Valco VMK20 im Test: Preis-Leistungs-Knüller aus Finnland
"Kalsarikänni" ist finnisch und bedeutet, sich zu Hause alleine in Unterhosen zu betrinken. Und erklärt vielleicht schon, wie das Marketing rund um die Valco VMK20 entstanden ist. Hinter klingonischen Betriebsanweisungen und tief-männlich gehauchten Kopfhöreransagen verstecken sich jedoch richtig gute Kopfhörer. Im Test verrate ich Euch, warum die VMK20 für 169 Euro ein echt guter Deal sind. Nyt sitä mennään!
Pro
- Sehr guter Klang mit Equalizer-Apps
- Solide Verarbeitung
- Extrem lange Akkulaufzeiten
- Charmantes Marketing
- Recht preiswert
Contra
- ANC überzeugt kaum
- Plastik nicht allzu hochwertig
- Kaum Komfort-Features
- "Verrücktheit" kann auch nervig sein
Kurzfazit
Valco umwirbt seine VMK20 mit einer Liebe, die fast rührend ist. Aus dieser entstanden aber nicht nur eine Bedienungsanleitung mit Witzbuch-Qualitäten und ein äußerst unterhaltsames Vorstellungsvideo, sondern auch klanglich sehr überzeugende Kopfhörer. Die VMK20 haben es gar nicht nötig, verrückt und flashig zu sein. Denn sie bieten einen neutralen HiFi-Klang, den Ihr an Eure eigenen Vorlieben anpassen könnt.
Zu einer UVP von knapp 170 Euro stecken sie klanglich deutlich teurere Alternativen in die Tasche. Wer also ein Maximum an Preis-Klang sucht, der kann direkt zuschlagen. Dazu gibt's extrem lange Akkulaufzeiten und zumindest ein wenig ANC. Allerdings mangelt es den Headphones an Komfort-Funktionen, die im Jahr 2021 – dort sind die VMK20 erschienen – einfach dazugehören. Qualitativ kann Valco den Plastik-Chinaursprung der Over-Ear-Kopfhörer-Basis zudem nicht ganz verstecken. Was es damit auf sich hat, lest Ihr natürlich nachfolgend!
Design: China-Plastik mit solidem Finn-ish
Bei den Valco VMK20 handelt es sich um Over-Ear-Kopfhörer, die Eure Ohren also komplett umschließen. Um einen optimalen Sitz zu gewährleisten, vertraut Valco auf Memory-Foam, der mit veganem Kunstleder umhüllt ist. Auf die Waage bringen die Headphones 250 Gramm, ein Tragecase ist im Lieferumfang enthalten.
Hat mir gefallen:
- Wiedererkennungswert dank Stoffüberzug an den Ohrmuscheln (graue Version)
- Solider Tragekomfort trotz festem Sitz
- Portabel und mit DJ-Funktion (drehbare Ohrmuscheln)
Hat mir nicht gefallen:
- Plastik mit China-Ästhetik
- Starker Geruch beim Auspacken, der auch nach einigen Wochen noch erschnüffelt werden kann
- Rebrand eines China-Kopfhörers
Over-Ear-Kopfhörer sehen sich in der Regel sehr ähnlich! Und wie bei allen Modellen empfiehlt Valco Euch, die VMK20 "mit dem Stirnband nach oben und den Kopfhörerteilen über den Ohren" zu tragen. Dennoch ist es lobenswert, dass sich Valco mit dem Stoffüberzug an den Außenseiten der Ohrmuscheln von Konkurrenten wie Sony, Bose oder Sennheiser abheben kann. Sowohl Stoff als auch der Valco-Schriftzug sind sehr gut verarbeitet, selbst mit stärkerem Druck bewegt sich hier nichts.
Diese hochwertige Verarbeitung findet sich auch an weiteren Stellen der Headphones. Die Scharniere sind aus Metall gefertigt und die Ohrpolster dank Memory-Foam echt bequem. Ein wirkliches Premium-Feeling kommt bei den VMK20 allerdings nicht auf. Dafür offenbart das glänzende Plastik meiner Meinung nach zu viel vom eigentlichen Ursprung der Kopfhörern. Denn die Valco VMK20 sind eine optimierte Version bekannter China-Headphones, wie die Kolleg:innen von Audio-Room.net haargenau und im Detail zeigen.
