Alle Wege führen zum ROM: Modder entdecken Android Oreo für sich
Project Treble sei Dank, könnte Android Oreo eine ganz neue Ära der Android-Mods und Custom-ROMs einläuten. Da kein Reverse Engineering mehr nötig ist, um Kamera, Fingerabdrucksensor und andere Komponenten ans Laufen zu bringen, lässt sich auf Oreo-Smartphones im Handumdrehen die Software komplett austauschen. Etliche Beispiele zeigen, dass die neuen ROMs sogar mit mehreren Geräten auf einmal kompatibel sind.
Noch immer hegen etliche Smartphone-Besitzer den Wunsch, sich die Software auf ihrem Smartphone selbst auszusuchen. Bestimmte Hersteller-Skins wie Samsung Experience oder Huawei EMUI sind durchdacht und umfangreich, jedoch für manche Nutzer zu voll von Funktionen, die sie nie nutzen aber auch nicht los werden.
Eine Antwort auf dieses Problem war bislang die Suche nach einem Smartphone, bei dem bereits etliche Drittanbieter in geduldiger Kleinarbeit ein so genanntes Custom-ROM entwickelt haben: Ein alternatives Betriebssystem mit demselben Funktionsumfang.
Hinter dieser Alternative verbirgt sich jedoch ein erheblicher Aufwand: Der frei zugängliche Android-Quellcode (AOSP) muss mit den nicht-quelloffenen Hardware-Komponenten des Smartphones in Einklang gebracht werden. Bis WLAN, Kamera, Fingerabdrucksensor, NFC und andere Komponenten fehlerfrei funktionieren, gehen mehrere Monate Reverse Engineering ins Land.
Genau hier setzt Project Treble an: Die komplette Hardware-Reverse-Engineering-Tüftelei entfällt dank eines neuen Pflichtstandards für Geräte, die mit Android Oreo ausgeliefert werden. Wer den Standard nicht erfüllt, darf nicht mit Googles Play Store ausgeliefert werden. Doch wie funktioniert das System genau?
Smartphone-Hersteller müssen ihre Hardware für Project Treble so implementieren, dass Android sie über eine einheitliche Sprache (die HAL Interface Definition Language (HIDL)) ansprechen kann. Vergleicht man das mit Autos, wie es Mishaal Rahman von den XDA-Developers tut, wäre es wie folgt:
Stellt Euch vor, Autohersteller würden Lenkräder und Bremsen in jedem Auto komplett anders verbauen. Wenn Du als Fahrer ins neue Auto einsteigst, wird Dich das jedes mal aufs Neue verwirren. Dank bestimmter Standards aber sehen Lenkräder und Bremsen in fast jedem Auto gleich aus, so dass wir sie sofort bedienen können. Das lernen wir in der Fahrschule. Diese Standards für Autos entsprechen dem Project Treble und die Fahrschule ist die HIDL.
Für Modder ist Project Treble die Offenbarung
Die neuen Spielregeln, die Google Smartphone-Herstellern damit auferlegt hat, gelten in Modder-Kreisen als richtungweisend. Denn nicht nur entfällt viel Ärger mit inkompatibler Hardware. Auch bedeutet dies, dass einmal erstellte System-Abbilder mit etlichen Smartphones kompatibel, also austauschbar sind. Im Forum der XDA-Developers spiegelt sich das bereits in einer neuen Struktur wieder. Anstelle von Geräte-Unterforen für Google Pixel, Honor 8 Pro, Essential Phone oder Sony Xperia XZ1 wird die ROM-Entwicklung im gemeinsamen Unterforum für Treble-Enabled Devices gebündelt.
Multi-ROMs werden Realität. Etliche Entwickler, die bisher an nur einem Gerät arbeiten konnten, können jetzt effizienter mit Entwicklern anderer Geräte zusammenarbeiten. Für die Qualität der Drittanbieter-ROMs ist dies ein Segen.
Ein bisschen Arbeit bleibt noch
Natürlich löst Treble nicht das Problem der geschlossenen Bootloader und des Garantieverlustes, der mit deren Öffnung oft einhergeht. Weiterhin werden wir auf Schikanen stoßen, wenn wir die Software unserer Geräte frei bestimmen wollen. Doch gibt es genügend Hersteller wie Sony, OnePlus, LG oder HTC, die Bootloader-Entsperrung zumindest teilweise unterstützen und ein gutes Beispiel setzen.
Treble kommt nicht per Update
Geräte, die mit Android 8.0 Oreo auf den Markt kommen, müssen Project Treble und HIDL voll unterstützen. Geräte, die Android 8.0 Oreo als Update bekommen, haben diese Verpflichtung nicht. Da für Project Treble eine neue Partitionierung des Flash-Speichers nötig ist, ist es wahrscheinlich, dass fast alle Hersteller es nicht per Update auf bestehende Geräte bringen werden. Ein positives Gegenbeispiel liefert Huawei mit dem Mate 9. Dort werden Hardware-Treiber von der System- in die neue Vendor-Partition ausgelagert und gemäß Project Treble ans System angebunden. Es ist eines der ersten, das erfolgreich für die Tests der Treble-Custom-ROMs herangezogen wurde.
