Google Glass: Hands-On und Interview im Google-Hauptquartier [VIDEO]
Die visionäre Datenbrille Google Glass ist schon jetzt eine umstrittene Technologie. Meine Kolleginnen und ich waren im deutschen Google-Hauptquartier in Hamburg, um eines von nur vier Exemplaren anzutesten, die derzeit in Deutschland im Umlauf sind. Dabei hatten wir auch die Gelegenheit zu einem interessanten Gespräch mit dem Pressesprecher für Google Deutschland. Mein Fazit für die Pessimisten da draußen: Das Glass ist definitiv halb voll.
Noch ist Google Glass für viele hierzulande nicht mehr als ein bloßes Gerücht und darüber hinaus ein Schreckgespenst, welches das Zeitalter der Privatsphäre endgültig wird Geschichte werden lassen. Zu groß ist die Skepsis, gerade angesichts der jüngsten Datensammlungsskandale um die NSA.
Dabei hat hierzulande noch kaum jemand direkten Kontakt zu diesem revolutionären Gerät gehabt. Ohne konkrete Erwartungen fuhr ich mit meinen Kolleginnen Camila Rinaldi und Isabel Valencia aus der brasilianischen und spanischen Redaktion nach Hamburg, um mir ein Bild von Google Glass zu machen. Und ich will nicht lügen: Wenn ich vorher relativ sicher war, dass Glass und seine Folgegenerationen einschlagen werden, so bin ich jetzt überzeugt davon. Hier das Video. Bilder von Google Glass findet Ihr in der Galerie am Artikelende.
Das ist Google Glass
Im Gespräch mit Googles äußerst sympathischen Pressesprecher Stefan Keuchel lernte ich Glass schnell besser kennen. Das Gerät ist leicht und überraschend unaufdringlich. Obwohl das Miniaturdisplay direkt vor dem Gesicht platziert ist, empfand ich es nicht als “im Weg”, denn es liegt mehr über dem Auge als direkt davor. So stört Glass vermutlich nicht im Alltag, vor allem bei der Interaktion mit anderen Menschen. Davon abgesehen, soll die Brille an sich auch nicht den ganzen Tag laufen (was der Akku ohnehin unmöglich machen würde), sondern pointiert zum Einsatz kommen.
Die Bedienung erfordert etwas Gewöhnung, ist aber erstaunlich einfach und intuitiv. Der rechte Bügel der Brille fungiert als Berührungssensor und wird mittels simpler Gesten bedient: Das Antippen aktiviert Glass, das Wischen nach vorne und hinten navigiert durch die verschiedenen Screens, die nicht anders funktionieren als auf unseren Smartphones, und das Wischen nach unten bringt einen zurück zum Homescreen. Sprachkommandos, wie wir sie zunehmend von Google Now kennen, tun das Übrige, initiieren also Suchanfragen und führen Applikationen aus.
Zu den wichtigen Fragen
Viel Zeit hatten wir nicht, sodass einige Fragen offen blieben. Zu manchen Themen will sich Google bisher auch nicht äußern, sei es
- der offizielle Marktstart: “2014” ist die einzige Aussage, auf die man sich festnageln lässt,
- der Preis: “Wir sind nicht Apple”, war die Antwort auf meine Frage - man kann also spekulieren, dass die 1.500 Dollar für die Explorer Edition nicht der endgültige Marktpreis sein werden,
- Funktionen wie das Fotografieren per Augenzwinkern: “Darüber können wir nicht sprechen” - diese Antwort kann jeder für sich interpretieren.
Bestätigen konnte Stefan Keuchel jedoch, dass die Gesichtserkennung, die so vielen potenziellen Nutzern Kopfschmerzen bereitet, nicht implementiert ist. Dafür gäbe es einfach noch zu viele offene Fragen in Bezug auf Privatssphäre und Identitätsschutz. So lange diese nicht eindeutig geklärt sind, werde Google von dieser Technologie nicht Gebrauch machen. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass es unmöglich ist, Glass zumindest binnen einer sozialen Interaktion heimlich zu bedienen, denn es ist sofort erkennbar, wenn jemand auf den Bildschirm schaut. Und Sprachkommandos wie “Ok Glass, take a picture/record a video” verraten einen ohnehin umgehend.
Fazit
Ich bin sehr gespannt auf Google Glass. Das Gerät hat ohne Zweifel Potenzial, allerdings wird vieles davon abhängen, ob Google die Akkuleistung, die in der ersten Generation schmerzlich gering sein wird, steigern kann und auf welchen Preis man sich einigt. Als interessante Spielerei und Einstieg in eine neue Ära der mobilen Technologie würde ich Glass sofort kaufen, wenn es sich preislich zwischen 200 und allerhöchstens 500 Euro bewegen würde. Es bleibt abzuwarten, wie die Nutzer auf diese neue Technologie reagieren. Für mich zumindest steht fest: Glass ist die spannendste Entwicklung auf diesem Gebiet seit der Einführung des Touchscreens und wird unsere Welt ein kleines Stück verändern.
@MHH: Wie gesagt, Google arbeitet bereits an Varianten für Brillenträger, wie mir vor Ort versichert wurde. Da Google sich auf den tatsächlichen Marktstart noch nicht festlegen lassen will, ist es denkbar, dass es bis dahin bereits solche Varianten geben wird, also bereits in der ersten Generation für den Massenmarkt.