Über diese Vergangenheit müsst Ihr also hinwegschauen, wenn Ihr Euch für die VMK20 entscheidet. Das geht am besten, indem Ihr die Kopfhörer aufsetzt. Denn der Tragekomfort ist auf meinen Ohren sehr gut. Und das, obwohl die Kopfhörer für Over-Ear-Modelle überraschend fest aufsitzen. Hier hat Valco an die eigenen Landsmänner und Landsfrauen gedacht, die zu Death-Metal-Doublebass im richtigen Takt headbangen.
Zumindest das Tragecase hat Valco komplett erneuert und das ist auch gut so. Es ist qualitativ hochwertig, sorgt für ausreichenden Schutz und enthält neben USB-C und 3,5-Millimeter-Klinkenkabel auch einen Adapter fürs Flugzeug.
Klang & ANC: Mit einigem Aufwand ultrageil
In den VMK20 kombiniert Valco 40-Millimeter-Treiber mit Qualcomms QCC3034-Chipsatz. Dabei nahmen die Audio-Profis eigene Optimierungen am digitalen Klangprozessor (DSP) vor. Das Ergebnis ist ein besonders neutraler Klang, der vielen Konkurrenten fehlt. Die Kopfhörer unterstützen zudem AAC, SBC und AptX HD per Bluetooth 5.0. ANC über vier Mikrofone ist ebenfalls mit dabei.
Hat mir gefallen:
- Superneutraler Klang
- Unterstützung von AptX HD
- Per Kabel auch passiv nutzbar
Hat mir nicht gefallen:
- ANC eher mittelmäßig, zudem ohne Abstufungen
- Kein Transparenzmodus
- Keine Equalizer oder Klangprofile
- Brummen bei der Nutzung per Kabel
Ein wichtiger Tipp, wenn Ihr Euch für die Valco VMK20 entscheidet: Nehmt Euch nach dem Auspacken Zeit, um sie ausgiebig zu testen. Und bitte installiert einen Equalizer auf Eurem Handy oder dem PC. Denn trotz des flashigen Marketings und der Prise Craziness sind die Kopfhörer extrem neutral abgestimmt, wodurch sie zuerst ein wenig langweilig klingen. Nach der Eingewöhnung sind die Kopfhörer echte Alleskönner.
Zum Test habe ich von Leprous (Prog-Metal) über Eminem (Hip-Hop), Chick Corea (Jazz), Beethoven (Metalcore, Scherz – Klassik natürlich) bis hin zu Dua Lipa (Pop) einige Genres gehört. Dabei zeigten sich die VMK20 auch ohne weitere Anpassungen der Equalizer-App auf meinem Pixel 6 überraschend flexibel. Wenn Ihr Euch die Zeit nehmt, bieten Euch die Valco VMK20 für jedes Genre einen sehr guten Klang.
Dazu trägt auch die Unterstützung des Bluetooth-Codecs AptX HD bei, von dem Ihr auf aktuellen Android-Smartphones profitiert. Nutzt Ihr stattdessen ein iPhone, ist aber auch AAC mit an Bord. Über ein 3,5-Millimeter-Kabel, das im Lieferumfang enthalten ist, könnt Ihr die kabellose Verbindung auch überbrücken. Nicht weiter spektakulär, aber für viele HiFi-Fans ist Bluetooth ein großes Bottleneck bei der Klangqualität.
Hier muss ich Euch bei den VMK20 aber über ein bei Stille deutlich hörbares Brummen unterrichten. Dieses trat sowohl in Verbindung mit meinem MacBook Air als auch bei der Nutzung an meinem E-Piano, einem Casio CDP-S350, auf. Der Klinkenanschluss wird somit eher zum Notbehelf, wenn der Akku einmal leer ist. Denn passiv könnt Ihr die Headphones auch dann nutzen, wenn sie aus sind. Praktisch!
