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Das Bananenprinzip: Warum wir mehr und mehr unfertige Produkte kaufen

Beta Culture
© Gajus/Shutterstock

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Jedes neue Funktionsupdate wird sehnsüchtig erwartet und so schnell wie möglich installiert. Noch besser, wenn es ein neues Feature mit sich bringt, oder? Was aber, wenn dieses neue Feature schon vor Monaten bei der Ankündigung des Geräts versprochen wurde? Dies ist ein immer häufigerer Trend, nicht nur bei Mobiltelefonen, sondern bei Tech-Gadgets im Allgemeinen.

... work in progress

Beispiele gibt es viele, eines der jüngsten lieferte uns Apple mit iOS 15.1. Zwei der neuen Funktionen – die Videoaufzeichnung im ProRES-Format und SharePlay – wurden bei der Präsentation des iPhone 13 bzw. iOS 15 angekündigt. Zum Release des iPhone 13 Pro mussten Kund:innen allerdings noch auf die coolen Features verzichten.

Fälle wie diesen gibt es in letzter Zeit häufiger, wenn auch in unterschiedlicher Form. Beim Galaxy S21 Ultra zum Beispiel, das die Option erhalten sollte, Fotos mit allen Kameras im RAW-Format aufzunehmen. Aufnahmen im RAW-Format waren vorher nur mit der Hauptkamera möglich und schränkte den Funktionsumfang für RAW-Fotos deutlich ein. Zumindest hat Samsung dieses Feature zum Release nicht weit und breit angekündigt.

Ein weiteres Beispiel dieses Jahres war die LOG-Format-Aufnahme des Oppo Find X3 Pro. Auch dieses Flaggschiff wurde im März ohne die angekündigte Funktion veröffentlicht, die dann später nachgereicht wurde. Dasselbe geschah mit dem LG V30. Bei beiden Modellen haben sowohl Oppo als auch LG die notwendigen Dateien für das Feature erst Monate nach dem Verkaufsstart zur Verfügung gestellt.

NextPit Oppo Find X3 Pro camera
Kamerafunktionen werden zunehmend verfrüht angekündigt, zum Nachteil der Käufer:innen / © NextPit

"Demnächst"

Als ich die Redakteur:innen von NextPit nach anderen Beispielen für versprochene Funktionen fragte, die zum Zeitpunkt der Markteinführung nicht verfügbar waren, stellte sich heraus, dass einige auch Monate oder Jahre nach der Markteinführung des Produkts noch immer nicht genutzt werden können:

  • Fitnessarmbänder, deren Eigenschaften vom Abonnement, der Region oder der Zulassung abhängen
  • Die vollautonome Lenkung von Tesla (Autopilot SAE Stufe 5);
  • VRR(variable Bildwiederholfrequenz) und ALLM (Auto-Low-Latency-Modus) auf einigen Sony "Ready for PlayStation 5"-Fernsehern.
  • Die schreckliche Performance vieler Videospiele zum Verkaufsstart, die erst Monate nach dem Release durch Patches flüssig laufen (Cyberpunk 2077, Grand Theft Auto: The Trilogy oder auch No Man's Sky)

Wachsender Trend

Diese Praxis nimmt solche Ausmaße an, dass sie sogar einen Namen hat: Bananenprinzip! Damit wird darauf angespielt, dass die Früchte gepflückt werden, bevor sie überhaupt reif sind. Der Begriff beschreibt Situationen, in denen Funktionen (einschließlich der Hardware) mit dem bereits auf dem Markt befindlichen Produkt getestet werden, wie im Fall des Autopiloten von Tesla, der sich noch in der Entwicklung befindet.

Dies wird oft als Ausrede dafür benutzt, nicht die notwendige Zeit in die Entwicklung und Prüfung zu investieren. Und in manchen Fällen können später entdeckte Probleme Fehler und Inkompatibilitäten aufzeigen, die sich nicht durch ein einfaches Firmware-Update beheben lassen. So geschehen in diesem Jahr bei (teuren) Receivern für Heimkinos, die mit einem Teil der HDMI 2.1-Spezifikation nicht kompatibel waren.

Im Gegenteil, Faktoren wie die regelmäßigen Markteinführungszyklen von Produkten – das iPhone im September, die Galaxy-S-Reihe in der ersten Jahreshälfte, das Galaxy Fold / Flip im August – setzen die Produktentwicklungsteams unter Druck.

Auf der anderen Seite zwingt der Druck des Marktes mit Preissenkungen kurz nach der Markteinführung die Unternehmen dazu, den Umsatz in der profitabelsten Zeit für jedes Produkt zu maximieren, in der Regel in der Vorverkaufszeit. 