@Evelyn Chocal, Patrick Peter, Stephan Serowy
Ein großes getöntes Glas wird mitgeliefert, kann einfach eingesetzt werden.
https://www.google.com/search?q=google+glass+sunglasses&tbm=isch
Brillenträger sind nach Aussagen des Glass-Teamchefs definitiv im Focus. In der Explorer Edition ist die Nutzung mit Korrekturgläsern noch nicht möglich, im Vorfeld der Auslieferung war die Rede von "bei einem späteren Modell". Ob das schon bei der ersten Consumer-Variante sein wird oder erst der zweiten, werden wir sehen.
Mir gefallen eure Videos von mal zu mal besser!
Vorallem der Ton ist nun klarer und lauter.
Qualität des Videos auch gut :-)
Ich bin auch sehr gespannt was in Verbindung mit glass noch alles möglich ist...!
find ich voll spannend
Ich finde das Teil richtig interessant. Aber schlussendlich wird der Preis wohl recht ausschlaggebend sein ob es genügend Käufer finden wird.
Google Glass könnte für Sehbehinderte ein nicht mehr wegdenkbares Hilfsmittel werden.
Danke für die ausführliche Antwort :) Kann es mir irgendwie trotzdem nicht vorstellen, aber wird wohl stimmen, dass es irgendwie funktioniert. Muss man aber eben selber ausprobieren um sich ein Bild davon zu machen
@Marius C.: Ich kann Deine Frage jetzt nicht in aller Tiefe und im technischen Detail beantworten. Aber meine persönliche Erfahrung war tatsächlich durchweg positiv. Der Bildschirm ist minimal flexibel und kann durch Biegen leicht an das Auge angepasst werden. Das Bild war in der Tat scharf, und ein Auge reichte auch aus. Die Technologie dahinter richtet es ja so ein, dass das Bild so wahrgenommen wird, als wäre es, sagen wir, ein bis zwei Meter entfernt. Und so hat es sich auch angefühlt, was natürlich schwer zu beschreiben ist. Die Display-Technologie dahinter ist eine andere als in unseren Smartphones.
Ewig sollte man aber sicher nicht auf das Display gucken,. Ich kann mir vorstellen (ohne Belege dafür zu haben), dass das anstrengend würde. Ich selber hatte nicht genug Zeit mit dem Gerät, um die Grenzen auszutesten.
@Stephan Serowy: Wie ist das mit der schärfe des Bildes? Du hattest sie ja jetzt immerhin schon mal an, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass das Auge auf die kleine Entfernung etwas fixieren kann und erkennt. Wenn ich zum Beispiel mein Smartphone vor meine Augen hebe erkenne ich erst was ab 5cm. Und ist das nicht auf Dauer sehr anstrengend für das Auge oder überlagern sich die beiden Bilder von den Augen nicht??
Ich denke das das Bewundern der Technik über dem des rationalem Nutzen steht. Ich habe meine Meinung und die hat sich bis heute nicht verändert. Wahrscheinlich würde ich auch zu den bewundernden gehören, ganz sicher, aber nützlich wird's dadurch nicht. Jedenfalls nicht für mich, bei anderen kann es durchaus anders sein.
@Daniel: Dann hätte es endlich mal etwas Gutes, ein Hitzkopf zu sein ;-)
Genial wäre eine Technologie, mit der es möglich wäre die wärme des Körpers, in diesem Falle die Schläfe zu benutzen um den Akku zu laden. Dann käme das ding auch locker über den Tag.
@Patrick Peter: So weit ich weiß, ist das bereits möglich. Also es gibt bereits eine Variante mit Sonnenbrille. Aber wie eben schon geschrieben: Ich glaube, das sind Details, die ganz ohne Zweifel von Google bedacht worden sind und bald umgesetzt werden.
@Evelyn Chocal: Das ist eine berechtigte Frage, auf die ich derzeit keine Antwort habe. Mir wurde allerdings versichert, dass Google bereits an einer Lösung speziell für Brillenträger arbeitet. Das heißt dann wohl vermutlich, dass es die NOCH nicht gibt. Aber ich garantiere Dir, dass Google nicht einen erheblichen Anteil der potenziellen Nutzer links liegenlassen wird! Schon alleine aus finanziellen Gründen ;-)
Genial wäre es, wenn man zB getönte Gläser einsetzen kann und Glass als Sportbrille nutzen kann. Ansonsten sehe ich das für meine Anwendungsgebiete eher als unpraktisch an. Mal sehen was die nächsten Generationen bringen.
Wie handhabt ein Brillenträger dieses Ding?
Nicht falsch verstehen, aber das Beste an diesem Artikel sind die Frauen auf dem Gruppenfoto.
“Ich brauche kein Handy“ war der meistgehörte Satz zum Anfang der Handy-Ära. Und so wird es auch hier sein.
Während das galaxy gear und die Apple Uhr höchstens Zwischenstationen auf dem weg dorthin sein werden (ne schöne Spielerei, aber mehr nicht) wird es sicher bald eine zweite und dritte Generation von Google Glas geben.
Spätestens dann wird es the next big thing werden. Ich wüsste heute schon viele Anwendungen speziell in Industrie-Bereich wo man so ein Gesichtsfeld sehr effektiv nutzen könnte.