Das Geschäft mit den Leaks: bittere Pille mit Suchtfaktor
Ich glaube, dass Ihr mittlerweile mitbekommen habt, dass der MWC 2020 vor der Tür steht. Zum einen häufen sich die Berichte um eine mögliche Beeinflussung durch das Coronavirus, andererseits sickern immer mehr Infos durch, was die Technikwelt von der größten Mobilfunk-Messe zu erwarten hat. Aber MWC heißt auch: Ein Leak folgt dem Nächsten. Und obwohl ich angewidert bin von schlechten Render-Bildern und Photoshop-Fakes - die Sucht nach neuem Leak-Stoff lässt mich einfach nicht los.
Evan Blass, Ben Geskin oder Roland Quandt: Sie alle haben etwas gemeinsam: Gerätehersteller fürchten sie; Technik-Fans verehren sie. Sie sind der James Bond der Szene: Stürzen sich mutig in eine spektakuläre Investigativ-Recherche, finden irgendwo die wertvollen Quellen, schützen sie mit ihrem eigenen Leben und riskieren damit ihren Kopf bei Herstellern – und das alles, um uns den nächsten langersehnten Schuss zu ermöglichen. Die Sucht nach Produkt-Leaks – was steckt dahinter?
Ich bin befangen. Ich kann diese Frage gar nicht objektiv beantworten, weil auch ich jeden Tag mit dem Eingießen des ersten Kaffees ein bisschen von der süßen, beflügelnden Leak-Droge brauche, um in Fahrt zu kommen. Ich scrolle durch Twitter, recherchiere meine verlässlichen Quellen durch und schaue mir an, wer das nächste hochauflösende Bild des neuen Top-Smartphones von Samsung, Huawei und Co. ins Netz gestellt hat. Bin ich fündig geworden, macht es mir große Freude, meine Ausbeute mit Euch zu teilen. Aber das mit den Drogen ist halt keine gute Idee. Sie machen uns kaputt. Uns und vor allem auch die Hersteller.
Denn wenn wir Artikel vorab vorbereiten dürfen, ein Hands-On drehen, Hochglanz-Fotos knipsen, testen, was das Zeug hält und brav abwarten, die ganze Pyro endlich in Saus und Braus abzufeuern, gibt es nichts Schlimmeres, als ein Leak kurz vor der offiziellen Produkt-Vorstellung. Die ganze Arbeit ist dann natürlich nicht gleich umsonst, aber das ist so, als würde Euer Kind schon vor Heiligabend alle tollen Geschenke im Kleiderschrank entdecken und alle täuschten unterm leuchtenden Tannenbaum ihre Freude vor. Langweilig.
Während ein komplett geleaktes Smartphone-Setup uns also während der Presseveranstaltung Däumchen drehen lässt, hat der Hersteller des Produktes das Nachsehen. So eine Veranstaltung zu organisieren, kostet viel Geld, Koordination und Planung. Da steckt jede Menge Arbeit dahinter und ich frage mich mittlerweile, warum man nicht einen Bruchteil des Geldes, der Arbeit und der Koordination in eine bessere Geheimhaltung investiert als in einen über die Bühne lahmenden Porsche. Es muss machbar sein – wenn man es überhaupt will. Einmal mehr möchte ich hier Apple als positives Beispiel anbringen. Die Leaks der vergangenen Jahre lassen sich an einer Hand abzählen, deshalb ist ein Apple-Leak auch sowas wie die Über-Droge. Adrenalin pur, beflügelnd - eben weil es so selten was davon gibt.
Leak, Photoshop-Fake oder Rendering?
