattform ist offen, wird von vielen namhaften Unternehmen aus der mobilen Industrie unterstützt und ist von Anfang an darauf ausgelegt, auf verschiedenen Geräteklassen zu laufen, vom Smart TV über die Kamera bis hin zum Smartphones. Auf dem MWC gilt eine Grundregel: Je größer der Stand, desto mächtiger das Unternehmen. Und der Tizen-Stand in der "App World" (eine Halle nur für App-Themen) war verdammt groß.
Samsung hat bereits angekündigt, in diesem Jahr ein Tizen-Smartphone auf den Markt zu bringen, und andere werden folgen. Auf dem MWC konnte man voll funktionsfähige Prototypen von Huawei, ZTE und natürlich Samsung sehen. Was auffällt: Im Gegensatz zu Android können die Hersteller die Oberfläche bis in die letzte Ecke verändern, sodass man kaum glauben kann, dass alle den gleichen Kern haben. Diese Flexibilität und vor allem die starken Partner machen Tizen zu einem ernstzunehmenden Herausforderer für das Google-System.
Hardware: Wearables, Z2, S5, Wiko und Huawei
Auf seinen neuen Smartwatches benutzt Samsung mit der "Tizen based wearable Platform" bereits eine mobil angepasste Version und völlig klar ist, dass alle zukünftigen Wearables der Koreaner damit laufen werden. Das Prunkstück auf dem MWC war die Galaxy Fit, ein Fitness-Armband mit biegsamem AMOLED-Touchscreen. Selbst der Produktmanager eines direkten Konkurrenten erklärte mir hinter vorgehaltener Hand, dass Samsung gute Arbeit geleistet hat - mehr Lob geht nicht.
Ganz klar waren Wearables eines der großen Themen auf der Messe, es gab sie in den unterschiedlichsten Ausführungen und Varianten. Aber die wenigsten Kollegen, die ich getroffen habe, waren davon begeistert. Warum auch? Sie sind dick, klobig und die Bedienung ist noch nicht ausgereift. Meiner Meinung nach handelt es sich um einen von den Herstellern generierten Hype, der (noch) am Kunden vorbei geht. In zwei bis drei Jahren kann man Wearables kaufen, wer jetzt schon zuschlägt, macht sich zum Versuchskaninchen einer Industrie, die noch ausloten muss, was geht und was nicht.
Die Top-Smartphones der Messe sind das Galaxy S5 und das Xperia Z2 (hier die Geräte im Vergleich), und beide laufen mit Android, auch wenn die Hersteller versuchen, Google mit eigenen Oberflächen in den Hintergrund zu drängen. Während Sony das beim Z2 ganz gut gelingt, scheitert Samsung dabei, ein homogenes Nutzererlebnis zu schaffen.
Vor allem das Galaxy S5 wurde stark kritisiert, weil es so wenig Neues bietet und auch das Design nicht überraschen kann. Ich frage mich allerdings, was die Leute eigentlich erwarten. Einen Telefon zum Aufrollen? Einen neuen Super-Akku? Wer genauer hinschaut, muss feststellen, dass die letzten Neuvorstellungen mit WOW-Effekt schon ein paar Jahre her sind. Die Hersteller betreiben behutsame Modellpflege, weil die Kunden das Gewohnte nun einmal gewohnt sind, und weil das Risiko des Scheiterns zu groß ist.
Der Wettbewerb ist brutal, und während im Premium- und Mittelklasse-Bereich die Reviere abgesteckt sind (Samsung, Sony, LG, HTC und noch dreimal Samsung), finden die spannenden Entwicklungen im Einsteiger-Segment und an der Grenze zur Mittelkasse statt. Unternehmen wie Wiko (hat auf dem MWC ein günstiges Quad-Core-Smartphone gezeigt) oder Alcatel machen plötzlich Huawei Konkurrenz. Der MWC hat einen Trend sehr deutlich gemacht: Bewegung gibt es nur noch im unteren Drittel des Marktes. Ausschlaggebend dafür ist die Tatsache, dass die Märkte in den entwickelten Industrieländern langsam gesättigt sind. Weil die meisten Leute schon ein Smartphone haben, findet hier kaum Wachstum mehr statt. Ganz anders sieht es in den Schwellenländern aus, wo der Smartphone-Boom erst so richtig losgeht, aber auf einem niedrigeren Preisniveau. Diese Verschiebung wird sich auch in den Geräten widerspiegeln. Künftig wird eine kosteneffiziente Produktion wichtiger werden als Innovationen.
