Huawei FreeBuds Pro im Test: Abgeschirmt von dieser Welt
Französischer Kuschelrock betört meinen Hörsinn. Die Bässe sind tief, der Gesang ganz in mir. Ich verspüre einen feinen beißenden Schmerz. Aber das gehört wohl dazu. Denn die FreeBuds Pro drücken ein wenig in meinem Gehörgang. Ein realistischer Musikgenuss in diesem Genre. Der nächste Song passt noch besser in den Schmerz. Dumpfe Laute, eine glasklare Geige, harte Wechsel. Und die FreeBuds Pro von Huawei geben mir den Musikgenuss sehr ausgewogen, irgendwie erwachsen. Hier kommt mein Test zu den stärksten AirPods-Pro-Konkurrenten auf dem Markt.
Pro
- Gutes ANC
- Fantastischer, nicht zu basslastiger Klang
- Hervorragende Akkulaufzeit
- Angenehmer Sitz
- Können mit zwei Geräten gekoppelt werden
Contra
- Huawei AI App zickt rum
- Keine App für iOS
- Gesprächsqualität
Huawei FreeBuds Pro: Preis und Verfügbarkeit
Die Huawei FreeBuds Pro sind mit einer unverbindlichen Preisempfehlung (UVP) von 179 Euro auf den Markt gekommen und gehören daher eher zu den teureren True Wireless-Kopfhörern. Drei Farben stehen zur Verfügung: Schwarz, Weiß und Grau. Bei Amazon bekommt Ihr die Kopfhörer momentan noch zur UVP. Ein Preisabfall in den kommenden Wochen ist aber sehr wahrscheinlich.
Das gefällt mir an den Huawei FreeBuds Pro
ANC: Bitte schirm' mich ab vor dieser Welt
"Et demain toi et moi serons partis. Demain toi et moi serons partis. Sans nous attendre. Tant de saisons ont passé", Und morgen werden du und ich weg sein. Morgen werden du und ich weg sein. Ohne auf uns zu warten. So viele Jahreszeiten sind vergangen – Autre temps der franzöischen Metal-Band Alcest könnte nicht perfekter in meinen Herbst passen. Dieser Herbst im Jahr 2020, ein Herbst inmitten einer Pandemie. Sanfte Klänge und Musik beflügeln unser inneres Universum, machen uns groß. Die Huawei FreeBuds Pro verschließen mich vor dieser Außenwelt und schalten mich runter. Bis zu 40 db dieser lauten Welt sollen die neuen eckigen Kopfhörer von Huawei von mir fern halten.
Das klappt in meinem Test gut. Die aktive Geräuschunterdrückung nennt Huawei "Hybrid Active Noise Cancellation" und soll mittels nach innen und außen gerichteten Mikrofonen Geräusche außerhalb und innerhalb des Ohrs erkennen können. Die dynamischen Treiber erzeugen dann präzise Gegensignale, um es wirklich still werden zu lassen. "Pour les bois obscurs maintenant endormis", denn der dunkle Wald schläft jetzt.
Die aktive Geräuschunterdrückung bietet drei Modi, die nicht manuell über die Kopfhörer eingestellt werden können, sondern dynamisch greifen, sobald sich die Umgebungsgeräusche verändern. Ultra-, Komfort- und Allgemeiner Modus können beispielsweise Tastaturtippen erkennen oder sehr laute Geräusche wie Flugzeuglärm. In meinem Test funktionierte das ganz gut. Während ich in der Bahn und am Bahnhof noch Durchsagen verstehen konnte, bekam ich von Maschinenlärm während der Fahrt nichts mit. Doch während ich das hier schreibe, dringen meine Tastaturanschläge durch die verliebt spielende E-Gitarre durch. Für eine prickelnde Gänsehaut bei diesem Solo reicht es dennoch. Um ANC im Zweifel ganz auszuschalten, müsst Ihr den linken oder rechten Kopfhörer einmal lang drücken.
Das Design: Mit Ecken und Kanten
Im Gegensatz zu den AirPods Pro von Apple kommen die Huawei FreeBuds Pro mit eckigem Steg. Mein graues Modell (Silver Frost) glänzt hübsch in meiner Hand. Der Kunststoff fühlt sich glatt und gut verarbeitet an, und nimmt schnell die Wärme meiner Handfläche auf, was angenehm ist, wenn man sich die Stöpsel einen Augenblick später in die Ohren schiebt. Dann schirmen die kleinen Silikonaufsätze, von denen mehrere Paare in unterschiedlichen Größen der Verpackung beiliegen, gut, aber nicht perfekt ab. Die Kopfhörer haben einen angenehmen Sitz und drücken bei mir nur im rechten Ohr, wo ich anscheinend über eine kleine, liebenswerte Anomalie am oberen Knorpel verfüge, die bei anderen Ohren wohl anscheinend nicht so ausgeprägt ist. Hier können nur die AirPods Pro von Apple glänzen. Sie sind die einzigen In-Ear-Kopfhörer, die ich problemlos mehrere Stunden tragen kann. Die FreeBuds Pro drücken nach einiger Zeit bei mir.