Klar, es reizt ungemein, ein vermeintliches Produktbild oder geleaktes Datenblatt zügig nach Erscheinen zu publizieren. Es trifft einen Punkt, die Leute scheint das zu interessieren, denn Leak-Artikel sind beliebt. Aber es nimmt mittlerweile überhand und das Interesse stirbt – spätestens – beim zehnten Konzept-Foto ab. Wir alle sind ein wenig down. Der Trip ist vorbei. Und das macht müde. Hinzu kommt, dass mittlerweile alles als “Leak” bezeichnet wird. Und sei es ein Foto, das richtig schlampig mit Paint für Windows 98 bearbeitet wurde – es findet einen Weg ins Netz. Aber wir haben ja noch unsere James Bond’s der Branche. Die sogenannten Leak-Experten sind wenigstens anspruchsvoll. Ben Geskin zaubert sagenhafte Konzepte, die er oftmals anhand von geleakten Daten erstellt und verbreitet. Evan Blass publiziert die richtig dicken Fische, und unsere deutsche Hoffnung, Roland Quandt, ist ein verlässlicher und ebenso anspruchsvoller Insider.
Was mich am allermeisten auf die Palme bringt, sind offensichtliche Fake-Leaks. Schlechte Photoshop-Bearbeitungen - eine Beleidigung für meine Augen und meinen Verstand. Wie Shu bereits zu seinen Flops des Jahres 2019 schrieb: "2020 sollten wir uns als Redakteure und auch als Leser weniger auf Leaks konzentrieren". Einigen wir uns hier auf besseres Selektieren. Denn auch wenn mir Hersteller und Mitarbeiter leidtun, wenn die Überraschung schon vor dem Event draußen ist: Auf meine tägliche Dosis möchte ich nicht verzichten, da mit ihr unsere Technik-Welt jeden Tag ein wenig berauschender wird.
Lasst uns in den Kommentaren diskutieren. Wie steht Ihr zu Leaks und Leak-Experten? Und glaubt Ihr, dass – vor allem kleinere – Hersteller manchmal bewusst eigene Produkte leaken, um im Gespräch zu bleiben?
Hab noch nie wirklich viel um Leaks gegeben. So aufgeregt bin ich nicht, dass ich nicht bis zur ersten offiziellen Ankündigung warten kann. Alles andere wäre dann wohl auch ne ziemliche Leakshow :P
oha Franken... ähm Samsungsstein's Monster ?
Leaks sind ja auch Werbung für ein Produkt. Wenn ein Hersteller prallt das sein nächstes Smartphone einen 100 fach Zoom hat, dann ist naheliegend das auch andere Hersteller ihre Kamera vorab schon dem Kunden schmackhaft machen.
Ich möchte nicht 100 % Ausschließen, dass ab und an mal unabsichtlich absichtlich was nach außen tritt (Leaks) vom Hersteller direkt, auch wenn dass ehr die Ausnahme und ehr bei "notleidenden" Herstellern der Fall sein dürfte. Der ideale Leak ist interessant zu lesen und am Ende dann doch nicht wahr, so hat man zwei mal eine Überraschung, beim (falschen) Leak und bei der echten Präsentation.
Dran bleiben, wie man aus sicherer Quelle hört, kommt demnächst Rowenta mit einem 6er Eierkocher und einem neuen Toaster auf den Markt. In Kürze sollen die ersten bestätigten Leaks im Netz erscheinen. 😅
Klar. Bei jedem Leak schnellen die Klickzahlen in die Höhe. Aber hier will es niemand gewesen sein. Interesse? Ich doch nicht... 🤪
Ich bin der Meinung man sollte den Leakern in irgendeiner Form den Riegel vor schieben. Bin nur noch schlichtweg davon extrem genervt, der Wow Faktor die Vorfreude und Spannungserwartung gehen sowas von flöten. Das schlimme ist ja man kann sich ja nicht Mal gegen die leaks weil mittlerweile jedes Tech Magazin auf diesen zug aufgesprungen ist und einem die geleakten Bilder schon im Vorschaubild eines jeden Artikels entgegenspringen. Anfangs noch spannend solche leak Geschichten aber mittlerweile verdirbt es einem echt die Freude.
Wieso? Durch die zunehmend Qualität der Leaks wird die Freude einfach vorgeschoben und man erfährt auch viel früher auf was man sich nicht freuen soll.
Nur, wenn man durch die Leaks schnell sieht, dass einem das neue Smartphone aus dem einen oder anderen Grund nicht gefällt. Dann ist die Hoffnung auf ein tolles Gerät natürlich schon vor der Präsentation weg.