Nerven Euch unfertige Produkte?
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Das erklärt eventuell, warum Apple – mit seinem treuen Publikum im Rücken – mit dem ProRES-Codec eine noch nicht einsatzbereite Funktion ankündigen konnte, die bei der Ankündigung des iPhone 13 Pro kein voraussichtliches Veröffentlichungsdatum hatte. Das markeneigene Videoformat hatte keine Chance, früher von einem Konkurrenten implementiert zu werden. Es hätte durchaus später mit der Veröffentlichung von iOS 15.1 hervorgehoben werden können, wie es das Unternehmen mit der App-Tracking-Transparenz bei der Veröffentlichung von iOS 14.5 tat.

Sony verfolgt einen ganz ähnlichen Ansatz: Auf seinen Android-Smart-TVs kündigten die Japaner eine Funktion an, die erst 19 Monate nach ihrer Vorstellung zur Verfügung gestellt wurde. Diese Strategie diente dazu, Käufer von PS5- und "Xbox Series X|S"-Konsolen anzulocken. Die konnten die im März 2020 versprochenen Funktionen erst im Oktober 2021 (fast ein Jahr nach der Markteinführung der Geräte) nutzen.

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Wie kann man Unternehmen von dieser Strategie abbringen? Die Lösung besteht darin, so viele Menschen wie möglich davon abzuhalten, Produkte im Vorverkauf zu kaufen. Und kauft nur Gadgets, die tatsächlich angeboten werden – und nicht nur versprochen.

An diesem Punkt helfen Produktbewertungen wie die des NextPit-Teams zu klären, was tatsächlich funktioniert und was nur Marketing ist. Versprochene Funktionen können durchaus gestrichen werden, wie es beispielsweise bei Android-Versionen bereits geschehen ist.

In Fällen, in denen das Unternehmen einfach nicht hält, was es verspricht, wird empfohlen, sich an Verbraucherschutzorganisationen zu wenden. So könnt Ihr versuchen, das investierte Geld zurückzuerhalten. Zieht dann bitte Eure Lehren daraus und haltet künftig nicht wieder als Versuchskaninchen her. 

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Zu den Kommentaren (3)
Rubens Eishima

Rubens Eishima

Seit 2008 habe ich für zahlreiche Webseiten in Brasilien, Spanien, Deutschland und Dänemark geschrieben. Mein Fachgebiet sind Smartphone-Ökosysteme inklusive der Hardware, Komponenten und Apps. Mir sind dabei nicht nur die Leistung und die technischen Daten wichtig, sondern auch Reparierbarkeit, Haltbarkeit und Support der Hersteller. Trotz Tech-Brille auf der Nase arbeite ich immer hart daran, die Sicht der Endverbraucher nicht aus den Augen zu verlieren.

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3 Kommentare
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  • 1
    KEPs 05.12.2021 Link zum Kommentar

    Hallo junge (PC) Dachse. Seid gegrüßt vom "alten Urgestein". Oder anders, wer noch aus der "alten ATARI oder COMODORE (VC)-Zeit" stammt, dem sind die "Bananenprudukte" schon seit Jahrzenten bekannt. Es ist nichts Neues und dieses hatte bereits Einzug gehalten, als die ersten PCs aufkamen. Und damit auch eine neue "Entwickler- und Kaufmanns- (auch Frau) Generation. Wohl mit einer anderen Ansicht von Anstand und kaufmännischem Verhalten "Nach Treu und Glauben"?
    Da kamen dann Grafikkarten auf den Markt mit Treibern -- Oh je! Oder anders, hatte man die Karte eingebaut, den Treiber installiert: Das war´s dann. Man konnte den PC praktisch neu aufsetzen. Der Treiber hatte alles "zerschossen". Sicherheitsprogramme (wie heute) war nicht. Man lernte aber seine Gefühlswelt besser kennen. Zum Beispiel: Schmeiße ich das Ganze nun durch die Scheibe aus dem Fenster, oder mache ich das Fenster vorher auf. Nachdem man sich die ersten Wuttränen aus dem Gesicht gewischt hatte. Es soll ja selbst Suizid-Gedanken gegeben haben. Im Kern: Bananenprodukte im Land nichts Neues - heutige Produkte/Ankündigungen nur "Alter Wein in neuen Schläuchen..."
    Satire und Ironie off.


  • Andreas G. 3
    Andreas G. 01.12.2021 Link zum Kommentar

    Ein gutes Beispiel für die Banane ist Nokia. Großartig angekündigt das X50 und X60 mit super Funktionen und nix passiert. Große Klappe und nichts dahinter. Leider ☹️

    Rubens Eishima


    • 35
      Tobias G. 01.12.2021 Link zum Kommentar

      Dann meinst du vermutlich eher "Vaporware" (Verzögerungen) statt dem Bananenprinzip (Reifen beim Kunden), wobei ich das X50/X60 nicht wirklich verfolgt habe. Vllt. ist Vaporware auch etwas zu hoch gegriffen.

      Rubens Eishima

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