ANC
Ein Notbehelf ist meiner Meinung nach auch das integrierte ANC. Ein in vielen Fällen praktisches Feature, das aktiv Umgebungsgeräusche aus dem Klangbild filtert. In vielen anderen Fällen wird ANC aber zum Marketingbegriff, der bei Schlaumeiern wie mir im Internet für Kritik sorgt. Denn das ANC der VMK20 ist nicht wirklich effektiv – und dazu ist es auch noch äußerst unflexibel.
An der linken Seite der Kopfhörer findet Ihr einen Knopf, über den Ihr das ANC an- oder ausschaltet. Hier bietet die Konkurrenz bereits feine Abstufungen und vor allem Transparenzmodi. Mit diesen könnt Ihr im Straßenverkehr trotz Kopfhörer aufmerksam bleiben. Bei Sonys WH-1000XM4 gelingt das sogar vollautomatisch und selbst günstigere Modelle wie die Soundcore Life Q30 bieten dieses Komfort-Feature.
ANC wird bei den VMK20 zur Nebensache und persönlich hätte ich eher darauf verzichtet. Ist Euch das Feature sehr wichtig, würde ich Euch ein anderes Modell empfehlen.
Komfort-Funktionen: Minimalistisch, leider
Bei den Komfort-Funktionen gibt es im Testbericht der Valco VMK20 nicht viel zu verkünden. Multi-Pairing ist mit an Bord, davon abgesehen fehlt es den Kopfhörern aber leider bei allen Standard-Features.
Hat mir gefallen:
- Multi-Pairing
- Kreative Durchsagen in tief-männlichem "Finnglisch"
- Unterstützung für Sprachassistenten
Hat mir nicht gefallen:
- Keine Companion-App
- Keine nativen Equalizer oder Klanganpassungen
- Keine ANC-Features
- Keine Trageerkennung
Neue Kopfhörer müssen bei mir nicht nur klanglich überzeugen. Dafür bieten Headphones wie die Sony WH-1000XM4, die Apple AirPods Max oder die Bose Noise Cancelling Headphones 700 zu viele coole Komfort-Kniffe. An denen mangelt es bei den Valco-Kopfhörern aber leider komplett.
Lobenswert ist das Multi-Pairing, das Euch die Möglichkeit gibt, zwei Geräte gleichzeitig zu verbinden. Ganz von selbst schalten die VMK20 bei mir zwischen Smartphone und Notebook um. Dazu kommt die Aktivierung und Sprachaufnahme für die gängigen Sprachassistenten, was im Jahr 2022 aber als Standard-Feature gilt. Cool und eigensinnig sind die kreativen Durchsagen für "Power on", "Connected" und "Battery Low". Statt einer Computerstimme gibt es eine tiefe Männerstimme mit stark-finnischem Akzent.
Am deutlichsten störte mich im Test die Abwesenheit einer Companion-App zur Steuerung der Kopfhörer. Hier hätte Valco in Zukunft auch die Möglichkeit, einen Equalizer unterzubringen, um Nutzern die benötigte Klangoptimierung zu gewährleisten. Beim ANC mangelt es ebenfalls an der Funktionsvielfalt. Wo die VMK20 nur An/Aus bieten, ermöglicht die Konkurrenz Bewegungserkennungen, Pass-Through oder sogar das Erkennen von Gesprächen.
Zu den weiteren Defiziten mit Blick auf andere Kopfhörer gehört das Fehlen einer Trageerkennung. Im Jahr 2021 setzen sich zudem Sonder-Features wie 3D-Audio durch, mit denen beispielsweise die AirPods Max punkten. Viele dieser Funktionen sind im Alltag echt hilfreich, während individualisierte Sprachausgaben nichts weiter als ein nettes Gimmick sind. Dass aber viele Tester genau diese in den ersten Absätzen loben, zeigt, wie wichtig kreatives Branding ist.
Akku: Länger hält keiner durch
Valcos VMK20 verfügen über einen Akku mit 1.050 Milliamperestunden. Damit erreicht der finnische Hersteller Laufzeiten von bis zu 45 Stunden bei aktiviertem ANC. Quick-Charging ist nicht mit an Bord, beim Aufladen müssen die Kopfhörer bis zu drei Stunden an der Steckdose bleiben.