Es ist daher fast schon zwangsläufig, dass das innovativste Gadget der Messe nicht vom Platzhirschen kommt, sondern von einem Newcomer: Das russische Unternehmen Yota Devices hat die zweite Generation seines Doppel-Display-Smartphones YotaPhone gezeigt. Der Vorgänger ist ja mehr ein Proof-of-Concept, der wie Blei in den Verkaufsregalen liegt - viel zu teuer, zu dick, mit veralteter Hardware und unausgereifter Software -, umso mehr überrascht daher der Nachfolger, der deutlich dünner und eleganter daherkommt und auch technisch auf der Höhe der Zeit ist. Er soll zwar erst im vierten Quartal in den Handel kommen, aber Sorgen, dass das Projekt irgendwo auf halbem Weg wegen Geldmangel stecken bleibt, muss man sich nicht machen.
Hinter Yota steht mit Megafon einer der größten Netzbetreiber Russlands, vielfach verwoben mit der russischen Politik. Das YotaPhone ist das erste Smartphone "Made in Russia", es handelt sich um ein nationales Technologieprojekt. Bei der pompösen Präsentation der ersten Generation im Dezember 2013 in Moskau waren viele Größen aus der russischen Politik anwesend, Journalisten waren aus allen Teilen der Welt eingeflogen worden und in einem der teuersten Hotels der Stadt untergebracht.
Andere innovative Smartphone-Projekte haben weniger
Geld
Glück. Das Blackphone zum Beispiel wirkte billig und unfertig, genauso wie die JollaPhones mit Sailfish OS. Für mich ist das ein Beleg dafür, dass man in diesem Markt nur ab einer bestimmten kritischen Größe bestehen kann. Meine Prognose: In zwei Jahren haben wir diese beiden Firmen längst vergessen.
Die Cogs kommen
Wer große Neuheiten vom MWC erwartet hatte, wurde enttäuscht. Aber man darf auch nicht vergessen, dass es sich um eine B2B-Messe handelt. Was hier passiert, taugt nicht so sehr für die großen Schlagzeilen.
Einer der Höhepunkte war für mich die Keynote von IBM-Chefin Virginia Rometty. Im Gegensatz zum Stargast Mark Zuckerberg, der in seiner vielbeachteten Rede nur leere Worthülsen von sich gab („NSA -> not awesome!“) hatte sie eine klare Vision und streifte alle großen Themen unserer Zeit, von der Cloud über Mobile bis hin zu Sicherheit. Sie beschrieb digitale Daten als die natürliche Ressource des 21. Jahrhunderts, vergleichbar mit Kohlenwasserstoffen, deren Nutzung im 19. Jahrhundert die Industrialisierung erst ermöglichte.
Zum Ende ihrer Rede hin skizzierte sie Ihre Vision eines neuen Computerzeitalters, das beherrscht wird von kognitiven Maschinen (cognitive machines, cogs), die selbst lernen und in der Lage sind das Erlernte weiterzugeben.
Auf die Apps folgen also die Cogs, so wie die Dampfmaschine von der Turbine abgelöst wurde. Und als Treibstoff dienen nicht mehr die fossilen Kohlenstoffe, die von organischen Lebensformen im Laufe von Millionen von Jahren gespeichert wurden, sondern die Milliarden von Bytes, die jeder einzelne Mensch im Laufe seines Lebens produziert. Eine faszinierende Vorstellung. Und wenn das nicht spannend ist, dann weiß ich auch nicht mehr weiter.
verstehe nicht warum firefox os so schlecht weg kommt. es ist erst vor kurzem erschienen, da ist es doch völlig klar, dass es mit android noch nicht mithalten kann,... wie sah denn android aus, als es gestartet ist? da sieht doch firefox jetzt schon besser aus. gebt ihnen ein wenig zeit und ihr werdet sehen ;-)
und ich muss sagen, ich freue mich auf firefox os. das ist für mich das wirklich einzige offene system. von allen anderen kann man das doch mittlerweile nicht mehr behaupten. auch von android nicht. google ist hier viel zu dominant.
ein paar software-updates und ein paar vernünftige geräte dazu und es wird zu einer echten alternative!
nexus 4 <3 :D
Daten vom yota phone????
Ist doch ziemlich klar das Yota innovativer als alle anderen Hersteller war, weil von Yota nicht viel erwartet wurde! Ich habe schon einmal geschrieben: "das s5 wird alle wegen der (zu) hohen erwartungshaltung enttäuschen! "
und es war so!
Da hätte jeder innovativer sein können, deswegen finde ich diesen Artikel teilweise sinnlos und auch leicht respektlos den Firmen gegenüber, die wegen euren Erwartungen als innovationslos hingestellt werden!