Sind Android-Smartphones jetzt frei?
Es handelt sich bei Project Treble auch gewiss nicht um einen Befreiungsschlag im Sinne von Free Software. Der Selbstbestimmungsgrad ist natürlich viel höher durch ein alternatives ROM. Jedoch befindet sich weiterhin viel Closed-Source-Software in der neuen Vendor-Partition. Es ist fernab unserer Kontrolle, da hinein zu blicken und auch eine Regulierung der darin einprogrammierten Aktivitäten ist praktisch nicht möglich.
Wer also wirklich ein freies Smartphone haben will, kann nur auf das Purism Librem 5 warten, das mit vorwiegend öffentlich dokumentierter Hard- und Software erhältlich sein soll und für alle anderen Komponenten physische Ausschalter bereithält.
Für Android hingegen ist Project Treble der größte Befreiungsschlag der vergangenen Jahre.
Ich lass mein Smartphone wie es ist
Du darfst 🥕
Hoffen wir mal der Treble auch nur ansatzweise so gut umgesetzt wird wie wir un das wünschen.
Für mich steht allerdings fest das nur noch Geräte ins Haus kommen die Treble unterstützen.
Ich gehöre zu denen die ziemlich genervt sind von den Hersteller Skins. Wenn man sich davon in naher Zukunft endlich befreien könnte ohne faule Kompromisse einzugehen wäre das ein Traum.
Es scheint als wird Treble wirklich das was ich mir erhofft hatte. Sicher werden nicht alle Hersteller dem Weg folgen, doch diese Hersteller sind dann aus der engeren Wahl des nächsten Gerätes einfach raus. Das halte ich schon ewig so, wer alles tut um alternativ Roms zu unterbinden ist kein Anbieter für mich. Das bedeutet nicht zwangsläufig das ich bei jedem Gerät die Option ziehe, aber die Möglichkeit ist ein Kaufgrund.
Der einzig richtige Weg für mich. Wenn ich mir einen PC kaufe, kann ich auch wählen was ich drauf schmeiß, selbst bei einem Laptop mit vorinstallierten OS is dies möglich. Die Treiber und deren Implementierung sind eben wichtig aber auch die Beschränkung mit Bootloader etc. gehört für mich weg...freie Hardware für freie Bürger sollte auch bei Smartphones eine Option sein.
Nur das man beim PC bei weitem nicht so viel kaputt machen kann wie bei einem Smartphone, wenn man mal was falsches oder Unsachgemäßes installiert. Beim PC kann man da einfach wieder von vorne anfangen und das Smartphone ist dann der typische teure Briefbeschwerer.
Da bin ich bei dir, dies war aber früher bei PCs genau so. Die Hardware so bereit zu stellen, dass man PC-ähnlich agieren kann, sollte nicht das große Problem sein denke ich.
Wenn Project Treble für Modder wirklich die beschriebene Offenbarung ist, fände ich das auch für technikaffine Enduser eine prima Sache!
Wenn man mal zur Hochzeit von ROMs, Flashen und Rooten zurückblickt; da war ANDROID spannend, experimentell und innovativ! Ich weiß noch, als ich auf meinem S3 jede Woche zwei neue ROMs hatte. Da hat man sich mit Devs ausgetauscht, hat die verschiedensten Modems oder Kernel geflasht. Ich fand sowas - und ANDROID im speziellen - geil und aufregend.
Heute ist davon nicht mehr viel geblieben, da sich im Laufe der letzten Jahre immer mehr Devs zurückgezogen haben oder Hersteller auch das für ihre Geräte möglichste tun, um sich gegen Modder abzuschotten. Eigentlich ist es heute leider sehr langweilig an dieser Front geworden...
Von daher würde ich persönlich es mehr als nur begrüßen, wenn es langsam aber sicher mal wieder spannender, innovativer und vielfältiger werden würde bei unserem Betriebssystem.
Ja das war in den Anfangszeiten wesentlich besser als es jetzt ist.👍
An die zeiten erinnere ich mich auch noch lebhaft.... (c) Damals
Dennoch schön zu sehen, dass sich die meisten Hersteller noch für ihre Community (zumindest etwas) interessieren. OnePlus ist trotz einiger Komplikationen ein Hersteller, welcher versucht viele Sourcen freizulegen und das sieht man auch an der großen Modder-Community von OnePlus Geräten. :)
Das ging mir mit meinem S3 damals genauso. Fast jede Woche ein neues Custom ROM installiert, einfach nur weil mans konnte. Was war das für ein Spaß. :D
Finde schade, dass es so zurück gegangen ist mit den Devs... Das S3 war gefühlt eins der letzten großen Modder Smartphones. Oder bin ich einfach nicht mehr Up-2-Date?