Hat mir gefallen:
- Extrem lange Laufzeiten
- USB-C
- Auch leer noch nutzbar, dann per Kabel
Hat mir nicht gefallen:
- Lange Ladezeit
Mit Laufzeiten von bis zu 45 Stunden bei aktiviertem ANC sind die Valco VMK20 die Dauerläufer unter den ANC-Kopfhörern. Selbst der Klassenprimus WH-1000XM4, den ich im Test schon häufiger erwähnt habe, hält "nur" 38 Stunden durch. Ein echter Spitzenwert also, der für eine extreme Autonomie im Alltag sorgt. Selbst bei täglicher Nutzung sind die VMK20 so gut wie niemals leer.
Zur Veranschaulichung: Hört Ihr bei der Arbeit jeden Tag fünf Stunden lang Musik, halten die Headphones fast zwei volle Arbeitswochen durch. Das ist echt geil und lässt mich unbeeindruckt auf die langen Ladezeiten blicken. Ja, die Valco VMK20 laden fast drei Stunden lang auf, wenn sie leer sind. Aber das nimmt man alle zwei Wochen gerne hin. Zumal Ihr die Over-Ear-Kopfhörer per Kabel auch leer weiternutzen könnt.
Technische Daten und Hinweise
Was Ihr noch über die Valco VMK20 wissen solltet
- Im Lieferumfang enthalten: Eine kreative Bedienungsanleitung, ein 3,5-mm-Klinkenkabel, ein Flugzeugadapter, ein USB-C auf USB-A-Kabel und das Tragecase
- Die Betriebsanleitung gibt's auch klingonisch
- Freisprechen klingt dank CVC8-Rauschunterdrückung klar, aber ein wenig zu blechern
- Wahlweise in schwarz oder grau verfügbar
Abschließendes Urteil
Mit einem Semester Finnisch-Unterricht, das ich in der Uni als Studienleistung absolvieren musste, bin ich im NextPit-Team womöglich der geeignetste Tester für die VMK20. Denn dadurch war ich schon ein wenig auf den finnischen Humor vorbereitet, der beim Hydraulic-Press-Channel auf YouTube beginnt und mit den Mumins in einem Trauma meiner Kindheit endet. Blickt man hinter die Fassade, sind die VMK20 super-interessante Kopfhörer.
Denn klanglich blasen sie sogar teure Alternativen wie Sonys WH-1000XM4 ins Horn, wenn man weiß, worauf man bei musikalischen Frequenzen steht. Die flache Abstimmung macht richtig Spaß, wenn man nur einen kleinen Hang zur Audiophilie hat. Dass Valco selbst aber keine Equalizer per App anbietet, ist und bleibt mir ein Rätsel. Wie der finnische Hersteller 45 Stunden Akkulaufzeit aus 1.050 Milliamperestunden bekommt, auch!
Als Everyday-Kopfhörer wären mir die VMK20 trotz der geilen Akustik aber dennoch nicht genug. Denn hier erwarte ich im Jahr 2021 Komfort-Features, die das Zusammenleben mit einem Kopfhörer einfacher machen. Trageerkennung, feinstufiges ANC mit effektiver Geräuschunterdrückung und weiteres fehlen den VMK20 leider komplett. Da ist das Multi-Pairing nur ein kleines Trostpflaster.
Ganz kurz: Wer nach dem besten Klang für wenig Geld sucht, kauft die Valco VMK20. Wer aber nach Allround-Kopfhörern mit vielen Funktionen sucht, der greift zu den Sony WH-1000XM4, den Bose QC45, den Bose NCH 700, den AirPods Max oder weiteren Alternativen. Noch ein Finnen-Witz, um dem Hersteller für das viele Schmunzeln beim Teste zu danken.
Die VMK20 liegen zwar preislich hinter Bose, Sony und Apple, reichen klanglich aber echt Sauna dran.
... ich geleite mich selbst zur Tür!
Im kabelgebundenen Betrieb brummen die Headphones ein wenig. / © NextPit
Uuuh, es brummt, setzen 6.
Ich bevorzuge Kabel definitiv vor dem Bluetooth-Gedöns.
Und wo mir ein Kabel das WLAN erspart, da mach ich das auch:
TV
PC
Laptop
Drucker