Wenn es mir aber gefällt und ich ein ernsthaftes Kaufinteresse entwickle, ist mir jeder weitere Leak und jeder offizielle Test willkommen, um sicher zu sein, dass das neue Gerät auch wirklich meinen Wünschen entspricht.
es gibt ein paar nicht tot zu kriegende Fehleinschätzungen zum Thema
Die Hersteller machen das absichtlich
äh... nein. Dann wären sie unbeschreiblich dämlich. Man streut vielleicht selber "Teaser" aber ein Leak ist wie der Name schon sagt ein Leck. Da tropft was aus dem Eimer das eigentlich drinn bleiben sollte damit man den Eimer in einem Rutsch effektiv auskippen kann bei der offiziellen Enthüllung. Die kostet nämlich ooz Geld und ausserdem ist es denen Journalisten gegenüber die sich die Arbeit machen auf Prebriefings zu kommen unfair
Bei Apple ist es besser
(Steht auch im Artikel) Im Gegenteil, iPhones leaken idR am frühesten und am ausführlichsten. Ersteres weil Apple den längsten Vorlauf hat denn bei der enthüllung sind die Lager der Kunden schon immer gefüllt, letzteres einfach weil sie sich für Leaker am meisten lohnen und daher hier Vollgas gegeben wird.
Leaker Sind Helden
Ne - die Leute die die Bilder schiessen sind keine Robin Hoods sondern einfach Diebe - sie klauen Information die ihnen nicht gehört und verscherbeln sie für Geld.
Die Leute im Artikel meine ich nicht, die "finden" die Ware quasi und verbeiten sie weiter - die echten Leaker sind oft Mitarbeiter von Zulieferen oder Kunden. AUSNAHME: die Doof-Leaks die entstehen weil irgendwo ein Depp an nem CMS sass und Bilder so ablegte, dass man sie leicht finden kann
Leaks sind gut für Blogs
Das ist für mich als Ökonom zumindest strittig. Ja, Leak Artikel klicken gut, aber dafür werden ja dann die Artikel mit den offiziellen Infos weniger attraktiv d.h. eigentlich verschieben sich die Clicks ja nur etwas auf der Zeitachse. Da lass ich mich aber von den Besitzern der Blogs gerne eines besseren belehren.
Danke, Fabian.
@Fabian, da du ja beruflich direkt in der Branche beheimatet bist, siehst du die Sache natürlich direkter und richtiger als wir, die wir ja nur vermuten können. Danke jedenfalls für diese Info. Auch ich war bisher der Meinung, dass viele solcher "Vorinformationen" von den Herstellern selbst gestreut werden.
wäre dann doch aber ein ziemlich unkluger Schachzug, wenn so ein spaciges Raumschiff geleaked wird und am Ende doch nur das letzte Galaxy mit schmalerem Rand dabei rum kommt. Hersteller-Leaks mögen vielleicht das Interesse wecken... aber ganz ehrlich... wenn mich ein Hersteller-Leak bis zum Ende verar…, verliere ich das Interesse am Produkt.
Wenn überhaupt, dann interessieren mich nur noch gute Foto-Leaks. Irgendwelche geleakten Datenblätter sind langweilig geworden, da sich vor allem die Flaggschiffe hier nur wenig unterscheiden. Einzig die Frage der Speichererweiterung bringt mich hier noch dazu überhaupt drauf zuschauen.
Aber letztlich wird es doch erst interessant, wenn die ersten ausführlichen Tests kommen und man mehr zur Fotoqualität und den Softwarefunktionen erfährt.
Besonders die Entwicklung von Huawei ist aufgrund der Restriktionen, der Möglichkeiten diese zu umgehen und die neuen Alternativen für mich spannend.
Ist für mich auch relativ uninteressant geworden ob der Rahmen jetzt dünner geworden ist oder nicht, wie die Kamera aussieht ? Die Spannung ist irgendwie verloren gegangen !