Ansonsten sind die Huawei FreeBuds Pro wirklich ausgesprochen angenehm zu tragen und liegen nicht spürbar im Ohr (6,1 Gramm). Und so dringen die Worte ungehindert und pur in mich hinein: "J'ai oublié l'aisance", Ich habe die Leichtigkeit vergessen – Huawei bei den FreeBuds Pro zum Glück nicht.
Auch das Aufladecase der Huawei FreeBuds Pro ist sehr schön geformt und liegt angenehm in der Hand. Trotzdem fühlt es sich nicht so hochwertig wie die Schachtel der AirPods Pro an. Die Verarbeitung ist nicht makellos; der Flip-Deckel liegt minimal neben der perfekten Position, funktioniert aber ansonsten ausgesprochen gut. Auf der Rückseite befindet sich ein Huawei-Logo. Darunter liegt die Technik für kabelloses Aufladen. Das Case erwärmt sich ganz leicht, wenn ich es auf meinem smarten Wecker zum Laden auflege. Danach wärmt es für ein paar Sekunden meine Hände – es könnte also schlimmer sein.
Die Kopplung: Reibungslos
Auch hier möchte ich wieder den Vergleich zum offensichtlichen Vorbild aus Cupertino ziehen. Die Huawei FreeBuds Pro begeistern durch ähnlich zügige Koppelungsvorgänge. Mit dem Unterschied, dass das Ladecase der Kopfhörer über einen Button verfügt, der die Kopfhörer in den Pairingmodus versetzt. Eine LED leuchtet nach langem Druck Weiß und die Kopfhörer werden auf Eurem Gerät in der Bluetooth-Liste angezeigt. Sobald die FreeBuds Pro einmal gekoppelt sind, verbinden sich sich beim Aufklappen des Cases automatisch. Gut funktioniert auch die Trageerkennung. Sobald ich einen Stöpsel aus dem Ohr nehme, wird meine Metal-Erfahrung pausiert und wiedergegeben, sobald ich wieder beide Trage. Schade: Die Wiedergabe auf einem Kopfhörer funktioniert nicht.
Die Akkulaufzeit: Ordentlich
Mit einer Laufzeit von rund acht Stunden sind die FreeBuds Pro ein absolutes Highlight auf dem Markt der True Wireless-Kopfhörer. Meine AirPods Pro schaffen rund fünf Stunden mit einer Ladung. Das ist eine Ansage. Vor allem beim Zocken mit meiner Among-Us-Truppe muss ich die AirPods Pro nach wenigen Stunden ans Ladegerät hängen. Die Huawei FreeBuds Pro haben hier im Praxistest länger ausgehalten.
Der Klang: Präsent im Jetzt
Mein persönlicher Benchmark für den Klang von Kopfhörern ist meine Körperbehaarung. Klingt komisch, aber vielmehr meine ich die feinen Härchen auf meinen Armen, die sich aufstellen und mich kitzeln. Den größten Verdienst an einer Gänsehaut hat natürlich die Musik selbst. Aber hattet Ihr schon mal eine Gänsehaut beim Hören eines Songs über den Smartphone-Lautsprecher? Eher nicht. Und so manche Kopfhörer versauen einem den Musikgenuss mit schlechtem Klang. Die Huawei FreeBuds Pro nicht. Die Symbiose aus gutem, nicht bemerkbarem Sitz und verzerrungsarmen, ausgewogenem Klang jagt mir einen Schauer nach dem anderen über den Körper, wenn ich mich auf die Reisen der Seele begebe – Les Voyages de l'Âme.
Der Track spielt sieben Minuten und entführt mich auf den Huawei FreeBuds Pro in eine andere Welt, die sich deutlich von dem unterscheidet, was wir als Realität bezeichnen. Ich erkenne auch die großartigen Talente aus Fleisch und Blut hinter jedem einzelnen Instrument. Ab Minute 03:50 droht mein Herz zu zerspringen. Die hektischen Schläge der Bass Drum überwältigen mich dabei aber nicht durch Härte. Sie prickeln beinahe zärtlich und doch spürt man die Arbeit dahinter. Insgesamt sind Gitarren, Gesang und High Hat ausgewogen, dabei in der Mitte meines Kopfes, leicht zur Stirn hin versetzt. Mittig. Da, wo mein Körper endet und meine Ewigkeit beginnt. Einen recht frühen Hochtonabfall erkenne ich bei den Huawei FreeBuds Pro, wobei eingeschaltetes ANC wie bei den meisten anderen Kopfhörern die Klangqualität zudem beeinflusst.