Lustige Überschrift. Nur müssen die von Yota erstmal beweisen dass ihnen jemand ihre Innovation abgekauft. Das ist nicht so leicht. Samsung weiß was sich verkauft und was nicht.
Ich sags doch : Yodaphone ! Leider muss ich noch warten. . .
Leider warten Du noch musst!
Man muss ja auch nicht immer das nächste neue Model kaufen. Da ist klar das das kaum was neues hat. Aber was wollen die auch jedesmal ultimatives neues drin haben? Da hätten wir ja sonst schon ein Laserfaserschwert integriert^^
Wenn man so ca 3 Modelle überspringt sieht man dann schon einen dicken Sprung nach vorne.
Achso das S5 hat ca 11GB freien Speicher und nicht 8 GB. Bei dem vorgestellten Telefon waren ja die Demovideos und Co drin, nur nicht unter Videos aufgelistet gewesen^^
Super Artikel :)
Die Erwartungen sind meiner Meinung nach viel zu hoch. Auf Samsung wird besonders herumgeritten weil sie halt die Grössten sind, das ist in der Regel immer so. Nur viele vergessen dabei, oder blenden es aus, das andere Hersteller genau dasselbe machen. Etwas besseres Specs, das Design der Geräte bleibt immer gleich bzw. wird nur leicht verändert und ein paar neue Features. Bestes Beispiel wäre da wohl die Fruchtfirma, vom ersten bis zum jetzigen iPhone immer "dasselbe" hässliche Design. Wie dem auch sei, ich bin zufrieden mit dem "immer etwas besser und ein paar kleine Neuheiten". Man kann einfach keine solchen Sprünge wie von einem Nokia 3210 zu unseren heutigen Smartphones erwarten. Was soll denn da noch alles kommen für euch? Eine integrierte Herdplatte?^^
Just my 2 cents!
@Volkan aus HH Apple stellt da nichts vor, sie haben für ihre Geräte einen eigenen Termin: 10 September (normalerweise) und zeigen auch nie ihre Geräte vorher. Sie sind ja alle so besonders und niemand darf vorher wissen wie ihr nächstes iPhone aussehen wird. pfffft.... ist ja alles der selbe Müll den sie da jedes Jahr zeigen. Innovation?? Wann haben sie bitte in den vergangenen drei Jahren schon Innovation gezeigt. Das letzte halb innovative war ihr Fingerabdruck Sensor den jetzt jeder (nicht) interessiert. Aber was soll es . Gibt ja immer noch Leute die sowas kaufen 😀
Abgesehen davon, dass den Fingerabdrucksensor tatsächlich viele interessiert und durchweg von Reviewern auf der Welt als mehr als nur ein "nice to have"-Feature bezeichnet wird auf das viele nicht mehr verzichten möchten, sehe ich überhaupt nicht, was an Apples eigenen Events jetzt wieder so mega arrogant und (anscheinend für euch) provozierend ist. Die Kosten für ein eigenes zwei-stündiges Event sind wahrscheinlich noch geringer als ein eigenen Stand zu mieten, dort drei Tage ein paar Pressereporter zu unterhalten und wie Samsung ein Orchester anzuheuern. Und obendrauf erzeugt es mehr Medienaufmerksamkeit. Also unternehmerisch äußerst klug und effektiv.
Ihr stört euch an Sachen... Aber liegt auch daran, dass es Apple ist. Alles von denen ist automatisch schlecht, muss nur noch die passendste Argumentation gefunden werden.
sehr schöner Artikel..👍👍👍
Wieso ist eigentlich kein iPhone, iPad usw. auf dem MWC vorhanden ?
Weil Apple dort aus Tradition nicht teilnimmt. Trägt wunderbar zu ihrem elitären Image bei.
Das Yotaphone wäre nix für mich. Bei mir muss alles verpackt in Cases werden und das wird bei dem Ding ja nicht gehen wegen dem 2. Bildschirm auf der Rückseite. Der Sinn verstehe ich auch nicht so richtig, außer dass das Ink Display kaum Strom braucht.
Schöner Artikel :-) sehr gelungen und infomartiv:-) So wird es wohl werden. Bytes habe ich auch schon einige gesammelt!
Und das Jolla Phone mit SailfishOS habt ihr garnicht ins Kalkül gezogen oder gar am Stand gewesen? ... DAS wäre eine Konkurrenz zu Android auf der MWC
´´Selbst der Produktmanager eines direkten Konkurrenten erklärte mir hinter vorgehaltener Hand, dass Samsung gut Arbeit geleistet hat ´´
Da hat jemand ein e vergessen oder ;-)
Ups, übersehen. Ist korrigiert, Danke!
Milliarden Bytes... Ist jetzt aber nicht so viel.