Ich bin da kein Experte, aber meine persönliche Meinung ist, dass meiner Meinung nach die Handyhersteller ganz bewusst diese Leaks zulassen, um das Interesse der möglichen Kunden an dem neuen Gerät anzuheizen.
Denn wenn sie das nicht selbst zulassen würden, würden sie eine Möglichkeit suchen und finden, die Person(en), die die Informationen weitergeben, ausfindig zu machen und zu neutralisieren.
Und ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Personen von den James Bonds der Leaker so gut bezahlt werden, dass sie dafür ihren sicher nicht allzu schlecht bezahlten Job beim Hersteller riskieren.
Daher ist meine Meinung, dass solche Leaks durchaus gezielt vom Hersteller gesteuert werden, um das Interesse der Kunden anzuheizen und das Haben-Will-Gefühl anzukurbeln, damit sie vom Marktstart weg hohe Umsätze machen können. Denn bis das Gerät dann von Euch und/oder anderen Seiten dieser Art getestet wird und eventuelle Mängel publik werden, vergeht ja auch einige Zeit. Auch wenn ihr sicher Vorserienmodelle zum Testen bekommt, die aber dann eben auch noch eventuelle Fehler haben können.
Dieser Verdacht zieht sich schon lange auch durch meine Gedankenlandschaft. Jedenfalls lässt sich damit einiges erklären. Ich bin der Meinung, dass hier oft auch von den Herstellern selbst Informationen gezielt in die Welt gestreut werden.
Ich denke, dass Leaks noch vor ein paar Jahren weit interessanter waren. Da in der Branche eigentlich keine großen Veränderungen mehr stattfinden (die Fold-Geräte mal ausgenommen) werden auch die Leaks zunehmend uninteressanter. Wen kratzt es noch, wie viele Kameras wo angeordnet werden?
Ich bin froh das die Qualität der Leaks in den letzten Jahren zugenommen hat. Ich brauche keine Überraschung am Tag der Präsentation, weil ich schon lange vorher wissen will für was ich mein Geld ausgebe. Selbst die Präsentation sagt nicht aus was einen wirklich erwartet. Das Samsung galaxy s20 ultra besitzt einen 108 MP Sensor, das ist schon seit Wochen bekannt. Aber welche Fotos damit möglich sind ist eine ganz andere Sache.
Dem kann ich nur zustimmen.
Wobei ich auch sagen muss, dass mich Leaks nicht mehr so sehr interessieren wie damals, da einfach nichts mehr passiert.
Mit den faltbaren Phones hatte ich kurzzeitig neue Frühlingsgefühle, doch leider werden die Geräte zu früh auf dem Markt geworfen. Zu viele Kinderkrankheiten, welche meine Begeisterung schmälern.
Ich bin der Marke zwar in k e i n s t e r Weise zugetan, dennoch macht es diese Obstfirma in dieser Hinsicht n o c h etwas besser. Da gibt es noch einen kleinen Ü- effekt bei den Präsentationen. Mal sehen, wie lange noch...
Problem: Die Produktpräsentation kann man sich danach echt sparen ;-)
Das ist kein Problem, das ist ein Ersparnis.
"ein Ersparnis"
"eine Ersparnis", es heißt die Ersparnis, nicht "der Ersparnis oder das Ersparnis"
Man weiß was gemeint ist. Und ich sage trotzdem das Ersparnis, weil die Ersparnis hört sich blöd an, außer man sagt die Ersparnise.
In der Mehrzahl heißt es dann aber "Ersparnisse".
Ich kann für mich sagen, dass mich Leaks inzwischen nicht mehr wirklich interessieren, das liegt aber auch daran, dass Smartphones für mich inzwischen nicht mehr spannend sind. Das war vor einigen Jahren noch anders, da gierte man nach jeder News. Aber heute finde ich andere Themen wesentlich interessanter.
Schön geschrieben 👍...da braucht's eigentlich keine Kommentare mehr. Schon alles im Bericht erwähnt
Heutzutage sind zu viele Leute und Dienstleister an der Produktentwicklung oder Herstellung beteiligt. Die Hersteller haben längst die Kontrolle verloren