Dieser schwer verdauliche Alcest-Track ist dennoch ein Hochgenuss auf den Huawei FreeBuds Pro. Die Treiber transportieren die Seele des Songs, injizieren die Essenz direkt ins Mark. "Sentira le besoin de fuir sa prison de chair" und auch ich verspüre das Bedürfnis, aus meinem Gefängnis aus Fleisch zu entfliehen.
Das gefällt mir nicht so gut
Die App
Mein lieber Kollege Antoine ist kein Fan von Begleitapps zu Kopfhörern. Ich hingegen schon. Weder meine AirPods Pro noch die Huawei FreeBuds Pro bieten eine solche App. Personalisierung des Klanges über Software gefällt mir vor allem bei den Sony-Kopfhörern immer sehr gut. Aber auch hier erkennt man, an welchem Unternehmen Huawei sich bei der Konzipierung der FreeBuds Pro orientiert hat. Die Huawei AI Life-App soll laut Kollegen von Connect auch die FreeBuds Pro unterstützen, um etwaige Personalisierung zu ermöglichen. Dort sollen sich auch die dynamischen ANC-Modi manuell umstellen lassen. In meinem Test ließen sich die Kopfhörer aber nicht mit der App verbinden und wurden im Produkt-Katalog auch nicht für die manuelle Kopplung angezeigt. Für iOS existiert die Huawei AI Life-App überhaupt nicht. Schade.
Das sind die besten In-Ear-Kopfhörer 2020
Die Gesprächsqualität
Leider wird man beim Telefonieren vom Gesprächspartner als eher leise wahrgenommen, während ich selbst keine Probleme habe, mein Gegenüber gut zu verstehen. Die Stimme ist so präsent in meinem Kopf wie meine eigene. Was ebenfalls nicht wirklich überzeugt, ist die Geräuschunterdrückung beim Telefonieren in lauter Umgebung. Da die FreeBuds Pro ein eher sanftes In-Ear-Design bieten, schirmen sie bereits mechanisch nicht so perfekt ab. Die Software leistet nicht viel mehr, um Lärm herauszufiltern. Auch das ist schade und wird Vieltelefonierer vom Kauf abhalten.
Abschließendes Urteil
Merci, Huawei. Dieser "AirPods Pro"-Dupe kann es mit seinem Vorbild von Apple tatsächlich aufnehmen. Der Klang lässt sich mich erschaudern. Aber aber im positiven Sinne. Den Preis von 179 Euro empfinde ich als angemessen für High-End-Kopfhörer des True Wireless-Marktes. Die Akkulaufzeit ist bombastisch und das Koppeln klappt zuverlässig. Diese Kopfhörer haben eigentlich keinen Haken. Abstriche macht Ihr wohl nur bei der Qualität von Telefonaten. Vieltelefonierer sollten zu einem anderen Modell greifen. Etwa zu den Galaxy Buds+. Auch Freunde von Personalisierung des Klanges sollten sich andere Kopfhörer aussuchen. Hier empfehlen wir die Sony WF-1000XM3. Ansonsten kann ich die Kopfhörer nur wärmstens empfehlen.
Für iOS existiert jetzt die Huawei AI Life-App auch (ohne Abstriche)
Die Freebuds Pro lassen sich übrigens über die AI Life App steuern. Nur leider gibt es die aktuelle Version nicht im Playstore sondern muss über die App Gallery heruntergeladen werden.
Also ich habe die Dinger, und die contra Punkte sind absoluter schmarn. Und warum sollten sie für Apple auch ne App machen! Macht Apple für die AirPods Pro eine für Android!!!
Es gibt auch für Apple-User keine App für die AirPods Pro :/ Aber danke für die konstruktive Kritik :)
Man kann kein Update für die AirPods Pro auf Android machen. Die Apps die es gibt, von drittanbieter und da sind die Bewertungen auch der Hit
Meine AirPods Pro kann ich doch aber mit iPadOs steuern. Auch wenn ich keine App benötige. Mit Android steht man ohne Möglichkeit, Einstellungen zu ändern oder den Ladestatus einzusehen.
Du kann die freebuds pro mit ein Apple Gerät nutzen und steuern, aber nicht die Einstellungen ändern. Genauso ist es wenn man die AirPods mit ein Android Gerät nützt.
Ähnliches haben sie auch bei den AirPods Pro bemängelt.
Zitat:
'✕ Außerhalb des Apple Ecosystem nur Basis-Funktionen'.
Wüsste nicht, wieso es dann falsch ist, das auch bei den Huawei Kopfhörern zu bemängeln. Dieses ewige abschirmen gegenüber alternativen Betriebssystemen ist Scheiße und war auch nie weniger Scheiße.
Ganz meine Rede. Aber dann soo tun als wäre es eine Unverschämtheit das Huawei es nicht für Apple macht. Das macht Samsung, Huawei, LG, OnePlus u. S. W.